Ein vollautomatischer „Automatenkiosk“ in Bonn, der rund um die Uhr geöffnet ist, durfte nicht einfach von der Stadt verboten werden. Das Verwaltungsgericht (VG) Köln entschied am 18.06.2025 (Az. 1 K 5563/24), dass die gesetzliche Ausnahme für Warenautomaten weiterhin gilt und durch die Reform der Ladenöffnungsgesetze nicht abgeschafft wurde. Dieser Rechtstipp erläutert die Hintergründe des Urteils, die zugrundeliegenden Normen (insb. aus dem Ladenöffnungsgesetz NRW), die Argumentation des Gerichts und gibt praxisnahe Hinweise für Betreiber von Automatenverkaufsstellen zur rechtssicheren Gestaltung ihres Geschäftsmodells.
Hintergrund des Falls: 24/7-Automatenkiosk in Bonn
In Bonn betrieb ein Unternehmer einen sogenannten Automatenkiosk – ein kleines Ladenlokal, in dem 15 Warenautomaten mit je 40–50 verschiedenen Artikeln aufgestellt sind. Der Kiosk war an 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden täglich geöffnet und warb an Fassade und Schaufenster ausdrücklich mit „24/7 geöffnet – einfach alles zu jeder Zeit“. Verkaufspersonal wurde an Sonn- und Feiertagen nicht eingesetzt, das heißt an diesen Tagen lief der Verkauf vollkommen automatisiert ab.
Die Stadt Bonn stufte den Automatenkiosk jedoch als „Verkaufsstelle“ im Sinne des Ladenöffnungsgesetzes ein und untersagte dem Betreiber im August 2024 per Ordnungsverfügung, den Kiosk an Sonn- und Feiertagen offen zu halten. Zur Begründung verwies die Stadt auf das nordrhein-westfälische Ladenöffnungsgesetz (LÖG NRW), wonach Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich geschlossen bleiben müssen. Ein Automatenkiosk habe diese Sonn- und Feiertagsruhe einzuhalten, da der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes nicht mit ganzen Automaten-Shops gerechnet habe, sondern nur mit einzelnen klassischen Warenautomaten.
Der Betreiber wehrte sich juristisch: Im Eilverfahren gab ihm das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster am 12.02.2025 zunächst Recht und setzte die städtische Verfügung vorläufig außer Vollzug. Nach dieser Zwischenentscheidung des OVG durfte der Kiosk bis zur Hauptverhandlung weiter 24/7 geöffnet bleiben. In der Hauptsache bestätigte nun auch das VG Köln im Juni 2025 die Rechtsauffassung des OVG und entschied endgültig zugunsten des Kiosk-Betreibers.
Entscheidung des VG Köln: Ausnahme gilt – Automatenkiosk fällt nicht unter das LÖG NRW
Das VG Köln stellte klar, dass ein Automatenkiosk, der ohne Personal an Sonn- und Feiertagen betrieben wird, nicht dem Ladenöffnungsgesetz NRW unterfällt. Damit verletzte der rund-um-die-Uhr-Betrieb nicht die gesetzlichen Ladenschlusszeiten. Die für normale Ladengeschäfte geltenden Öffnungsverbote an Sonn- und Feiertagen greifen hier nicht, weil Warenautomaten von vornherein aus dem Anwendungsbereich des LÖG NRW ausgenommen sind. Diese Ausnahme für Automaten sei durch die Reform der Ladenöffnungsregelungen gerade nicht abgeschafft worden.
Das Gericht stützte sich dabei im Wesentlichen auf eine historische und teleologische Auslegung des Ladenöffnungsrechts. Bereits das OVG hatte im Eilverfahren ausgeführt, dass überwiegende Gründe dafür sprechen, dass ohne Verkaufspersonal betriebene Warenautomaten nicht als Verkaufsstelle im Sinne des LÖG anzusehen sind, bloß weil mehrere davon in einem Geschäftsraum als „Automatenkiosk“ aufgestellt sind. Diese Sichtweise deckt sich laut VG Köln mit der inzwischen „nahezu allgemeinen“ Auffassung in Rechtsprechung und Literatur. Entscheidend war, dass die gesetzliche Ausnahme für Warenautomaten historisch gewachsen ist und vom nordrhein-westfälischen Gesetzgeber bewusst beibehalten wurde.
Gesetzliche Grundlagen: Ladenöffnungsrecht und Warenautomaten
Ladenschluss in NRW: Sonn- und Feiertagsschutz als Grundregel
Das Gesetz zur Regelung der Ladenöffnungszeiten (LÖG NRW) schreibt vor, dass Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein müssen. Diese Regelung dient dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der „seelischen Erhebung“ (Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV). In Nordrhein-Westfalen dürfen Verkaufsstellen nur in engen Ausnahmefällen sonntags öffnen, etwa durch spezielle Freigaben (verkaufsoffene Sonntage, bestimmte Branchen wie Bäcker am Morgen, Blumenverkauf etc.). Im Grundsatz gilt das Sonntagsöffnungsverbot aber für alle Läden.
Warenautomaten – also selbsttätige Verkaufseinrichtungen, bei denen der Kunde Waren ohne Mitwirkung von Verkaufspersonal aus einem Gerät entnimmt – nehmen jedoch seit jeher eine Sonderrolle ein. Schon nach früherem Bundesrecht (dem bis 2006 geltenden Ladenschlussgesetz des Bundes) galten für Automaten besondere Regeln. Historisch waren Warenautomaten zunächst in den Begriff der Verkaufsstellen einbezogen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 LadenschlussG a.F. zählte u.a. Ladengeschäfte, Tankstellen und Warenautomaten zu den Verkaufsstellen). Dennoch durften Warenautomaten gemäß § 3 LadenschlussG a.F. „an allen Tagen während des ganzen Tages benutzt werden“, allerdings mit der Einschränkung, dass sie an ein entsprechendes Ladenlokal mit gleichem Warensortiment angegliedert sein mussten. Diese Koppelung von Automat und Ladenlokal erklärte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Jahr 1962 jedoch für verfassungswidrig, weil sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Automatenbetreiber darstellte. Das BVerfG hob die damaligen Sondervorschriften für Warenautomaten auf.
In der Folge entstand ein Regelungsvakuum: Über Jahrzehnte unternahm der Gesetzgeber nichts, um neue Einschränkungen für Automaten zu schaffen. Erst 1996 wurde das Ladenschlussgesetz dahingehend geändert, dass es wieder ausdrücklich klarstellte: „Warenautomaten [dürfen] an allen Tagen während des ganzen Tages benutzt werden.“ Kurz darauf ging der Gesetzgeber noch weiter – 2003 wurde die ausdrückliche Nennung der Automaten im Ladenschlussgesetz gänzlich gestrichen, da man eine besondere Erwähnung von Automaten als „nicht mehr zeitgemäß“ erachtete. Fazit bis 2006: Nach Bundesrecht waren Warenautomaten zuletzt vollständig vom Sonntagsöffnungsverbot ausgenommen, da ihr Betrieb keinen arbeitsschutzrechtlich relevanten „Einsatz von Personal“ erfordert.
Landesrecht NRW seit 2006: Bewusste Fortführung der Automaten-Ausnahme
Durch die Föderalismusreform 2006 ging die Gesetzgebungskompetenz für Ladenöffnungszeiten auf die Bundesländer über. Nordrhein-Westfalen erließ daraufhin das LÖG NRW (Gesetz vom 21.11.2006). Bemerkenswert ist, dass der Landesgesetzgeber den Begriff „Warenautomat“ im neuen Gesetz gar nicht mehr erwähnt hat. Diese Auslassung war bewusst: Der NRW-Gesetzgeber wollte keinesfalls hinter den zuvor erreichten Rechtsstand zurückfallen, sondern den Handlungsspielraum der Unternehmer eher erweitern. Anders ausgedrückt: Es war politisch gewollt, dass vollautomatisierte Verkaufseinrichtungen weiterhin jederzeit betrieben werden dürfen.
Die generelle Ausnahme der Automaten vom Anwendungsbereich des Ladenschlussrechts blieb somit erhalten. Warenautomaten zählen in NRW nicht zu den erlaubnispflichtigen Verkaufsstellen, die den Öffnungsbeschränkungen des LÖG NRW unterliegen. Damit fand der Landesgesetzgeber die gleiche Linie wie zuvor der Bundesgesetzgeber: Aus arbeits- und sozialpolitischer Sicht bestand kein Bedarf, Automaten in die Ladenöffnungsverbote einzubeziehen, da bei deren Betrieb kein Personal im Verkaufsprozess eingebunden ist.
Die Annahme mancher Ordnungsbehörden, lediglich einzelne, „klassische“ Warenautomaten – etwa Zigaretten-, Getränke- oder Snackautomaten auf der Straße – dürften rund um die Uhr laufen, nicht aber eine ganze Automaten-Filiale, findet keine Stütze im Gesetz. Weder das Bundesrecht noch das LÖG NRW unterscheiden nach Anzahl oder Größe der Automaten. Eine weit verbreitete anderslautende Auffassung – nämlich dass nur vereinzelte Automaten von den Ladenschlusszeiten freigestellt seien – ist falsch, so das OVG ausdrücklich. Der technische Fortschritt und neuartige Geschäftsmodelle haben den Gesetzgeber vielmehr nicht unvorbereitet getroffen: Schon der historische Bundesgesetzgeber hatte die „beginnende Automation“ im Blick, und der Landesgesetzgeber hat diese Entwicklung ebenfalls bewusst hingenommen und respektiert.
Die Argumentation des Gerichts: Warum der Automatenkiosk öffnen darf
Das VG Köln hat die Rechtslage umfassend gewürdigt und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Betrieb des Automatenkiosks rechtmäßig ist. Hier die wichtigsten Argumente des Gerichts im Überblick:
- Warenautomaten unterfallen nicht dem LÖG NRW: Nach Auffassung des VG Köln (wie schon des OVG Münster) gehören selbsttätige Warenautomaten von vornherein nicht zum Anwendungsbereich des Ladenöffnungsgesetzes. Ein Verkaufslokal, das nur aus Automaten besteht und ohne Personal geführt wird, gilt nicht als „Verkaufsstelle“ im Sinne der ladenschlussrechtlichen Vorschriften. Daran ändert sich auch nichts, wenn mehrere Automaten gemeinsam in einem Ladenraum aufgestellt sind (sogenannter „Automatenkiosk“). Entscheidend ist die Betriebsform: Automatisierter Warenverkauf ohne Personal ist vom LÖG NRW nicht erfasst.
- Historische Auslegung bestätigt die Automaten-Ausnahme: Das Gericht stützte sich stark auf die Entstehungsgeschichte des Ladenöffnungsrechts. Es verwies darauf, dass Warenautomaten seit 1962 durchgehend vom Ladenschluss befreit waren. Nach der Abschaffung der Bundesvorschriften zu Automaten im Jahr 2003 hat auch NRW bei Erlass seines Landesgesetzes nichts daran geändert, sondern diese Ausnahme fortgeschrieben. Diese historische Kontinuität zeige den klaren Willen des Gesetzgebers, Automaten nicht zu reglementieren. Somit greift für Automatenkioske weiterhin die alte gesetzliche Ausnahmegenehmigung, die es ermöglicht, dass Warenautomaten an allen Tagen rund um die Uhr benutzbar sind.
- Bewusste Entscheidung des Gesetzgebers – keine Regelungslücke: Die Stadt argumentierte, der Landesgesetzgeber habe möglicherweise nicht an moderne Automaten-Shops gedacht und nur klassische Einzelautomaten im Sinn gehabt. Dem erteilte das Gericht eine Absage: Es liegt keine planwidrige Lücke oder ein Versehen vor, sondern eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung, die zu respektieren ist. Schon beim Bundes-Ladenschlussgesetz habe der Gesetzgeber sich „sehr ernste Gedanken“ über die zunehmende Automatisierung gemacht. Dass NRW 2006 das Thema nicht erneut aufgegriffen hat, sei kein Zeichen von Unwissen, sondern Ausdruck der Absicht, den bis dahin unbedenklichen Zustand fortzuführen. Nachträglich anzunehmen, der Gesetzgeber habe moderne Automatenkioske doch erfassen wollen, entbehrt jeder Grundlage im Gesetz. Das VG ließ sich auch nicht durch den Einwand beeindrucken, der Bonner Automatenkiosk „wirke nach außen wie ein herkömmliches Ladengeschäft“ – ungeachtet der technischen Fortentwicklung handele es sich hier weiterhin lediglich um selbsttätige Verkaufseinrichtungen, nicht um ein bedientes Ladengeschäft.
- Keine höherrangigen Bedenken – Arbeitnehmerschutz und Bestimmtheitsgebot: Die aktuelle Rechtslage – Automaten dürfen immer verkaufen – ist nach Gerichtsmeinung verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere werde der Schutz der Arbeitnehmer durch die Automatenkioske nicht verletzt, solange an Sonn- und Feiertagen keine Beschäftigten vor Ort sind. Der Sinn des Ladenschlusses lag historisch im Arbeitnehmerschutz: Arbeitnehmer sollten nicht durch Sonntagsarbeit im Einzelhandel belastet werden. Dieses Schutzgut ist bei einem automatisierten Kiosk gerade nicht tangiert, weil niemand arbeiten muss – ein wesentlicher Unterschied zum klassischen Laden. Das VG merkte darüber hinaus an, dass ein anderes Verständnis der Rechtslage (also eine analoge Anwendung des Verbots auf Automatenkioske) sogar verfassungswidrig sein könnte, nämlich im Lichte des Bestimmtheitsgebots. Art. 103 Abs. 2 GG verlangt, dass Bußgeldtatbestände klar und bestimmt im Gesetz stehen. Würde eine Behörde versuchen, den Betrieb eines Warenautomaten an Sonn- und Feiertagen als Ordnungswidrigkeit nach § 12 LÖG NRW zu ahnden, obwohl Warenautomaten im Gesetz gar nicht erwähnt sind, liefe dies auf eine unzulässige Analogie hinaus. Eine solche Sanktion wäre mangels gesetzlicher Grundlage vermutlich rechtswidrig. Kurz gesagt: Ohne ausdrückliches Verbot kein Bußgeld – und ein ausdrückliches Verbot für Automatenkioske fehlt im geltenden Recht.
Zusammenfassend hat das VG Köln klargestellt, dass Automatenverkaufsstellen in NRW (noch) einen privilegierten Status genießen. Solange der Gesetzgeber keine neuen Vorschriften erlässt, dürfen solche Konzepte rund um die Uhr, auch sonn- und feiertags, betrieben werden – vorausgesetzt, es sind keine Verkäufer oder Kassierer tätig. Der Beschluss aus Köln ist ein deutliches Signal an Kommunen, 24/7-Automatenstores nicht vorschnell als rechtswidrig anzusehen, sondern die bestehende Rechtslage zu akzeptieren.
Praktische Auswirkungen für Betreiber von Automatenverkaufsstellen
Erleichterung in NRW: 24/7-Betrieb ist zulässig
Für Betreiber innovativer Self-Service-Kioske in Nordrhein-Westfalen sind die Urteile aus Münster und Köln äußerst willkommene Präzedenzfälle. Sie schaffen Rechtssicherheit, dass vollständig automatisierte Verkaufsstellen auch außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten betrieben werden dürfen – rechtmäßig und ohne Ausnahmegenehmigung. Wer also einen Automaten-Shop (ohne Personal) in NRW betreibt, kann seine Türen nun offiziell 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche geöffnet halten. Die Verfügung der Stadt Bonn wurde als rechtswidrig eingestuft; ähnliche Untersagungen dürften in Zukunft an derselben Rechtslage scheitern.
Allerdings knüpft die Zulässigkeit an entscheidende Voraussetzungen an: Es dürfen an Sonn- und Feiertagen keine Arbeitnehmer im Verkauf eingesetzt werden. Sobald Personal tätig wäre (z.B. zum Kassieren, Waren ausgeben oder Kunden beraten), fiele die Einrichtung nicht mehr unter die Automaten-Ausnahme. Dann würde der Schutz der Sonntagsruhe und der Arbeitnehmerschutz greifen – ein solcher hybrider Betrieb (teil-automatisiert mit zeitweiligem Personaleinsatz) wäre rechtlich riskant. Rein automatisierte Konzepte hingegen bewegen sich innerhalb des derzeitigen gesetzlichen Rahmens. Das VG stellte klar, dass selbst größere Automatenläden ohne Personal vom LÖG NRW ausgenommen sind.
Für Verbraucher bedeutet dies ein erweitertes Angebot: Einkäufe des täglichen Bedarfs können flexibler getätigt werden – spätabends, nachts oder an Feiertagen. Insbesondere Menschen mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten oder dringendem spontanem Bedarf profitieren davon. Für den Einzelhandel und traditionelle Kioske wirft dies freilich die Frage auf, wie mit der neuen Konkurrenz umzugehen ist. Der automatisierte Verkauf könnte Wettbewerbsdruck erzeugen. Bisher sah der Gesetzgeber hierin keine unzumutbare Wettbewerbsverzerrung, da seit Jahrzehnten Automaten parallel zu klassischen Läden existieren und als ergänzendes Angebot galten. Gleichwohl wird die weitere Marktentwicklung aufmerksam zu verfolgen sein. Sollte der Automatensektor stark wachsen und den stationären Handel merklich verdrängen, könnte der Ruf nach gesetzlicher Regulierung lauter werden – das hat das Gericht ausdrücklich angedeutet und die Entscheidung darüber dem Gesetzgeber vorbehalten.
Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass die Rechtslage bundesweit uneinheitlich ist. In manchen Bundesländern gelten ähnliche Ausnahmen, während andere bereits reagiert haben: So brauchte es in Hessen erst einen zweijährigen Rechtsstreit und schließlich eine Gesetzesänderung, damit die Supermarktkette tegut ihre „teo“-Automatenkioske 24/7 betreiben durfte. Bayern hat 2022/2023 entschieden, an seinem strengen Ladenschluss festzuhalten, aber digitale Kleinst-Supermärkte bis 150 m² ohne Personal ausdrücklich vom Verbot auszunehmen. Mecklenburg-Vorpommern kennt bereits Regeln, die vollautomatische Verkaufsstellen unter bestimmten Bedingungen gänzlich aus dem Anwendungsbereich des Ladenschlussrechts ausnehmen. Nordrhein-Westfalen selbst diskutiert aktuell eine gesetzliche Klarstellung: Ein Gesetzentwurf der Landesregierung (Stand: Mitte 2025) sieht vor, vollautomatisierte Kleinstverkaufsstellen bis 120 m² Verkaufsfläche und nur mit Waren des täglichen Bedarfs eindeutig vom LÖG NRW auszunehmen. Eine solche Regelung würde die durch das VG Köln bestätigte Rechtslage im Grunde fortschreiben, aber zugleich begrenzen, um Missbrauch vorzubeugen. Betreiber in NRW sollten diese Entwicklungen im Auge behalten – derzeit jedoch können sie sich auf die bestehende Ausnahme stützen.
Tipps zur rechtssicheren Gestaltung von Automatenkiosken
Wer einen Automatenkiosk oder eine ähnliche Automaten-Verkaufsstelle betreibt (oder plant), sollte einige rechtliche Hinweise beachten, um dauerhaft auf der sicheren Seite zu sein:
- Keine Beschäftigten an Sonn- und Feiertagen einsetzen: Das wichtigste Kriterium für die Ausnahme ist der vollautomatische Betrieb an den Ruhetagen. Verzichten Sie darauf, sonntags Personal für Verkaufstätigkeiten einzusetzen. Wachdienste oder Reinigungspersonal sind unproblematisch und in vielen Fällen sogar ausdrücklich erlaubt (z.B. Sicherheitsdienste nach § 10 Abs. 1 Nr. 13 Arbeitszeitgesetz). Entscheidend ist, dass kein Verkaufspersonal vor Ort arbeitet. Planen Sie Warenbefüllung und technische Wartung idealerweise unter der Woche oder zu zulässigen Zeiten.
- Bau- und gewerberechtliche Vorgaben prüfen: Die Aufstellung von Warenautomaten ist in NRW baurechtlich verfahrensfrei, solange keine Nutzungsänderung eines Gebäudes damit verbunden ist. Wird jedoch ein vormals anders genutzter Raum neu als Automaten-Shop betrieben, kann eine Baugenehmigung erforderlich sein (Stichwort: Nutzungsänderung). Erkundigen Sie sich im Zweifel bei der örtlichen Bauaufsichtsbehörde. Außerdem muss der Beginn des Betriebs beim Ordnungsamt als Gewerbe angezeigt werden (§ 14 GewO). Bei einer eigenständigen Automaten-Filiale gilt diese als separate Betriebsstätte, die Sie am jeweiligen Standort anmelden müssen. Stellen Sie zudem sicher, dass an jedem Automaten ein Impressumsschild mit Ihrem Namen/Firma und ladungsfähiger Anschrift gut sichtbar angebracht ist – das ist Pflicht für Automatenaufsteller.
- Jugendschutz und Sortiment beachten: Wenn Sie alkoholische Getränke über Automaten anbieten, müssen diese Geräte mit einer technischen Vorrichtung zur Alterskontrolle ausgestattet sein, sodass Kinder und Jugendliche keine alkoholischen Produkte entnehmen können. Tabakwaren dürfen ebenfalls nur in jugendschutzkonformen Automaten verkauft werden (Automaten mit z.B. Ausweiskontrolle). Der Verkauf hochprozentiger Spirituosen (Liköre, Schnaps, hochprozentige Cocktails etc.) ist in Automaten gesetzlich verboten (§ 20 Gaststättengesetz). Achten Sie also darauf, das Warensortiment entsprechend zu gestalten. Empfehlenswert ist, sich auf Waren des täglichen Gebrauchs zu konzentrieren – also Lebensmittel, Getränke, Drogerieartikel, ggf. Tabak – da solche Produkte typischerweise in Sonntagsausnahmen erlaubt sind und auch in politischen Diskussionen um digitale Verkaufsstellen als unkritisch angesehen werden. Diese Auswahl erhöht die Akzeptanz und verringert das Risiko gesetzlicher Einschränkungen in der Zukunft.
- Größe und Standort mit Bedacht wählen: Zwar gibt es aktuell in NRW keine feste Größenvorgabe, doch sollte ein Automatenkiosk in der Dimension überschaubar bleiben. Eine Verkaufsfläche bis ca. 100–120 m² orientiert sich an den diskutierten Gesetzesvorschlägen und dürfte weniger Konfliktpotenzial bieten als ein vollwertiger Supermarkt. Vermeiden Sie ein Konzept, das wie ein großer Supermarkt wirkt, da dies schneller als Umgehung des Ladenschlusses kritisiert werden könnte. Ein kleinerer Laden minimiert auch mögliche Störungen der Sonntagsruhe (weniger Menschenansammlungen, geringe Außenwirkung). Wählen Sie den Standort so, dass er nicht in einem reinen Wohngebiet liegt oder sorgen Sie für Maßnahmen gegen nächtlichen Lärm (z.B. Türschließmechanismen, Hinweis an Kunden auf Anwohnerrücksicht). So beugen Sie ordnungsrechtlichen Problemen vor.
- Lebensmittelhygiene und Überwachung: Bei Verkauf von Lebensmitteln gelten selbstverständlich die gleichen hygienerechtlichen Vorschriften wie im normalen Handel. Melden Sie Ihr Konzept ggf. der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde an und stellen Sie sicher, dass Temperaturüberwachung, Haltbarkeitskontrollen und Reinigung der Automaten regelmäßig erfolgen. Ein Vorteil des automatisierten Systems ist, dass kein Personal ständig anwesend sein muss; dennoch sollten Sie durch Videoüberwachung und regelmäßige Kontrollen die Sicherheit der Anlage und der Kunden gewährleisten. Ein sauberes und sicheres Umfeld schützt nicht nur die Kunden, sondern bewahrt auch vor ordnungsbehördlichen Beanstandungen.
- Rechtsentwicklung beobachten: Die Politik beschäftigt sich zunehmend mit dem Thema vollautomatisierte Läden. Halten Sie daher künftige Änderungen im Auge. Sollte der Gesetzgeber – sei es in NRW oder auf Bundesebene – neue Regeln erlassen (z.B. eine Begrenzung der Ladenfläche, spezielle Erlaubnispflichten oder Ähnliches), müssen Betreiber rasch reagieren und ihr Geschäftsmodell anpassen. Bislang sind Sie in NRW aber auf der sicheren Seite, solange Sie die genannten Punkte einhalten. In anderen Bundesländern sollten Sie die dortige Gesetzeslage prüfen oder rechtlichen Rat einholen, da die Zulässigkeit von 24/7-Automatenstores regional variieren kann (Beispiel: in Bayern sind mittlerweile bis 150 m² erlaubt, in einigen Ländern gibt es noch keine Klarstellung).
Das Urteil des VG Köln vom 18.06.2025 stärkt innovative Verkaufskonzepte und die Berufsfreiheit der Unternehmer. Automatenkioske dürfen vorerst weiter rund um die Uhr öffnen, ohne gegen Ladenöffnungsvorschriften zu verstoßen. Für Betreiber ist dies eine Chance, neue Geschäftsmodelle zu etablieren – sie sollten jedoch umsichtig agieren und die rechtlichen Leitplanken einhalten. Mit automatisierten Verkaufsstellen, die clever konzipiert und rechtskonform betrieben sind, kann man den Kunden einen echten Mehrwert bieten, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Die Entwicklung bleibt spannend, doch dank der Klarstellung durch die Gerichte können Automatenbetreiber in NRW zuversichtlich in die Zukunft blicken.