Was tun, wenn der Arbeitgeber keinen Lohn mehr zahlt?

17. August 2025 -

Wenn der Arbeitgeber das Gehalt nicht mehr zahlt, ist dies für Arbeitnehmer äußerst belastend. Miete, Kredite und Rechnungen laufen weiter – umso wichtiger ist es, schnell zu handeln. Zum Glück gibt es rechtliche Mittel, um ausstehenden Lohn einzufordern. Im Folgenden erfahren Sie, welche Schritte Sie unternehmen können und welche Rechte Sie haben, wenn Ihr Arbeitgeber keinen Lohn mehr zahlt.

Erste Schritte: Gespräch suchen und Frist setzen

Gerät Ihr Arbeitgeber mit der Gehaltszahlung in Verzug, bewahren Sie zunächst Ruhe. Fehler können passieren – vielleicht liegt nur ein Versehen vor. Suchen Sie das offene Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und fragen Sie höflich nach den Gründen für die ausbleibende Zahlung. Oft lässt sich das Problem dadurch schon klären, ohne gleich rechtliche Schritte einzuleiten.

Bleibt die Zahlung jedoch weiterhin aus, sollten Sie schriftlich zur Zahlung auffordern und eine Frist setzen. Formulieren Sie ein Mahnschreiben an den Arbeitgeber, in dem Sie das ausstehende Bruttogehalt benennen, auf die vertragliche Fälligkeit hinweisen und eine kurze Nachfrist (z. B. 7 bis 14 Tage) zur Zahlung setzen. Wichtig ist, diese Zahlungsaufforderung schriftlich (per E-Mail oder Brief) zu dokumentieren, um im Streitfall einen Nachweis zu haben. Weisen Sie darin auch darauf hin, dass Sie bei weiterem Verzug rechtliche Schritte einleiten werden (z. B. Klage oder Mahnverfahren).

Tipp: Überprüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag auf sogenannte Ausschlussfristen. Viele Verträge enthalten Klauseln, wonach Lohnansprüche innerhalb von wenigen Monaten schriftlich geltend gemacht werden müssen, sonst verfallen sie. Melden Sie Ihre Ansprüche daher rechtzeitig an. Falls Sie unsicher sind, lassen Sie die Klauseln von einem Anwalt prüfen – manche Ausschlussfristen sind unwirksam.

Gerichtliches Mahnverfahren einleiten

Reagiert der Arbeitgeber nicht auf Ihre schriftliche Mahnung, können Sie ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Dabei beantragen Sie einen Mahnbescheid beim zuständigen Arbeitsgericht, um Ihren Lohn einzufordern. Der große Vorteil: Im Arbeitsrecht ist hierfür kein Kostenvorschuss fällig, sodass Ihnen zunächst keine Gerichtskosten entstehen. Das Mahngericht (bzw. Arbeitsgericht) erlässt den Mahnbescheid in der Regel zügig und sendet ihn dem Arbeitgeber zu.

Hält Ihr Arbeitgeber dem Mahnbescheid stand und legt keinen Widerspruch ein, können Sie anschließend einen Vollstreckungsbescheid erwirken. Dieser Titel berechtigt Sie, die offenen Lohnforderungen per Zwangsvollstreckung einzutreiben (z. B. Kontopfändung, Gerichtsvollzieher). Legt der Arbeitgeber hingegen Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, wird das Verfahren an das Arbeitsgericht abgegeben und es kommt zu einem normalen Gerichtsverfahren mit mündlicher Verhandlung. Das Mahnverfahren bietet also die Chance, schnell und ohne Gerichtsverhandlung zu Ihrem Recht zu kommen, falls der Arbeitgeber untätig bleibt.

Sie können den Antrag auf Mahnbescheid selbst stellen. Die erforderlichen Formulare sind online verfügbar oder direkt beim Gericht ausfüllbar. Alternativ können Sie sich von einem Anwalt unterstützen lassen. Beachten Sie jedoch: In erster Instanz vor dem Arbeitsgericht muss jede Partei die Anwaltskosten selbst tragen – auch wenn Sie gewinnen. Ohne Rechtsschutzversicherung würden Sie die Kosten Ihres Anwalts also zunächst selbst schultern müssen. Haben Sie kein Einkommen oder geringe Mittel, besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen, damit Anwalts- und Gerichtskosten übernommen werden.

Klage beim Arbeitsgericht erheben

Anstelle des Mahnverfahrens (oder wenn Ihr Arbeitgeber Widerspruch einlegt) können Sie direkt eine Lohnklage beim Arbeitsgericht einreichen. In der Klageschrift machen Sie Ihre ausstehenden Gehaltsansprüche geltend. Das Gericht setzt dann einen Termin an, in dem beide Seiten gehört werden. Endet der Prozess erfolgreich, erhalten Sie ein Urteil, mit dem Sie ebenfalls Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Arbeitgeber einleiten können, falls dieser immer noch nicht zahlt. Über Pfändungen oder den Gerichtsvollzieher lässt sich dann das Gehalt eintreiben.

Der Vorteil einer Klage: Sie können umfassend alle Ansprüche (inklusive eventueller Schadensersatzansprüche oder Nebenkosten) geltend machen. Mitunter zeigt sich der Arbeitgeber spätestens nach Zustellung der Klage einsichtig und zahlt, um einen Prozess zu vermeiden. Beachten Sie aber auch hier, dass Sie in der ersten Instanz Ihren Anwalt selbst bezahlen müssen. Tipp: Mitglieder einer Gewerkschaft können meist den Rechtsschutz der Gewerkschaft in Anspruch nehmen, um eine Lohnklage ohne eigene Kostenrisiken durchzufechten.

Zinsen und Schadensersatz bei Lohnverzug

Sobald der Lohn fällig ist (in der Regel spätestens am Ende des Monats, sofern vertraglich nichts Abweichendes geregelt ist) und nicht gezahlt wird, befindet sich der Arbeitgeber im Zahlungsverzug. Dadurch stehen Ihnen Verzugszinsen zu. Typischerweise können Sie pro Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auf den Bruttobetrag als Verzugszinsen verlangen. Zusätzlich haben Arbeitnehmer laut § 288 Abs. 5 BGB Anspruch auf eine Verzugspauschale von 40 Euro pro ausstehender Gehaltszahlung. Diese Pauschale dient dem Ausgleich von Mahn- und Verwaltungskosten, die Ihnen durch den Zahlungsverzug entstehen, und sollte im Forderungsschreiben ausdrücklich mit eingefordert werden.

Entstehen Ihnen durch den ausbleibenden Lohn weitere Schäden, können Sie vom Arbeitgeber auch Schadensersatz verlangen. Ein klassisches Beispiel: Weil Ihr Gehalt nicht überwiesen wurde, können Sie Ihre Miete nicht zahlen und der Vermieter kündigt Ihnen daraufhin die Wohnung – oder Sie müssen Dispozinsen für einen Überziehungskredit zahlen. Solche Folgeschäden des Lohnverzugs hat der Arbeitgeber Ihnen zu ersetzen. Dokumentieren Sie daher genau, welche finanziellen Nachteile Ihnen durch die verspätete oder unterbliebene Lohnzahlung entstehen.

Arbeitsleistung verweigern: Zurückbehaltungsrecht

Müssen Sie weiter zur Arbeit gehen, obwohl der Chef keinen Lohn zahlt? Nein – jedenfalls nicht unbegrenzt. Das deutsche Recht kennt ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273, 320 BGB. Das bedeutet: Bei einem gegenseitigen Vertrag wie dem Arbeitsvertrag dürfen Sie Ihre Arbeitsleistung verweigern, solange der Arbeitgeber mit der Gegenleistung (der Lohnzahlung) erheblich im Verzug ist. Vorsicht: Dies sollten Sie nicht unüberlegt tun, denn die Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Sie keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen riskieren.

In der Praxis wird empfohlen, das Zurückbehaltungsrecht erst geltend zu machen, wenn der Lohn für mindestens zwei Monate aussteht oder der Zahlungsrückstand einen erheblichen Umfang erreicht hat. Bei nur geringfügigen Beträgen oder kurzfristigen Verzögerungen wäre die Arbeitsverweigerung unverhältnismäßig. Teilen Sie dem Arbeitgeber schriftlich mit, dass Sie wegen des ausbleibenden Gehalts ab einem bestimmten Zeitpunkt Ihre Arbeitsleistung vorübergehend einstellen werden. Idealerweise holen Sie sich zuvor rechtlichen Rat, um sicherzugehen, dass die Voraussetzungen vorliegen.

Wenn Sie Ihr Zurückbehaltungsrecht rechtmäßig ausüben, darf der Arbeitgeber Sie weder abmahnen noch kündigen, nur weil Sie die Arbeit verweigern – denn die Nichterfüllung der Lohnzahlung liegt in seiner Verantwortung. Wichtig für Sie: Ihren Lohnanspruch verlieren Sie dadurch nicht! Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, solange Sie arbeitsbereit wären und nur wegen der fehlenden Zahlung nicht arbeiten. Er schuldet Ihnen daher weiterhin das Gehalt für die Zeit, in der Sie berechtigterweise nicht arbeiten. Faktisch wird er zwar erst zahlen, wenn Sie Ihren Anspruch durchgesetzt haben – aber rechtlich stehen Ihnen diese Beträge zu.

Sollten Sie aufgrund der Nichtzahlung eine Weile nicht arbeiten, können Sie sich zur finanziellen Überbrückung an die Agentur für Arbeit wenden. Unter bestimmten Umständen haben Arbeitnehmer trotz bestehendem Arbeitsverhältnis Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie keine Entlohnung mehr erhalten (Stichwort Gleichwohlgewährung). Lassen Sie sich hierzu von der Agentur beraten, um keine Ansprüche zu versäumen.

Fristlose Kündigung als letztes Mittel

Die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitnehmer gilt als letzte Option, wenn der Lohn ausbleibt. Sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Lohnverzug erheblich ist (üblich sind mindestens zwei ausstehende Monatsgehälter) und alle milderen Mittel ausgeschöpft sind. Auch hier ist in der Regel eine Abmahnung des Arbeitgebers erforderlich: Sie müssen den Chef zuvor ausdrücklich gewarnt haben, dass Sie das Arbeitsverhältnis kündigen werden, sollte er nicht umgehend zahlen. Reagiert der Arbeitgeber trotz Abmahnung und Fristsetzung nicht, kann ein so gravierender Vertragsverstoß einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darstellen, der Sie zur sofortigen Kündigung berechtigt.

Beachten Sie, dass eine fristlose Kündigung innerhalb von zwei Wochen erfolgen muss, nachdem Sie vom wichtigen Grund erfahren haben (hier: ab Ablauf der gesetzten Nachfrist bzw. der letzten ausstehenden Lohnzahlung). Zögern Sie also nicht zu lange, nachdem die Voraussetzungen erfüllt sind. Eine solche Kündigung sollten Sie aus Beweisgründen schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes aussprechen.

Folgen: Wenn Ihre fristlose Kündigung gerechtfertigt war, können Sie vom Arbeitgeber Schadensersatz verlangen. Gemäß § 628 Abs. 2 BGB haftet der Arbeitgeber für den finanziellen Schaden, der Ihnen durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entsteht. Das umfasst in der Regel den Verdienstausfall bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist (da Sie ohne die fristlose Kündigung noch Gehalt bis zum Ende der Kündigungsfrist erhalten hätten). Darüber hinaus kann Ihnen eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes zustehen. Diese bemisst sich oft analog einer Abfindung, insbesondere wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Prüfen Sie solche Ansprüche am besten mit anwaltlicher Hilfe.

Ein großer Vorteil für Sie: Beenden Sie das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund selbst, droht in der Regel keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Da der Arbeitgeber die Vertragsverletzung begangen hat, werden Sie von der Agentur für Arbeit so behandelt, als hätten Sie einen wichtigen Grund für die Eigenkündigung gehabt.

Insolvenz des Arbeitgebers: Was ist mit Insolvenzgeld?

Bleibt der Lohn aus, steckt das Unternehmen des Arbeitgebers nicht selten in finanziellen Schwierigkeiten. Informieren Sie sich, ob möglicherweise ein Insolvenzverfahren bevorsteht oder schon beantragt wurde. Im Falle einer Insolvenz sind Arbeitnehmer besonders geschützt: Die Bundesagentur für Arbeit zahlt das sogenannte Insolvenzgeld. Dieses ersetzt den vollen Netto-Lohn für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sollte Ihr Arbeitgeber also insolvent werden und Löhne aus früheren Monaten schulden, können Sie Insolvenzgeld erhalten.

Das Insolvenzgeld müssen Sie beantragen – und zwar innerhalb von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie benötigen dafür eine Insolvenzgeld-Bescheinigung, die der Insolvenzverwalter oder (bei noch nicht eröffnetem Verfahren) der Arbeitgeber ausstellt. In einigen Fällen kann die Agentur für Arbeit einen Vorschuss zahlen, bis das Verfahren formal eröffnet ist. Wichtig: Auch wenn Insolvenzgeld gezahlt wird, sollten Sie offene Lohnforderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Nicht abgedeckte Beträge (z. B. älter als drei Monate) werden als Insolvenzforderung behandelt, aus der Sie eventuell eine (oft geringe) Quote erhalten, wenn Masse vorhanden ist.

Ausbleibende Gehaltszahlungen sollten Arbeitnehmer nicht einfach hinnehmen. Ihr Lohn ist die Grundlage Ihrer Existenz – und das Gesetz stellt Ihnen wirksame Instrumente zur Seite, um diesen Anspruch durchzusetzen. Zögern Sie nicht, Ihren Arbeitgeber zunächst freundlich, dann bestimmt (schriftlich mit Fristsetzung) zur Zahlung aufzufordern. Lassen Erfolg und Gehalt weiter auf sich warten, können Sie gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen – sei es über ein Mahnverfahren oder eine Klage. Währenddessen dürfen Sie unter bestimmten Voraussetzungen auch Ihre Arbeitsleistung verweigern, ohne Ihren Lohnanspruch zu verlieren. Im Extremfall haben Sie das Recht, den Vertrag fristlos zu kündigen, wenn das Vertrauensverhältnis durch den Zahlungsrückstand unwiederbringlich zerstört ist.

Jede Situation ist anders gelagert. Wichtig ist, schnell zu reagieren, damit Sie keine Fristen versäumen oder in finanzielle Not geraten. Holen Sie im Zweifel frühzeitig rechtlichen Rat ein – Fachanwälte für Arbeitsrecht (wie Dr. Usebach) oder Gewerkschaften können Sie unterstützen. Oft reicht schon ein anwaltliches Schreiben, um säumige Arbeitgeber zur Vernunft zu bringen. Bleiben Sie also nicht untätig: Nutzen Sie Ihre Rechte, um zu bekommen, was Ihnen zusteht.