Lehrerin täuscht Amtsärztin – VG Gelsenkirchen bestätigt Verweigerung der Verbeamtung

22. September 2025 -

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen urteilte, dass das Land NRW einer Lehrerin die Verbeamtung verweigern durfte, weil sie im amtsärztlichen Gesundheitscheck falsche Angaben machte. Die Ablehnung wegen Zweifeln an ihrer charakterlichen Eignung ist rechtmäßig.

Hintergrund des Falls

Im Mittelpunkt steht der Fall einer angestellten Lehrerin in Nordrhein-Westfalen, die in ein Beamtenverhältnis übernommen werden wollte. Hierfür musste sie eine amtsärztliche Untersuchung durchlaufen. Beim ersten Termin offenbarte sie der Amtsärztin, dass sie vor Kurzem wegen einer Bauchraumverhärtung operiert worden war. Eine solche Verhärtung kann ein Warnsignal für ernsthafte Erkrankungen (z.B. Entzündungen, Geschwüre, chronische Darmleiden oder sogar Krebs) sein, die einer Verbeamtung potenziell entgegenstehen. Die Amtsärztin forderte deshalb weitere medizinische Unterlagen an und stellte klar, dass eine Verbeamtung von der Abklärung dieser Befunde abhängig gemacht werde. Sie wies die Lehrerin zudem darauf hin, dass diese die zuvor erteilte Schweigepflichtentbindung auch widerrufen könne – was die Lehrerin umgehend tat.

Unmittelbar danach vereinbarte die Lehrerin einen neuen Untersuchungstermin beim gleichen Gesundheitsamt, jedoch bewusst bei einer anderen Amtsärztin. Dieser zweiten Amtsärztin verschwieg sie nun sowohl die vorangegangene Operation als auch die diagnostizierte Verhärtung vollständig. Da keine Auffälligkeiten bekannt waren, war die zweite Amtsärztin bereit, der Bewerberin die für die Verbeamtung notwendige gesundheitliche Eignung zu attestieren. Noch bevor die Ernennung zur Beamtin vollzogen wurde, fiel jedoch auf, dass die Klägerin kurz zuvor bereits eine erste amtsärztliche Untersuchung mit abgebrochener Befundklärung gehabt hatte – das doppelte Untersuchungsverfahren wurde entdeckt. In der Folge lehnte die Bezirksregierung Düsseldorf die Verbeamtung der Lehrerin ab, unter Verweis auf Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung als Lehrerin. Die Behörde begründete, eine Lehrkraft habe eine Vorbildfunktion insbesondere für ehrliches und regelkonformes Verhalten, welcher die Bewerberin durch ihr Täuschungsmanöver nicht gerecht geworden sei.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen

Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hat die Rechtmäßigkeit dieser Ablehnung nun bestätigt. Die 1. Kammer des VG entschied mit Urteil vom 17. September 2025 (Az. 1 K 5204/24), dass die Verbeamtung zu Recht verweigert wurde. Nach Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Klägerin bewusst getäuscht hat, um die Abklärung der Bauchraumverhärtung zu umgehen und sich durch arglistiges Verhalten die gesundheitliche Eignung zu erschleichen. Ein solches Vorgehen sei mit dem zulässigerweise definierten Leitbild des Lehrerberufs unvereinbar. Lehrerinnen und Lehrer müssten gerade in Ausübung ihres Erziehungsauftrags als Vorbild für Aufrichtigkeit und Gesetzestreue dienen – dieses Bild habe die Bezirksregierung durch das Täuschungsmanöver der Klägerin zu Recht als nachhaltig beschädigt angesehen.

Auch das Vorbringen der Lehrerin, sie habe die Bauchraumverhärtung für medizinisch unbedeutend gehalten, ließ das Gericht nicht gelten. Spätestens die Hinweise der ersten Amtsärztin hätten ihr deutlich gemacht, dass die Klärung dieser Gesundheitsfrage für die Verbeamtung entscheidend sei. Durch das eigenmächtige Verschweigen relevanter Gesundheitsfakten habe die Klägerin eine erhebliche Vertrauenslücke offenbart. Ihr Verhalten stelle eine arglistige Täuschung dar, die – selbst wenn die Klägerin bereits zur Beamtin ernannt worden wäre – die rechtliche Pflicht zur Rücknahme dieser Ernennung begründet hätte. Zur Einordnung: § 12 Abs. 1 Nr. 1 Beamtenstatusgesetz schreibt vor, dass eine Ernennung rückwirkend aufzuheben ist, wenn sie durch Täuschung oder ähnliche Umstände erschlichen wurde.

Das Urteil des VG Gelsenkirchen ist noch nicht rechtskräftig. Die unterlegene Lehrerin hat die Möglichkeit, beim Oberverwaltungsgericht für das Land NRW einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen. Ob das OVG die Berufung zulässt und wie es den Fall beurteilt, bleibt abzuwarten.

Rechtliche Würdigung: Charakterliche Eignung und Täuschung im Beamtenrecht

Die Entscheidung verdeutlicht die hohe Bedeutung von Integrität und Offenheit bei Bewerbungen in ein Beamtenverhältnis. Gesetzlich darf in Deutschland nur in das Beamtenverhältnis berufen werden, wer persönlich geeignet, fachlich befähigt und leistungsfähig ist (Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG). Dabei umfasst der Eignungsbegriff nicht nur fachliche und gesundheitliche Aspekte, sondern ausdrücklich auch die charakterliche Zuverlässigkeit. Ein Beamtenbewerber muss die Gewähr bieten, seine Pflichten redlich zu erfüllen – hierzu zählt insbesondere Ehrlichkeit gegenüber dem Dienstherrn. Im vorliegenden Fall war nicht ein medizinischer Mangel der ausschlaggebende Hinderungsgrund, sondern das illoyale Verhalten der Bewerberin im Umgang mit der Untersuchung. Täuschungsversuche im Einstellungsverfahren werden im Beamtenrecht als schwerwiegendes Charakterdefizit gewertet, da sie mangelnde Rechts- und Pflichtstreue offenbaren.

Besonders im Schuldienst wird hoher Wert auf charakterliche Eignung gelegt. Lehrerinnen und Lehrer tragen eine Vorbildfunktion für Schüler – Aufrichtigkeit und Regeltreue sind Grundprinzipien ihres Berufsbildes. Wenn eine Bewerberin bereit ist, schon zu Beginn ihres Dienstverhältnisses das System zu hintergehen, stellt dies das notwendige Vertrauensverhältnis in Frage. Das VG Gelsenkirchen hat klar signalisiert, dass die Schulbehörde berechtigt war, hieraus Konsequenzen zu ziehen und die Verbeamtung abzulehnen. Damit schützt der Dienstherr nicht nur die Integrität des Beamtentums, sondern bewahrt auch die Glaubwürdigkeit gegenüber der Schülerschaft und Öffentlichkeit.

Rechtlich gesehen stützt sich die Entscheidung auf Beamtenrechtliche Vorschriften: Zum einen auf die Verpflichtung zur gesundheitlichen Eignung – der Dienstherr darf eine Verbeamtung verweigern, wenn ernsthafte Zweifel an der dauerhaften Dienstfähigkeit bestehen. Zum anderen – und hier zentral – auf die Vorschriften zur Rücknahme einer erschlichenen Ernennung. Hätte die Lehrerin die Täuschung erst nach ihrer Ernennung auffliegen lassen, müsste die Ernennung gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG rückwirkend aufgehoben werden. Dieses strikte Vorgehen unterstreicht, dass der Staat keinerlei Täuschung bei der Begründung eines Beamtenverhältnisses duldet. Eine durch arglistige Täuschung erwirkte Einstellung ist nichtig und zwingend rückgängig zu machen – es soll gar nicht erst der Eindruck entstehen, Unehrlichkeit würde im öffentlichen Dienst belohnt.

Für die Praxis gibt das Urteil einen deutlichen Hinweis: Bewerber für den öffentlichen Dienst sollten unbedingt wahrheitsgemäße Angaben machen, insbesondere bei amtsärztlichen Untersuchungen. Wer glaubt, durch Verschweigen vermeintlicher Handicaps seine Einstellungschancen zu verbessern, riskiert vielmehr seine gesamte Laufbahn. Im Zweifel ist es besser, medizinische Befunde offen zu legen und – falls eine Verbeamtung wegen gesundheitlicher Bedenken abgelehnt wird – rechtlich dagegen vorzugehen, anstatt durch Täuschung einen scheinbaren Vorteil zu erlangen. Letzteres führt nicht nur zu einem Vertrauensverlust, sondern kann dauerhaft den Zugang zum Beamtenverhältnis verwehren. Die Gerichtsentscheidung aus Gelsenkirchen zeigt exemplarisch, dass Ehrlichkeit im Bewerbungsverfahren oberstes Gebot ist und charakterliche Ungeeignetheit ein absolutes Ausschlusskriterium darstellt.

Das VG Gelsenkirchen hat die strengen Maßstäbe des Beamtenrechts bestätigt: Wer bei der Einstellung täuscht, dem darf die Verbeamtung versagt werden. Die charakterliche Eignung ist im öffentlichen Dienst ebenso wichtig wie Fachwissen oder Gesundheit. Im Ergebnis wird die Integrität des Beamtentums geschützt – zum Wohle der Schüler, der Schule und des Ansehens des staatlichen Dienstes.