Lufthansa plant Stellenabbau in der Verwaltung – Was betroffene Arbeitnehmer jetzt wissen müssen

27. September 2025 -

Geplanter Abbau tausender Stellen bei Lufthansa

Verschiedenen Medienberichten zufolge plant die Lufthansa, bis zu 20 % der Verwaltungsjobs konzernweit abzubauen. Das entspricht möglicherweise 3.000 bis 4.000 Arbeitsplätzen, die in den kommenden Jahren wegfallen könnten. Offiziell bestätigt werden sollten die Pläne auf einem internen „Capital Markets Day“ des Konzerns, bei dem Vorstandschef Carsten Spohr neue Sparziele vorstellt. Mit diesem Stellenabbau reagiert die Lufthansa auf hohen Kostendruck und sinkende Gewinne nach der Corona-Krise. Bereits 2020 hatte der Konzern einen „Personalüberhang“ von 22.000 Stellen festgestellt, wollte betriebsbedingte Kündigungen jedoch soweit möglich vermeiden. Nun sollen vor allem Verwaltungsstellen – also Bürojobs und Verwaltungstätigkeiten – gestrichen werden, um die Produktivität zu steigern und Kosten zu senken.

Für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei Lufthansa stellt sich damit die Frage, welche Rechte und Handlungsoptionen sie im Falle einer Kündigung oder Änderung ihres Arbeitsplatzes haben. Im Folgenden geben wir einen umfassenden Rechtstipp, welche konkreten Schritte Sie als betroffener Lufthansa-Mitarbeiter jetzt erwägen sollten – von Kündigungsschutz über Sozialplan und Abfindung bis hin zu Versetzung und anderen Alternativen.

Kündigungsschutz: Rechte bei betriebsbedingter Kündigung

Wenn Lufthansa im Zuge des Stellenabbaus Kündigungen ausspricht, handelt es sich in der Regel um betriebsbedingte Kündigungen. Das bedeutet, der Arbeitgeber gibt dringende betriebliche Erfordernisse als Grund für die Entlassung an – hier also den Wegfall von Arbeitsplätzen zur Kostensenkung. Wichtig zu wissen: In Deutschland gilt für größere Unternehmen das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Es schreibt vor, dass eine betriebsbedingte Kündigung nur wirksam ist, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Dazu gehören insbesondere folgende Anforderungen:

  • Dringende betriebliche Gründe: Lufthansa muss nachweisen, dass die Stelle dauerhaft wegfällt und keine Weiterbeschäftigung auf einem anderen zumutbaren Arbeitsplatz im Unternehmen möglich ist. Eine Kündigung ist stets ultima ratio (letztes Mittel). Arbeitgeber müssen prüfen, ob sie Mitarbeiter eventuell an einem anderen Standort oder in einer anderen Abteilung weiterbeschäftigen können, bevor sie zur Kündigung greifen.
  • Sozialauswahl: Muss Lufthansa – wie geplant – gleich mehrere Arbeitnehmer kündigen, ist sie verpflichtet, eine soziale Auswahl durchzuführen (§ 1 Abs. 3 KSchG). Das heißt, bei der Entscheidung, wen es trifft, müssen soziale Gesichtspunkte wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigt werden. Ziel ist, die sozial am wenigsten schutzwürdigen Mitarbeiter auszuwählen. Leistungsträger oder Spezialisten dürfen in der Regel aus der Sozialauswahl ausgenommen werden, wenn ihr Verbleib im besonderen betrieblichen Interesse liegt.
  • Betriebsratsanhörung: In Unternehmen mit Betriebsrat – was bei Lufthansa der Fall ist – muss der Betriebsrat vor jeder Kündigung angehört werden (§ 102 BetrVG). Eine Kündigung, die ausgesprochen wird, ohne dass der Betriebsrat ordnungsgemäß informiert und angehört wurde, ist unwirksam.

Für Arbeitnehmer bedeutet das: Erhalten Sie eine Kündigung, sollten Sie diese prüfen lassen. Oft lohnt es sich, eine Kündigungsschutzklage in Erwägung zu ziehen. Warum? Nur ein Arbeitsgericht kann letztendlich feststellen, ob eine Kündigung tatsächlich wirksam ist. Wenn Sie nichts tun, gilt die Kündigung nach Ablauf von drei Wochen automatisch als wirksam – selbst dann, wenn sie objektiv ungerechtfertigt war. Diese Drei-Wochen-Frist nach Erhalt der Kündigung ist gesetzlich strikt vorgegeben (§ 4 KSchG). Verpassen Sie die Frist für die Klageerhebung, haben Sie normalerweise keine Möglichkeit mehr, sich gegen die Entlassung zu wehren.

Beispiel: Anfang 2021 wurde im Zuge der Germanwings-Schließung rund 400 Mitarbeitern gekündigt. Viele hatten einen Sozialplan mit Abfindung. Dennoch wurde von Fachanwälten geraten, eine Kündigungsschutzklage zu prüfen. Denn ohne Klage gilt eine Kündigung in jedem Fall als wirksam, auch wenn sie sachlich nicht gerechtfertigt war. Mit einer Klage dagegen konnte man überprüfen lassen, ob Lufthansa alle Vorgaben – z. B. Sozialauswahl und richtige Anhörung des Betriebsrats – eingehalten hat.

Die Kündigungsschutzklage dient nicht nur dazu, den Arbeitsplatz möglicherweise zu erhalten, sondern oft auch dazu, eine höhere Abfindung auszuhandeln. Wichtig: Die im Sozialplan festgeschriebene Abfindungssumme steht Ihnen in jedem Fall zu; durch eine Kündigungsschutzklage besteht jedoch die Chance, eine höhere Abfindung zu erreichen. Mit anderen Worten: Die Sozialplan-Abfindung ist ein Sockel, unter den kein Vergleich fallen darf. In vielen Fällen enden Kündigungsschutzprozesse mit einem Vergleich, bei dem der Arbeitgeber eine über den Sozialplan hinausgehende Abfindungszahlung leistet, um den Rechtsstreit gütlich zu beenden.

Falls Sie eine Kündigung erhalten, sollten Sie daher schnell handeln:

  • Frist beachten: Markieren Sie sich die drei Wochen ab Zugang der Kündigung im Kalender. Binnen dieser Zeit muss eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden. Kontaktieren Sie am besten sofort Ihren Betriebsrat oder einen Anwalt, um die Erfolgsaussichten zu prüfen.
  • Unterlagen sammeln: Bewahren Sie das Kündigungsschreiben, eventuelle Anhörungsprotokolle des Betriebsrats und alle relevanten Unterlagen auf. Diese können im Prozess als Beweismittel dienen.
  • Rechtliche Beratung einholen: Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht (z. B. Dr. Usebach) kann einschätzen, ob die Kündigung vermutlich Bestand hat oder angreifbar ist. Oft übernehmen Rechtsschutzversicherungen die Kosten einer Beratung und Klage – dies sollten Sie ebenfalls umgehend klären.

Eine betriebsbedingte Kündigung bei Lufthansa ist rechtlich überprüfbar. Gerade in Konzernen mit vielen Arbeitnehmern passieren Fehler (etwa bei der Sozialauswahl oder Formalien), die Ihre Chancen auf Weiterbeschäftigung oder eine verbesserte Abfindung erhöhen können. Ohne Klage hingegen verlieren Sie diese Chance unwiderruflich.

Sozialplan und Abfindungen: Was steht Betroffenen zu?

Steht ein größerer Stellenabbau an, greift häufig das Betriebsverfassungsrecht. In Betrieben mit Betriebsrat muss das Unternehmen bei einer Massenentlassung mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln (§§ 111, 112 BetrVG). Ein Sozialplan ist eine Vereinbarung, die Regelungen zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile enthält, die den Arbeitnehmern durch den Personalabbau entstehen. In der Praxis ist eine Abfindung für die verlorene Arbeitsstelle das Kernstück eines Sozialplans.

Voraussetzung: Ein erzwingbarer Sozialplan muss verhandelt werden, wenn eine sogenannte Betriebsänderung vorliegt – das ist laut Bundesarbeitsgericht insbesondere dann der Fall, wenn die geplanten Entlassungen die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG überschreiten. Diese Schwellenwerte definieren, ab welcher Anzahl geplanter Kündigungen innerhalb von 30 Tagen eine Massenentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit erfolgen muss (z. B. mehr als 30 Kündigungen in Betrieben über 600 Mitarbeiter). Bei Lufthansa dürfte diese Grenze durch den geplanten Abbau tausender Stellen eindeutig überschritten sein. Das heißt: Der Konzern muss mit den Betriebsräten über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln.

Inhalt eines Sozialplans: Meist wird eine Formel zur Berechnung der Abfindung vereinbart. Üblich – allerdings von Unternehmen zu Unternehmen verschieden – sind beispielsweise Abfindungen in Höhe von 0,5 bis 1,0 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Zusätzlich können Sonderregelungen berücksichtigt werden, etwa ein höherer Faktor für ältere Beschäftigte oder eine Mindestabfindung für alle. Der genaue Abfindungsanspruch richtet sich aber nach der konkreten Sozialplan-Vereinbarung bei Lufthansa. Wichtig: Haben Sie Anspruch auf eine Sozialplanabfindung, ist diese rechtlich abgesichert – Lufthansa muss die vereinbarte Summe an alle gekündigten Mitarbeiter zahlen, unabhängig davon, ob Sie eine Kündigungsschutzklage erheben oder nicht. Diese Abfindung bekommen Sie also in jedem Fall, selbst wenn Sie keinen Prozess führen.

Neben Abfindungen können Sozialpläne weitere Leistungen vorsehen, um den Übergang der Mitarbeiter abzufedern:

  • Transfergesellschaft: Häufig wird betroffenen Mitarbeitern der Wechsel in eine Transfergesellschaft angeboten. Dabei scheiden die Mitarbeiter formal bei Lufthansa aus und wechseln für eine befristete Zeit (oft 6–12 Monate) in eine Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft. Dort erhalten sie Transferkurzarbeitergeld (eine spezielle Form des Arbeitslosengeldes, meist rund 60–67 % des letzten Nettogehalts) und Unterstützung durch Trainings- und Vermittlungsangebote, um einen neuen Job zu finden. Die Transfergesellschaft wird zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart und vom Arbeitgeber mitfinanziert, um betriebsbedingte Kündigungen sozialverträglicher zu gestalten.
  • Weiterbeschäftigungsangebote: Ein Sozialplan oder Interessenausgleich kann auch Vereinbarungen enthalten, dass Mitarbeitern freie Stellen in anderen Konzernteilen angeboten werden. Lufthansa ist ein großer Konzern (Airlines wie Swiss, Austrian, Eurowings; Bodengesellschaften; Technik; Verwaltung an verschiedenen Standorten). Es kann vereinbart werden, dass Mitarbeiter auf vergleichbare Positionen innerhalb des Konzerns wechseln können, anstatt gekündigt zu werden. (Diese Möglichkeit besteht jedoch nur, wenn passende freie Stellen vorhanden sind und der Mitarbeiter der Versetzung zustimmt.)
  • Härtefallregelungen: Oft gibt es einen Sozialfonds oder besondere Hilfen für Härtefälle. Etwa für ältere Mitarbeiter kurz vor der Rente, Schwerbehinderte oder Beschäftigte mit vielen Unterhaltspflichten können zusätzliche Gelder oder verlängerte Kündigungsfristen vereinbart werden, um besondere soziale Härten abzufedern.
  • Beratung und Unterstützung: Große Unternehmen bieten im Abbau-Prozess häufig auch Beratungsleistungen an – zum Beispiel Outplacement-Beratung, Bewerbungstrainings, psychologische Beratung oder ähnliches, um den Betroffenen den Übergang zu erleichtern.

Für Lufthansa-Beschäftigte ist es ratsam, sich über den Inhalt des Sozialplans zu informieren, sobald dieser ausgehandelt ist. Ihr Betriebsrat wird Sie dazu normalerweise auf dem Laufenden halten. Achten Sie auf betriebsinterne Informationsveranstaltungen oder Rundschreiben zum Sozialplan. Dort erfahren Sie:

  • Wie hoch die Abfindung voraussichtlich ausfällt (Formel oder Tabelle).
  • Ob es Möglichkeiten gibt, in eine Transfergesellschaft zu wechseln und wie die Konditionen dafür sind.
  • Welche Stichtage und Fristen gelten (z. B. bis wann man sich für freiwillige Programme melden muss).
  • Ob es freiwillige Aufhebungsangebote gibt, bei denen man sich selbst meldet, um mit Abfindung auszuscheiden (siehe nächster Abschnitt).

Abschließend sei betont: Ein Sozialplan bedeutet nicht, dass keine Kündigungen erfolgen – er regelt nur die Folgen. Lufthansa hat zwar angekündigt, betriebsbedingte Kündigungen möglichst zu vermeiden, dennoch sollten sich Mitarbeiter im Verwaltungsbereich darauf einstellen, dass im Zweifel Kündigungen ausgesprochen werden, falls nicht genügend Freiwillige gehen oder alternative Einsparungen gefunden werden. Der Sozialplan sorgt dann wenigstens für eine finanzielle Kompensation.

Versetzung und Änderungskündigung: Gibt es Alternativen zur Kündigung?

Bevor es zur Kündigung kommt, versuchen Unternehmen oft, Personalabbau durch alternative Maßnahmen zu erreichen. Eine Möglichkeit ist die Versetzung von Mitarbeitern auf andere Stellen, wo Personal benötigt wird, anstatt sie zu entlassen. Gerade bei Lufthansa mit ihren vielen Tochtergesellschaften und Standorten könnte es sein, dass man Ihnen einen anderen Arbeitsplatz anbietet – sei es in einer anderen Abteilung, an einem anderen Standort oder sogar in einer anderen Konzerngesellschaft.

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber ein arbeitsvertragliches Direktionsrecht (§ 106 GewO). Das bedeutet: Lufthansa darf Inhalt, Ort und Zeit Ihrer Arbeitsleistung festlegen – allerdings nur im Rahmen dessen, was Ihr Arbeitsvertrag hergibt, und nach billigem Ermessen. Wichtig: Schauen Sie in Ihren Arbeitsvertrag. Ist dort z. B. als Arbeitsort „Frankfurt“ festgeschrieben, darf man Sie nicht ohne Weiteres gegen Ihren Willen nach München versetzen. Enthält der Vertrag aber eine sogenannte Versetzungsklausel (z. B. „der Arbeitnehmer kann auch an anderen Standorten eingesetzt werden“), kann das Unternehmen Sie einseitig an einen anderen Ort versetzen, sofern die Maßnahme billigem Ermessen entspricht. Ihr Arbeitgeber muss also auch Ihre persönlichen Umstände berücksichtigen – etwa Familie, Pendelzeiten, doppelte Haushaltsführung – damit die Versetzung zumutbar ist.

Bei Änderung der Tätigkeit gilt ähnliches: Eine Versetzung kann auch bedeuten, dass sich Ihr Aufgabengebiet ändert (andere Position oder Abteilung). Solange die neue Tätigkeit der bisherigen gleichwertig ist und keine Gehaltseinbuße oder „Degradierung“ bedeutet, darf der Arbeitgeber dies im Rahmen des Direktionsrechts anordnen. Nicht zulässig wäre es hingegen, Sie auf eine deutlich niedriger dotierte oder weniger qualifizierte Stelle zu setzen – damit würde man Sie benachteiligen, was arbeitsrechtlich unwirksam ist. In solchen Fällen müsste Lufthansa, wenn Sie nicht freiwillig zustimmen, eine Änderungskündigung aussprechen.

Änderungskündigung: Dabei handelt es sich um eine Kündigung mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Beispiel: Lufthansa kündigt Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis, bietet Ihnen aber gleichzeitig an, Sie ab Ablauf der Kündigungsfrist in neuer Position oder mit reduzierten Konditionen weiterzubeschäftigen. Sie haben dann drei Optionen: (1) vorbehaltslos ablehnen – dann endet das Arbeitsverhältnis und Sie können die Kündigung wie oben beschrieben anfechten; (2) vorbehaltlich annehmen und Kündigungsschutzklage erheben – das heißt, Sie nehmen die neue Stelle an, behalten sich aber das Recht vor, gerichtlich prüfen zu lassen, ob die Änderungen sozial gerechtfertigt sind; (3) akzeptieren, womit die neuen Bedingungen gelten und der Rechtsstreit entfällt. Eine Änderungskündigung sollten Sie genau prüfen, da sie im Zweifel dieselben Fristen und Klagemöglichkeiten auslöst wie eine Beendigungskündigung.

Was tun, wenn Ihnen eine Versetzung angeboten wird? Zunächst: Nicht übereilt ablehnen! Wenn Lufthansa Ihnen eine alternative Stelle anbietet (statt Kündigung), kann dies eine Chance sein, Ihren Arbeitsplatz zu behalten. Prüfen Sie aber genau die Konditionen:

  • Vergleichbarkeit der Position: Entspricht die neue Stelle Ihrer Qualifikation? Ist das Gehalt gleich oder zumindest gleichwertig? Wenn die neue Aufgabe deutlich schlechter ist, müssen Sie diese nicht einfach hinnehmen – dann steckt vermutlich eine Änderungskündigung dahinter, gegen die Sie vorgehen können.
  • Ort und Umzug: Liegt der neue Arbeitsplatz an einem anderen Standort? Falls ja, ist ein Umzug oder längeres Pendeln notwendig? Überlegen Sie, ob das für Sie und Ihre Familie machbar ist. Ihr Arbeitgeber muss bei Versetzungen auf soziale Umstände Rücksicht nehmen – eine unbillige (unzumutbare) Versetzung können Sie ablehnen. Im Streitfall würde ein Gericht entscheiden, ob die Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist.
  • Betriebsrat einschalten: Informieren Sie Ihren Betriebsrat, wenn man Ihnen eine Versetzung nahelegt. In Unternehmen mit Betriebsrat muss dieses Gremium einer dauerhaften Versetzung in der Regel zustimmen. Der Betriebsrat kann eine Versetzung, die er für ungerechtfertigt hält, verweigern oder zumindest Bedenken anmelden. Er ist Ihr Verbündeter, um eine faire Lösung zu erreichen. Eine Versetzung ohne Zustimmung des Betriebsrats wäre rechtswidrig.
  • Beratung holen: Auch bei Versetzungen gilt: Im Zweifel Rechtsrat einholen. Ein Anwalt kann beurteilen, ob die Versetzungsklausel Ihres Vertrags solche Änderungen abdeckt und ob die angebotenen Bedingungen akzeptabel sind.

Im Idealfall finden Lufthansa und der Betriebsrat Wege, Mitarbeiter intern umzusetzen, anstatt sie zu entlassen. Für Sie als Arbeitnehmer kann eine Versetzung zwar unbequem sein (neue Umgebung, evtl. Ortswechsel), aber sie ist unter Umständen besser als arbeitslos zu werden. Dennoch sollten Sie Ihre vertraglichen Rechte kennen. Lehnen Sie eine zumutbare Versetzung ohne triftigen Grund ab, riskieren Sie möglicherweise eine (betriebsbedingte) Kündigung, da der Arbeitgeber dann keine andere Beschäftigungsmöglichkeit mehr sieht. Andererseits: Müssen Sie ein offensichtlich unzumutbares Angebot nicht akzeptieren. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt – und ggf. juristische Hilfe, um Ihre Interessen zu wahren.

Aufhebungsvertrag und freiwillige Programme: Chancen und Risiken

Neben Versetzungen setzen viele Unternehmen – so auch Lufthansa – auf freiwillige Abfindungsprogramme, um Personalabbau sozialverträglich zu gestalten. Dabei erhalten Mitarbeiter ein Angebot, freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden gegen Zahlung einer Abfindung oder anderen Vorteilen (z. B. Vorruhestand). Solche Programme werden meist in enger Abstimmung mit dem Betriebsrat entwickelt und im Sozialplan festgehalten. Für Lufthansa-Mitarbeiter könnte es sich z. B. so darstellen, dass bestimmte Verwaltungsmitarbeiter eine Aufhebungsvertrag-Offerte erhalten: Sie unterschreiben einen Aufhebungsvertrag und bekommen im Gegenzug eine überdurchschnittliche Abfindung, die eventuell höher ist als die normale Sozialplanabfindung (ein sogenannter „Golden Handshake“).

Vorteile eines Aufhebungsvertrags: Sie können sich freiwillig dazu entscheiden und vielleicht Bedingungen aushandeln (z. B. Beendigungstermin, Abfindungshöhe, ein gutes Arbeitszeugnis). Ein Aufhebungsvertrag kommt ohne formale Kündigung aus, d.h. Ihr Lebenslauf weist keine Kündigung durch den Arbeitgeber auf. Auch umgeht Lufthansa damit die komplexe Sozialauswahl und Kündigungsschutzprozesse. Nachteil für Arbeitnehmer: In vielen Fällen verhängt die Agentur für Arbeit bei einem Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I von bis zu 12 Wochen, weil Sie der Beendigung freiwillig zugestimmt haben. Diese Sperre tritt jedoch nicht ein, wenn der Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer ansonsten unvermeidbaren Kündigung geschlossen wird und bestimmte Vorgaben erfüllt sind (z. B. Einhaltung der Kündigungsfrist und Abfindungshöhe bis etwa 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr). Sie sollten dies vorab mit einem Anwalt oder der Agentur für Arbeit klären, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.

Worauf Sie achten sollten, wenn Ihnen ein Aufhebungsvertrag angeboten wird:

  • Bedenkzeit: Lassen Sie sich nicht drängen. Sie haben das Recht, einen Aufhebungsvertrag in Ruhe zu prüfen. Arbeitgeber setzen manchmal kurze Fristen, um Druck zu erzeugen („Unterschreiben Sie bis Ende der Woche, sonst verfällt das Angebot“). Nehmen Sie sich dennoch die Zeit, ggf. auch um rechtlichen Rat einzuholen.
  • Abfindung und Vorteile schwarz auf weiß: Stellen Sie sicher, dass alle Zusagen schriftlich im Vertrag stehen – Abfindungssumme, Auszahlungszeitpunkt, ggf. Prämien („Turboklausel“ für früheres Ausscheiden), Weiterbeschäftigung bis zu einem bestimmten Datum, Zeugnisformulierung, etc. Mündliche Zusagen zählen nicht, nur das Schriftstück bindet.
  • Kündigungsfristen einhalten: Achten Sie darauf, dass der vertraglich vereinbarte Beendigungstermin nicht vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist Ist die Frist im Aufhebungsvertrag kürzer, bewertet die Agentur für Arbeit das oft als freiwilliges Vorziehen der Arbeitslosigkeit – ein häufiger Grund für die Sperrzeit.
  • Rechtsberatung nutzen: Ein Anwalt kann häufig noch Nachverhandlungen für Sie führen – etwa die Abfindung erhöhen oder unklare Klauseln zugunsten des Arbeitnehmers ändern. Er kann auch die Auswirkungen auf Ihr Arbeitslosengeld und Ihre Rentenansprüche abschätzen. Diese Investition lohnt sich angesichts der langfristigen Konsequenzen eines Aufhebungsvertrags.

Denken Sie daran: Niemand kann Sie zwingen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Wenn das Angebot für Sie nicht stimmt (z. B. zu geringe Abfindung, unzumutbare Bedingungen), dürfen Sie ablehnen. Dann bleibt Lufthansa nur der Weg über Kündigungen – und Sie behalten Ihre vollen Rechte aus dem Kündigungsschutz. Natürlich besteht das Risiko, am Ende mit „nur“ der Sozialplan-Abfindung dazustehen, wenn Ihre Kündigung wirksam sein sollte. Deshalb muss hier jeder für sich abwägen, wie attraktiv das freiwillige Angebot ist und wie hoch die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage wären. Im Zweifel vergleichen Sie: Sicheres Abfindungsangebot jetzt vs. ungewisser Ausgang vor Gericht, aber mit Chance auf mehr.

Handlungstipps für betroffene Lufthansa-Mitarbeiter

Abschließend haben wir die wichtigsten Handlungsoptionen und Tipps für Sie als möglicherweise Betroffener zusammengefasst:

  • Informieren Sie sich frühzeitig: Sobald bekannt wird, dass Ihre Abteilung oder Position vom Stellenabbau betroffen sein könnte, suchen Sie das Gespräch mit dem Betriebsrat. Fragen Sie nach dem Stand der Verhandlungen zum Interessenausgleich und Sozialplan. Interne Informationsveranstaltungen der Lufthansa sollten Sie unbedingt besuchen. Je besser Sie über Ihre Rechte Bescheid wissen, desto souveräner können Sie Entscheidungen treffen.
  • Keine vorschnellen Unterschriften: Unterschreiben Sie keine Aufhebungsverträge oder Änderungsvereinbarungen übereilt. Oft werden solche Angebote mit zeitlichem Druck versehen. Bevor Sie zustimmen, lassen Sie den Vorschlag juristisch prüfen – insbesondere hinsichtlich Abfindungshöhe, Zeugnis und Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
  • Kündigung genau prüfen lassen: Erhalten Sie tatsächlich eine Kündigung, bewahren Sie Ruhe und prüfen Sie die nächsten Schritte. Kontaktieren Sie umgehend Ihren Anwalt oder die Gewerkschaft. Wie oben erläutert, haben Sie nur 3 Wochen Zeit für eine Kündigungsschutzklage. In dieser Zeit sollte Ihr Fall analysiert werden: Wurden alle Formalien eingehalten? Ist die Sozialauswahl korrekt? Gibt es eventuell Formfehler (z. B. fehlende Betriebsratsanhörung)? – All das kann eine Kündigung unwirksam machen.
  • Abfindung und Finanzen planen: Rechnen Sie durch, was eine mögliche Abfindung netto für Sie bedeutet und wie Sie finanziell klarkommen, falls Sie einige Monate arbeitslos sein sollten. Melden Sie sich rechtzeitig (am besten sofort nach Erhalt der Kündigung oder Abschluss eines Aufhebungsvertrags) bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend, um keine Ansprüche zu verlieren. Planen Sie auch, wie Sie die Zeit nutzen, um sich neu zu orientieren oder weiterzubilden.
  • Versetzungschancen ausloten: Fragen Sie aktiv nach, ob es im Lufthansa-Konzern Alternativen für Sie gibt. Vielleicht werden in wachsenden Unternehmensbereichen (z. B. Lufthansa Technik, Tochterfluggesellschaften oder neue Geschäftsfelder) Leute gesucht. Eine Versetzung kann manchmal eine gute Lösung sein, wenn Sie dafür offen sind. Signalisieren Sie Ihre Bereitschaft, falls Sie grundsätzlich versetzungswillig sind – das könnte Ihnen einen Vorteil verschaffen, bevor es zu Kündigungen kommt.
  • Psychologische Unterstützung: Ein Stellenabbau sorgt oft für Angst und Stress bei den Beschäftigten. Nutzen Sie gegebenenfalls Unterstützungsangebote wie Mitarbeiterberatungsprogramme oder sprechen Sie mit Kollegen und Freunden. Auch der Betriebsrat kann Anlaufstelle für Sorgen sein.
  • Rechtsbeistand suchen: Scheuen Sie sich nicht, professionellen Rat Eine Erstberatung beim Fachanwalt kann Ihnen Klarheit über Ihre Optionen geben. Fachanwalt Dr. Usebach und sein Team unterstützen beispielsweise Arbeitnehmer in solchen Situationen dabei, ihre Rechte durchzusetzen und optimale Ergebnisse (weiterbeschäftigt zu werden oder eine verbesserte Abfindung) zu erzielen.

Zusammengefasst: Der angekündigte Stellenabbau bei Lufthansa ist für viele Beschäftigte eine belastende Unsicherheit. Doch das deutsche Arbeitsrecht bietet zahlreiche Schutzmechanismen, von Kündigungsschutz über Sozialpläne bis hin zu Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats, die Ihnen helfen, nicht schutzlos gestellt zu werden. Informieren Sie sich, nutzen Sie Ihre Rechte und holen Sie sich Unterstützung – dann stehen die Chancen gut, dass Sie trotz der schwierigen Situation entweder Ihren Arbeitsplatz behalten können oder wenigstens mit einer fairen Abfindung und Unterstützung in den Neuanfang gehen. Bleiben Sie handlungsfähig, und warten Sie nicht zu lange ab: je früher Sie aktiv werden, desto mehr Möglichkeiten haben Sie, den Ausgang mitzugestalten.