Social-Media-Plattformen gehören für viele Menschen zum Alltag. Arbeitnehmer teilen private Meinungen, Urlaubsfotos oder kommentieren aktuelle Ereignisse – oft ohne an mögliche Folgen für ihr Arbeitsverhältnis zu denken. Doch inwieweit darf der Arbeitgeber das Verhalten seiner Mitarbeiter in sozialen Medien kontrollieren oder sanktionieren? Dieser Rechtstipp beleuchtet die rechtlichen Grenzen und Pflichten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Er erklärt, wann private Social-Media-Posts zum arbeitsrechtlichen Problem werden können, wie Gerichte dies beurteilen und welche Maßnahmen zulässig sind. Zudem geben wir konkrete Handlungsempfehlungen für beide Seiten.
Privates Verhalten vs. berufliche Auswirkungen
Grundsätzlich gilt: Das Privatleben eines Arbeitnehmers entzieht sich dem direkten Einflussbereich eines privaten Arbeitgebers. Was jemand in seiner Freizeit tut oder äußert – etwa auf dem eigenen Social-Media-Account – ist zunächst Sache des Arbeitnehmers und durch sein Persönlichkeitsrecht sowie die Meinungsfreiheit geschützt. Privates bleibt privat, solange keine Verbindung zum Arbeitsverhältnis besteht.
Eine entscheidende Ausnahme greift jedoch, wenn das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich ausstrahlt. Dann kann ein ursprünglich privater Social-Media-Post doch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Die Arbeitsgerichte fordern hierbei zwei Voraussetzungen:
- Bezug zum Arbeitgeber: Der Arbeitgeber wird mit dem Posting in Verbindung gebracht – etwa weil der Mitarbeiter in seinem Profil den Arbeitgeber angegeben oder verlinkt hat oder weil aus dem Kontext klar erkennbar ist, für wen er arbeitet. In solchen Fällen „zieht“ der Arbeitnehmer den Arbeitgeber mit in seine Online-Äußerungen hinein. Ist hingegen kein Bezug zum Arbeitgeber erkennbar (der Arbeitgeber wird nicht genannt, nicht verlinkt und ist auch sonst nicht identifizierbar), liegt in der Regel keine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung vor. Dann darf der Arbeitgeber private Social-Media-Posts grundsätzlich nicht zum Anlass arbeitsrechtlicher Sanktionen nehmen.
- Pflichtverletzung nach § 241 Abs. 2 BGB: Der Inhalt des Posts muss gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht verstoßen. § 241 Abs. 2 BGB statuiert die Nebenpflicht jeder Vertragspartei (hier des Arbeitnehmers), auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der jeweils anderen Partei Rücksicht zu nehmen. Im Arbeitsverhältnis spricht man auch von der Treue- bzw. Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber. Der Mitarbeiter darf nichts tun, was berechtigten Interessen des Arbeitgebers schadet. Klassische Beispiele sind: interne Betriebsgeheimnisse ausplaudern, Kunden oder Kollegen bloßstellen, den Arbeitgeber öffentlich verunglimpfen oder den guten Ruf des Unternehmens durch eigenes Fehlverhalten untergraben.
Erfüllt ein Social-Media-Post diese beiden Kriterien – Arbeitgeberbezug und erhebliche Verletzung der Rücksichtnahmepflicht – kann der Arbeitgeber reagieren. Ein einfacher privater Kommentar ohne Bezug zur Firma bleibt dagegen privat, selbst wenn er moralisch fragwürdig wäre. So stellte etwa eine Fachanwältin klar, dass private rassistische oder antisemitische Äußerungen grundsätzlich keine arbeitsrechtlichen Folgen haben, solange kein Bezug zum Arbeitgeber besteht.
Beispiel: Ein Mitarbeiter postet in seiner Freizeit unter Klarnamen fremdenfeindliche Parolen auf Facebook. Nennt er nirgendwo seinen Arbeitgeber und ist dieser auch sonst nicht erkennbar, darf der Arbeitgeber ihn in der Regel nicht allein wegen dieser privaten Entgleisung kündigen. Anders sieht es aus, wenn der Mitarbeiter auf seinem Facebook-Profil gleichzeitig angibt, bei Firma X beschäftigt zu sein. Dann wird das Unternehmen mit den hasserfüllten Aussagen in Verbindung gebracht – eine potentielle Rufschädigung liegt nahe. Gerichte nehmen in solchen Fällen eine Pflichtverletzung an, weil das private Verhalten negative Auswirkungen auf den Betrieb haben kann (Imageverlust, Störung des Betriebsfriedens, Druck durch Kunden oder Medienanfragen). Genau dies stellte jüngst das LAG Düsseldorf in einem Fall fest, in dem ein Arbeitnehmer antisemitische Posts veröffentlichte und seinen Arbeitgeber im Profil genannt hatte. Die Posts wurden dem Arbeitgeber durch einen anonymen Hinweis bekannt; sogar die Presse fragte bereits nach Konsequenzen – ein klarer Hinweis darauf, dass betriebliche Interessen beeinträchtigt wurden.
Loyalitätspflicht und Meinungsfreiheit – wo liegen die Grenzen?
Arbeitnehmer genießen selbstverständlich das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Doch diese Freiheit ist nicht schrankenlos – sie findet ihre Grenzen in den allgemeinen Gesetzen und den Rechten Dritter (Art. 5 Abs. 2 GG). Die Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB stellt ein solches allgemeines Gesetz dar, das die Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis begrenzen kann. Einfach gesagt: Was ein Arbeitnehmer sagt, darf nicht die berechtigten Belange des Arbeitgebers erheblich verletzen, sonst muss er die Konsequenzen tragen. Beleidigungen, Verleumdungen oder Hass-Posts sind auch online keineswegs geschützt – das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Im Gegenteil können solche Äußerungen, wenn sie dem Arbeitgeber zugeordnet werden, disziplinarische Maßnahmen rechtfertigen.
Wichtig ist jedoch eine Interessensabwägung im Einzelfall: Nicht jede kritische Meinungsäußerung eines Mitarbeiters stellt gleich einen Kündigungsgrund dar. Zulässig bleibt etwa sachliche Kritik an Missständen im Betrieb, die nicht an die Öffentlichkeit gerichtet ist, oder die private politische Meinung, solange kein Bezug zum Arbeitgeber erkennbar ist und keine extremen Entgleisungen vorliegen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen hier zu einem angemessenen Ausgleich kommen. Der Arbeitgeber kann sich seinerseits auf geschützte Positionen berufen – zum Beispiel auf sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder seinen Unternehmensruf. Beide Seiten genießen also grundrechtlich geschützte Interessen, die in Balance gebracht werden müssen.
Gerichte betonen immer wieder: Außerdienstliches Verhalten darf nur in Ausnahmefällen sanktioniert werden. Es muss eine klare dienstliche Relevanz haben. Fehlt dieser Bezug, geht das Privatleben vor. So entschied etwa das LAG Thüringen, dass sogar schwere Vorwürfe eines Mitarbeiters gegen seinen Arbeitgeber in einer vertraulichen WhatsApp-Gruppe mit Kollegen nicht ohne Weiteres nach außen getragen und sanktioniert werden dürfen – das vertrauliche Wort unter Kollegen genießt grundsätzlich Privatsphärenschutz. Andererseits hat das Bundesarbeitsgericht jüngst klargestellt, dass bei menschenverachtenden Äußerungen selbst in einer privaten Chatgruppe kein Vertraulichkeitsschutz mehr greift, insbesondere wenn die Gruppe größer ist und der Inhalt massiv beleidigend ist. Die Abgrenzung hängt von Inhalt, Kontext und Verbreitungsgrad der Äußerung ab.
Für Social-Media-Posts lässt sich festhalten: Je öffentlicher und extremer eine Äußerung, desto eher überwiegt das Unternehmensinteresse, diese nicht hinnehmen zu müssen. Umgekehrt gilt: Rein private Äußerungen im kleinen Kreis sind vom Arbeitgeber zu akzeptieren. Posts in einem wirklich geschlossenen, privaten Profil, die nur einem vertrauenswürdigen Freundeskreis zugänglich sind, fallen grundsätzlich nicht in den arbeitsrechtlichen Bereich. Allerdings muss dieser Personenkreis tatsächlich privat sein – sind z. B. auch Kollegen unter den „Freunden“ oder Followern, kann von rein privat nicht mehr die Rede sein. Arbeitnehmer können sich nicht darauf berufen, etwas sei privat gemeint gewesen, wenn es de facto doch (über Kollegen, Öffentlichkeit oder anonyme Hinweise) den Weg in den Betrieb findet.
Mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen: Abmahnung bis Kündigung
Verstößt ein Mitarbeiter mit einem Social-Media-Beitrag gegen seine Pflichten, stehen dem Arbeitgeber grundsätzlich die üblichen arbeitsrechtlichen Sanktionsinstrumente zur Verfügung: Er kann eine Abmahnung aussprechen und – bei schweren oder wiederholten Verstößen – eine Kündigung in Betracht ziehen. Dabei wird zwischen ordentlicher (verhaltensbedingter) Kündigung mit Kündigungsfrist und – in gravierenden Fällen – außerordentlicher (fristloser) Kündigung unterschieden.
Welche Konsequenz angemessen ist, hängt vom Schweregrad der Pflichtverletzung im konkreten Einzelfall ab. Grundsätzlich gilt: Bei leichteren Verstößen muss zuerst abgemahnt werden. Die Abmahnung dient einerseits der Dokumentation des Fehlverhaltens und andererseits der Warnfunktion: Der Arbeitnehmer soll die Chance erhalten, sein Verhalten zukünftig zu bessern. Erst wenn er nach einer Abmahnung erneut ähnlich negativ auffällt oder der Verstoß so schwerwiegend ist, dass eine Verhaltensänderung nicht zu erwarten ist, kommt eine Kündigung in Betracht. Das Bundesarbeitsgericht fordert eine Abmahnung immer dann, wenn eine Wiederholung des Fehlverhaltens durch milderes Mittel verhindert werden könnte.
Beispiel: Im oben genannten Fall des LAG Düsseldorf (antisemitische Facebook-Posts mit Arbeitgeberangabe) sah das Gericht zwar einen an sich wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung gegeben – die Pflichtverletzung war schwerwiegend. Trotzdem erklärte es die fristlose Kündigung als unverhältnismäßig und damit unwirksam, weil der Arbeitgeber hier zunächst eine Abmahnung hätte aussprechen müssen. Der Arbeitnehmer hätte den Missstand (die Verbindung von fragwürdigen Posts und Arbeitgebername) durch einfaches Löschen der Arbeitgeberangabe beheben können. Eine Abmahnung wäre daher ein geeignetes Mittel gewesen, um ihn zur Änderung seines Verhaltens anzuhalten. Erst bei einem erneuten Verstoß – etwa wenn er trotz Abmahnung weiter ähnlich postet oder den Arbeitgeberbezug nicht entfernt – wäre eine Kündigung gerechtfertigt gewesen.
Andererseits gibt es Fälle, in denen eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung sofort gerechtfertigt sein kann. Dies setzt voraus, dass das Vertrauensverhältnis durch die Handlung so massiv erschüttert wurde, dass selbst eine Abmahnung unzumutbar wäre. Beispiele: Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder Vorgesetzten in aller Öffentlichkeit (z. B. ein Facebook-Post „Mein Chef ist ein …“), strafbare Inhalte wie Volksverhetzung oder schwere Rufschädigung des Unternehmens. Hier kann die Schwelle zur fristlosen Kündigung überschritten sein, weil kein Arbeitgeber verpflichtet ist, derartige Entgleisungen hinzunehmen. Allerdings wägen Gerichte auch in solchen Fällen genau ab. Nicht jede unbedachte Äußerung reicht aus – es kommt auf Wortwahl, Kontext und Auswirkungen ab. Häufig wird zum Beispiel zwischen einem wütenden Kommentar im kleinen Kreis und einer breit gestreuten öffentlichen Diffamierung unterschieden.
Neben Kündigung und Abmahnung kommen ggf. weitere Konsequenzen in Betracht: Der Arbeitgeber kann bei Rufschädigung etwa verlangen, dass der Mitarbeiter den betreffenden Post löscht oder eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, um zukünftige ähnliche Posts zu verhindern. In Extremfällen – etwa wenn Geschäftsgeheimnisse verraten oder Kollegen persönlich angegriffen wurden – können auch Schadensersatzansprüche oder Strafanzeigen (z. B. wegen Beleidigung) in Frage kommen. Dies sind jedoch meist Begleiterscheinungen besonders gravierender Fälle.
Wichtig für Arbeitnehmer: Arbeitsrechtliche Sanktionen setzen grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber von dem betreffenden Posting erfährt. Viele Mitarbeiter wiegen sich in Sicherheit, wenn sie unter Pseudonym posten oder glauben, der Arbeitgeber „wird es schon nicht sehen“. Doch in der Praxis werden solche Vorfälle häufig durch Hinweise Dritter bekannt (Kollegen, die mitlesen; Kunden, die Anstößiges melden; anonyme Tippgeber; sogar Journalisten). Selbst wenn der Arbeitgeber nicht aktiv nachforscht, kann ein öffentlich zugänglicher Post jederzeit seinen Weg zum Chef finden. Mitarbeiter sollten sich daher nie darauf verlassen, dass problematische Inhalte verborgen bleiben – das Risiko einer Entdeckung ist real.
Vorab-Kontrolle von Social-Media-Posts – geht das?
Ein besonders weitgehender Eingriff in die Freiheit der Mitarbeiter wäre die Vorab-Kontrolle aller Social-Media-Aktivitäten durch den Arbeitgeber. Darf der Chef verlangen, Postings vor der Veröffentlichung zu prüfen oder zu genehmigen? Grundsätzlich nein – zumindest nicht einseitig.
Ohne Vereinbarung kann ein Arbeitgeber nicht einfach vorschreiben, dass Arbeitnehmer jeden Post erst seiner Zustimmung unterbreiten müssen. Das wäre ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Handlungsfreiheit und Privatsphäre der Mitarbeiter. In der Regel fehlt dafür auch jede Rechtsgrundlage. Eine solche Pflicht lässt sich daher nicht einseitig per Direktionsrecht oder Betriebsanweisung auferlegen.
Möglich ist jedoch, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich gewisse Kontrollmechanismen vereinbaren. Insbesondere für exponierte Positionen oder Sonderfälle kann eine vertragliche Abrede getroffen werden, dass Social-Media-Beiträge mit Arbeitgeberbezug vorher abgestimmt werden müssen. Im oben genannten Beispiel des Fußballprofis Felix N. bei Borussia Dortmund wurde Medienberichten zufolge vertraglich festgelegt, dass der Spieler künftig seine Social-Media-Beiträge vorab mit dem Verein abstimmt. Eine solche Klausel ist zulässig, sofern der Arbeitnehmer freiwillig zustimmt – meist geschieht das schon bei Vertragsschluss, insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens oder Unternehmenssprechern, die das Unternehmen nach außen repräsentieren.
Entscheidend ist, dass die Grenze zur Freiwilligkeit gewahrt bleibt. Ein Arbeitgeber darf keinen generellen „Maulkorberlass“ erzwingen. Zu weitgehend wäre die einseitige Auferlegung einer generellen Vorab-Prüfungspflicht. In Betrieben mit Betriebsrat wäre eine solche Maßnahme zudem mitbestimmungspflichtig, da sie das Ordnungsverhalten der Belegschaft betrifft (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Wenn jedoch wirksam vereinbart wurde, dass gewisse Beiträge vor Veröffentlichung genehmigt werden müssen, sollten Arbeitnehmer diese Regel ernst nehmen. Ein Verstoß dagegen – z. B. ein ungeprüfter Post entgegen der Absprache – kann seinerseits eine Pflichtverletzung darstellen. Der Arbeitgeber kann in so einem Fall zumindest abmahnen und im Wiederholungsfall gegebenenfalls kündigen. Wichtig: Hierbei geht es um die Verletzung der vertraglichen Abmachung an sich. Unabhängig davon kann der Inhalt des Posts natürlich zusätzlich Konsequenzen nach sich ziehen, falls er gegen Loyalitätspflichten verstößt.
Praxistipp: Solche Vorab-Kontrollen sind in der freien Wirtschaft eher selten und kommen vor allem bei öffentlichen Arbeitgebern oder prominenten Unternehmen vor, deren Außenwirkung kritisch ist. Ein Beispiel sind große Sportvereine, Medienhäuser oder auch Behörden, die Wert auf ein einwandfreies Image legen. In normalen Firmen wird man stattdessen häufiger auf Social-Media-Guidelines setzen (dazu unten mehr), die den Mitarbeitern Leitplanken geben, aber keine individuelle Vorzensur verlangen.
Besondere Fälle: Bekannte Arbeitgeber und öffentliche Personen
Eine interessante Konstellation ist diejenige, in der der Arbeitgeber selbst sehr bekannt ist oder der Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit steht. Hier stellt sich die Frage: Muss der Arbeitgeber überhaupt verlinkt oder genannt werden, um identifizierbar zu sein?
Nach der Rechtsprechung kann es Fälle geben, in denen die Verbindung Arbeitgeber–Arbeitnehmer für Außenstehende offensichtlich ist, obwohl der Mitarbeiter seinen Arbeitgeber gar nicht ausdrücklich nennt. Gerade bei prominenten Unternehmen oder Marken ist oft bekannt, wer dort arbeitet. Ebenso können Führungskräfte oder Personen des öffentlichen Lebens kaum verbergen, für wen sie tätig sind. In solchen Fällen ist eine explizite Verlinkung oder Nennung des Arbeitgebers gar nicht erforderlich, um eine Pflichtverletzung zu begründen.
Beispiel: Eine angestellte Nachrichtensprecherin eines bekannten Fernsehsenders betreibt privat einen öffentlichen Twitter-Account. Obwohl sie in ihrer Bio den Arbeitgeber nicht erwähnt, wissen viele Follower aufgrund ihres Gesichts und Namens, wo sie arbeitet. Wenn sie nun kontroverse politische Meinungen oder beleidigende Inhalte twittert, wird man ihren Arbeitgeber damit in Verbindung bringen – auch ohne offizielle Profilangabe. Der Arbeitgeber könnte hierin (je nach Inhalt) eine Verletzung der Rücksichtnahmepflicht sehen, da die Mitarbeiterin als öffentliches Aushängeschild die Reputation des Senders gefährdet. Ähnliches gilt für Mitarbeiter, die in Uniform oder Arbeitskleidung abgebildet sind: Postet jemand ein skandalöses Video in Firmenmontur, ist der Arbeitgeber sofort erkennbar, selbst wenn kein Name fällt.
Für Arbeitnehmer bedeutet das: Wer für eine bekannte Organisation arbeitet oder selbst eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, kann sich nicht darauf verlassen, anonym zu bleiben. Jede öffentliche Äußerung will gut überlegt sein, da das Publikum oft automatisch einen Bezug zum Arbeitgeber herstellt. Für Arbeitgeber ist es in solchen Fällen empfehlenswert, Mitarbeiter entsprechend zu sensibilisieren – und gegebenenfalls klare Regeln aufzustellen, um Image-Schäden vorzubeugen.
Darf der Arbeitgeber Social-Media-Profile überwachen? (Datenschutz und Mitbestimmung)
Angesichts der möglichen Risiken stellen sich viele Arbeitgeber die Frage, ob sie die Social-Media-Aktivitäten ihrer Angestellten proaktiv im Auge behalten dürfen. Hier ist Zurückhaltung geboten. Rein neugieriges oder präventives Monitoring aller Beiträge der Mitarbeiter ist rechtlich unzulässig. Selbst wenn die Profile öffentlich einsehbar sind, gilt das Datenschutzrecht: Das systematische Erfassen und Auswerten von Mitarbeiterdaten (dazu zählen auch Social-Media-Posts mit Personenbezug) bedarf einer Rechtsgrundlage nach DSGVO und BDSG. Ein pauschales „Schnüffeln“ im Netz erfüllt diesen Zweck in der Regel nicht. Der Umstand, dass ein Profil öffentlich ist, macht dessen Überwachung nicht automatisch erlaubt – die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten bestehen fort. Ein solches dauerndes Screening würde einen ständigen Überwachungsdruck auf Arbeitnehmer erzeugen und ist vergleichbar mit einer unzulässigen Ermittlung „ins Blaue hinein“.
Zulässig kann dagegen eine anlassbezogene Nachschau sein. Hegt der Arbeitgeber konkreten Verdacht auf eine Pflichtverletzung – etwa weil ihm ein bestimmter Post gemeldet wurde oder er Hinweise auf vertragswidriges Verhalten erhält –, darf er im erforderlichen Umfang recherchieren. Das heißt, er kann sich den betreffenden Beitrag anschauen und dokumentieren. Eine solche punktuelle Einsicht ist in der Regel von einem berechtigten Interesse gedeckt und damit datenschutzrechtlich zulässig. Insbesondere wenn ein Arbeitgeber die Inhalte später als Beweismittel in einem Kündigungsschutzprozess braucht, gesteht die Rechtsprechung ihm zu, diese Daten zu speichern und zu verwenden. Denn im Prozess darf der Arbeitgeber alle Informationen verwerten, die er benötigt, um seine Kündigungsgründe zu belegen – selbst wenn die Beschaffung der Daten datenschutzrechtlich nicht ganz lupenrein war. Achtung: Das heißt nicht, dass Arbeitgeber bewusst rechtswidrig Daten erheben dürfen. Es zeigt aber, dass öffentlich zugängliche Posts faktisch nie wirklich „geheim“ sind – gelangen sie vor Gericht, werden sie meist verwertet.
Für Arbeitgeber ist zudem zu beachten, dass Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats tangiert sein können, sobald technische Mittel zur Verhaltensüberwachung eingesetzt werden (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Ein Tool, das automatisch Mitarbeiterposts scannt, wäre z. B. zustimmungspflichtig. Im Zweifel sollte der Betriebsrat frühzeitig eingebunden werden, etwa bei der Einführung von Social-Media-Guidelines, die auch Kontrollmaßnahmen vorsehen.
Praxis-Fazit: Arbeitgeber dürfen öffentlich zugängliche Informationen zwar zur Kenntnis nehmen – sie bewegen sich ja frei im Internet –, doch eine planmäßige, alle Mitarbeiter umfassende Überwachung verstößt gegen das Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz. Stattdessen sollte man auf präventive Schulung setzen und nur im Verdachtsfall gezielt prüfen. Arbeitnehmer sollten umgekehrt wissen: Alles, was öffentlich im Netz steht, kann im Zweifelsfall auch vom Arbeitgeber gesehen werden. Wer also auf Facebook, Instagram & Co. peinliche oder beleidigende Dinge postet, kann sich nicht darauf berufen, der Chef hätte es nicht angucken dürfen – die Informationsfreiheit wirkt in beide Richtungen.
Handlungsempfehlungen für Arbeitnehmer
Zum Abschluss einige konkrete Tipps, wie Arbeitnehmer Ärger rund um Social Media und Job vermeiden können:
- Arbeitgeber-Bezug vermeiden: Überlegen Sie genau, ob Sie Ihren Arbeitgeber in Profilen erwähnen oder verlinken müssen. Wenn Sie privat gern kontroverse Meinungen posten, ist es möglicherweise besser, keinen direkten Bezug zur Firma herzustellen. Ohne Arbeitgeberangabe reduzieren Sie das Risiko, dass Ihr Post dem Unternehmen angelastet wird. (Natürlich dürfen Sie Ihren Arbeitgeber nennen – etwa auf Karriere-Netzwerken wie LinkedIn. Dann sollten Sie aber umso vorsichtiger mit öffentlichen Äußerungen sein.)
- Privatsphäre nutzen: Machen Sie von Datenschutzeinstellungen Gebrauch. Nicht jeder Post muss öffentlich sein. Teilen Sie potentielle heikle Inhalte (wenn überhaupt) nur mit einem eng begrenzten Personenkreis und nehmen Sie idealerweise keine Kollegen in diese Liste auf. Bedenken Sie aber: Auch private Äußerungen können indirekt nach außen dringen, wenn jemand sie weiterleitet oder ein Screenshot entsteht. Absolute Vertraulichkeit gibt es im Internet nicht.
- Keine Betriebsgeheimnisse oder Interna posten: Fotografieren oder beschreiben Sie niemals vertrauliche Vorgänge, Kundendaten, interne Strategien oder ähnliche sensible Informationen Ihres Arbeitgebers in sozialen Medien. Dies gilt ohne Ausnahme – selbst dann, wenn Sie glauben, es sei harmlos. Die Verletzung von Geheimhaltungspflichten kann zu Abmahnung, Kündigung und ggf. Schadensersatz führen.
- Respekt bewahren – auch online: Unterlassen Sie beleidigende, herabwürdigende oder hetzerische Kommentare über Vorgesetzte, Kollegen, Kunden oder den Arbeitgeber selbst. Was man niemandem ins Gesicht sagen sollte, gehört auch nicht auf Facebook oder Twitter. Selbst ironisch gemeinte „Witze“ auf Kosten des Chefs oder Unternehmens können falsch verstanden werden. Kritik am Arbeitgeber sollte, wenn nötig, sachlich und vorzugsweise intern geäußert werden, nicht in der öffentlichen Social-Media-Arena.
- Social-Media-Richtlinien beachten: Informieren Sie sich, ob Ihr Arbeitgeber bereits Social-Media-Guidelines oder Regelungen zur privaten Internetnutzung hat. Viele Unternehmen geben inzwischen Hinweise, was erwünscht oder tabu ist. Diese Guidelines sind zwar nicht immer rechtsverbindlich, zeigen aber deutlich die Erwartungen des Arbeitgebers. Halten Sie sich an solche Vorgaben, um Konflikte zu vermeiden.
- Im Zweifel: Rücksprache halten oder verzichten: Wenn Sie unsicher sind, ob ein geplanter Post problematisch sein könnte, holen Sie sich Rat – etwa beim Betriebsrat, der Personalabteilung oder direkt beim Vorgesetzten. Vorbeugen ist besser als heilen. Sollte keine Klärung möglich sein, ist es oft klüger, einen Beitrag nicht abzusetzen, als dafür später gerade stehen zu müssen.
- Trennung von Arbeit und Privat: Manche Arbeitnehmer legen sich zwei Profile zu – ein streng berufliches (z. B. auf LinkedIn oder XING) und ein privates unter Pseudonym. Das kann funktionieren, birgt aber Risiken (Pseudonyme können enttarnt werden). Wichtiger als zwei Accounts ist die innere Einstellung: Auch privat bleibt man Angestellter seines Arbeitgebers. Wer in der Freizeit öffentlich agitiert, als würde er keine arbeitsrechtlichen Pflichten haben, könnte eine böse Überraschung erleben.
- Loyalität vs. Zivilcourage: Was tun, wenn man berechtigte Missstände im Unternehmen sieht und darüber sprechen will? Hier ist Vorsicht geboten: Interne Probleme sollten Sie zunächst intern adressieren. Es gibt zudem für gravierende Fälle das Instrument des Hinweisgeberschutzgesetzes (Whistleblowing), das jedoch strenge Voraussetzungen hat. Unbedachte öffentliche Anschuldigungen gegen den Arbeitgeber können als Vertrauensbruch gewertet werden. Lassen Sie sich im Zweifel rechtlich beraten, bevor Sie den „Gang nach draußen“ antreten.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
Auch Arbeitgeber können proaktiv dafür sorgen, Social-Media-Konflikte zu minimieren und im Ernstfall richtig zu reagieren:
- Social-Media-Guidelines erstellen: Entwickeln Sie klare Richtlinien zur Social-Media-Nutzung im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz. Darin können Erwartungen an das Verhalten der Mitarbeiter definiert werden (z. B. Verbot der Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen, vertraulicher Daten oder beleidigenden Inhalten). Weisen Sie auch auf mögliche Konsequenzen bei Verstößen hin. Wichtig: Binden Sie – sofern vorhanden – den Betriebsrat bei der Erstellung ein, da solche Regeln mitbestimmungspflichtig sein können. Gut gemachte Guidelines schaffen Rechtssicherheit und Bewusstsein auf beiden Seiten.
- Schulungen und Sensibilisierung: Setzen Sie nicht allein auf schriftliche Regeln. Schulen Sie Ihre Belegschaft regelmäßig in Themen wie Datenschutz, Geheimnisschutz und respektvolles Verhalten online. Vielen Mitarbeitern ist gar nicht bewusst, welche Folgen ein „harmloses“ Urlaubsfoto aus dem Büro haben kann, auf dem im Hintergrund ein sensibles Dokument liegt. Durch Aufklärung und offene Kommunikation lassen sich viele Verstöße vermeiden, bevor sie passieren.
- Vorbildfunktion und Unternehmenskultur: Fördern Sie eine positive Fehler- und Feedbackkultur. Wenn Mitarbeiter intern ihre Meinungen und auch Kritik frei äußern dürfen, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Frust oder Missstände nach außen in soziale Netzwerke getragen werden. Schaffen Sie interne Foren oder Feedbackmöglichkeiten. Gleichzeitig sollten Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen, was den Umgang mit Social Media angeht.
- Maßvoll reagieren – Verhältnismäßigkeit prüfen: Taucht ein problematischer Post eines Mitarbeiters auf, reagieren Sie mit Augenmaß. Nicht jeder unbedachte Post rechtfertigt gleich eine Kündigung. Prüfen Sie: Ist der Arbeitgeber wirklich erkennbar betroffen? Wie gravierend ist der Inhalt? Wie ist die Rolle des Mitarbeiters (Azubi oder Führungskraft)? Suchen Sie ggf. zuerst das persönliche Gespräch, um den Sachverhalt zu klären – insbesondere wenn der Mitarbeiter sich des Problems vielleicht gar nicht bewusst war. Dokumentieren Sie den Vorfall (Screenshot etc.) für Ihre Unterlagen.
- Abmahnung vor Kündigung: Greifen Sie zum Mittel der Abmahnung, bevor Sie kündigen, sofern nicht absolut klar ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Eine Abmahnung signalisiert dem Mitarbeiter eindeutig, dass ein Verhalten inakzeptabel war, gibt ihm aber die Chance, es wieder gut zu machen. Zudem stärkt eine dokumentierte Abmahnung Ihre Position, falls es später doch zur Kündigung kommt (Stichwort: Verlauf des Fehlverhaltens).
- Juristisch beraten lassen: Im Zweifel sollten Sie fachanwaltlichen Rat einholen, bevor Sie drastische Schritte unternehmen. Die Rechtslage bei Social-Media-Verstößen ist oft komplex (Stichwort Meinungsfreiheit, Datenschutz, Besonderheiten bei Tendenzbetrieben etc.). Ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Anwalt – wie Dr. Usebach – kann helfen, den Fall korrekt einzuschätzen und die angemessene Reaktion zu wählen. So vermeiden Sie übereilte Maßnahmen, die vor Gericht vielleicht keinen Bestand hätten.
- Keine unzulässige Überwachung: Unterlassen Sie jede Versuchung, Mitarbeiter in sozialen Medien auszuspionieren. Insbesondere das heimliche Mitlesen in privaten Profilen (etwa über falsche Profile) oder das systematische Sammeln von Facebook-Posts aller Mitarbeiter ist tabu und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (Verstoß gegen DSGVO, Persönlichkeitsrechtsverletzung). Setzen Sie stattdessen auf die oben genannten Guidelines und anlassbezogenes Vorgehen. Wenn Sie doch einmal öffentliche Quellen zu Recherchezwecken nutzen, erfüllen Sie ggf. Ihre Informationspflichten nach DSGVO (Art. 14) – etwa wenn Sie Daten über einen Mitarbeiter aus sozialen Netzwerken erheben. Hier gibt es zwar Ausnahmen, doch eine saubere Dokumentation schadet nie.
- Besondere Vereinbarungen für Sonderpositionen: Haben Sie Beschäftigte, die Ihr Unternehmen in der Öffentlichkeit repräsentieren (z. B. Pressesprecher, Influencer, Prominente im Sponsoring)? Dann sollten Sie individuelle Abreden zur Social-Media-Nutzung treffen. Das kann NDA-Klauseln, Verhaltenskodizes oder wie erwähnt sogar Vorab-Abstimmungspflichten für Veröffentlichungen beinhalten. Solche Klauseln müssen klar formuliert und mit dem Mitarbeiter abgestimmt sein – idealerweise bereits im Arbeitsvertrag. So schützen Sie Ihre Marke, ohne gleich für die gesamte Belegschaft überzogene Regeln aufstellen zu müssen.
Die Nutzung sozialer Medien im Spannungsfeld von beruflichen Loyalitätsanforderungen und privater Freiheit ist ein schmaler Grat. Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass das, was sie online äußern, unter Umständen auf ihren Arbeitgeber zurückfallen kann – mit ernsthaften Folgen für den Job. Arbeitgeber wiederum dürfen nicht pauschal ins Privatleben ihrer Mitarbeiter hineinregieren, haben aber ein legitimes Interesse, ihr Unternehmen und dessen Ruf zu schützen. Die aktuelle Rechtsprechung zieht klare Linien: Erst wenn ein konkreter Unternehmensbezug vorliegt und eine erhebliche Pflichtverletzung gegeben ist, darf der Arbeitgeber tätig werden. Dann sollte er verhältnismäßig vorgehen – meist zunächst mit einer Abmahnung. Beide Seiten sind gut beraten, präventiv tätig zu werden: Arbeitnehmer durch verantwortungsbewusstes Posten und Wahrung von Betriebsgeheimnissen; Arbeitgeber durch transparente Regeln, Schulungen und eine offene Kommunikationskultur. So lassen sich viele Konflikte vermeiden. Und im Ernstfall gilt: ruhig bleiben, rechtlich prüfen (lassen) und dann angemessen reagieren – damit aus einem Shitstorm kein Sturm im Betrieb wird.