Brauchen Arbeitgeber immer einen Kündigungsgrund?

22. Oktober 2025 -

Ob ein Arbeitgeber immer einen Kündigungsgrund benötigt, hängt im deutschen Arbeitsrecht von mehreren Faktoren ab. Entscheidend ist zunächst, um welche Art von Kündigung es sich handelt – ordentlich oder außerordentlich – und ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) greift. Auch die Betriebsgröße (Stichwort Kleinbetrieb) und die Dauer der Betriebszugehörigkeit (Probezeit) spielen eine Rolle. Im Folgenden erklären wir die Unterschiede und geben praktische Tipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Ordentliche und außerordentliche Kündigung

Zunächst muss man zwischen der ordentlichen (fristgemäßen) Kündigung und der außerordentlichen (fristlosen) Kündigung unterscheiden. Ordentliche Kündigung bedeutet, dass die vertraglich oder gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist eingehalten wird. Hier braucht der Kündigende – etwa der Arbeitnehmer – grundsätzlich keinen spezifischen „wichtigen Grund“; man kann also im Prinzip ordentlich kündigen, weil man das Arbeitsverhältnis beenden möchte. Allerdings gelten für Arbeitgeber weitere Einschränkungen durch den Kündigungsschutz (dazu später mehr).

Eine außerordentliche Kündigung hingegen beendet das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist, meist mit sofortiger Wirkung (umgangssprachlich auch „fristlose Kündigung“ genannt). Dafür ist immer ein wichtiger Grund erforderlich. Das Gesetz (§ 626 BGB) verlangt einen „wichtigen Grund“, das heißt einen besonders schwerwiegenden Anlass, der es dem Kündigenden unzumutbar macht, die normale Kündigungsfrist abzuwarten. Typische Beispiele sind schwere Pflichtverstöße wie Diebstahl, tätliche Angriffe oder grobe Vertrauensbrüche. Ohne einen solchen wichtigen Grund ist eine außerordentliche Kündigung unwirksam.

Ordentliche Kündigungen erfolgen mit Frist und brauchen keinen sofortigen zwingenden Grund (außer es greift das Kündigungsschutzgesetz, siehe unten), während außerordentliche Kündigungen immer einen wichtigen Grund voraussetzen und ohne Frist erfolgen.

Kündigungsschutzgesetz (KSchG) – wann gilt es?

Das Kündigungsschutzgesetz ist das zentrale Gesetz, das bestimmt, ob und wann ein Arbeitgeber für eine Kündigung einen Grund braucht. Grundsätzlich gilt das KSchG erst, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Der Arbeitnehmer ist länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt (§ 1 Abs.1 KSchG). Diese ersten sechs Monate nennt man auch Wartezeit. Während dieser Zeit findet das Kündigungsschutzgesetz in der Regel keine
  • Im Betrieb sind regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 23 KSchG). Kleinere Betriebe sind weitgehend vom KSchG ausgenommen (dazu mehr im nächsten Abschnitt).

Trifft beides zu, genießt der Arbeitnehmer den sogenannten allgemeinen Kündigungsschutz. Dann darf der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung nicht einfach grundlos aussprechen, sondern sie muss sozial gerechtfertigt sein, also auf einem anerkannten Kündigungsgrund beruhen. Fehlt ein solcher Grund, ist die Kündigung rechtswidrig und kann vom Arbeitnehmer erfolgreich angefochten werden.

Greift das KSchG nicht, kann ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich auch ohne Angabe von Gründen kündigen, solange er die Kündigungsfrist einhält. Das heißt beispielsweise: In den ersten 6 Monaten eines Arbeitsverhältnisses oder in einem Kleinbetrieb (max. 10 Mitarbeiter) sind ordentliche Kündigungen in der Regel ohne sozialen Rechtfertigungsgrund zulässig. Trotzdem müssen selbst in diesen Fällen gewisse Mindeststandards gewahrt bleiben – etwa das Verbot von Diskriminierung oder Willkür (siehe unten).

Kündigung im Kleinbetrieb (weniger als 10 Mitarbeiter)

Eine wichtige Ausnahme vom strengen Kündigungsschutz stellt der Kleinbetrieb dar. Als Kleinbetrieb gelten Unternehmen, die nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen (Azubis nicht mitgerechnet). In solchen Betrieben gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht vollumfänglich. Das bedeutet konkret: Der Arbeitgeber benötigt hier für eine ordentliche Kündigung keinen Kündigungsgrund im Sinne des KSchG. Eine Kündigung kann also grundlos erfolgen, ohne dass sie automatisch unwirksam wäre.

Wichtig zu wissen: Auch wenn kein Kündigungsgrund nach KSchG erforderlich ist, heißt das nicht, dass im Kleinbetrieb alles erlaubt wäre. Missbrauch und Diskriminierung sind verboten. Eine Kündigung darf nicht willkürlich oder aus sachfremden Motiven erfolgen. Beispielsweise wäre eine Entlassung aus Rachsucht oder weil der Arbeitnehmer ein bestimmtes Geschlecht, Alter, Herkunft oder Religion hat, unzulässig. Auch ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme ist zu wahren – krasse soziale Ungerechtigkeiten können im Einzelfall gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Außerdem gelten im Kleinbetrieb ebenfalls alle Sonderkündigungsschutz-Regelungen (mehr dazu unten).

Kurzum: In Betrieben mit 10 oder weniger Beschäftigten braucht der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund nach KSchG. Dennoch muss die Kündigung fair ablaufen und darf nicht gegen grundlegende Schutzvorschriften (z. B. Antidiskriminierung) verstoßen.

Kündigung während der Probezeit

Auch während der Probezeit – meist die ersten 6 Monate eines neuen Arbeitsverhältnisses – gilt der allgemeine Kündigungsschutz noch nicht. Das KSchG findet hier in der Regel keine Anwendung. Folglich benötigt der Arbeitgeber keinen besonderen Kündigungsgrund, um in der Probezeit ordentlich zu kündigen. Es reicht aus, die vereinbarte (oder gesetzliche) Kündigungsfrist einzuhalten.

Typischerweise wird im Arbeitsvertrag eine Probezeit von bis zu 6 Monaten vereinbart. Während dieser Zeit kann meist mit verkürzter Frist gekündigt werden – gesetzlich 2 Wochen, sofern nichts Längeres vereinbart wurde (§ 622 Abs.3 BGB). Die Kündigung kann in der Probezeit jederzeit erfolgen und muss nicht zum Monatsende ausgesprochen sein; sie beendet das Arbeitsverhältnis genau 14 Tage nach Zugang der Kündigung.

Wichtig: Auch in der Probezeit genießen Arbeitnehmer Basisrechte. Bestimmte Personengruppen haben Sonderkündigungsschutz, etwa Schwangere (Unkündbarkeit nach dem Mutterschutzgesetz) oder Betriebsratsmitglieder. Und natürlich darf eine Probezeitkündigung nicht aus sittenwidrigen oder diskriminierenden Gründen erfolgen – auch hier gilt das Verbot willkürlicher oder treuwidriger Kündigungen. Die allermeisten „normalen“ Arbeitnehmer sind in den ersten sechs Monaten jedoch im Wesentlichen schutzlos gegen eine ordentliche Kündigung, selbst ohne Grund.

Anerkannte Kündigungsgründe nach dem KSchG

Wenn das Kündigungsschutzgesetz greift, braucht der Arbeitgeber für eine wirksame ordentliche Kündigung einen der im KSchG anerkannten Gründe. Das Gesetz spricht von einer „sozial gerechtfertigten“ Kündigung (§ 1 Abs.2 KSchG) und kennt drei Hauptkategorien:

  • Personenbedingte Gründe: Hier liegt der Grund in der Person des Arbeitnehmers, ohne dass dieser etwas dafür kann. Klassische Beispiele sind langandauernde Krankheiten oder gesundheitliche Einschränkungen, die dazu führen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht mehr erfüllen kann. Auch der Verlust einer notwendigen beruflichen Qualifikation oder Arbeitserlaubnis (etwa Führerscheinentzug bei Berufskraftfahrern) fällt darunter. Wichtig: Bei personenbedingten Kündigungen ist in der Regel keine Abmahnung erforderlich, da dem Arbeitnehmer kein steuerbares Fehlverhalten vorgeworfen wird.
  • Verhaltensbedingte Gründe: Diese liegen vor, wenn der Arbeitnehmer durch sein eigenes Verhalten gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen hat. Dazu zählen z. B. häufiges unentschuldigtes Fehlen, wiederholte Unpünktlichkeit, Arbeitsverweigerung oder auch Diebstahl/Betrug zum Nachteil des Arbeitgebers. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt in der Regel voraus, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor abgemahnt hat. Die Abmahnung dient als „gelbe Karte“: Sie warnt den Arbeitnehmer vor, sein Verhalten zu ändern. Nur bei sehr schwerwiegenden Verstößen (etwa einer Straftat am Arbeitsplatz) darf ausnahmsweise ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. Fehlt eine eigentlich erforderliche Abmahnung, ist die verhaltensbedingte Kündigung unwirksam.
  • Betriebsbedingte Gründe: Hier resultiert die Kündigung aus betrieblichen Erfordernissen auf Seiten des Arbeitgebers, nicht aus dem Verhalten oder der Person des Arbeitnehmers. Typische Fälle sind Auftrags- oder Umsatzrückgang, Umstrukturierungen, Abteilungsauflösungen oder Betriebsschließungen, wodurch Arbeitsplätze weggefallen sind. Der Arbeitgeber trägt die unternehmerische Entscheidung und Verantwortung, welche Maßnahmen nötig sind. Allerdings kann er nicht völlig frei Kündigungen „nach Belieben“ aussprechen: Er muss eine Sozialauswahl durchführen, wenn mehrere vergleichbare Arbeitnehmer in Frage kommen. Das heißt, er hat soziale Gesichtspunkte (Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) zu berücksichtigen und den am wenigsten schutzwürdigen Mitarbeiter auszuwählen. Andernfalls ist die Kündigung trotz eigentlich betrieblichem Grund unwirksam. Eine betriebsbedingte Kündigung ist also nur wirksam, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich dauerhaft wegfällt und die Auswahl der gekündigten Person sozial gerecht erfolgt ist.

Diese drei Gründe sind abschließend. Andere Kündigungsgründe lässt das KSchG nicht gelten. Oft liegen Mischfälle vor – zum Beispiel Gründe, die teils im Verhalten, teils in der Person liegen (etwa Alkoholmissbrauch kann verhaltens- oder personenbedingt sein). Im Zweifel entscheidet dann das Gericht, welcher Grund einschlägig ist und ob er ausreicht. Wichtig für Arbeitnehmer: Wenn einer dieser Gründe nicht vorliegt oder nicht korrekt nachgewiesen wird, kann die Kündigung im Kündigungsschutzprozess erfolgreich angefochten werden.

Anhörung des Betriebsrats

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, so muss dieser bei jeder Kündigung vorher angehört werden (§ 102 BetrVG). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat über die beabsichtigte Kündigung zu informieren und die Gründe mitzuteilen. Der Betriebsrat hat dann Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Eine ohne ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kündigungsgründe an sich gerechtfertigt wären – wurde der Betriebsrat nicht (oder falsch) beteiligt, kann die Kündigung allein aus diesem formellen Grund vom Arbeitsgericht für unwirksam erklärt werden.

In der Praxis bedeutet das: Arbeitgeber sollten vor Ausspruch der Kündigung ein Schreiben an den Betriebsrat richten, in dem sie den Kündigungsgrund und alle relevanten Umstände darlegen. Der Betriebsrat kann der Kündigung zustimmen, sie ablehnen oder sich nicht äußern. Seine Zustimmung ist bei „normalen“ Arbeitnehmern keine Voraussetzung für die Wirksamkeit – der Arbeitgeber kann auch kündigen, wenn der Betriebsrat widerspricht (der Arbeitnehmer erhält dann aber ein Widerspruchsschreiben und ggf. Vorteile im Prozess). Entscheidend ist vor allem, dass der Anhörungsprozess eingehalten wurde. Nur in seltenen Fällen (z. B. Kündigung von Auszubildenden oder Schwerbehinderten) ist zusätzlich eine behördliche Zustimmung erforderlich, aber das sind Sonderfälle.

Für Arbeitnehmer ist wichtig zu wissen: Wenn es einen Betriebsrat gibt, kann man diesen bei geplanten Kündigungen einbeziehen – er kann Bedenken äußern und ggf. mit dem Arbeitgeber über Alternativen sprechen. Allerdings kann der Betriebsrat eine Kündigung letztlich nicht verhindern, sondern nur verzögern oder die Erfolgsaussichten einer Klage verbessern.

Folgen bei fehlendem Kündigungsgrund für den Arbeitgeber

Was passiert, wenn ein Arbeitgeber kündigt, ohne dass ein erforderlicher Kündigungsgrund vorliegt? Die Antwort hängt wieder davon ab, ob das KSchG anwendbar ist oder nicht.

  • Außerhalb des KSchG (kein Grund nötig): In Kleinbetrieben oder während der Wartezeit kann der Arbeitgeber ohne Angabe von Gründen kündigen, ohne automatisch rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Die Kündigung ist zunächst wirksam, solange formell alles stimmt (Schriftform, Frist, Betriebsratsanhörung falls nötig, etc.). Wie oben erwähnt, darf die Entlassung aber nicht gegen Grundrechte oder Sondergesetze (wie das AGG) verstoßen – tut sie das doch (z. B. offensichtlich diskriminierende Kündigung), kann sie auch im Kleinbetrieb unwirksam sein. In der Praxis sind solche Fälle aber schwer nachzuweisen. Daher gilt: Ohne KSchG-Schutz endet das Arbeitsverhältnis in der Regel mit Ablauf der Kündigungsfrist, selbst wenn der Arbeitgeber eigentlich „kein guter Grund“ hatte.
  • Unter KSchG (Grund nötig): Gilt das Kündigungsschutzgesetz, sieht die Sache anders aus. Fehlt ein sozial gerechtfertigter Kündigungsgrund, ist die Kündigung rechtswidrig. Der Arbeitnehmer kann dagegen Kündigungsschutzklage erheben (innerhalb von 3 Wochen, siehe unten). Stellt das Arbeitsgericht fest, dass kein ausreichender Grund vorlag oder z.B. die Sozialauswahl grob fehlerhaft war, wird die Kündigung für unwirksam erklärt. Folge: Das Arbeitsverhältnis besteht rechtlich weiter, als wäre nie gekündigt worden. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer weiterbeschäftigen und hat im Regelfall auch den während des Kündigungsschutzprozesses aufgelaufenen Lohn nachzuzahlen (sogenannter Annahmeverzugslohn). Für den Arbeitgeber kann das sehr teuer werden – gerade wenn mehrere Monate ins Land gehen, bis ein Urteil fällt.

In vielen Fällen enden Kündigungsschutzprozesse allerdings mit einem Vergleich. Das heißt, Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich darauf, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Die Abfindung ist eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Einen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt es zwar nur in Sonderfällen, aber vor Gericht wird oft ein Kompromiss geschlossen, um die Unsicherheit zu vermeiden. Für den Arbeitgeber ist das dann die „saubere“ Lösung, um einen Mitarbeiter trotz fehlenden Kündigungsgrundes loszuwerden – allerdings eben gegen Zahlung von Geld.

Kurz gesagt: Hat der Arbeitgeber kündigungsschutzrechtlich keinen tragfähigen Grund, riskiert er, vor Gericht zu verlieren. Die Kündigung wäre unwirksam und er müsste den Arbeitnehmer entweder zurücknehmen oder eine meist erhebliche Abfindung zahlen. Diese Konsequenzen sollte jeder Arbeitgeber bedenken, bevor er einem geschützten Mitarbeiter ohne Grund kündigt.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

  • Prüfen, ob ein Kündigungsgrund erforderlich ist: Als Arbeitgeber sollten Sie zuerst feststellen, ob das KSchG anwendbar ist (mehr als 10 Mitarbeiter und Mitarbeiter länger als 6 Monate beschäftigt). Falls ja, planen Sie keine Kündigung ohne echten Grund. Überlegen Sie, welcher der drei anerkannten Gründe (betriebs-, verhaltens- oder personenbedingt) in Betracht kommt und ob er gerichtsfest nachweisbar ist. In Zweifelsfällen: lieber zunächst alternative Maßnahmen erwägen (Versetzung, Klärungsgespräch, Abmahnung) oder rechtlichen Rat einholen.
  • Dokumentation und Verfahren einhalten: Wenn z.B. ein verhaltensbedingter Grund vorliegt (etwa Leistungsdefizite oder Fehlverhalten), dokumentieren Sie die Vorfälle gründlich. Erteilen Sie vor der Kündigung mindestens eine Abmahnung, sofern keine extremen Pflichtverstöße vorliegen. Bei betriebsbedingten Kündigungen erstellen Sie einen nachvollziehbaren Sozialauswahl-Plan, der Kriterien wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten usw. berücksichtigt, um die Kündigung sozial am wenigsten schutzwürdiger Mitarbeiter zu rechtfertigen. Personenbedingte Gründe (etwa Krankheit) sollten durch Atteste, Berichte o.Ä. untermauert werden, und es sollte geprüft werden, ob eine Weiterbeschäftigung nicht doch – ggf. an anderer Stelle – möglich ist (Stichwort Weiterbeschäftigungspflicht).
  • Betriebsrat anhören: Existiert ein Betriebsrat, unbedingt vor jeder Kündigung ordnungsgemäß anhören. Legen Sie dem Betriebsrat alle relevanten Informationen dar: Personalien, Kündigungsart und -zeitpunkt, Kündigungsgrund und eventuell Sozialauswahlerwägungen. Warten Sie die Frist für die Stellungnahme des Betriebsrats ab (in der Regel 1 Woche bei ordentlicher Kündigung, 3 Tage bei außerordentlicher). Ohne Anhörung ist die Kündigung nichtig – dieser Fehler lässt sich später nicht heilen.
  • Form und Frist beachten: Stellen Sie sicher, dass die Kündigung schriftlich mit Unterschrift erfolgt (§ 623 BGB) und die Kündigungsfrist korrekt berechnet ist. Formfehler (z.B. Kündigung per E-Mail) führen zur Unwirksamkeit. Im Zweifel lieber ein paar Tage Puffer einplanen, damit die Kündigung rechtzeitig zugeht. Kündigungen sind empfangsbedürftig – erst wenn das Schreiben dem Arbeitnehmer zugegangen ist (Briefkasten!), startet die Kündigungsfrist.
  • Faire Kommunikation: Auch wenn rechtlich kein Grund angegeben werden muss (und im Kündigungsschreiben gibt man ja üblicherweise keinen Grund an), schadet ein ehrliches Gespräch nicht. Viele Kündigungsstreitigkeiten entstehen erst, weil der Gekündigte den Anlass nicht versteht. Eine transparente Erklärung – im persönlichen Gespräch, nicht im Schreiben – kann helfen, Konflikte zu vermeiden. Allerdings sollten Sie vorsichtig formulieren und möglichst einen Zeugen hinzunehmen.
  • Besonderheiten beachten: Informieren Sie sich über etwaigen Sonderkündigungsschutz. Bestimmte Arbeitnehmer können gar nicht oder nur mit behördlicher Zustimmung gekündigt werden – z.B. Schwangere/Mütter (MuSchG), Schwerbehinderte (SGB IX, Zustimmung Integrationsamt erforderlich), Personen in Elternzeit (BEEG), Auszubildende (Besonderheiten nach BBiG) etc. Kündigen Sie nicht, bevor Sie die nötigen Genehmigungen eingeholt haben.

Tipp für Arbeitgeber: Eine Kündigung will gut vorbereitet sein. Im Zweifel rechtszeitig anwaltlichen Rat einholen, um Fehler zu vermeiden – das ist meist günstiger als ein verlorener Kündigungsschutzprozess.

Handlungsempfehlungen für Arbeitnehmer

  • Kündigung prüfen lassen: Erhalten Sie eine Kündigung, sollten Sie diese umgehend rechtlich überprüfen lassen – vor allem, wenn Ihnen kein klarer Kündigungsgrund ersichtlich ist. In vielen Fällen lohnt sich der Gang zum Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dieser kann einschätzen, ob das Kündigungsschutzgesetz greift und ob die Kündigung angreifbar ist.
  • Fristen wahren (3-Wochen-Frist): Wollen Sie gegen die Kündigung vorgehen, müssen Sie sehr schnell handeln. Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden, sonst wird die Kündigung automatisch wirksam, selbst wenn sie eigentlich rechtswidrig war. Diese Dreiwochenfrist ist strikt – verpassen Sie sie, gibt es kaum noch etwas zu machen. Zögern Sie also nicht: Spätestens wenige Tage nach Erhalt der Kündigung sollten Sie tätig werden und eine Klage vorbereiten.
  • Betriebsrat und Gewerkschaft einschalten: Falls es einen Betriebsrat gibt, suchen Sie sofort das Gespräch mit ihm. Der Betriebsrat kann zwar die Kündigung nicht aufhalten, aber oft mit dem Arbeitgeber reden und ggf. eine Weiterbeschäftigung oder einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung aushandeln. Wenn Sie Mitglied einer Gewerkschaft sind, können Sie dort Rechtsschutz erhalten – zögern Sie nicht, Ihre Gewerkschaft zu informieren.
  • Neue Stelle suchen – aber Ansprüche wahren: Auch wenn Sie gegen die Kündigung klagen, schadet es nicht, parallel Bewerbungen zu schreiben. Sollte der Prozess negativ ausgehen oder Sie sich doch auf eine Abfindung einigen, verlieren Sie keine Zeit. Wichtig: Solange der Rechtsstreit läuft, sind Sie formal noch Arbeitnehmer des Betriebs – vermeiden Sie daher alles, was wie eine eigenmächtige Aufgabe des Jobs aussehen könnte (z. B. unentschuldigtes Fehlen, falls Sie freigestellt sind, oder provokative Äußerungen), um dem Arbeitgeber keine Gründe für eine fristlose Kündigung zu liefern.
  • Arbeitszeugnis und Ansprüche sichern: Bitten Sie den Arbeitgeber zeitnah um ein qualifiziertes Arbeitszeugnis. Prüfen Sie Ihre letzten Lohnabrechnungen, Resturlaub, Überstunden und sonstige Ansprüche (z. B. aus Bonusvereinbarungen). Diese Punkte können ggf. ebenfalls Teil eines Abfindungsvergleichs sein. Im Prozess sollten Sie klar benennen, was Ihnen noch zusteht.
  • Emotionen kontrollieren: Eine Kündigung ist oft ein Schock. Versuchen Sie trotz verständlichem Ärger oder Enttäuschung, sachlich zu bleiben. Drohungen oder Wutausbrüche gegenüber Vorgesetzten helfen nicht – sie könnten im schlimmsten Fall dem Arbeitgeber noch Gründe liefern, seine Entscheidung zu untermauern (etwa verhaltensbedingte Gründe). Bewahren Sie Ruhe, sammeln Sie Beweise (z. B. die Kündigungsschrift, E-Mails, Zeugenaussagen von Kollegen) und konzentrieren Sie sich auf das weitere Vorgehen.

Tipp für Arbeitnehmer: Nicht jede Kündigung ist rechtens – vor allem wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt, lohnt ein genauer Blick. Aber es tickt die Uhr: Innerhalb von drei Wochen müssen Sie aktiv werden. Informieren Sie sich über Ihre Rechte, holen Sie Rat ein und entscheiden Sie dann, ob Sie klagen oder vielleicht mit dem Arbeitgeber eine einvernehmliche Lösung (Abfindung, Aufhebungsvertrag) suchen. In jedem Fall gilt: kennen Sie Ihre Fristen und Rechte, um keine Chance ungenutzt zu lassen.