800m²-Grenze für Sächsischen Einzelhandel außer Vollzug gesetzt

12. Mai 2020 -

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat am 12.05.2020 zu den Aktenzeichen 3 B 177/20, 3 B 178/20, 3 B179/20 und 3 B180/20 entschieden, dass die 800m²-Grenze für den sächsischen Einzelhandel nach der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung vorläufig nicht mehr gilt.

Aus der Pressemitteilung des Sächs. OVG Nr. 7/2020 vom 12.05.2020 ergibt sich:

Antragsteller in den vier Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes waren großflächige Elektronikfachmärkte, die mit ähnlichen Anträgen gegen die vorherige Corona-Schutz-Verordnung vor dem Oberverwaltungsgericht noch gescheitert waren.

Das OVG Bautzen hat den Anträgen stattgegeben und § 8 Abs. 1 Satz 1 sowie § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der aktuellen Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und Covid-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 30.04.2020 (SächsGVBl. S. 186) vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Begriff der „für die Grundversorgung notwendigen Geschäfte“, deren Öffnung ohne flächenmäßige Begrenzung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Sächs-CoronaSchVO erlaubt ist, nicht hinreichend bestimmt. Der Verordnungsgeber habe bei den Ausnahmen von der Verkaufsflächenbegrenzung nach dem Kriterium des Bedarfs, nämlich nach Geschäften für den täglichen Bedarf und solchen für die Grundversorgung unterschieden. Er habe aber in der Verordnung selbst nicht zum Ausdruck gebracht, dass er daneben auch nach der Relevanz der jeweiligen Geschäftsöffnung für den Infektionsschutz differenzieren wollte, so dass darauf bei der Auslegung der Vorschrift nicht zurückgegriffen werden könne. Allein anhand des Begriffs der „Grundversorgung“ lasse sich aber nach der Neufassung der Corona-Schutz-Verordnung nicht mehr feststellen, welche Einzelhandelsgeschäfte damit gemeint seien, weil der Verordnungsgeber darunter nun beispielhaft auch Sonnenstudios und Möbelhäuser fasse.

Zwar könne es auch innerhalb des Geltungszeitraums der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung – etwa im Falle eines Umzugs – für Personen erforderlich sein, Möbel zu kaufen. Dies gelte aber auch für Teile des Sortiments, das von vielen anderen großflächigen Ladengeschäften, beispielsweise von Elektronikfachgeschäften vertrieben werde. Insoweit seien Möbelgeschäfte und Elektronikgeschäfte vergleichbar, zumal auch in Möbelhäusern in der Regel nicht nur Möbel, sondern meistens ein breit gefächertes Angebot an sonstigen Haushaltsgegenständen und Accessoires, mitunter einschließlich von Elektronikartikeln zum Kauf angeboten werden. Aus der Sicht des Normunterworfenen könnten folglich alle Einzelhandelsgeschäfte unbegrenzt öffnen, die zumindest auch ein Warensortiment für die Grundversorgung zum Verkauf anbieten. Erst recht jedoch werde der Begriff der Grundversorgung in seinen Konturen durch die Nennung von Sonnenstudios verwischt, die dem Bereich der „Wellness“ zuzuordnen seien und als solche bei objektiver Betrachtung – aus der Sicht eines verständigen Normunterworfenen – nicht mehr zur Grundversorgung gehörten. Auch die vom Verordnungsgeber gegebene Begründung enthalte keinerlei Hinweis darauf, weshalb Möbelhäuser und Sonnenstudios der Grundversorgung zuzurechnen sein sollen.

Da § 8 Abs. 2 Nr. 2 SächsCoronaSchVO in untrennbarem Zusammenhang mit § 8 Abs. 1 Satz 1 und § 8 Abs. 2 Nr. 1 SächsCoronaSchVO stehe, seien diese beiden Vorschriften ebenfalls vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.