Aarhus-Verordnung: Regeln über den Zugang zur Justiz in Umweltfragen sollen aktualisiert werden

23. Juli 2021 -

Die EU-Botschafterinnen und -Botschafter haben am 23.07.2021 eine am 12.07.2021 mit dem Europäischen Parlament erzielte vorläufige politische Einigung über einen Vorschlag zur Überarbeitung der Aarhus-Verordnung gebilligt.

Aus der Pressemitteilung des Rates der EU vom 23.07.2021 ergibt sich:

Dadurch soll sie mit dem Übereinkommen von Aarhus vollständig in Einklang gebracht werden. In der Aarhus-Verordnung ist festgelegt, wie die EU und ihre Mitgliedstaaten das internationale Übereinkommen von Aarhus umsetzen, das den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten gewährleisten soll. Die vorläufige Einigung muss von beiden Institutionen gebilligt werden und wird anschließend im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens förmlich angenommen.

Tamara Weingerl Požar, stellvertretende Ständige Vertreterin Sloweniens bei der EU: „Die EU und ihre Mitgliedstaaten setzen sich nachdrücklich für die Grundsätze des Übereinkommens von Aarhus ein. Die erzielte Einigung trägt den Bedenken Rechnung, die der Ausschuss zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus in dem betreffenden Fall geäußert hatte und bietet uns eine solide Grundlage, um auf der Tagung der Vertragsparteien des Übereinkommens von Aarhus im Oktober 2021 unseren einheitlichen Standpunkt vorzulegen.“

Mit dem Vorschlag soll sichergestellt werden, dass die EU das Übereinkommen über das Recht der Öffentlichkeit auf Überprüfung von Verwaltungsakten uneingeschränkt einhält. Dabei handelt es sich um von einem Organ oder einer Einrichtung der EU erlassene Rechtsakte ohne Gesetzescharakter, die rechtliche und externe Auswirkungen haben und Bestimmungen enthalten, die aufgrund ihrer Auswirkungen möglicherweise gegen das Umweltrecht verstoßen.

Die Verhandlungsführer des Rates und des Parlaments einigten sich unter anderem darauf,

  • die Klagebefugnis über NRO hinaus auszuweiten, sodass andere Mitglieder der Öffentlichkeit unter bestimmten Voraussetzungen eine interne Überprüfung von Verwaltungsakten beantragen können; Mitglieder der Öffentlichkeit müssen entweder nachweisen, dass ihre Rechte aufgrund des behaupteten Verstoßes gegen das Umweltrecht verletzt wurden und dass sie von einer solchen Beeinträchtigung im Verhältnis zur breiten Öffentlichkeit unmittelbar betroffen sind, oder nachweisen, dass ein ausreichendes öffentliches Interesse besteht und dass der Antrag von mindestens 4000 Mitgliedern der Öffentlichkeit unterstützt wird, die in mindestens 5 Mitgliedstaaten wohnhaft bzw. niedergelassen sind, wobei mindestens 250 Mitglieder der Öffentlichkeit in jedem dieser Mitgliedstaaten wohnhaft oder niedergelassen sind. In beiden Fällen wird die Öffentlichkeit durch eine NRO oder einen Rechtsanwalt vertreten;
  • Bestimmungen von Verwaltungsakten, die Durchführungsmaßnahmen auf Unionsebene erfordern, in den Anwendungsbereich von Verwaltungsakten aufzunehmen;
  • die Ausnahme von Verwaltungsakten betreffend staatliche Beihilfen nicht aus der Verordnung zu streichen (eine Frage der Einhaltung, die Gegenstand eines anderen Falls vor dem Ausschuss zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus ist);
  • die Organe und Einrichtungen der EU zu verpflichten, Überprüfungsanträge und diesbezügliche Entscheidungen zu veröffentlichen.

Hintergrund und weiteres Vorgehen

Die EU setzt das Übereinkommen von Aarhus mit der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 um. Diese Verordnung ermöglicht es Einzelpersonen und Nichtregierungsorganisationen (NRO), vor den Europäischen Gerichten Verfahren gegen Beschlüsse von Organen und Einrichtungen der EU einzuleiten.

Im Jahr 2008 wurde der EU von einer Nichtregierungsorganisation vorgeworfen, das Übereinkommen von Aarhus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten nicht einzuhalten. Im Anschluss an diese Beschwerde kam der Ausschuss zur Überwachung der Einhaltung des Übereinkommens von Aarhus in der Rechtssache C 32 von 2017 zu dem Schluss, dass die EU gegen Artikel 9 Absätze 3 und 4 des Übereinkommens hinsichtlich des Zugangs der Öffentlichkeit zu Gerichten verstoßen hat.

Als Folgemaßnahme nahm der Rat im Jahr 2018 einen Beschluss an, in dem er die Kommission ersuchte, eine Untersuchung der Optionen, mit denen die Union den Feststellungen des Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung Rechnung tragen könnte, und gegebenenfalls, in Anbetracht der Ergebnisse dieser Untersuchung, einen Vorschlag zur Änderung der Aarhus-Verordnung zu unterbreiten.

Am 14. Oktober 2020 nahm die Europäische Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung der Aarhus-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1367/2006) an, um eine bessere öffentliche Kontrolle von EU-Rechtsakten im Umweltbereich zu ermöglichen. Durch die vorgeschlagenen Änderungen soll es einfacher werden, die Überprüfung solcher Rechtsakte durch die EU-Organe zu beantragen, um den Umweltschutz besser zu gewährleisten.

Der Rat hat am 17. Dezember 2020 eine allgemeine Ausrichtung zu dem Vorschlag festgelegt und dem Ratsvorsitz somit ermöglicht, Trilogverhandlungen mit dem Europäischen Parlament aufzunehmen.

Der Wortlaut der vorläufigen Einigung, der von den Botschafterinnen und Botschaftern der Mitgliedstaaten gebilligt wurde, wird nun dem Umweltausschuss des Parlaments zur Billigung vorgelegt. Im Falle einer Billigung werden das Europäische Parlament und der Rat den Text in den kommenden Monaten in erster Lesung ohne Änderungen annehmen.