Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gewährt Arbeitnehmern in Deutschland einen allgemeinen Kündigungsschutz, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Greift das KSchG, so muss eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt sein – das heißt, sie bedarf eines gesetzlich anerkannten Kündigungsgrundes (betriebsbedingt, personenbedingt oder verhaltensbedingt; vgl. § 1 Abs. 2 KSchG). Ohne Anwendbarkeit des KSchG hingegen kann ein Arbeitgeber – vorbehaltlich anderer Schutzgesetze – ohne Angabe solcher Gründe kündigen]. Im Folgenden werden die Voraussetzungen dargestellt, ab wann der Kündigungsschutz nach dem KSchG greift, und welche Besonderheiten z.B. in Kleinbetrieben, während der Probezeit oder bei befristeten Verträgen gelten.
Persönlicher und betrieblicher Geltungsbereich des KSchG
Persönliche Voraussetzung (Arbeitnehmerstatus): Das KSchG schützt Arbeitnehmer. Dies umfasst alle Personen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen – unabhängig von Art, Umfang oder Dauer der Beschäftigung. Teilzeitkräfte, Minijobber, Aushilfen und ähnliche Beschäftigte sind also mitgezählt. Keine Arbeitnehmer im Sinne des KSchG sind jedoch z.B. Organe von juristischen Personen (wie GmbH-Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder), da diese rechtlich nicht als Arbeitnehmer gelten. Solche Personen fallen nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des KSchG. Hinweis: Auszubildende gelten arbeitsrechtlich nicht als „normale“ Arbeitnehmer im KSchG-Sinne; ihr Ausbildungsverhältnis unterliegt eigenen Regeln. Nach der Probezeit (max. 4 Monate, § 22 Berufsbildungsgesetz) kann ein Ausbildungsvisverhältnis nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden, sodass der allgemeine KSchG-Schutz praktisch nicht zum Tragen kommt. Allerdings wird eine absolvierte Ausbildungszeit bei späterer Übernahme in ein Arbeitsverhältnis auf die Wartezeit (siehe unten) angerechnet.
Betrieblicher (betrieb/unternehmensbezogener) Geltungsbereich: Das Kündigungsschutzgesetz gilt nur in Betrieben mit einer gewissen Mindestgröße. Konkret findet der allgemeine Kündigungsschutz keine Anwendung in Kleinbetrieben. Nach § 23 Abs. 1 KSchG ist die Schwelle erreicht, sobald der Betrieb „in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer“ beschäftigt. Liegt die Beschäftigtenzahl bei 10 oder weniger, greift das KSchG grundsätzlich nicht. Wichtig: Bei der Zählung werden Lehrlinge (Auszubildende) nicht mitgezählt. Teilzeitkräfte werden anteilig berücksichtigt (bis 20 Wochenstunden = Faktor 0,5; bis 30 Wochenstunden = 0,75; über 30 Stunden = 1,0). Entscheidend ist die Anzahl der Arbeitnehmer, die regelmäßig beschäftigt wird – vorübergehende Schwankungen ändern an der Einordnung als Kleinbetrieb oder Nicht-Kleinbetrieb nichts. Auch befristet Beschäftigte sowie Leiharbeitnehmer zählen mit, sofern sie den regelmäßigen Personalbestand des Betriebs erhöhen.
Beispiel: Beschäftigt ein Unternehmen dauerhaft 11 vollzeitäquivalente Mitarbeiter (z.B. 11 Vollzeitkräfte, oder 10 Vollzeit- und 2 Halbtagskräfte), so greift das KSchG. Hat der Betrieb hingegen z.B. 8 Vollzeitkräfte und 2 Teilzeitkräfte à 20 Stunden (je 0,5), ergibt das nur 9 maßgebliche Arbeitnehmer, sodass kein allgemeiner Kündigungsschutz besteht.
Historischer Bestandsschutz: Es gibt eine Übergangsregelung für „Altbeschäftigte“ aus der Zeit vor 2004. Bis Ende 2003 galt eine niedrigere Schwelle von mehr als 5 Arbeitnehmern. Arbeitnehmer, die vor dem 1. Januar 2004 in einem Betrieb beschäftigt waren, genießen Kündigungsschutz nach altem Recht, solange dort mehr als 5 dieser Alt-Arbeitnehmer weiterbeschäftigt sind. Dieser Bestandsschutz entfällt jedoch, wenn die Zahl der Alt-Arbeitnehmer auf 5 oder weniger sinkt – dann gelten auch für diese die neuen Schwellenwerte. Für alle Einstellungen ab 2004 gilt ausschließlich die 10-Arbeitnehmer-Grenze.
Kündigungsschutz in Kleinbetrieben (weniger als 10 Arbeitnehmer)
In Kleinbetrieben – also Betrieben, die den oben genannten Schwellenwert nicht überschreiten – findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Arbeitgeber in solchen Betrieben müssen eine Kündigung daher nicht auf die sozialen Rechtfertigungsgründe des § 1 KSchG stützen; eine Kündigung ist hier grundsätzlich auch ohne personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Grund zulässig. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer in Kleinbetrieben den strengen allgemeinen Kündigungsschutz nicht genießen.
Allerdings bedeutet das fehlende KSchG nicht, dass in Kleinbetrieben „nach Belieben“ gekündigt werden darf. Auch hier gelten gewisse rechtliche Grenzen: Eine Kündigung darf nicht willkürlich, treuwidrig oder sittenwidrig erfolgen – es besteht ein Mindestschutz durch die Generalklauseln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 138, 242 BGB). Insbesondere dürfen Kündigungen nicht diskriminierend sein, d.h. nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen (z.B. Kündigung allein wegen ethnischer Herkunft, Religion, Geschlecht, Behinderung etc. wäre unzulässig). Zudem gilt auch in Kleinbetrieben der besondere Kündigungsschutz bestimmter Personengruppen: Beispielsweise schwangere Arbeitnehmerinnen sind ab Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Mutterschutzfrist vor Kündigungen geschützt (KSchG greift zwar nicht, aber das Mutterschutzgesetz verbietet Kündigungen in dieser Zeit, es sei denn, eine behördliche Ausnahmegenehmigung liegt vor). Ähnliches gilt für Mitarbeiter in Elternzeit (§ 18 BEEG) oder Betriebsratsmitglieder (§ 15 KSchG) – hier bestehen unabhängig von der Betriebsgröße besondere Kündigungsverbote. Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit einen Sonderkündigungsschutz nach dem SGB IX, der vorschreibt, dass vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden muss. Fazit: In Kleinbetrieben ist eine Kündigung zwar rechtlich einfacher durchzusetzen als in größeren Unternehmen, aber Grundregeln des fairen Umgangs und gesetzliche Sonderrechte müssen dennoch beachtet werden. Selbstverständlich sind auch im Kleinbetrieb die Kündigungsfristen und die Schriftform einzuhalten – eine Kündigung muss also schriftlich erfolgen (§ 623 BGB) und die je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit geltende Frist (§ 622 BGB) wahren.
Wartezeit von sechs Monaten (§ 1 Abs. 1 KSchG)
Neben der Betriebsgröße ist die zweite zentrale Voraussetzung für den allgemeinen Kündigungsschutz die Wartezeit: Nach dem Wortlaut des Gesetzes greift das KSchG „wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat“ (§ 1 Abs. 1 KSchG). Mit anderen Worten: Der Arbeitnehmer erhält den vollen KSchG-Schutz erst nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit. Diese sechsmonatige Frist beginnt mit dem vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginn (maßgeblich ist der rechtliche Beginn des Arbeitsverhältnisses, nicht unbedingt die erste tatsächliche Arbeitsleistung). Unterbrechungen der tatsächlichen Arbeit (z.B. wegen Krankheit, Urlaub, Elternzeit oder Streik) schaden nicht – es kommt auf den rechtlichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses an. Hat der Arbeitnehmer also ununterbrochen 6 Monate im Unternehmen verbracht, greift ab dem nächsten Tag das KSchG (Beispiel: Eintritt am 1. Januar → KSchG gilt ab 2. Juli). Wichtig: Die Wartezeit ist gesetzlich fixiert und kann vertraglich nicht verlängert werden – Vereinbarungen, die einen späteren Beginn des Kündigungsschutzes vorsehen, sind unwirksam. Vorzeitiger Kündigungsschutz: Theoretisch kann ein Arbeitgeber freiwillig zusichern, dass der Kündigungsschutz schon früher greift (etwa per Arbeits- oder Tarifvertrag). Solche Fälle sind aber in der Praxis selten; üblich ist vielmehr die Einhaltung der gesetzlichen Frist von 6 Monaten.
Konsequenz der Wartezeit: Innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses findet der Kündigungsschutz noch nicht statt. Eine ordnungsgemäße Kündigung ist in dieser Zeit – unabhängig von der Betriebsgröße – ohne soziale Rechtfertigung möglich. Der Arbeitgeber benötigt also keinen der drei gesetzlichen Kündigungsgründe (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingt), um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Erst nach Ablauf der Wartezeit kann ein Arbeitnehmer sich auf den vollen Schutz des KSchG berufen. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass Kündigungen in den ersten sechs Monaten nur in Ausnahmefällen erfolgreich angefochten werden können – etwa, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (siehe oben: z.B. AGG oder Mutterschutz) oder aus anderen Gründen sittenwidrig sind.
Wartezeit und Probezeit – kein Automatismus: Häufig wird die vertragliche Probezeit (typischerweise ebenfalls bis zu 6 Monate) mit der KSchG-Wartezeit gleichgesetzt. Wichtig ist jedoch: Die Wartezeit nach § 1 KSchG läuft automatisch kraft Gesetzes und ist völlig unabhängig von einer vereinbarten Probezeit. Eine Probezeit muss gesondert im Arbeitsvertrag vereinbart werden und hat vor allem den Zweck, die Kündigungsfrist zu verkürzen (während einer vereinbarten Probezeit – maximal 6 Monate – gilt nach § 622 Abs. 3 BGB eine Kündigungsfrist von nur 2 Wochen). Auch ohne vereinbarte Probezeit besteht in den ersten 6 Monaten kein KSchG-Schutz – die fehlende Anwendbarkeit des KSchG bedarf keiner vertraglichen Regelung. Umgekehrt führt eine kürzer vereinbarte Probezeit (z.B. 3 Monate) nicht dazu, dass die Wartezeit des KSchG verkürzt würde – sie beträgt gesetzlich stets 6 Monate. Ergebnis: Während der ersten sechs Monate kann das Arbeitsverhältnis ordentlich ohne KSchG-Grund gekündigt werden, wobei bei vereinbarter Probezeit nur 2 Wochen Frist einzuhalten sind (ansonsten gilt die normale Grundkündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder Monatsende, § 622 Abs. 1 BGB). Ab dem 7. Monat – sofern die Betriebsgröße stimmt – greift der volle Kündigungsschutz, und eine ordentliche Kündigung erfordert dann einen sozialen Rechtfertigungsgrund nach KSchG.
Hinweis: Arbeitgeber, die eine Kündigung kurz vor Ablauf der 6-Monats-Frist aussprechen, um den Kündigungsschutz zu „umgehen“, bewegen sich unter Umständen auf dünnem Eis. Zwar sind Kündigungen, die noch innerhalb der Wartezeit zugehen, grundsätzlich zulässig; versucht ein Arbeitgeber jedoch offensichtlich, durch Timing den Eintritt des Kündigungsschutzes zu vereiteln, kann dies als rechtsmissbräuchlich gewertet werden. Die Gerichte haben in Einzelfällen Kündigungen, die knapp vor Fristablauf ausgesprochen wurden, trotz Formaleinhaltung als unwirksam angesehen, wenn ein Umgehungsabsicht erkennbar war. Dies ist aber nur in besonderen Konstellationen relevant und erfordert weitere Indizien für ein unlauteres Vorgehen des Arbeitgebers.
Besondere Situation während der Probezeit
Die Probezeit (sofern vereinbart) ist meist identisch mit den ersten sechs Monaten und dient Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum gegenseitigen Kennenlernen. Während der Probezeit profitieren Arbeitnehmer in der Regel noch nicht vom KSchG – schlicht weil die Wartezeit noch läuft. Eine Kündigung innerhalb der Probezeit erfolgt daher oft ohne Angabe von Gründen, was arbeitsrechtlich zulässig ist (sofern keine unzulässigen Motive im Spiel sind). Arbeitgeber können sich in dieser Phase vergleichsweise leichter von neuen Mitarbeitern trennen. Arbeitnehmer sollten beachten, dass sie in den ersten Monaten keinen vollen Kündigungsschutz genießen und Kündigungen daher – trotz guter Leistung – vorkommen können, ohne dass ein „Fehlverhalten“ vorliegt.
Gleichzeitig gelten auch während der Probezeit wichtige Schutzvorschriften: Wie oben erwähnt, ist etwa eine Kündigung während Schwangerschaft oder Mutterschutzzeit unzulässig, selbst wenn die Probezeit noch läuft (ein während der Probezeit ausgesprochener Kündigungsversuch wäre in diesem Fall nichtig, § 17 MuSchG). Auch diskriminierende Kündigungsgründe (z.B. Entlassung wegen einer Behinderung, ethnischen Herkunft etc.) sind rechtswidrig – gegebenenfalls greifen hier das AGG oder andere Gesetze bereits ab Tag 1. Ferner gilt: Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, so ist dieser auch während der Warte- und Probezeit vor jeder Kündigung anzuhören (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Die Mitteilung eines Kündigungsgrundes an den Betriebsrat ist zwar entbehrlich, wenn das KSchG noch nicht greift, aber die Anhörung als Verfahren muss erfolgen, sonst ist die Kündigung formal unwirksam.
Zusammenfassend ist die Probezeit also eine Phase ohne vollen Kündigungsschutz, aber nicht rechtsfreier Raum. Arbeitgeber sollten etwaige Kündigungen zügig aussprechen, denn maßgeblich ist, dass dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben vor Ablauf der 6 Monate zugeht, damit das KSchG keine Anwendung findet. Arbeitnehmer wiederum haben in der Probezeit nur begrenzte Möglichkeiten, sich gegen eine Kündigung zu wehren – außer es liegen Verstöße gegen grundlegende Schutzgesetze oder die guten Sitten vor.
Sonderfälle bei befristeten Arbeitsverhältnissen
Auch befristete Arbeitsverhältnisse unterliegen den oben genannten Grundsätzen, jedoch mit einigen Besonderheiten:
- KSchG und Vertragsende: Endet ein befristeter Arbeitsvertrag durch Ablauf der vereinbarten Zeit, liegt keine Kündigung im Rechtssinne vor. Das Arbeitsverhältnis erlischt automatisch zum Endtermin, ohne dass eine Kündigung ausgesprochen werden muss. In diesem Fall findet das KSchG keine Anwendung, da es gar keiner Kündigung bedarf. Weder der allgemeine Kündigungsschutz noch Sonderkündigungsschutz (z.B. bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung) können das Ende des befristeten Vertrags aufhalten – der Vertrag läuft aus, selbst wenn der Arbeitnehmer z.B. inzwischen schwanger geworden ist oder schwerbehinderten Status erlangt hat Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Befristung unwirksam war – dann kann gerichtlich festgestellt werden, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vorliegt, auf das das KSchG ggf. anzuwenden wäre.
- Ordentliche Kündigung während befristeter Laufzeit: Grundsätzlich ist eine ordentliche Kündigung bei befristeten Verträgen nur möglich, wenn dies ausdrücklich vertraglich oder in einem anwendbaren Tarifvertrag vereinbart wurde (§ 15 Abs. 3 TzBfG). Ist eine solche Klausel vorhanden, kann der Arbeitgeber einen befristeten Vertrag vorzeitig kündigen – und in diesem Fall gilt das KSchG, sobald die Wartezeit von 6 Monaten erfüllt ist. Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat einen auf 1 Jahr befristeten Vertrag und das Recht zur Kündigung mit 4 Wochen Frist ist vereinbart. Möchte der Arbeitgeber ihn nach 8 Monaten entlassen, greift der allgemeine Kündigungsschutz, da der Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt länger als 6 Monate beschäftigt ist und der Betrieb groß genug ist. Die Kündigung muss dann sozial gerechtfertigt sein (betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt); andernfalls kann der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben. Liegt die Wartezeit noch nicht bei 6 Monaten, ist – wie üblich – keine soziale Rechtfertigung nötig. (Hinweis: In vielen Fällen werden befristete Verträge ohne Kündigungsoption abgeschlossen, sodass eine ordentliche Kündigung ohnehin ausgeschlossen ist. Dann endet das Arbeitsverhältnis regulär mit Fristablauf und KSchG-Gründe spielen keine Rolle.)
- Außerordentliche (fristlose) Kündigung: Unabhängig von Wartezeit oder Befristung ist eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund jederzeit möglich (§ 626 BGB). Hierfür benötigt der Arbeitgeber einen gravierenden Anlass (z.B. schwerwiegendes Fehlverhalten des Arbeitnehmers) – dieser Anspruch besteht vom ersten Tag an. Die Erfüllung der KSchG-Wartezeit ändert daran nichts, da eine außerordentliche Kündigung nicht „sozial gerechtfertigt“, sondern durch wichtigen Grund gerechtfertigt sein muss. Allerdings: Spricht der Arbeitgeber während der Wartezeit eine eigentlich außerordentliche Kündigung aus, die sich später als nicht wichtiger Grund herausstellt, kann diese nicht nachträglich an § 1 KSchG scheitern – ggf. wird sie dann in eine ordentliche Kündigung umgedeutet, die mangels KSchG-Schutz wirksam sein kann.
- Verlängerung und KSchG-Einstieg: Wird ein befristeter Vertrag verlängert oder in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt, zählt die gesamte Beschäftigungsdauer für die Wartezeit. Ein nahtloser Anschlussvertrag oder eine Übernahme bedeuten also, dass bereits geleistete Zeit angerechnet wird. Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat einen zunächst 6-monatigen Vertrag, der anschließend ohne Unterbrechung um weitere 12 Monate verlängert wird. Zu Beginn der Verlängerung ist er bereits 6 Monate im Betrieb – damit genießt er von da an Kündigungsschutz nach dem KSchG. Kündigt der Arbeitgeber nun z.B. im 8. Monat, müsste er einen KSchG-Grund haben. Achtung: Haben zwischen zwei befristeten Verträgen nur kurze Unterbrechungen gelegen, die erkennbar der Umgehung des Kündigungsschutzes dienen sollen, können Gerichte die Zeiten unter Umständen zusammenrechnen. Ein Arbeitgeber kann also nicht einfach alle 5 Monate einen neuen befristeten Vertrag mit kurzer Unterbrechung schließen, um die Wartezeit immer wieder auf Null zu setzen – ein solches Vorgehen würde vermutlich als Rechtsmissbrauch gewertet.
Zum Schluss sei betont, dass das Kündigungsschutzgesetz zwar wichtigen Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen bietet, aber nur einen Grundschutz darstellt. Zusätzliche Schutzgesetze (wie Mutterschutz, SGB IX, Betriebsverfassungsrecht usw.) bestehen daneben fort und können bereits vor Erfüllung der KSchG-Kriterien eingreifen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher stets das komplexe Gefüge der Kündigungsschutzregelungen im Blick haben. Für Arbeitnehmer heißt das: Nach 6 Monaten Betriebszugehörigkeit in einem ausreichend großen Betrieb steht Ihnen der volle allgemeine Kündigungsschutz zu – eine Kündigung muss dann begründet sein. Für Arbeitgeber bedeutet es: Bis zum Ablauf von 6 Monaten (und in Kleinbetrieben generell) besteht mehr Flexibilität bei Kündigungen, doch ab Erreichen der Schwelle greift das KSchG und Kündigungen müssen gut überlegt sowie rechtlich abgesichert sein. Es ist ratsam, sich im Zweifelsfall fachkundig beraten zu lassen, um die Kündigung richtig auszusprechen oder zu beurteilen.