Abbruchjäger bei ebay handelt nicht rechtsmissbräuchlich

10. Juli 2019 -

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 22.05.2019 zum Aktenzeichen VIII ZR 182/17 entschieden, dass ein Bieter auf der Internet-Plattform eBay, der an einer Vielzahl von Auktionen teilgenommen hat, nicht als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist, wenn er als sogenannter „Abbruchjäger“ versucht ein Schnäppchen zu erlangen.

Der Ebay-Verkäufer bot Ende März/Anfang April 2012 einen Pirelli-Radsatz für einen Audi A6 mit einem Startpreis von 1 € auf der Internet-Plattform eBay zum Verkauf an. Er beendete die Auktion vorzeitig. Zu diesem Zeitpunkt war der Ebay-Käufer Höchstbietender mit einem Gebot von 201 €. Nach den seinerzeit geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay kam ein Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden auch bei vorzeitiger Beendigung der Auktion zustande, es sei denn, der Anbieter war zur Rücknahme des Angebots „gesetzlich“ berechtigt.

Der Ebay-Verkäufer hat geltend gemacht, der Radsatz sei aus der Garage des Zeugen R. entwendet worden, wovon er, der Ebay-Verkäufer, erst unmittelbar vor dem Abbruch der Auktion erfahren habe.

Der Ebay-Käufer hatte seit dem Jahr 2009 in großem Umfang Gebote bei eBay-Auktionen abgegeben. Mit E-Mail vom 4. April 2012 forderte der Ebay-Käufer den Ebay-Verkäufern vergeblich auf, den angebotenen Radsatz, dem er zuletzt einen Wert von mindestens 1.701 € zugemessen hatte, gegen Zahlung von 201 € herauszugeben. Mit Schreiben vom 24. Januar 2013 trat der Ebay-Käufer vom Kaufvertrag zurück und forderte Schadensersatz.

Die BGH-Richter stellten nun fest, dass dem Ebay-Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gegen den Ebay-Verkäufer zusteht.

Die Parteien hätten nach den seinerzeit maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay einen wirksamen Kaufvertrag gemäß § 433 Abs. 1 BGB über den Pirelli-Radsatz abgeschlossen, denn der Ebay-Käufer sei zum Zeitpunkt des Abbruchs der Auktion Höchstbietender mit dem Betrag von 201 € gewesen.

Der Ebay-Verkäufer habe nicht nachweisen können, zum vorzeitigen Abbruch der Auktion berechtigt gewesen zu sein. Zwar könne auch ein Diebstahl des Auktionsgutes nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einen Abbruch der Auktion rechtfertigen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines solchen berechtigten Auktionsabbruchs trage nach allgemeinen Grundsätzen der Verkäufer. Dem Ebay-Verkäufern sei jedoch der Nachweis nicht gelungen, dass gerade der Radsatz, auf den der Ebay-Käufer geboten habe, gestohlen worden sei. Der Ebay-Käufer habe durch Überreichung eines zweiten Auktionsangebotes des Ebay-Verkäufern für einen Pirelli-Radsatz, beendet am 23. März 2012, dargelegt, dass es zumindest zwei Auktionsangebote des Ebay-Verkäufern im fraglichen Zeitraum gegeben habe. Dass der streitgegenständliche Radsatz aus der Garage des Zeugen R. entwendet worden sei, lasse sich dessen Aussage aber nicht entnehmen.

Der Ebay-Verkäufer könne dem Anspruch des Ebay-Käufers nicht gemäß § 242 BGB den Einwand des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegenhalten. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs müsse nach der Rechtsprechung auf besondere Ausnahmefälle beschränkt bleiben.

Es könne nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, wenn jemand bei einer Internetauktion gezielt auf solche Waren biete, die mit einem weit unter dem Marktwert liegenden Mindestgebot angeboten würden, und er zugleich sein Höchstgebot auf einen Betrag limitiere, der immer noch deutlich unter dem Marktpreis liege. Denn der Verkäufer einer solchen Onlineauktion begründe das Risiko eines ungünstigen Auktionsverlaufs selbst, indem er einen niedrigen Startpreis unterhalb des Marktpreises ohne Mindestgebot festsetze.

Es sei auch nicht zu missbilligen, wenn sich ein Käufer in einer Vielzahl von Fällen solche für den Verkäufer riskanten Auktionsangebote zunutze mache und auf diese Gebote weit unterhalb des Marktpreises abgebe, um bei einem für ihn günstigen und für den Verkäufer ungünstigen Auktionsverlauf ein „Schnäppchen“ zu machen. Allein die Quantität führe dann nicht zur Missbilligung. Dass ein sogenannter Schnäppchenjäger besonders günstige Kaufabschlüsse anstrebe, verstoße auch dann nicht gegen das Anstandsgefühl, wenn der Käufer in einer großen Anzahl von Fällen so vorgehe. Nicht zu beanstanden sei dann auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch einen solchen „Schnäppchenjäger“, wenn der Anbieter die Auktion ohne zureichenden Grund vorzeitig abbreche und damit den Erwerb zum „Schnäppchenpreis“ zu vereiteln suche.