Abwasserzweckverbände können sich bei eigener Einleitung nicht auf die Vorschriften zur Kleineinleitung berufen

15. November 2024 -

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteilen vom 13.11.2024 zu den Aktenzeichen 9 C 3.23 und 9 C 4.23 entschieden, dass nach dem bundesweit geltenden Abwasserabgabengesetz (AbwAG) die Länder für das Einleiten von Abwasser in Gewässer eine Abgabe erheben. Diese Abwasserabgabe richtet sich nach der Schädlichkeit des Abwassers, die im Regelfall anhand des die Abwassereinleitung zulassenden Bescheids ermittelt wird.

Aus der Pressemitteilung des BVerwG Nr. 54/2024 vom 13.11.2024 ergibt sich:

Die Kläger sind Abwasserzweckverbände mit Sitz in Sachsen. Im Verfahren 9 C 3.23 wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung einer Abwasserabgabe im Veranlagungsjahr 2016 für die Einleitung von Schmutzwasser über die von ihm betriebene Kleinkläranlage Pyrna. Der Kläger im Verfahren 9 C 4.23 wendet sich gegen die Festsetzung einer Abwasserabgabe im Veranlagungsjahr 2006 für die Einleitung aus drei Kanaleinleitstellen in Rochlitz. Beide Kläger tragen vor, dass sie nur in kleinen Mengen Abwasser einleiteten und sich deshalb auf die aus ihrer Sicht günstigere Bestimmung des § 8 AbwAG berufen könnten. Dieser sieht zur Vereinfachung unter bestimmten Voraussetzungen für Kleineinleitungen von Schmutzwasser statt einer Bemessung nach der Schädlichkeit Pauschalierungen bis hin zu einer vollständigen Abgabefreiheit vor. Die Klagen gegen die Abgabenbescheide blieben erstinstanzlich ohne Erfolg. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hob die beiden angefochtenen Bescheide hingegen vollständig bzw. teilweise auf und begründete dies damit, dass auch die Kläger als abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaften des öffentlichen Rechts von der Regelung für Kleineinleitungen profitieren könnten.

Auf die Revisionen des Freistaats Sachsen hat das Bundesverwaltungsgericht die Abgabenerhebung in der praktizierten Form, also die Berechnung nach der Schädlichkeit, für rechtmäßig erklärt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts können sich die Kläger nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 8 AbwAG berufen. Diese greift nach ihrem klaren Wortlaut nur ein, wenn es sich um Einleitungen von Schmutzwasser handelt, für das eine Körperschaft des öffentlichen Rechts „an Stelle der Einleiter“ abgabepflichtig ist. Die Kläger sind hier aber nicht stellvertretend für fremde Einleitungen abgabepflichtig, sondern werden – für das unmittelbare Verbringen von Abwasser in Gewässer – selbst als Einleiter in Anspruch genommen. Diese gesetzliche Differenzierung ist auch sachgerecht, weil die Abwasserzweckverbände die Abwasserbeseitigung nach ihren Vorstellungen organisieren und gegebenenfalls optimieren können, während Privathaushalte ihren Anschluss an die öffentliche Kanalisation nicht erzwingen können. Zudem bedürfen die Zweckverbände keiner Vereinfachung, wenn sie nicht für fremde, sondern für eigene Einleitungen abgabenpflichtig sind. Hiermit wird auch dem Lenkungszweck eines bestmöglichen Gewässerschutzes Rechnung getragen.