Abweichung vom Mindestabstandsgebot in sächsischen Grundschulen rechtmäßig

12. Juni 2020 -

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat am 11.06.2020 zum Aktenzeichen 3 B 194/20 entschieden, dass die Abweichung vom Mindestabstandsgebot von 1,5 m in sächsischen Grundschulen rechtmäßig ist.

Aus der Pressemitteilung des Sächs. OVG Nr. 8/2020 vom 11.06.2020 ergibt sich:

§ 2 Abs. 4 der aktuellen Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 03.06.2020 (SächsGVBl. S. 262) bestimmt, dass der Mindestabstand von 1,5 m u. a. nicht in Schulen gilt und dass alternative Schutzmaßnahmen durch die Allgemeinverfügung des Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zur Regelung des Betriebs von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und von Schulen im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie bestimmt werden können. Antragstellerin war eine Grundschullehrerin, die durch diese Regelung wegen der erhöhten Ansteckungsgefahr im Unterricht bei Nichteinhaltung des Mindestabstands von 1,5 m ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit als verletzt angesehen hat.

Das OVG Bautzen hat es abgelehnt, den angegriffenen § 2 Abs. 4 SächsCoronaSchVO vorläufig außer Vollzug zu setzen.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist eine Gefährdung der Lehrkräfte durch infizierte Kinder bei Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 m bislang wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen und in Sachsen sind die täglichen Neuinfektionen stark zurückgegangen. Zudem sei zu beachten, dass Kinder im Grundschulalter den Mindestabstand noch nicht einhalten und auch entsprechende Lehrkonzepte dies nicht ermöglichen könnten. Eine fortdauernde Beschulung zu Hause hindere außerdem nicht nur die Eltern daran, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, was ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit berühre, sondern könne auch zu schwerwiegenden Entwicklungsdefiziten und zu weiteren Gefahren für die Kinder (fehlende Fürsorge, Förderung und ausgewogene Verpflegung, häusliche Gewalt usw.) führen, was die Grundrechte von Ehe und Familie sowie das Recht der Kinder auf Bildung und auch auf körperliche Unversehrtheit verletzen könne. Demgegenüber habe der Sächsische Verordnungsgeber durch Erlass der Allgemeinverfügung zur Regelung des Betriebes von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und von Schulen in Zusammenhang mit der Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie vom 04.06.2020 ein detailliertes Maßnahmenbündel ergriffen, mit dem die Infektionsgefahr für Schüler und Lehrkräfte vermindert werde. Insbesondere könnten Angehörige der Risikogruppe eine Befreiung von der Präsenzpflicht in der Schule erlangen. Eine unzumutbare Gesundheitsgefährdung infolge der Nichteinhaltung des Mindestabstands an Grundschulen habe daher nicht festgestellt werden können.

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.