Hintergrund: Verschärfte Einstellungspraxis in Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz sollen Mitglieder der AfD künftig keine Jobs im öffentlichen Dienst mehr bekommen. Innenminister Michael Ebling (SPD) kündigte am 10. Juli 2025 in Mainz an, die Einstellungspraxis für den Staatsdienst zu verschärfen. „Die Verfassungstreue ist kein Wunsch, keine Empfehlung, kein Lippenbekenntnis, sie ist die unverrückbare Pflicht jedes Beamten in unserem Land. Wer sich in den Dienst dieses Staates stellt, muss jederzeit loyal zur Verfassung stehen, ohne Wenn und Aber“, betonte Ebling.
Konkret wird künftig bereits im Einstellungsverfahren eine schriftliche Belehrung über die Verfassungstreue verpflichtend sein. Alle Bewerberinnen und Bewerber müssen dabei schriftlich erklären, dass sie keiner extremistischen Organisation angehören oder in den vergangenen fünf Jahren angehört haben. Als Grundlage dient eine vom Verfassungsschutz regelmäßig aktualisierte Liste extremistischer Gruppierungen, bei denen hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen. „Auf dieser Liste wird daher auch die AfD geführt werden“, erklärte der Innenminister. Hintergrund ist, dass die AfD in Rheinland-Pfalz vom Verfassungsschutz beobachtet wird – sie gilt dort als sogenannter Verdachtsfall, da es Anzeichen für verfassungsfeindliche Tendenzen gibt. (Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im Mai 2025 sogar als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft, diese Hochstufung aber wegen einer AfD-Klage vorläufig ausgesetzt und die Partei vorerst weiter nur als Verdachtsfall behandelt.)
Laut Ebling sind diese Schritte Ergebnis monatelanger Vorbereitung: Bereits vor der AfD-Einstufung durch den Bund habe man begonnen, die rechtlichen Grundlagen zu schärfen, um Verfassungsfeinden im öffentlichen Dienst konsequent begegnen zu können. Kernstück ist eine Neufassung der Verwaltungsvorschrift zur Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst. Wer die künftig erforderliche Erklärung verweigert oder Zweifel an der eigenen Verfassungstreue nicht ausräumen kann, wird nicht eingestellt. Solche Zweifel bestehen nach Angaben des Innenministeriums bereits, wenn eine Person Mitglied einer Organisation ist, die als Verdachtsfall vom Verfassungsschutz bearbeitet wird – hierunter fällt also aktuell insbesondere die AfD.
Die neue Regelung gilt sowohl für künftige Beamte als auch für Angestellte im öffentlichen Dienst (Tarifbeschäftigte). Das heißt, sie erfasst Bewerber aller Statusgruppen – vom Verwaltungsbeamten über Lehrer und Polizisten bis hin zu tariflich Beschäftigten in Behörden. Bereits im Dienst befindliche Personen sind von der neuen Einstellungsverschärfung nicht unmittelbar betroffen: Für sie gelten weiterhin die normalen disziplinarrechtlichen Vorschriften. Nach Auskunft des Ministeriums greift hier wie bisher das Landesdisziplinargesetz: Liegen bei einem Beamten konkrete Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens begründen – etwa ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht – ist zunächst ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Wird ein Dienstvergehen nachgewiesen, kann dies in gravierenden Fällen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen. Allerdings kommt es immer auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an; „eine schematische Betrachtung ist nicht möglich“, so das Ministerium. Mit anderen Worten: Nicht jede AfD-Mitgliedschaft führt automatisch zur Entlassung eines bestehenden Beamten – dazu unten mehr.
Rechtliche Grundlage: Pflicht zur Verfassungstreue
Die Pflicht zur Verfassungstreue ist seit jeher ein Kernprinzip im deutschen Beamtenrecht. Gesetzlich ist festgeschrieben, dass „in ein Beamtenverhältnis nur berufen werden [darf], wer die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten“ (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 Beamtenstatusgesetz). Aktive Beamte sind verpflichtet, „durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten“ (§ 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG bzw. § 60 Abs. 1 S. 3 Bundesbeamtengesetz). Einfach ausgedrückt: Staatsbedienstete müssen mit voller Überzeugung hinter der Verfassung stehen und alles unterlassen, was diese Ordnung bekämpft. Dieses Prinzip hat das Bundesverfassungsgericht bereits 1975 im Kontext des sogenannten Radikalenerlasses bestätigt. Damals wurde entschieden, dass der Staat von seinen Beamten unbedingte Treue zur Verfassung verlangen darf, da ein funktionierender öffentlicher Dienst ein „intaktes, pflichtgetreues Beamtentum“ erfordert, das innerlich fest zur verfassungsmäßigen Ordnung steht.
Auf Basis dieser Treuepflicht gab es schon früher Überprüfungen von Beamten auf extremistische Umtriebe. In den 1970er Jahren zielte der Radikalenerlass vor allem auf links- und rechtsextreme Gruppierungen; heute rückt die AfD als rechtsgerichtete Partei in den Fokus, nachdem die Sicherheitsbehörden sie zunehmend als Bedrohung für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einstufen. Zwar ist die AfD (noch) nicht verboten – ein Parteiverbotsverfahren kann ohnehin nur das Bundesverfassungsgericht einleiten – doch ihre Beobachtung durch den Verfassungsschutz und insbesondere die offizielle Einstufung als rechtsextremistische Bestrebung (auch wenn vorläufig ausgesetzt) schaffen eine neue Lage. Für den Dienstherrn (Staat) bedeutet dies, dass er bereits die Parteizugehörigkeit als Warnsignal für mangelnde Verfassungstreue werten kann. Denn wer Mitglied in einer Organisation ist, der vom Verfassungsschutz verfassungsfeindliche Bestrebungen attestiert werden, bei dem besteht aus Sicht des Staates begründeter Zweifel, ob diese Person wirklich jederzeit für die Verfassung eintreten wird – auch wenn die Partei nicht verboten ist. Auf dieser Prämisse beruht die nun verschärfte Einstellungspraxis in Rheinland-Pfalz.
Auswirkungen auf Bewerberinnen und Bewerber
Für angehende Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst – seien es zukünftige Beamte auf Lebenszeit, auf Probe oder Angestellte im Staatsdienst – hat die Mainzer Ankündigung handfeste Konsequenzen. Im Folgenden die wichtigsten Punkte, die Bewerber wissen müssen:
- Verfassungstreue-Erklärung als Einstellungsvoraussetzung: Jeder Bewerber in Rheinland-Pfalz muss künftig im Bewerbungsverfahren eine schriftliche Erklärung zur Verfassungstreue abgeben. Darin ist zu versichern, dass keine Zugehörigkeit zu extremistischen Organisationen besteht und in den letzten fünf Jahren bestanden hat. Zuvor erfolgt eine Belehrung über die Bedeutung der Verfassungstreue, um klarzustellen, welche Verpflichtungen damit verbunden sind. Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass sich neue Mitarbeiter ihrer Loyalitätspflicht bewusst sind.
- Abgleich mit Verfassungsschutz-Liste: Der Staat stützt sich auf eine Liste extremistischer Gruppen, die vom Verfassungsschutz gepflegt wird. Auf dieser Liste stehen Organisationen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Ziele festgestellt wurden – einschließlich der AfD. Mitgliedschaft in einer der gelisteten Organisationen (gleich ob rechtsextrem, linksextrem oder religiös-extremistisch) gilt als Indiz, dass die Verfassungstreue fraglich ist. Für AfD-Mitglieder bedeutet dies: Ihre Parteizugehörigkeit wird vom Dienstherrn als erheblicher Zweifel an ihrer Loyalität gewertet.
- Faktisches Einstellungsverbot für AfD-Mitglieder: In der Praxis haben Personen, die aktuell (oder innerhalb der letzten 5 Jahre) AfD-Mitglied sind, kaum eine Chance auf Einstellung im rheinland-pfälzischen Staatsdienst. Wer die geforderte Loyalitätserklärung verweigert oder wahrheitsgemäß eine extremistische Mitgliedschaft einräumen muss, wird nicht eingestellt – bereits die bloße Mitgliedschaft in einem als Verdachtsfall beobachteten Verein (wie der AfD) begründet laut Innenministerium ausreichende Zweifel an der Verfassungstreue. Bewerber, die weiterhin zur AfD gehören, stünden somit vor der Wahl, entweder ihre Mitgliedschaft zu beenden (und hoffen, dass der Zeitraum seit Austritt >5 Jahre beträgt) oder auf eine Stelle im Staatsdienst zu verzichten. In Eblings Worten ist hier „ohne Wenn und Aber“ Loyalität gefragt – halbe Sachen werden nicht toleriert.
- Wahrheitspflicht und Folgen von Falschangaben: Die Angaben zur Verfassungstreue müssen wahrheitsgemäß gemacht werden. Sollte ein Bewerber versuchen, eine einschlägige Mitgliedschaft zu verschweigen oder falsche Angaben in der Erklärung zu machen, riskiert er erhebliche Konsequenzen. Kommt die Täuschung später heraus, kann die Ernennung zum Beamten rückgängig gemacht (rückgenommen) werden. Mit anderen Worten: Ein erschlichener Beamtenstatus ist anfechtbar. Dienstherren können zudem strafrechtliche Schritte wegen falscher Versicherungen einleiten. Ehrlichkeit bei der Bewerbung ist daher zwingend – alles andere würde die Situation nur verschlimmern.
Zusätzlich sei erwähnt: Auch wer kein AfD-Mitglied ist, kann natürlich betroffen sein, falls er einer anderen vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation angehört (oder angehörte). Die Regelung zielt zwar politisch erkennbar auf die AfD, gilt aber generell gegen Extremismus jeglicher Couleur. So betont es auch das Innenministerium: „Extremismus, gleich welcher Form, ist mit dem Status als Beamter unvereinbar.“. Bewerber sollten also insgesamt darauf achten, keine aktiven Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Gruppen zu haben, wenn sie in den Staatsdienst streben.
Was gilt für bereits Beschäftigte im öffentlichen Dienst?
Bestehende Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst (etwa Lehrer, Polizisten, Verwaltungsbeamte), die Mitglied der AfD oder einer anderen umstrittenen Organisation sind, müssen nicht automatisch mit Sanktionen rechnen. Die neue Vorschrift greift nur bei Neueinstellungen. Für das bestehende Personal gilt weiterhin das übliche Dienst- und Disziplinarrecht, insbesondere für Beamte die erwähnte Verfassungstreuepflicht nach § 33 BeamtStG.
Entscheidend ist hier: Ein Verstoß gegen die Treuepflicht muss individuell nachgewiesen werden. Nach gefestigter Rechtslage reicht eine Parteimitgliedschaft allein nicht aus, um einen Beamten aus dem Dienst zu entfernen oder disziplinarisch zu bestrafen. Vielmehr muss der Dienstherr im Einzelfall konkret belegen, dass der Betreffende durch sein Verhalten oder seine Äußerungen die verfassungsmäßige Ordnung verletzt oder aktiv bekämpft hat. Ohne konkreten Pflichtverstoß drohen einem Beamten also nicht automatisch Konsequenzen nur aufgrund seiner Gesinnung. Innenminister Ebling selbst stellte klar, dass man bei bereits verbeamteten Lehrern, Polizisten etc. im Verdachtsfall zunächst ein Disziplinarverfahren einleiten müsse. Erst wenn das Dienstvergehen nachgewiesen wird, könne am Ende die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis stehen – abhängig von den Umständen des Einzelfalls. Die Hürden dafür sind hoch, und „eine schematische Betrachtung ist nicht möglich“.
In der Praxis bedeutet dies, dass bestehende AfD-Mitglieder im Staatsdienst sorgfältig beobachtet, aber nicht vorschnell entlassen werden. Disziplinarmaßnahmen kommen vor, bleiben aber Einzelfälle. So wurden z.B. in manchen Ländern schon Verfahren gegen Beamte mit rechtsextremen Tendenzen geführt (etwa wegen Teilnahme an rechtsextremen Chatgruppen), die zu Verweisen oder Gehaltskürzungen führten. Die Entfernung aus dem Dienst ist jedoch das äußerste Mittel und kommt nur bei besonders gravierendem Fehlverhalten zum Tragen. Experten halten pauschale Säuberungsaktionen für unwahrscheinlich: „Die Aussage, dass es AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst jetzt an den Kragen geht, halte ich für übertrieben“, so der Verfassungsschutz-Experte Luca Manns. Er rechnet allenfalls mit einem Tadel oder einer Kürzung der Dienstbezüge in Normalfällen. „Nur herausgehobene AfD-Kader mit besonders extremistischen Tendenzen […] könnten tatsächlich aus dem Dienst entlassen werden“, betont Manns. Fazit: Solange ein Beamter sich im Dienst rechtskonform verhält und die Grenze der Treuepflicht nicht überschreitet, ist eine AfD-Mitgliedschaft für sich genommen kein Kündigungsgrund – sie macht ihn aber zum Beobachtungsfall. Wer jedoch offen verfassungsfeindlich auftritt (z.B. durch radikale Äußerungen, Teilnahme an verfassungsfeindlichen Aktionen), muss auch als bereits Verbeamteter mit Disziplinarfolgen bis hin zur Entlassung rechnen.
Kritik und rechtliche Bedenken
Der Vorstoß der Landesregierung in Rheinland-Pfalz hat umgehend politische und juristische Kritik hervorgerufen. Besonders die AfD selbst reagiert empört: Führende AfD-Politiker sprechen von „verfassungswidrigen Methoden“ und vergleichen Eblings Vorgehen mit Berufsverboten. „Weil er und die SPD wissen, dass es keinerlei Grundlage für ein AfD-Verbotsverfahren gibt, greift Ebling zu antidemokratischen Mitteln und bedroht AfD-Mitglieder mit Berufsverboten“, erklärte etwa AfD-Vizechef Sebastian Münzenmaier. Statt konkreter Verfehlungen werde nun „jedes AfD-Mitglied unter Generalverdacht gestellt“, so Münzenmaier weiter. Die AfD sieht darin eine unzulässige Beweislastumkehr und einen Angriff auf zentrale Freiheitsrechte. AfD-Fraktionschef Jan Bollinger kritisierte, dass bereits die bloße Parteimitgliedschaft – ohne konkretes Fehlverhalten – über eine Einstellung entscheiden und sogar disziplinarische Konsequenzen nach sich ziehen solle. Damit zähle „nicht mehr das Handeln eines Beamten, sondern dessen politisches Denken“. Die AfD kündigt an, politisch und juristisch Widerstand gegen die Pläne zu leisten; Betroffenen wird geraten, den Rechtsweg zu beschreiten.
Aber auch aus anderen Parteien kommen warnende Stimmen. Der CDU-Landesvorsitzende Gordon Schnieder sprach von einer „politischen Inszenierung“. Grundsätzlich bestehe zwar überparteilich Einigkeit, dass „Verfassungsfeinde nicht in den Staatsdienst“ gehörten. „Was Innenminister Ebling heute präsentiert, ist jedoch mehr Show als Substanz“, so Schnieder. Er erinnert daran, dass Ebling selbst kürzlich betont habe, ein solcher Schritt müsse im Gleichschritt mit anderen Bundesländern und dem Bund erfolgen und man müsse das Ergebnis der AfD-Klage gegen die Verfassungsschutz-Einstufung abwarten. Statt der gebotenen Rechtssicherheit liefere der Minister nun eine symbolische Aktion. Oberstes Gebot müsse aber die Rechtssicherheit einer solchen Entscheidung sein – und dafür komme Eblings Vorstoß „eindeutig zu früh“, so die CDU. Auch aus juristischer Perspektive ist dieser Punkt wichtig: Sollte ein AfD-Mitglied gegen die Nicht-Einstellung klagen, wäre unklar, ob die Gerichte die pauschale Ablehnung allein wegen Parteimitgliedschaft bestätigen oder als Verletzung der Chancengleichheit werten. Immerhin garantiert Art. 33 Abs. 2 GG jedem Deutschen gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern nach Eignung, Befähigung und Leistung. Die Frage wird sein, ob die AfD-Mitgliedschaft berechtigterweise die Eignung in Zweifel zieht – oder ob hier unzulässig politisch diskriminiert wird. Diese Abwägung dürfte am Ende die Gerichte beschäftigen.
Auch andere Bundesländer wurden durch die Mainzer Ankündigung auf den Plan gerufen, reagieren jedoch überwiegend zurückhaltend. Einigkeit besteht zwar darin, dass Extremisten keinen Platz im Staatsdienst haben. Uneinig ist man jedoch, ob eine sofortige Einzelmaßnahme wie in Rheinland-Pfalz sinnvoll ist oder ob man bundeseinheitliche Lösungen abwarten sollte. Viele Länder – darunter Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein – wollen zunächst die Entscheidung auf Bundesebene abwarten, insbesondere den Ausgang des laufenden Gerichtsverfahrens zur AfD-Beobachtung. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) etwa betont, man beabsichtige derzeit nicht, flächendeckend alle Beamten nach einer AfD-Mitgliedschaft zu befragen. Er strebe ein abgestimmtes Vorgehen der Länder an und verweist auf die bei der Innenministerkonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe zu den Auswirkungen der AfD-Einstufung. Gleichzeitig unterstreicht Poseck, dass der öffentliche Dienst ein „Bollwerk gegen Verfassungsfeinde“ bleiben müsse – Personen, „die mit verfassungswidrigen Positionen sympathisieren oder diese gar aktiv vertreten, dürfen keinen Einfluss auf staatliches Handeln erlangen“. Allerdings warnt er auch vor Übereifer: Es solle kein falscher Eindruck entstehen, „der öffentliche Dienst in Hessen hat aktuell kein Extremismusproblem“; Fälle von Extremismus unter Beamten seien absolute Ausnahmen und würden bereits jetzt konsequent geahndet (z.B. laufen Verfahren zur Entlassung rechtsextrem auffälliger Polizisten). Weitere präventive Maßnahmen prüfe man zwar, „gleichzeitig sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten“. Poseck – selbst früher Richter – mahnt, „die Gerichte haben immer wieder hohe Hürden aufgestellt und deutlich gemacht, dass es grundsätzlich auf Einzelfallprüfungen ankommt“. Dieser Hinweis ist zentral: Pauschalierungsverbote und das Gebot individueller Prüfung ziehen sich als Leitlinie durch die Rechtsprechung zum Beamtenrecht. Sollte Rheinland-Pfalz diese Linie überdehnen, könnten Gerichte den Riegel vorschieben.
Ausblick
Für Arbeitnehmer und Bewerber im öffentlichen Dienst sendet Rheinland-Pfalz ein klares Signal: Wer im Staatsdienst arbeiten will, muss voll hinter der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Eine aktive AfD-Mitgliedschaft – und entsprechend auch die Mitgliedschaft in anderen extremistischen Vereinigungen – schließt eine Einstellung in Rheinland-Pfalz de facto aus. Bewerber sollten sich dessen bewusst sein und im Zweifelsfall konsequent Abstand zu verfassungsfeindlichen Organisationen halten, wenn sie eine Karriere im öffentlichen Sektor anstreben. Wer bereits in einer solchen Organisation engagiert war, sollte offen legen können, dass er sich nachhaltig davon distanziert hat (z.B. durch Austritt lange genug vor der Bewerbung), um seine persönliche Verfassungstreue glaubhaft zu machen.
Für Arbeitgeber – hier die öffentlichen Dienstherren wie Behörden und staatliche Einrichtungen – bedeutet die neue Vorschrift, dass sie ihre Einstellungsverfahren anpassen müssen. Jede Bewerberin und jeder Bewerber ist nun förmlich auf Verfassungstreue zu überprüfen. Personalverantwortliche sollten die vorgeschriebene Belehrung und Erklärung zur Verfassungstreue penibel umsetzen und dokumentieren. Bei Zweifelsfällen (etwa wenn eine frühere Mitgliedschaft in einer Organisation auf der VS-Liste vorliegt) ist eine gründliche Einzelfallprüfung geboten: Der Bewerber muss die Möglichkeit erhalten, hierzu Stellung zu nehmen und ggf. darzulegen, dass er die Ziele der fraglichen Organisation nicht (mehr) teilt. Zwar gibt die Verwaltungsvorschrift eine harte Linie vor, doch um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollten Entscheidungen nachvollziehbar begründet werden – insbesondere, wenn ein Bewerber wegen vermuteter fehlender Verfassungstreue abgelehnt wird.
Es ist zu erwarten, dass gerichtliche Klärung gesucht wird, sobald die ersten Fälle auftreten (etwa ein abgelehnter AfD-naher Bewerber). Die Verwaltungsgerichte müssten dann die Rechtmäßigkeit dieser Einstellungspraxis prüfen und die Grundrechte der Beteiligten abwägen – insbesondere das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern und die Parteienfreiheit auf der einen Seite gegen das Staatsziel des Schutzes der Verfassung auf der anderen Seite. Bis dahin bewegen sich Behörden und Bewerber in einem gewissen Unsicherheitsbereich. Arbeitnehmer, die von einer ablehnenden Entscheidung betroffen sind und diese für unrechtmäßig halten, sollten zeitnah rechtlichen Rat suchen und ggf. Rechtsmittel (Widerspruch, Konkurrentenklage etc.) prüfen. Arbeitgeber wiederum sollten darauf achten, keine unzulässige Diskriminierung wegen einer Parteizugehörigkeit zu betreiben, sondern jede Personalentscheidung auf konkrete Zweifel an der Verfassungstreue zu stützen.
Rheinland-Pfalz hat mit diesem Schritt einen neuen Akzent im Umgang mit Extremismus im Staatsdienst gesetzt. Ob dieses Beispiel Schule machen wird, bleibt abzuwarten. Einige Länder könnten nachziehen, andere setzen eher auf bundeseinheitliche Lösungen. Klar ist aber schon jetzt: Die Debatte um die Verfassungstreue von Staatsbediensteten ist neu entfacht. Für alle Beteiligten – Arbeitnehmer wie Arbeitgeber – heißt es nun, die weitere Entwicklung genau zu verfolgen und sich im Zweifel fachkundig beraten zu lassen. Bei Fragen zur rechtssicheren Umsetzung der Vorschriften oder zur Wahrnehmung der eigenen Rechte kann die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht (mit Erfahrung im öffentlichen Dienstrecht) wertvolle Unterstützung bieten. Gerade im Spannungsfeld zwischen politischer Betätigung und dienstlicher Loyalitätspflicht ist eine fundierte rechtliche Einschätzung wichtig, um die Balance zwischen Grundrechten und den Anforderungen des Amtes zu wahren.