Airline darf keine Strafgebühr für Nichtantritt eines Fluges verlangen

19. Mai 2020 -

Das Landgericht Frankfurt hat am 03.03.2020 zu den Aktenzeichen 2 – 24 O 47/19 und  2 – 24 O 48/19 den Fluggesellschaften KLM und Air France untersagt, Ticketzuschläge von 125 bis 3.000 Euro von Kunden zu verlangen, die ihre Flüge nicht vollständig oder nicht in der gebuchten Reihenfolge antreten.

Aus dem Newsletter des Verbraucherzentrale Bundesverbandes vom 15.05.2020 ergibt sich:

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die Strafgebühren geklagt. Nach den Geschäftsbedingungen der beiden Airlines für Onlinebuchungen galt der Ticketpreis nur für Flüge, die vollständig und in der gebuchten Reihenfolge angetreten werden. Kunden, die einen der Flüge nicht antreten oder die Coupons in falscher Reihenfolge nutzen, sollten einen Zuschlag zahlen. Bei Flügen innerhalb Europas kassierten die Fluggesellschaften je nach gebuchter Serviceklasse 250 Euro bis 500 Euro extra. Für Langstreckenflüge betrug der Zuschlag sogar 500 bis 3.000 Euro. Für den Fall, dass ein Passagier die Reise vorzeitig abbricht, wollte KLM außerdem 275 Euro für die Herausgabe des Aufgabegepäcks in Rechnung stellen. Mit solchen Zuschlägen wollen die Unternehmen verhindern, dass Kunden ihre Preispolitik umgehen. Hin- und Rückflüge kosten oft weniger als One-Way-Tickets für die gleiche Strecke. Ein zusammengesetzter Flug ist mitunter günstiger als eine Teilstrecke separat zu buchen. Für Kunden liegt es daher nahe: Anstelle des teuren Einfach-Tickets buchen sie den günstigeren Hin- und Rückflug und lassen einen Flug einfach verfallen. Die hohen Zuschläge für den Nichtantritt eines Fluges sollen diese Schnäppchenjagd unattraktiv machen. Nach der Rechtsprechung des BGH dürfen Fluggesellschaften in ihren Geschäftsbedingungen zwar Zuschläge vorsehen, um ihre Tarifgestaltung zu schützen. Sie dürfen aber höchstens die Differenz zu dem höheren Flugpreis verlangen, den der Kunde am Buchungstag für die tatsächlich geflogene Strecke hätte zahlen müssen.

Das LG Frankfurt hat die Beklagte verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an dem Vorstand, zu unterlassen in Bezug auf Beförderungsverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und bei denen der Abflugs- oder Ankunftsort in der Bundesrepublik Deutschland liegt, die nachfolgenden oder inhaltsgleichen Bestimmungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:
„3.4 Reihenfolge der Verwendung der Flugcoupons
(a)….
Der zum Ausstellungsdatum des Flugscheins angewendete Tarif gilt nur für einen Flugschein, der zu den angegebenen Reisedaten und in der gebuchten Reihenfolge vollständig abgeflogen wird (Reihenfolge der Verwendung der Flugcoupons).
(b) Wird am Reisetag eine unsachgemäße Nutzung durch den Fluggast festgestellt (z.B. wenn er den ersten Coupon nicht nutzt oder wenn er die Coupons nicht in der Reihenfolge ihrer Ausstellung abfliegt), fällt am Flughafen ein pauschaler Tarifzuschlag an. Er beträgt: 125 Euro für Kurzstreckenflüge (Kontinentalfrankreich und Korsika), 250 Euro für einen Mittelstreckenflug in Economy, 500 Euro für einen Mittelstreckenflug in Business, 500 Euro für einen Langstreckenflug in Economy/Premium Economy, 1.500 Euro für einen Langstreckenflug in Business und 3.000 Euro für einen Langstreckenflug in La Premiere (oder der Gegenwart der örtlichen Währung).“

Nach Auffassung des Landgerichts sind die Zuschläge von KLM und Air France mit der BGH-Rechtsprechung nicht vereinbar. Denn die Zusatzgebühren fielen auch an, wenn der Preis für die gebuchten Flüge gar nicht günstiger war als für die geflogene Teilstrecke. Zudem sollten die Zuschläge auch dann fällig werden, wenn Kunden einen Zubringerflug verpasst haben oder ihren Urlaub verlängern wollen und deshalb den Rückflug nicht antreten. Diese Gründe hätten nichts mit der Tarifstruktur zu tun. Außerdem seien Passagiere nicht verpflichtet, alle gebuchten Flüge in Anspruch zu nehmen.