Auskunftsanspruch der Presse gegen Verfassungsschutz in Sachen „Bouffier“ und „Temme“

09. Juni 2020 -

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Beschluss vom 05.06.2020 zum Aktenzeichen 2 L 2032/19.WI entschieden, dass das Landesamt für Verfassungsschutz über mögliche Interventionen des damaligen Innenministers Bouffier in der Sache Temme Auskunft erteilen muss.

Aus der Pressemitteilung des VG Wiesbaden Nr. 8/2020 vom 09.06.2020 ergibt sich:

Ein Journalist verlangte vom Landesamt für Verfassungsschutz Auskunft darüber, wie oft und gegebenenfalls mit welchem Inhalt der damalige Innenminister Bouffier in der Sache Temme interveniert hat. Andreas Temme war zum Zeitpunkt des NSU-Mordes an Halit Yozgat Mitarbeiter bei dem Landesamt für Verfassungsschutz.

Das VG Wiesbaden hat dem Eilantrag stattgegeben und verpflichtete das Landesamt für Verfassungsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung dazu, dem Antragsteller die von ihm gestellten Fragen zu beantworten. Diese knüpften an aktuelle Vorgänge an und seien bereits Gegenstand öffentlicher Berichterstattung in den Medien. Anspruchsgrundlage sei § 3 Abs. 1 Satz 1 HPresseG, wonach Behörden verpflichtet sind, der Presse die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Der Antragsteller habe als Journalist einen Anspruch auf Information darüber, wie oft der damalige Innenminister Bouffier im Fall Temme interveniert habe.

Das Verwaltungsgericht verwies zur Begründung unter anderem auf den Beschluss des VGH Kassel vom 20.11.2019 (8 B 1938/19), dem ein ähnlich gelagerter Fall zugrunde lag. Nach dessen Auffassung handele es sich bei der Verwendung der Formulierung „interveniert“ um eine einfach zu beantwortende konkrete Frage, die vom Auskunftsanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 HPresseG gedeckt sei und die vom Landesamt keine Wertung verlange. Die gestellte Frage ließe sich schlagwortartig beantworten, je nachdem, ob der damalige Innenminister nachgefragt oder bestimmte Vorgehensweisen kritisiert oder auch angemahnt habe. Anhaltspunkte für eine begründete Verweigerung der Beantwortung dieser Frage seien weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen.

Gegen den Beschluss kann der Antragsgegner binnen zwei Wochen Beschwerde erheben, über die der VGH Kassel zu entscheiden hätte.