Für Arbeitnehmer, die eine Kündigung erhalten haben, stellt sich oft die Frage: Wie lässt sich eine möglichst hohe Abfindung vom Arbeitgeber erzielen? In Deutschland gibt es selten einen automatischen Anspruch auf Abfindung – vielmehr hängt die Zahlung meist von Verhandlungen oder besonderen Umständen ab. Ein erfahrener Fachanwalt für Arbeitsrecht kennt die bewährten Strategien, um den Arbeitgeber zu einer großzügigen Abfindungszahlung zu bewegen. Im Folgenden beleuchten wir, welche Taktiken in unterschiedlichen Kündigungssituationen (betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder per Aufhebungsvertrag) zum Erfolg führen können und welche speziellen Aspekte – etwa Sozialauswahl, Kündigungsschutzklage als Prozessstrategie und Steueroptimierung – zu beachten sind.
Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung – Sozialauswahl als Trumpf
Eine betriebsbedingte Kündigung führt oft zu Abfindungsverhandlungen – erfahrene Anwälte wissen, wie man dabei das Maximum herausholt.
Betriebsbedingte Kündigungen (etwa wegen Stellenabbau oder Schließung von Abteilungen) zählen zu den Fällen, in denen Abfindungen am häufigsten vorkommen. Automatisch ist eine Abfindung jedoch selbst hier nicht vorgesehen – das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kennt lediglich die Kann-Bestimmung in § 1a KSchG: Bietet der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben ausdrücklich eine Abfindung für den Fall an, dass der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt, entsteht ein Rechtsanspruch in Höhe von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Dieses Angebot zum Klageverzicht muss schriftlich im Kündigungsschreiben stehen. Wichtig: Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, ein solches Angebot zu machen – oft tut er es aber, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Nimmt der Arbeitnehmer an (also erhebt er binnen 3 Wochen keine Klage), erhält er die Abfindung und verzichtet im Gegenzug auf eine Anfechtung der Kündigung.
Neben individuellen Angeboten gibt es bei umfangreichen Entlassungswellen häufig Sozialpläne. In größeren Betrieben mit Betriebsrat wird bei Massenentlassungen ein Sozialplan vereinbart, der die Abfindungen für alle Betroffenen nach einer Formel festlegt. Meist orientiert sich diese an der genannten Faustformel (etwa ein halbes Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit) und berücksichtigt soziale Faktoren wie Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten oder Schwerbehinderung. Ältere oder langjährig beschäftigte Mitarbeiter mit Familie erhalten dann typischerweise höhere Abfindungen, weil sie es auf dem Arbeitsmarkt schwerer haben. Allerdings sind Abfindungen im Sozialplan in der Regel starr vorgegeben und individuell kaum verhandelbar.
Sozialauswahl: Wenn ein Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt, muss er – sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist – eine korrekte Sozialauswahl durchführen. Das bedeutet, er darf nicht willkürlich entscheiden, wen es trifft, sondern muss unter vergleichbaren Arbeitnehmern diejenigen kündigen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind. Gesetzlich vorgegeben sind vier Kriterien: Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Werden z.B. ältere oder langdienende Mitarbeiter mit Familienpflichten entlassen, während jüngere, ledige Kollegen bleiben dürfen, kann die Sozialauswahl fehlerhaft sein. Für Arbeitnehmer ist dies ein Trumpf: Eine fehlerhafte Sozialauswahl macht die Kündigung angreifbar – was die Verhandlungsposition enorm stärkt. Der Arbeitgeber riskiert in diesem Fall, dass das Arbeitsgericht die Kündigung kassiert; folglich wird er eher bereit sein, eine höhere Abfindung zu zahlen, um einen Prozess abzuwenden. Fachanwälte prüfen deshalb bei betriebsbedingten Kündigungen sorgfältig, ob Formfehler oder Auswahlfehler vorliegen – jeder solche Mangel ist ein wertvoller Hebel für Verhandlungen.
Verhandlungstipp: Auch wenn der Arbeitgeber bereits eine Abfindung anbietet (sei es freiwillig oder per § 1a KSchG), sollten Sie nicht vorschnell zusagen. Oft ist das erste Angebot bewusst niedrig angesetzt. Besser ist es, die Kündigung rechtlich prüfen zu lassen, bevor man unterschreibt oder auf eine Klage verzichtet. Stellt sich heraus, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder formell angreifbar ist, können Sie mit Unterstützung eines Fachanwalts nachverhandeln – in vielen Fällen lässt sich deutlich mehr herausholen. Arbeitgeber sind häufig bereit, über den ersten Vorschlag hinauszugehen, wenn sie im Gegenzug die Sicherheit haben, einen Rechtsstreit zu vermeiden. Merke: Je wackliger die Kündigung rechtlich ist, desto höher kann (bei geschickter Argumentation) die Abfindung ausfallen.
Abfindung bei verhaltensbedingter Kündigung – Schadensbegrenzung und Verhandlungschancen
Eine verhaltensbedingte Kündigung (also eine Entlassung wegen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, z. B. häufiges Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung oder Vertrauensbruch) führt eher selten von sich aus zu Abfindungsangeboten. Schließlich wirft der Arbeitgeber dem Mitarbeiter hier ein Fehlverhalten vor – freiwillig Geld zu zahlen erscheint aus Arbeitgebersicht paradox. Dennoch: Auch in solchen Situationen sind Abfindungen möglich, oft als Ergebnis einer klugen Verhandlungsstrategie.
Zunächst gilt: Prüfen Sie die Kündigung auf ihre Wirksamkeit. Bei weniger gravierendem Fehlverhalten ist eine fristlose Kündigung unter Umständen unwirksam, wenn nicht vorher eine Abmahnung erfolgte. Auch eine ordentliche (fristgerechte) verhaltensbedingte Kündigung kann angreifbar sein, z.B. wenn die Gründe vorgeschoben oder die Vorwürfe nicht ausreichend bewiesen sind. In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer durch eine Kündigungsschutzklage erheblichen Druck aufbauen. Der Arbeitgeber muss im Prozess die Kündigungsgründe überzeugend darlegen – gelingt ihm das nicht, droht er den Prozess zu verlieren und den Mitarbeiter weiterbeschäftigen zu müssen. Dieses Risiko möchte ein Arbeitgeber meist vermeiden und ist daher eventuell bereit, gegen Klagerücknahme eine Abfindung zu zahlen, selbst wenn ursprünglich keine Abfindung vorgesehen war.
In der Praxis läuft es bei verhaltensbedingten Kündigungen oft auf Schadensbegrenzung hinaus: Ist das Fehlverhalten gravierend (z. B. Diebstahl, Tätlichkeit) und die Beweislage klar, sind die Erfolgsaussichten einer Klage gering – hier wird ein Anwalt eher darauf hinwirken, zumindest ein wohlwollendes Arbeitszeugnis oder einen neutralen Beendigungsgrund auszuhandeln, falls der Arbeitgeber gegen eine geringe Abfindung zu einem Aufhebungsvertrag bereit ist. Hat der Arbeitgeber jedoch selbst Bedenken, ob die Kündigung vor Gericht standhält (etwa weil die Vorwürfe strittig sind oder formale Fehler passiert sind), lässt sich oft etwas herausholen. Mit anwaltlicher Hilfe kann zum Beispiel erreicht werden, dass die Kündigung in eine einvernehmliche Aufhebung umgewandelt wird – der Mitarbeiter scheidet dann ohne Schuldeingeständnis aus und erhält im Gegenzug eine Abfindung. Dieses Vorgehen kann auch im Interesse des Arbeitgebers liegen, da er einen öffentlichen Rechtsstreit über die Vorwürfe vermeidet.
Tipp: Auch wenn Sie selbst an der Kündigungslage (mit) schuld sind, sollten Sie nicht auf Ihre Rechte verzichten. Bleiben Sie ruhig und holen Sie Rat ein, statt vorschnell etwas zu unterschreiben. Ein Fachanwalt kann oft durch geschickte Verhandlungen zumindest eine kleine Abfindung oder andere Vorteile erzielen – beispielsweise indem er dem Arbeitgeber signalisiert, dass andernfalls eine Klage folgt. Druckmittel gibt es auch hier: Arbeitgeber scheuen negative Publicity und gerichtliche Auseinandersetzungen. Die Androhung einer Klage und die Aussicht auf einen ungewissen Prozessausgang führen häufig doch noch zu einem Vergleich gegen Abfindungszahlung, selbst wenn ursprünglich “keinen Cent” gezahlt werden sollte. Realistischerweise fallen Abfindungen in solchen Fällen aber oft geringer aus als bei betriebsbedingten Kündigungen, da die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers schwächer ist (der Arbeitgeber hat ein Fehlverhalten als Grund). Dennoch: Jede Kündigung sollte juristisch überprüft werden – mit etwas Verhandlungsgeschick lässt sich manchmal zumindest ein finanzieller Ausgleich erreichen, der den Übergang zur nächsten Stelle erleichtert.
Aufhebungsvertrag – hohe Abfindung aushandeln ohne Kündigung
Ein weiterer Weg zur Abfindung führt über den Aufhebungsvertrag (auch Auflösungsvertrag oder Abwicklungsvertrag genannt). Hier einigen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber freiwillig auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin – in der Regel verbunden mit der Zusage einer Abfindungszahlung. Für Arbeitnehmer kann ein Aufhebungsvertrag attraktiv sein, weil er Planungssicherheit gibt und häufig mit einer finanziellen Kompensation “versüßt” wird. Arbeitgeber wiederum schätzen, dass sie sich ohne die strengen Kündigungsschutzregeln oder ein Gerichtsverfahren vom Mitarbeiter trennen können. Wichtig: Auch im Aufhebungsvertrag gibt es keinen gesetzlichen Mindestanspruch auf eine Abfindung; alles ist Verhandlungssache.
In der Praxis hat sich als Richtschnur oft die bereits erwähnte Regelabfindung etabliert: etwa ein halbes bis ein ganzes Bruttomonatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Dieser Anhaltspunkt ist jedoch kein Gesetz – je nach Verhandlungsgeschick, Branchenusancen und individueller Situation kann die Abfindung höher oder niedriger ausfallen. Für leitende Angestellte oder langjährige Mitarbeiter werden manchmal deutlich höhere Summen gezahlt, während in anderen Fällen nur eine geringere Pauschale angeboten wird. Hier kommt es ganz darauf an, wie gut Ihre Verhandlungsposition ist.
Taktik: Wenn Ihnen ein Aufhebungsvertrag angeboten wird, unterschreiben Sie nicht voreilig. Nehmen Sie sich Bedenkzeit und lassen Sie das Angebot rechtlich prüfen. Ein Fachanwalt kann einschätzen, wie gut der Arbeitgeber Sie notfalls kündigen könnte – etwa: Gibt es überhaupt einen tragfähigen Kündigungsgrund? Genießen Sie besonderen Kündigungsschutz (z.B. als Schwangere, Schwerbehinderter, Betriebsrat)? Je wackliger die Position des Arbeitgebers, desto mehr können Sie fordern. Beispiel: Wenn kein legitimer Kündigungsgrund vorliegt oder besondere Schutzvorschriften greifen, sitzt der Arbeitnehmer am längeren Hebel – der Arbeitgeber wird dann oft deutlich mehr als die “Regelabfindung” bieten müssen, damit der Mitarbeiter dem Aufhebungsvertrag zustimmt. Umgekehrt gilt: Ist der Kündigungsgrund berechtigt und eine Kündigung wäre wohl wirksam, sollte man das Abfindungsangebot sorgfältig abwägen. In solchen Fällen – etwa bei schwerem Fehlverhalten oder klaren personenbedingten Gründen (z.B. dauerhafte Erkrankung) – ist das Verhandlungspotential begrenzt und es kann sinnvoll sein, auch eine moderatere Abfindung anzunehmen.
Tricks im Aufhebungsvertrag: Gute Anwälte kennen Klauseln, mit denen man mehr herausholen kann. Eine davon ist die Sprinterklausel: Hier wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer auf eigenen Wunsch vor Ablauf der Kündigungsfrist ausscheiden kann und dafür eine zusätzliche Abfindung oder Bonuszahlung erhält. Für Mitarbeiter, die schon einen neuen Job in Aussicht haben oder einfach schneller aus dem alten Vertrag wollen, ist das ideal – und den Arbeitgeber kostet es wenig, da er den Mitarbeiter früher los wird. Ebenso wichtig ist, gleich im Aufhebungsvertrag weitere Vorteile festzuhalten: Beispielsweise kann man ein gutes Arbeitszeugnis zusichern lassen oder eine bezahlte Freistellung bis zum Beendigungsdatum vereinbaren. Solche Punkte kosten den Arbeitgeber oft kaum etwas, sind für den Arbeitnehmer aber sehr wertvoll und gehören zum Gesamtpaket der Verhandlung.
Vorsicht Sperrzeit: Ein großer Stolperstein bei Aufhebungsverträgen ist das Thema Arbeitslosengeld. Wer von sich aus an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitwirkt, riskiert eine Sperrzeit von 12 Wochen beim ALG I. Die Agentur für Arbeit wertet einen Aufhebungsvertrag nämlich meist als freiwilliges Ausscheiden, sofern keine zwingenden Gründe vorlagen. Außerdem kann eine Ruhenszeit eintreten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist endet – in diesem Fall ruht der ALG-Anspruch bis zum fiktiven Ende der Kündigungsfrist. Diese finanziellen Nachteile schmälern natürlich den Wert einer Abfindung. Tipp: Lassen Sie sich beraten, wie man den Aufhebungsvertrag so gestaltet, dass Sperr- und Ruhenszeiten vermieden werden. Oft hilft es, die Kündigungsfrist einzuhalten oder die Abfindungshöhe an § 1a KSchG zu orientieren (also max. 0,5 Gehalt pro Jahr); dann gewährt die Arbeitsagentur das Arbeitslosengeld meist ohne Sperre. Wichtig ist auch, im Vertrag keine Formulierungen zu wählen, die eine personenbedingte oder verhaltensbedingte Eigenkündigung nahelegen – ideal ist es, den Aufhebungsvertrag betriebsbedingt zu begründen, sofern dies plausibel ist. Im Übrigen wird eine Abfindung nicht auf das Arbeitslosengeld angerechnet, solange Sperr- und Ruhenszeiten vermieden wurden.
Kündigungsschutzklage als Prozessstrategie: Druckmittel für eine höhere Abfindung
Wenn eine Kündigung ins Haus flattert, ist die Kündigungsschutzklage oft der Schlüssel zu einer maximalen Abfindung. Innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung kann der Arbeitnehmer Klage beim Arbeitsgericht erheben (§ 4 KSchG). Formal richtet sich die Klage auf Weiterbeschäftigung – das Gericht soll feststellen, dass die Kündigung unwirksam ist. Praktisch wird die Klage jedoch häufig als Druckmittel eingesetzt, um einen Abfindungsvergleich zu erzielen. Arbeitgeber wissen nämlich: Verlieren sie den Prozess, drohen ihnen teure Konsequenzen, etwa die Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters oder die Zahlung von Annahmeverzugslohn für die gesamte Dauer des Rechtsstreits. Dieses Risiko wollen viele Arbeitgeber nicht eingehen. Die Folge: Die Mehrzahl der Kündigungsschutzverfahren endet mit einem Vergleich, bei dem der Arbeitnehmer gegen Abfindungszahlung aus dem Unternehmen ausscheidet.
Das Arbeitsgericht setzt meist früh einen Gütetermin an, um eine Einigung zu fördern. In dieser Verhandlung signalisiert der Arbeitnehmer (bzw. sein Anwalt), dass er zur Beilegung des Streits bereit ist, wenn eine angemessene Abfindung gezahlt wird. Angesichts der unsicheren Prozessrisiken lenken Arbeitgeber hier häufig ein – es kommt zum gerichtlichen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung. Die Höhe der Abfindung wird im Vergleich frei ausgehandelt; oft orientiert man sich an der genannten Faustformel (0,5 Monatsgehälter pro Jahr Betriebszugehörigkeit), aber je nach Stärke des Kündigungsschutzes können auch höhere Summen erreicht werden. Der Anwalt des Arbeitnehmers wird versuchen, genau so viel Druck aufzubauen, dass der Arbeitgeber den sicheren Vergleich dem riskanten Urteil vorzieht – aber ohne die Verhandlungen scheitern zu lassen. Ergebnis: Ein guter Vergleich ist für beide Seiten kalkulierbar, während ein Urteil unkalkulierbar ist.
Wichtig zu wissen: “Wer klagt, kriegt meist mehr.” Viele Arbeitgeber bieten erst nach einer erhobenen Klage wirklich ernstzunehmende Abfindungssummen an. Daher sollte man sich nicht von kurzen Fristen ins Bockshorn jagen lassen. Die 3-Wochen-Frist ab Erhalt der Kündigung ist jedoch unbedingt einzuhalten – verpasst der Arbeitnehmer diese Frist, wird die Kündigung automatisch wirksam (§ 7 KSchG) und ein späterer Abfindungsdeal praktisch ausgeschlossen. Es gilt also: Sobald eine Kündigung vorliegt, zügig anwaltlichen Rat einholen und die Klage fristgerecht einreichen, sofern man die Kündigung nicht hinnehmen will. Allein das ernste Signal, dass man bereit ist zu klagen, verändert die Verhandlungsdynamik meist zugunsten des Arbeitnehmers. Und selbst wenn der Prozess begonnen hat, stehen die Chancen auf eine gütliche Einigung gut: Im Gütetermin zeigen sich die meisten Arbeitgeber kompromissbereit, und häufig lässt sich noch ein optimaler Vergleich aushandeln.
In seltenen Fällen wird ein Kündigungsschutzprozess bis zum Urteil durchgezogen. Gewinnt der Arbeitnehmer, besteht eigentlich ein Weiterbeschäftigungsanspruch – doch oft ist das Verhältnis so zerrüttet, dass keiner die Rückkehr wirklich will. Für solche Fälle sieht das Gesetz in § 9 KSchG ein Auflösungsurteil vor: Das Gericht kann auf Antrag das Arbeitsverhältnis auflösen und dem Arbeitnehmer eine Abfindung zusprechen. Die Höhe legt das Gericht nach billigem Ermessen fest, gedeckelt je nach Betriebszugehörigkeit und Alter (in der Regel max. 12 Monatsgehälter, ab einem gewissen Alter und langer Betriebszugehörigkeit bis zu 15 bzw. 18 Monatsgehälter). Allerdings kommt es nur selten zu solchen Urteilen – die meisten Verfahren enden, wie gesagt, vorzeitig per Vergleich. Für Arbeitnehmer ist daher der Vergleich meist der bessere Weg, weil er schneller und sicherer Geld bringt, statt sich durch Instanzen zu kämpfen. Dennoch ist es wichtig, notfalls auch bereit zu sein, das Urteil anzustreben, um den Druck aufrechtzuerhalten. Nur wenn der Arbeitgeber spürt, dass man ernst macht, wird er ein wirklich attraktives Abfindungsangebot vorlegen.
Steueroptimierung der Abfindung – so bleibt mehr Netto vom Brutto
Eine hohe Abfindung ist großartig – doch man sollte nicht vergessen, dass das Finanzamt mitverdient. Abfindungen sind in Deutschland voll steuerpflichtig, seit 2006 gibt es keine generelle Steuerfreiheit mehr. Es handelt sich um außerordentliche Einkünfte, die in dem Jahr der Auszahlung dem Einkommen hinzugerechnet werden und daher den progressiven Steuersatz erhöhen. Sozialversicherungsbeiträge fallen allerdings in den meisten Fällen nicht an (Ausnahme: bei freiwillig gesetzlich Krankenversicherten können Beiträge fällig werden). Ohne besondere Maßnahmen kann eine Abfindung also einen großen Teil ihres Werts durch Steuern verlieren – insbesondere, wenn sie zusammen mit dem restlichen Jahreseinkommen zu einer hohen Gesamtprogression führt.
Glücklicherweise gibt es Steuerbegünstigungen, allen voran die Fünftelregelung. Diese gesetzliche Regel (§ 34 EStG) mildert die Progression, indem die Abfindung bei der Berechnung so behandelt wird, als würde sie auf fünf Jahre verteilt. Konkret ermittelt das Finanzamt zunächst die Steuer auf das Jahreseinkommen ohne Abfindung und dann die Steuer auf das Einkommen mit einem Fünftel der Abfindung. Die Differenz wird verfünffacht und ergibt so die Steuer, die auf die Abfindung entfällt. Durch dieses Verfahren fällt der Steuersatz auf die Abfindung niedriger aus, als wenn man die Summe in einem Jahr voll versteuern müsste. Beispiel: Ohne Fünftelregelung könnte eine große Abfindung Ihr zu versteuerndes Einkommen in den Spitzensteuersatz katapultieren; mit der Fünftelregelung wird der Steuersatz so berechnet, als käme jährlich nur ein Fünftel der Summe hinzu – das spart im Ergebnis oft mehrere tausend Euro. Wichtig zu wissen: Seit 2025 wird die Fünftelregelung nur noch im Rahmen der Steuererklärung gewährt, nicht mehr bereits beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber. Man muss also eine Einkommensteuererklärung abgeben, um in den Genuss der Vergünstigung zu kommen. Außerdem gilt die Regel nur bei echten Abfindungen wegen des Verlusts des Arbeitsplatzes, die in einer Summe ausgezahlt werden und zu einer Zusammenballung der Einkünfte in einem Jahr führen. Wird die Abfindung dagegen in Raten ausgezahlt oder handelt es sich um andere Zahlungen (z.B. Überstundenvergütungen), greift die Begünstigung nicht oder nur eingeschränkt. Achtung: Wenn mehr als 10 % der Abfindung in ein anderes Kalenderjahr verschoben werden, ist die Fünftelregelung grundsätzlich nicht anwendbar. Es ist also meist steuerlich günstiger, die gesamte Abfindung in einem Kalenderjahr zu erhalten, statt sie aufzuspalten – mit der Fünftelregelung bleibt die Steuerbelastung dann moderater.
Neben der Fünftelregelung gibt es weitere Stellschrauben zur Steueroptimierung: Eine Möglichkeit ist, einen Teil der Abfindung in eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) einzuzahlen. Unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt das Einkommensteuergesetz eine steuerfreie Umwandlung von Abfindungen in Altersvorsorgebeiträge (Stichwort Vervielfältigungsregel gemäß § 3 Nr. 28 EStG). Im Jahr 2025 können so z.B. bis zu 36.240 € steuerfrei in eine Direktversicherung oder Pensionskasse eingezahlt werden. Dieser Betrag bleibt dann brutto für netto in Ihrer Altersversorgung, während der Rest der Abfindung ggf. noch der Fünftelregelung unterfällt. Auch Timing kann Steuern sparen: Hat man z.B. absehbar im Abfindungsjahr noch hohe Einkünfte (Bonus, Urlaubsgeld etc.), könnte man versuchen, die Auszahlung der Abfindung ins folgende Kalenderjahr zu schieben – so verteilt sich die Steuerlast und evtl. nutzt man in einem Jahr einen niedrigeren Steuersatz. Allerdings muss man, wie erwähnt, aufpassen, dadurch nicht die Bedingungen der Fünftelregelung zu sprengen. Ideal ist es, wenn die Abfindung in einem Jahr fließt, in dem man möglichst wenig anderes Einkommen bezieht (etwa weil man ab Kündigung keine neue Stelle hat bis Jahresende).
Ein weiterer Aspekt: Kirchensteuer. Mitglieder kirchensteuerpflichtiger Religionsgemeinschaften zahlen auf die Einkommensteuer nochmals ca. 8–9 % Kirchensteuer – auch auf die Steuer, die durch die Abfindung entsteht. Wenn man ohnehin mit dem Gedanken spielt, aus der Kirche auszutreten, kann dies (rechtzeitig vor Auszahlung der Abfindung vorgenommen) die Steuerlast etwas senken. Dies ist natürlich eine persönliche Entscheidung, aber aus finanzieller Sicht sparen sich Ausgetretene diesen Zuschlag.
Schließlich lohnt es sich, Ausgaben und Abzüge im Abfindungsjahr auszuschöpfen. Hohe Werbungskosten (z.B. durch Bewerbungs- und Umzugskosten bei Jobwechsel) oder Sonderausgaben/Vorsorgeaufwendungen (z.B. Vorauszahlung von Krankenkassenbeiträgen, Spenden, Handwerkerleistungen) können das zu versteuernde Einkommen senken und damit auch die Steuer auf die Abfindung reduzieren. Hier empfiehlt es sich, einen Steuerberater hinzuzuziehen, um alle legalen Tricks auszunutzen. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht wird in Abfindungsverhandlungen ebenfalls auf steuerliche Aspekte achten – etwa darauf, dass bestimmte Zahlungen (z.B. Abgeltung von Urlaubstagen oder Prämien) korrekt als Teil der Abfindung deklariert oder getrennt ausgewiesen werden, um keine unfreiwilligen Steuerfallen auszulösen.
Mit Strategie und anwaltlicher Hilfe zur maximalen Abfindung
Jede Kündigungssituation ist einzigartig, aber eines zeigt sich immer wieder: Eine hohe Abfindung bekommt man selten ohne eigenes Zutun. Arbeitnehmer müssen aktiv werden, ihre Rechte kennen und – wenn nötig – Druck ausüben, um den Arbeitgeber an den Verhandlungstisch zu zwingen. Ein automatischer Abfindungsanspruch besteht in den seltensten Fällen; meist kommt die Abfindung nur zustande, weil der Arbeitgeber einen Prozess vermeiden will oder man ihm einen guten Grund liefert, freiwillig zu zahlen. Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man einen auf Kündigung und Abfindung spezialisierten Anwalt einschaltet. Fachanwalt Dr. Usebach kennt beispielsweise die üblichen Abfindungshöhen in verschiedenen Branchen, erkennt taktische Spielräume (etwa Fehler in der Kündigung) und kann die Verhandlungen professionell führen.
Für Arbeitnehmer gilt: Nicht entmutigen lassen! Auch wenn der Arbeitgeber zunächst kein oder nur ein geringes Abfindungsangebot macht, lohnt es sich, die Kündigung genau unter die Lupe zu nehmen und ggf. Kündigungsschutzklage zu erheben. Wer gut vorbereitet und selbstbewusst auftritt – und notfalls bereit ist, um seinen Arbeitsplatz zu kämpfen – der legt den Grundstein für eine höhere Abfindung. Lassen Sie sich nicht unter Zeitdruck setzen: Nach Erhalt einer Kündigung haben Sie drei Wochen Zeit für rechtliche Schritte – nutzen Sie diese Frist, um in Ruhe zu prüfen und zu verhandeln. Mit der richtigen Strategie, kühlem Kopf und kompetenter Unterstützung stehen die Chancen sehr gut, dass die bittere Kündigung zumindest durch eine spürbare Abfindungssumme versüßt wird.