Bewertung von Hochschullehrern durch Studierende: Evaluationssatzung der Hochschule Konstanz unwirksam

04. Februar 2020 -

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat mit Urteil vom 19.12.2019 zum Aktenzeichen 9 S 838/18 entschieden, dass die Evaluationssatzung der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung gegen höherrangiges Recht verstößt und unwirksam ist.

Aus der Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg Nr. 2/2020 vom 31.01.2020 ergibt sich:

Die Hochschule Konstanz (Antragsgegnerin) sieht in ihrer Satzung die Evaluation von Hochschullehrern durch Studierende durch die standardisierte Befragung nach einer Lehrveranstaltung online oder in Schriftform als hochschuleigenes Instrument des Qualitätsmanagements vor. Ein Hochschullehrer (Antragsteller) will seine Lehre nicht durch Studierende bewerten lassen und geht daher gegen die Streichung der entsprechenden Passage in der Satzung vor. Nach Ansicht des Dozenten greifen die Regelungen in seine Wissenschafts- und Lehrfreiheit ein. Diese sieht er im Grundgesetz garantiert. Für den Eingriff fehle es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage.

Der VGH Mannheim hat dem Normenkontrollantrag des Antragstellers stattgegeben.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes sieht die „Evaluationssatzung für den Handlungsbereich Lehre und Studium“ der Hochschule als hochschuleigenes Instrument des Qualitätsmanagements auch Lehrveranstaltungsevaluationen vor, die in der Form standardisierter Befragungen der Teilnehmer einer Lehrveranstaltung (online oder in Schriftform) erfolgten. Auch wenn die Lehrveranstaltungsevaluationen nicht mit verbindlichen Vor-gaben hinsichtlich Inhalt und Methode der angebotenen Lehrveranstaltungen verbunden seien, griffen sie nicht unerheblich in die durch Art. 20 Abs. 1 LV, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Lehrfreiheit des Hochschullehrers ein. Auch dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung werde durch die Satzung berührt. Allerdings genüge die gesetzliche Ermächtigung zum Erlass von Evaluationssatzungen in § 5 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 5 Abs. 1, Abs. 2 und 3 Satz 1 bis 3 des Landeshochschulgesetzes (LHG) den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage.

Demgegenüber seien einzelne auf die Evaluation von Lehrveranstaltungen bezogene Regelungen der Evaluationssatzung inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG müsse das in der Evaluationssatzung geregelte Verfahren zur Lehrveranstaltungsevaluation eine hinreichende Beteiligung der Hochschullehrerinnen und -lehrer am Evaluationsprozess sicherstellen und somit wissenschaftsadäquat ausgestaltet sein. Diesen Erfordernissen werde die Satzung nicht gerecht. Sie enthalte selbst bereits keine allgemeinen, fach- bzw. fakultätsübergreifenden Leitlinien bzw. Evaluationskriterien, obwohl diese von herausragender Bedeutung für die verfassungsrechtlich gebotene Wissenschaftsadäquanz des Evaluationsverfahrens seien. Hinzu trete, dass die Satzung keine klare Regelung treffe, welche Organe innerhalb der Hochschule auf Fakultätsebene letztlich für die Durchführung der Lehrveranstaltungsevaluation und damit insbesondere für die Festlegung der Evaluationskriterien zuständig sein sollten. Somit sei nach den Satzungsregelungen ein maßgeblicher Einfluss der Gruppe der Hochschullehrerinnen und -lehrer an der hochschulinternen Entscheidungsfindung im Bereich der Lehrevaluation nicht in ausreichendem Maße sichergestellt.

Die Regelungslücke betreffe mit den maßgeblichen Bewertungskriterien und den darauf bezogenen Zuständigkeitsfragen das Kernstück des Evaluationsverfahrens im Hinblick auf Lehrveranstaltungen. Da damit für die übrigen Regelungen der Evaluationssatzung kein sinnvoller Regelungsgehalt mehr verbleibe, sei auch von deren Unwirksamkeit auszugehen.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde zum BVerwG eingelegt werden.