Corona-Pandemie: Versammlungen können nicht grundsätzlich abgelehnt werden

17. April 2020 -

Der Bayerischer Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 09.04.2020 zum Aktenzeichen 20 CE 20.755, dass eine Versammlung nicht grundsätzlich während der Corona-Pandemie abgelehnt werden kann.

Der Antragsteller hat gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag vom 6. April 2020 auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Durchführung der in diesem Antrag näher bezeichneten Versammlung. Dieser Antrag ist als wesensgleiches Minus in dem mit der Beschwerde verfolgten Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung enthalten. Einen Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung hat er hingegen nicht.

§ 1 Abs. 1 und 3 BayIfSMV ist als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt ausgestaltet und soll dem grundgesetzlich besonders geschützten Grundrecht der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG Rechnung tragen, indem Ausnahmen vom infektionsschutzrechtlich bedingten generellen Versammlungsverbot zugelassen werden können, soweit dies im Einzelfall aus Gründen des Infektionsschutzes vertretbar erscheint.

Die Ausnahmegenehmigung steht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BayIfSMV im Ermessen der zuständigen Behörde. Umstände, welche auf eine Ermessensreduzierung auf Null hindeuten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr dürfte eine Ausnahmegenehmigung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BayIfSMV regelmäßig nur unter Auflagen erteilt werden können.

Jedoch hat das Verwaltungsgericht dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit in dem angefochtenen Beschluss nicht ausreichend Rechnung getragen, weil es zur Begründung der Versagung der Ausnahmegenehmigung nicht auf ein (infektionsschutzrechtlich bedenkliches) Verhalten der Versammlungsteilnehmer, sondern ausschließlich auf das Verhalten Dritter und auf infektionsschutzrechtliche Gefahren abstellt, die sich aus – während der Geltungsdauer der BayIfSMV – verbotenen Verhaltensweisen ergeben können (vgl. § 4 Abs. 2, 3 Nr. 7 BayIfSMV). Zugunsten des Antragstellers ist im Lichte des Art. 8 Abs. 1 GG maßgeblich zu berücksichtigen, dass er die erstrebte Versammlung mit der beabsichtigten Meinungsäußerung in sinnvoller Weise nur während der Geltungsdauer der BayIfSMV durchführen kann.

Die Antragsgegnerin wird zu prüfen haben, ob aus infektionsschutzrechtlichen Gründen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats die Erteilung des Genehmigungsbescheides unter Auflagen möglich ist. Dabei hat sie zu berücksichtigen, ob den dargestellten Infektionsgefahren beispielsweise durch Abstandsregelungen,

Umzäunung und Kenntlichmachung des Versammlungsgeländes und/oder die Begleitung durch Polizei begegnet werden kann.

Der Senat geht in dem hier vorliegenden Einzelfall aufgrund der Angaben des Antragstellers zur Teilnehmerzahl, zur Art und Weise (statische Versammlung – kein Umzug, Einhaltung der Hygienemaßgaben) sowie nach eigener Kenntnis der örtlichen Verhältnisse am Versammlungsort davon aus, dass es der Polizei möglich sein wird, im Rahmen einer mit entsprechenden Auflagen versehenen Genehmigung den Eintritt infektionsschutzrechtlicher Gefahren durch Menschenansammlungen zu unterbinden.