Coronavirus: Zwei-Personen-Demo zu Recht untersagt

05. April 2020 -

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat mit Beschluss vom 02.04.2020 zum Aktenzeichen 4 L 333/20.NW entschieden, dass auch eine öffentliche Versammlung mit nur zwei Teilnehmern im Hinblick auf den Schutz der Bevölkerung vor der Ausbreitung des Coronavirus untersagt werden kann.

Aus der Pressemitteilung des VG Neustadt Nr. 3/2020 vom 03.04.2020 ergibt sich:

Am 30.03.2020 meldete der Antragsteller beim Landkreis Germersheim für den 04.04.2020 eine Versammlung unter freiem Himmel in Kandel mit dem Thema „Migrationspolitik, neue Weltordnung, Corona“ an. Die Versammlung sollte um 14 Uhr mit einer Auftaktkundgebung in der Nähe eines Supermarktes in Kandel beginnen und ausschließlich auf den Gehwegen durch mehrere innerörtliche Straßen wieder zurück zum Ausgangsplatz führen. In der Anmeldung hieß es, die Versammlung solle mit einem Megaphon, einem kleinen Bollerwagen mit mobiler Beschallungsanlage und zwei Schildern durchgeführt werden. Es würden nur zwei Personen inklusive des Versammlungsleiters an der Kundgebung teilnehmen. Eine Gegenveranstaltung sei nicht zu erwarten, da die Versammlung nicht beworben werde. Mit Bescheid vom 01.04.2020 untersagte der Landkreis Germersheim die geplante Demonstration unter Hinweis darauf, der Antragsteller könne weder sicherstellen noch verhindern, dass sich weitere Personen spontan der Zwei-Personen-Versammlung anschließen würden. Auch sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in kürzester Zeit ein spontaner Gegenprotest zu erwarten. Es würde dadurch zu durch die 3. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 23.03.2020 (3. CoBeLVO) untersagten Menschenansammlungen kommen.
Der Antragsteller hat dagegen Widerspruch eingelegt und zugleich um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung hat er geltend gemacht, das Verbot der öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel, zumal explizit auf zwei Personen begrenzt, sei rechtswidrig und verletze ihn in seinem Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Es sei nicht ersichtlich, woraus sich eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die Versammlung mit lediglich zwei Personen ergebe. Selbst wenn sich Dritte der Versammlung anschließen würden und dabei den geforderten Sicherheitsabstand von 1,5 Metern einhielten, wäre dies zulässig. Er wolle mit der angemeldeten Versammlung auch das aus seiner Sicht überzogene und rechtswidrige Vorgehen der verantwortlichen Regierung und Behörden in Bezug auf die aktuelle Corona-Problematik thematisieren. Der Landkreis Germersheim habe es des Weiteren versäumt, z.B. per Auflage zusätzlich das Tragen von Schutzmasken anzuordnen, um das Infektionsrisiko bei Durchführung der Versammlung auszuschließen.

Das VG Neustadt hat den Eilantrag des Antragstellers abgelehnt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Untersagung der Versammlung rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 3 der 3. CoBeLVO seien Veranstaltungen jeglicher Art untersagt. Bei der von dem Antragsteller geplanten Versammlung handele es sich um eine solche Veranstaltung. Das Infektionsschutzgesetz, auf dessen Grundlage die 3. CoBeLVO erlassen worden sei, ermächtige den Landesgesetzgeber dazu, u.a. das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) insoweit einzuschränken.

Der Antragsteller könne sich nicht darauf berufen, es gäbe nur zwei Versammlungsteilnehmer, zwei Personen dürften sich nach der 3. CoBeLVO aber im öffentlichen Raum zusammen bewegen. Da es sich bei der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung um eine öffentliche Versammlung handele, an dem sich jeder an der Teilnahme Interessierte der Versammlung unter freiem Himmel anschließen könne, sei nicht gewährleistet, dass es nicht zu durch die 3. CoBeLVO untersagten Menschenansammlungen kommen werde. Der Antragsgegner weise zu Recht darauf hin, dass aufgrund der in der Südpfalz außergewöhnlichen Situation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in kürzester Zeit mit einem spontanen Gegenprotest zu rechnen sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die gewählte Aufzugsstrecke durch Wohngebiete in Kandel und die Benutzung eines Megafons, eines Bollerwagens mit mobiler Beschallungsanlage auch ohne vorherige Bewerbung innerhalb kürzester Zeit Aufmerksamkeit erlangen werde. Eine mögliche Menschenansammlung, bei der auch mit Verstößen gegen das Gebot des § 4 Abs. 2 Satz 2 der 3. CoBeLVO, wonach in der Öffentlichkeit, wo immer möglich, ein Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen einzuhalten sei, zu rechnen sei, könne nicht hingenommen werden.

Soweit der Antragsteller schließlich rüge, die Untersagung der Versammlung sei unverhältnismäßig, da es der Antragsgegner versäumt habe, z.B. per Auflage zusätzlich das Tragen von Schutzmasken anzuordnen, um das Infektionsrisiko bei der Versammlung auszuschließen, könne dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Zwar schreibe beispielsweise die Stadt Jena inzwischen einen „Mund-Nasen-Schutz“ für den Aufenthalt in bestimmten öffentlichen Bereichen vor. Mit diesen Maßnahmen sei jedoch keinesfalls ein Infektionsausschluss zu erreichen. Denn es sei derzeit nicht möglich, überaus knappe Schutzmasken einer zertifizierten Schutzkategorie zur faktisch erfüllbaren Auflage zu machen.

Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum OVG Koblenz zulässig.