Viele Arbeitgeber zahlen ihren Mitarbeitern an Weihnachten ein Weihnachtsgeld oder andere Gratifikationen – tatsächliche Geschenke sind eher die Ausnahme. Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber aber erlaubt, seinen Angestellten Präsente zu machen. Entscheidet sich der Chef also doch dazu, Mitarbeitern etwas zu schenken, darf er selbst bestimmen, wer ein Geschenk erhält. Arbeitnehmer haben keinen rechtlichen Anspruch, gleichbehandelt zu werden, was solche freiwilligen Geschenke angeht. Im Folgenden erläutern wir, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer dabei beachten sollten, gestützt auf aktuelle Rechtsprechung und Gesetzesgrundlagen.
Freiwillige Zuwendungen – kein einklagbarer Anspruch
Geschenke des Arbeitgebers sind freiwillige Zusatzleistungen. Ob und wem der Chef ein Präsent zukommen lässt, steht in seinem Ermessen. Mitarbeiter können nicht verlangen, dass alle Beschäftigten gleichermaßen beschenkt werden. Es existiert kein Anspruch auf Gleichbehandlung in Bezug auf solche freiwilligen Aufmerksamkeiten des Arbeitgebers. Selbst wenn einige Kollegen etwas erhalten und andere leer ausgehen, lässt sich daraus allein kein einklagbarer Anspruch der leer ausgegangenen Mitarbeiter herleiten.
Praktisch bedeutet das: Ein Arbeitgeber darf z.B. einer bestimmten Abteilung als Dank für ein erfolgreiches Projekt ein Geschenk machen, ohne verpflichtet zu sein, allen anderen Mitarbeitern ebenfalls etwas zu geben. Eine rechtliche Pflicht zur Gleichbehandlung besteht insoweit nicht, solange der Arbeitgeber mit sachlichem Grund differenziert. Wichtig ist jedoch, dass keine unzulässige Diskriminierung vorliegt. Arbeitgeber dürfen also nicht willkürlich bestimmte Personen oder Gruppen aufgrund von etwa Geschlecht, Alter, Religion, Herkunft oder Behinderung von Geschenken ausschließen – das verbietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Eine benachteiligende Auswahl (z.B. Geschenke nur an Männer, nicht an Frauen) wäre unzulässig. Rein leistungsbezogene oder situative Kriterien hingegen (wie beispielsweise Teilnahme an einer Veranstaltung, besonderes Engagement oder Projektbeteiligung) sind als Differenzierungsgrund in der Regel erlaubt.
Gleichbehandlungsgrundsatz: Was sagt die Rechtsprechung?
Im Arbeitsrecht gilt zwar ein allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz, wonach Arbeitgeber vergleichbare Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund nicht ungleich behandeln dürfen. Doch bei freiwilligen Sondergaben wie Geschenken kann eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein, wenn sie auf einem sachlichen Grund beruht. Ein praxisnahes Beispiel liefert eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln:
Ein Unternehmer hatte auf der Weihnachtsfeier 2012 allen anwesenden Mitarbeitern als Überraschung ein iPad mini (Wert ca. 400 €) geschenkt, um die Beteiligung an Betriebsfeiern zu fördern. Nicht eingeladen oder nicht erschienene Mitarbeiter gingen leer aus. Ein Angestellter, der krankheitsbedingt nicht an der Feier teilnehmen konnte, fühlte sich benachteiligt und klagte – er berief sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz und argumentierte, das hochwertige iPad sei Arbeitsentgelt, das ihm auch im Krankheitsfall zustehe.
Das Arbeitsgericht Köln wies die Klage jedoch ab. Die Richter stellten klar, dass es sich bei dem iPad-Geschenk um eine Sonderzuwendung eigener Art handelt – kein Arbeitslohn, sondern eine Belohnung für freiwilliges Engagement außerhalb der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber verfolgte mit der Geschenkaktion das legitime Ziel, die Weihnachtsfeier attraktiver zu machen und die Mitarbeiter zur Teilnahme zu motivieren. Daher durfte er die anwesenden Mitarbeiter anders behandeln als die ferngebliebenen. Ein Arbeitnehmer, der nicht an der Feier teilnimmt, hat folglich keinen Anspruch darauf, das Geschenk dennoch zu erhalten. Diese Ungleichbehandlung ist rechtmäßig, weil ein sachlicher Grund vorliegt – nämlich die Honorierung der Teilnahme an einer freiwilligen Betriebsveranstaltung. Die Zuwendung war freiwillig und wurde nicht im Voraus versprochen, weshalb kein arbeitsvertraglicher Entgeltanspruch bestand. (Urteil des ArbG Köln vom 9.10.2013, Az. 3 Ca 1819/13)
Fazit aus der Rechtsprechung: Der Chef muss nicht jedem Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeschenk machen. Solange klare, sachliche Kriterien bestehen – wie hier die Teilnahme an der Feier – wird der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Arbeitnehmer, die kein Geschenk erhalten haben, können dies im Regelfall nicht gerichtlich einfordern, sofern keine Diskriminierung im Spiel ist.
Steuerliche Grenzen für Mitarbeitergeschenke
Nicht nur das Arbeitsrecht, auch das Steuerrecht setzt Rahmenbedingungen, wenn Arbeitgeber Geschenke machen. Zuwendungen an Arbeitnehmer können nämlich als Arbeitslohn gelten und steuer- bzw. sozialversicherungspflichtig sein. Es gibt jedoch Freibeträge und Freigrenzen, die Arbeitgeber kennen sollten:
- 110-€-Freibetrag pro Betriebsfeier: Bis zu 110 Euro pro Mitarbeiter und Veranstaltung bleiben Aufwendungen im Zusammenhang mit Betriebsfeiern (inklusive Essen, Getränke und Geschenke) lohnsteuerfrei. Überschreiten die Kosten pro Kopf diese Grenze, wird der Betrag, der über 110 € liegt, als steuerpflichtiger Sachlohn (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG)
- 50-€-Sachbezugsfreigrenze pro Monat: Zusätzlich darf der Arbeitgeber jedem Beschäftigten Sachleistungen (z.B. Gutscheine oder Gutscheinkarten) bis zu 50 Euro monatlich steuer- und abgabenfrei zukommen lassen. Diese Freigrenze (seit 2022, zuvor 44 €) kann genutzt werden, um etwa ein zusätzliches Weihnachtspräsent in Form eines Einkaufsgutscheins zu geben – sofern der Wert unter 50 € bleibt. Wichtig: Der Gutschein darf nicht einfach Bargeld ersetzen, sondern muss zum Bezug von Waren/Dienstleistungen berechtigen (z.B. Tankgutscheine, Einkaufsgutscheine).
- 60-€-Freigrenze für persönliche Anlässe: Schenkt der Arbeitgeber etwas zu einem besonderen Anlass des Mitarbeiters – etwa Dienstjubiläum, Geburtstag oder Hochzeit – sind bis 60 € Wert pro Ereignis lohnsteuer- und sozialabgabenfrei. Diese Aufwendungen kann der Arbeitgeber als Betriebsausgabe absetzen, ohne dass dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil angerechnet wird.
Beispiel: Gibt der Arbeitgeber auf der Weihnachtsfeier pro Teilnehmer 100 € für Bewirtung aus und obendrein ein Geschenk im Wert von 80 €, so läge der Pro-Kopf-Aufwand bei 180 €. Davon blieben 110 € steuerfrei; die überschießenden 70 € wären als Arbeitslohn zu versteuern (können aber pauschal mit 25% vom Arbeitgeber versteuert werden). Kleinere Präsente hingegen – etwa ein Gutschein über 30 € – lassen sich oft über die 50-€-Freigrenze im Dezember steuerfrei abwickeln.
Tipp: Arbeitgeber sollten die genannten Betragsgrenzen im Blick behalten, damit aus der großzügigen Geste kein steuerliches Problem wird. Bei Unsicherheiten zu steuerlichen Details hilft ein steuerrechtlicher Berater weiter.
Vorsicht bei regelmäßigen Geschenken: Betriebliche Übung
Was einmal als nette Geste gedacht war, kann bei jährlicher Wiederholung unerwartete Verpflichtungen nach sich ziehen. In der Praxis ist zu beachten, dass aus wiederholten freiwilligen Leistungen eine betriebliche Übung entstehen kann. Darunter versteht man, dass eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers – wenn sie mehrmals hintereinander vorbehaltlos gewährt wird – vom Arbeitnehmer als vertraglich zugesicherte Zukunftsleistung angesehen werden darf. Dreimal in Folge ohne Vorbehalt gewährt, und es ist soweit: die freiwillige Weihnachtsgabe wird faktisch zum Rechtsanspruch.
Ein anschauliches Beispiel: Eine Firma schenkte ihren Mitarbeitern jahrelang jeweils zu Weihnachten eine Gans. Als die Belegschaft wuchs, wollte der Arbeitgeber diese Tradition beenden – und stand vor Problemen. Zum einen hatte sich die Weihnachtsgans „seit jeher“ eingebürgert (klassische betriebliche Übung), zum anderen mischte nun auch der neue Betriebsrat mit. Ein einseitiges Abschaffen der Leistung war so einfach nicht möglich.
Vermeidbar ist dies durch vorausschauende Gestaltung: Arbeitgeber sollten bei freiwilligen Sonderleistungen klarstellen, dass es sich um eine einmalige oder freibleibende Leistung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht handelt. Ein schriftlicher Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen (z.B. in der Gehaltsmitteilung beim Weihnachtsgeld) kann verhindern, dass ein Dauerschuldverhältnis entsteht. Bei Sachgeschenken oder Feiern ist dies tricky, aber auch hier kann in der Ankündigung oder Dankesmail betont werden, dass es sich um eine freiwillige Ausnahme handelt. So signalisiert der Arbeitgeber, dass kein Automatismus für die Zukunft begründet werden soll.
Zudem ist es ratsam, Abwechslung in freiwillige Zuwendungen zu bringen: etwa mal ein gemeinsames Event, mal ein Gutschein – Hauptsache, nicht stur jedes Jahr dasselbe Geschenk in gleicher Weise. So lässt sich der Eindruck vermeiden, es handele sich um eine gesicherte Dauerleistung. Falls bereits eine betriebliche Übung entstanden ist, kann unter Umständen per Betriebsvereinbarung (mit Zustimmung des Betriebsrats) eine Änderung oder Ablösung vereinbart werden, um die Leistung zukünftig anders zu gestalten.
Geschenke mit Bedacht verteilen
Arbeitgeber dürfen ihren Mitarbeitern grundsätzlich Geschenke machen – ob zu Weihnachten oder aus anderem Anlass – und haben bei freiwilligen Zuwendungen einen weiten Spielraum. Dabei muss der Chef nicht alle Beschäftigten gleich beschenken, solange ein sachlicher Grund für eine Differenzierung besteht und keine Diskriminierung erfolgt. Arbeitnehmer haben keinen Rechtsanspruch auf ein Geschenk oder auf Gleichbehandlung in diesem Kontext. Wer also keine Einladung zur Bescherung erhält oder einer freiwilligen Feier fernbleibt, kann später in der Regel kein Präsent einklagen.
Allerdings sollten Arbeitgeber bei der Geschenkvergabe fair und transparent vorgehen, um das Betriebsklima nicht zu belasten. Klare Kriterien (etwa Leistungsanlass oder Teilnahmebereitschaft) helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Die Kanzlei Dr. Usebach – Fachanwalt für Arbeitsrecht – unterstützt Arbeitgeber bei der rechtssicheren Gestaltung von freiwilligen Leistungen und berät Arbeitnehmer, die sich ungerecht behandelt fühlen. So steht einem freudigen Schenken im Unternehmen nichts im Wege, und beide Seiten wissen, woran sie sind.