Darf man sich „Anwalt“ nennen, ohne zugelassen zu sein? – Der Fall Holm Putzke

29. Oktober 2025 -

Ausgangslage: Professor, aber kein Rechtsanwalt

Der Passauer Jura-Professor Holm Putzke ist bekannt als Strafrechtswissenschaftler und Strafverteidiger. Er besitzt jedoch keine Zulassung als Rechtsanwalt – als verbeamteter Hochschullehrer darf er nicht gleichzeitig Anwalt sein (Beamte können nicht als Rechtsanwälte zugelassen sein). Dennoch verteidigt Putzke Mandanten in Strafsachen auf Grundlage einer gesetzlichen Ausnahme: § 138 StPO erlaubt bestimmten Personen (etwa Hochschullehrern), Angeklagte auch ohne Anwaltszulassung vor Gericht zu verteidigen. Auf seiner Website bezeichnet Putzke sich folglich nicht als Rechtsanwalt, sondern als Strafverteidiger und bietet dort strafrechtliche Verteidigung an. Diese Tätigkeit ist gesetzlich gedeckt, da Professoren in Strafprozessen als Verteidiger auftreten dürfen, ohne Anwalt zu sein. So weit, so gut – doch unlängst geriet Putzke in die Schlagzeilen, weil er sich angeblich als „Anwalt“ ausgegeben haben soll.

Beschwerde der Anwaltskammer: „Anwaltskanzlei“ im Google-Profil

Die Rechtsanwaltskammer München (RAK) hat Putzke kürzlich einen Brief geschickt und um eine Stellungnahme gebeten. Anlass war ein Eintrag bei Google, in dem Putzkes Tätigkeit mit „Anwaltskanzlei in Passau“ beschrieben wurde. Konkret wurde der Kammer „von dritter Seite“ zugetragen, dass bei einer Google-Suche Putzkes Name in Verbindung mit der Beschreibung „Anwaltskanzlei in Passau“ auftaucht. Aus Sicht der Kammer ist dies irreführend, weil dadurch der Eindruck entstehen könne, Putzke sei als Rechtsanwalt zugelassen.

In dem Schreiben weist die RAK darauf hin, dass auch Presseberichte Putzke teilweise als „Anwalt“ bezeichnen würden, was den falschen Eindruck zusätzlich verstärke. Die Kammer forderte Putzke daher auf, aktiv darauf hinzuwirken, dass die Bezeichnungen „Anwaltskanzlei“, „Rechtsanwalt“ oder „Anwalt“ im Zusammenhang mit seiner Person entfernt werden. Putzke solle binnen vier Wochen schriftlich bestätigen, dass er entsprechende Schritte unternommen habe.

Wichtig zu verstehen: Bei der beanstandeten Google-Darstellung handelt es sich offenbar um ein Google-Unternehmensprofil (Google My Business Eintrag). Solche Profile können automatisch generiert oder von Dritten erstellt worden sein. In diesem Fall erscheint rechts neben den Suchergebnissen eine Info-Box mit Adresse, Website, Bewertungen usw. – hier eben mit der Kategorie „Anwaltskanzlei“. Putzke selbst hat dieses Profil nach eigener Aussage nicht angelegt. Dennoch hätte er die Möglichkeit, die Inhaberschaft zu übernehmen und die irreführende Bezeichnung zu ändern oder zu löschen.

Putzkes Antwort auf den „lustigen“ Brief

Anstatt stillschweigend den Forderungen der Kammer nachzukommen, reagierte Putzke öffentlich – und zwar mit einem gewissen Humor. Er veröffentlichte das Anschreiben der RAK und seine Antwort darauf im sozialen Netzwerk LinkedIn. Dort bezeichnete er das Schreiben augenzwinkernd als „lustigen Brief“. In seinem Post stritt Putzke ab, für die Bezeichnung als Anwalt verantwortlich zu sein, und machte deutlich, dass er solche Fremdzuschreibungen nicht sonderlich ernst nehme. Wörtlich schrieb er: „Würde mich jemand als ‚Heiliger Vater‘ oder ‚Kaiser von China‘ bezeichnen, wäre es mir die Mühe nicht wert, mich dagegen zu wehren, selbst wenn der Vatikan mich nach Canossa beordern oder der chinesische Volkskongress die Terrakotta-Armee in Bewegung setzen würde.“ Mit dieser pointierten Aussage wollte Putzke verdeutlichen, dass man juristisch nicht für Bezeichnungen haftet, die Dritte einem geben. Anders gesagt: Wenn andere – ob Journalisten, Google oder sonstige Dritte – ihn fälschlicherweise „Anwalt“ nennen, sehe er sich nicht in der Pflicht, jedes Mal einzuschreiten.

Diese öffentliche Replik machte in juristischen Kreisen schnell die Runde. Sie wirft die spannende Frage auf, inwieweit man tatsächlich Verantwortung für solche externen Darstellungen trägt. Putzke stellt sich auf den Standpunkt, dass er nichts Unrechtes getan habe und der Ball nicht in seinem Feld liege. Doch wie ist die Rechtslage in solchen Fällen wirklich?

Geschützte Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“

Zunächst ist festzuhalten, dass „Rechtsanwalt“ (bzw. „Anwalt“) eine geschützte Berufsbezeichnung in Deutschland ist. Das unbefugte Führen dieser Berufsbezeichnung ist gesetzlich verboten und kann sogar strafbar sein. § 132a des Strafgesetzbuches stellt den Missbrauch von Titeln und Berufsbezeichnungen unter Strafe. In Absatz 1 Nr. 2 dieser Norm wird ausdrücklich die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt genannt. Wer sich also ohne Zulassung als „Rechtsanwalt“ ausgibt, macht sich im Grundsatz strafbar. Hintergrund ist, dass die Allgemeinheit davor geschützt werden soll, Personen fälschlich Autorität und Vertrauen eines zugelassenen Rechtsanwalts entgegenzubringen.

Allerdings setzt der Straftatbestand voraus, dass jemand den Titel „für sich in Anspruch nimmt“, also aktiv und bewusst den Anschein erweckt, er sei Rechtsanwalt. Es muss eine Täuschungsgefahr für die Allgemeinheit bestehen. Im Fall Putzke liegt die Situation etwas anders: Er selbst hat sich nie als Rechtsanwalt bezeichnet, jedenfalls nicht ausdrücklich auf seinen eigenen Kanälen. Die kritisierte Bezeichnung „Anwaltskanzlei“ erschien im Google-Profil, vermutlich ohne sein Zutun. Ebenso gehen die gelegentlichen Presseberichte, die ihn als Anwalt titulieren, nicht auf Putzke selbst zurück. Strafrechtlich dürfte ihm daher kein Vorwurf zu machen sein, da es an einem vorsätzlichen „Führen“ der Berufsbezeichnung durch ihn fehlt – er hat sie sich nicht aktiv angemaßt.

Neben dem Strafrecht gibt es noch das Berufsrecht und Wettbewerbsrecht, die hier relevant sein können. Berufsrechtlich kann die Anwaltskammer gegenüber einem Nicht-Anwalt wie Putzke allerdings kaum durchgreifen – er unterliegt mangels Zulassung nicht den standesrechtlichen Regeln der Anwälte. Wettbewerbsrechtlich (UWG) könnte die irreführende Werbung ein Thema sein, wenn durch die falsche Berufsbezeichnung ein Wettbewerbsvorteil erlangt wird oder Verbraucher getäuscht werden. Putzke bietet strafrechtliche Beratung an und steht damit faktisch in einem Wettbewerbsverhältnis zu zugelassenen Anwälten im Strafrecht. Eine irreführende Angabe über seine Qualifikation (z.B. „Anwaltskanzlei“) könnte als unlauterer Wettbewerb angesehen werden, sofern sie geeignet ist, Mandanten zu beeinflussen.

Verantwortung für fremde Einträge: Muss man Irrtümer korrigieren?

Putzkes Kernargument lautet, er sei nicht verantwortlich für die fragliche Google-Anzeige oder für falsche Bezeichnungen durch Dritte. Grundsätzlich erscheint das einleuchtend: Niemand kann erwarten, dass man jede einzelne falsche Erwähnung in Medien oder Internet ständig korrigiert. Tatsächlich ist es juristisch anerkannt, dass man nicht jedes Presseorgan anschreiben muss, wenn irgendwo eine falsche Berufsbezeichnung auftaucht. Gerade in Putzkes Fall – er ist Professor, kein Anwalt – liegt auf der Hand, dass er nicht ständig Journalistinnen oder Blogger berichtigen muss, die ihn versehentlich „Anwalt“ nennen.

Anders kann es jedoch aussehen, wenn es um (Werbe-)Einträge im geschäftlichen Kontext geht, die den Anschein erwecken, vom Betroffenen selbst zu stammen. Ein Google-Unternehmensprofil ist zwar fremderstellt oder automatisiert, aber Putzke könnte es mit wenig Aufwand selbst ändern, indem er die Inhaberschaft übernimmt. Hier stellt sich die Frage, ob er eine Pflicht zur Korrektur hat, nachdem er darauf aufmerksam gemacht wurde.

Der Experte Markus Hartung (Mitglied im Berufsrechtsausschuss des DAV) erläutert bei beck-aktuell dazu: Für zugelassene Anwälte gelten strengere Regeln. Wenn Dritte für sie werben oder sie falsch bezeichnen, können Anwälte sich nicht einfach ahnungslos stellen – ein Achselzucken wäre riskant, da die Berufsordnung von Anwälten verlangt, irreführende Werbung zu unterbinden. Im Klartext: Ein richtiger Rechtsanwalt dürfte eine fälschlich von Dritten betriebene Werbung, die ihn als etwas ausgibt was er nicht ist, nicht einfach dulden.

Holm Putzke jedoch ist kein Anwalt und unterliegt somit nicht direkt dem strengen Berufsrecht der Rechtsanwälte, sondern „nur den Regeln des UWG – und ggf. des Beamtenrechts“ (so Hartung). Aus Sicht des Wettbewerbsrechts wird die Verantwortlichkeit für Werbung durch Dritte in der Regel eng begrenzt: Laut Kommentarliteratur ist ein Wettbewerber grundsätzlich nur dann für irreguläre Werbung Dritter verantwortlich, wenn er sie selbst veranlasst oder gefördert hat. Bloßes Dulden reicht nur ausnahmsweise: Eine Zurechnung wegen Nichtstuns käme nur in Betracht, wenn der Begünstigte rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit zur Unterbindung hätte und außerdem dazu verpflichtet wäre.

Übertragen auf den Fall bedeutet das: Hat Putzke die irreführende Google-Anzeige weder in Auftrag gegeben noch befördert, müsste er sich diese eigentlich nicht zurechnen lassen. Allerdings könnte man argumentieren, dass er spätestens nach dem Hinweis der RAK sowohl die Möglichkeit als auch eine gewisse Pflicht hat, den Missstand abzustellen. Mit einem Klick könnte er die falsche Kategorie „Anwaltskanzlei“ aus seinem Google-Profil entfernen. Jetzt, da er davon weiß, könnte fortgesetztes Untätigbleiben eventuell als „billigendes Inkaufnehmen“ einer Wettbewerbsverzerrung gewertet werden. Diese Frage ist juristisch nicht abschließend geklärt und bewegt sich in einem Graubereich: Einerseits ist Putzke ein Nicht-Anwalt, der nicht denselben strengen Werberegeln unterliegt; andererseits tritt er am Markt mit Dienstleistungen auf, die sonst Anwälten vorbehalten sind, und sollte daher Transparenz über seinen Status wahren.

In jedem Fall hat die Anwaltskammer mit ihrem Schreiben erreicht, dass die Thematik ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist. Putzke selbst hat mit seiner LinkedIn-Reaktion deutlich gemacht, dass er die Aufregung für überzogen hält. Ob er dennoch im Hintergrund die beanstandeten Begriffe entfernen lässt, bleibt abzuwarten.

Professor als Strafverteidiger: Was ist erlaubt?

Ein zentraler Aspekt in diesem Fall ist auch die Frage, was Putzke als Professor überhaupt anbieten darf. Wie oben erwähnt, darf er nach § 138 StPO im Strafprozess als Verteidiger auftreten – daher die Bezeichnung „Strafverteidiger“ auf seiner Website. Die Rechtsanwaltskammer monierte jedoch, dass Putzke online noch mehr anbietet, nämlich „vorbeugende strafrechtliche Beratung“, also Beratung, bevor es ein Strafverfahren gibt. Aus Sicht der Kammer fällt eine solche präventive Beratung nicht mehr unter die Privilegien des § 138 StPO. Jene Vorschrift erlaubt Hochschullehrern zwar die Verteidigung in einem konkreten Strafverfahren, setzt aber nach Auffassung der RAK eine Beschuldigtenstellung voraus – sprich, es muss bereits ein Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen jemanden anhängig sein. Bloße allgemeine Beratung im Vorfeld (etwa um ein Strafverfahren zu vermeiden) sei davon nicht erfasst, so die Kritik. Außerdem betont die Kammer, dass Juraprofessoren im Strafprozess nicht völlig gleichgestellt sind mit vollwertigen Anwälten, sondern nur eingeschränkte Befugnisse haben (z.B. dürfen sie keine Pflichtverteidigungen übernehmen).

Putzke hielt dem in seinem LinkedIn-Beitrag entgegen, dass eine Beschuldigtenstellung nicht zwingend erforderlich sei. Er verwies auf § 138 Abs. 3 StPO, wonach Hochschullehrer auch andere Verfahrensbeteiligte – etwa Zeugen oder Geschädigte – im Strafprozess vertreten dürfen. Damit wollte er andeuten, dass seine Befugnis nicht nur auf Beschuldigte beschränkt ist. Allerdings beantwortet das nicht die Kernfrage, ob auch eine völlig vorbeugende Beratung ohne jedes laufende Verfahren von seiner Befugnis gedeckt ist. Denn auch die Vertretung von Zeugen oder Geschädigten setzt letztlich ein bestehendes Verfahren (mindestens ein Ermittlungsverfahren) voraus – ein rein präventives Beratungsgespräch vor dem ersten Anzeichen eines Strafverfahrens fällt streng genommen nicht darunter.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick in die Gesetzesmaterialien: Der Gesetzgeber ging offenbar davon aus, dass solche Hochschullehrer auch die Vorfeld-Beratung übernehmen dürfen, solange sie im Zusammenhang mit ihrer möglichen Verteidigerrolle steht. Im Regierungsentwurf zur Neuordnung des Rechtsberatungsrechts (2006) heißt es ausdrücklich, ein nach Prozessordnung befugter Hochschullehrer dürfe „aufgrund dieser ihm gesetzlich zugewiesenen Befugnis auch außergerichtlich alle Rechtsdienstleistungen erbringen, die im Zusammenhang mit der gerichtlichen Vertretung stehen oder ihrer Vorbereitung dienen.“. Dazu zählt der Entwurf, dass ein solcher Hochschullehrer „weil dies zu seinem gesetzlich umschriebenen Tätigkeitsbild gehört, auch zur vorgerichtlichen Beratung und Vertretung befugt“ ist. Diese Passage stützt Putzkes Position, dass präventive Beratung im strafrechtlichen Bereich für ihn zulässig sein dürfte – jedenfalls soweit sie im Zusammenhang mit einer potenziellen Verteidigung steht. Mit anderen Worten: Wenn ein Mandant sich mit strafrechtlichen Fragen an Professor Putzke wendet, bevor es zum Prozess kommt, darf er ihn beraten, sofern dies der Vorbereitung auf eine mögliche Verteidigung dient.

Trotzdem bleibt ein Restrisiko: Sollte Putzke Dienstleistungen anbieten, die über dieses enge Feld hinausgehen, könnte man ihm einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) vorhalten (das regelt die Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen durch Nicht-Anwälte). Bisher deutet nichts darauf hin, dass er das tut – sein Schwerpunkt liegt erkennbar auf Strafverteidigung und strafrechtlicher Beratung im Kontext von Strafverfahren. Doch die RAK München beobachtet solche Angebote offenbar sehr genau und hat in ihrem Schreiben schon die Grenzen aufgezeigt.

Ironie des Schicksals: Vom Kritiker zum Adressaten

Ein pikantes Detail am Rande: Holm Putzke war vor wenigen Wochen selbst als strenger Mahner in Erscheinung getreten, als es um die unberechtigte Führung eines Titels ging. Anfang Oktober hatte er öffentlich einen Strafverteidiger, RA Ingo Bott, dafür kritisiert, sich unzulässigerweise „Prof. Dr. Dr.“ zu nennen. Bott hatte auf seiner Kanzlei-Website einen Professorentitel und zwei Doktortitel geführt, die ihm allerdings nur ehrenhalber von ausländischen Universitäten verliehen worden waren. Putzke erklärte in der Bild-Zeitung dazu, es sei „eindeutig unzulässig“, dass Bott sich so tituliert. Tatsächlich schaltete sich daraufhin die Staatsanwaltschaft Hamburg ein und eröffnete ein Ermittlungsverfahren wegen Titelmissbrauchs (§ 132a StGB) gegen Bott. Dieser sah sich letztlich gezwungen, den fraglichen Professorentitel nicht länger zu führen – auf LinkedIn schrieb Bott, die Strafanzeige gegen ihn sei eine „denklogische Fortsetzung“ von Putzkes Vorgehen in sozialen Netzwerken.

Nun hat es also Holm Putzke selbst „erwischt“, wenn auch in etwas anderer Konstellation. Während er bei Bott die unberechtigte Führung eines akademischen Titels kritisierte, geht es bei ihm um die möglicherweise unzulässige Führung einer Berufsbezeichnung. Die Situation ist insoweit vergleichbar, als in beiden Fällen § 132a StGB am Horizont auftaucht (einmal wegen „Professor“, einmal wegen „Rechtsanwalt“). Bott hat inzwischen klein beigegeben – er führt den Professorentitel nicht mehr. Ob Professor Putzke in seinem Google-Profil bald ebenfalls Konsequenzen zieht und dort keine „Anwaltskanzlei“ mehr betreibt, bleibt abzuwarten. Die RAK München hat ihren Standpunkt jedenfalls klargemacht.

Der Fall Holm Putzke verdeutlicht, wie sensibel Berufsbezeichnungen in juristischen Berufen geregelt sind. Die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ darf nur von echten Anwälten geführt werden – zum Schutz der Rechtsuchenden und zur Wahrung des Standesrechts. Wer ohne Zulassung mit diesem Titel wirbt, riskiert nicht nur berufsrechtliche Schritte, sondern unter Umständen sogar eine Strafverfolgung.

Allerdings zeigt der Fall auch die Grauzonen auf: Was passiert, wenn jemand dritterhand als Anwalt bezeichnet wird? Hier gilt grundsätzlich: Keine Haftung ohne eigenes Zutun. Ein Jurist muss nicht jeden Zeitungsartikel korrigieren, der ihn falsch betitelt. Doch wenn ein falscher Eindruck im geschäftlichen Kontext entsteht und man ihn mit geringem Aufwand beheben kann, sollte man das ernst nehmen – insbesondere nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Anwaltskammer. Putzke hat mit seiner Reaktion zwar demonstrativ gelassen reagiert, dennoch wird er sich der Problematik bewusst sein. Im Sinne der Aufklärung der Rechtslage hat sein LinkedIn-Post immerhin Aufmerksamkeit erzeugt: Viele haben durch die Diskussion gelernt, dass ein Professor zwar Verteidiger sein darf, aber eben kein „Rechtsanwalt“ ist.

Für die Praxis lässt sich raten: Vorsicht mit Berufsbezeichnungen! Wer juristische Dienstleistungen anbietet, ohne Anwalt zu sein, sollte peinlich genau darauf achten, keine falschen Titel oder Kanzleibezeichnungen zu verwenden. Und falls Dritte solche Bezeichnungen verbreiten (sei es in sozialen Netzwerken, Firmenverzeichnissen oder Medien), lohnt es sich, proaktiv für Klarstellung zu sorgen, bevor eine Kammer oder Konkurrent abmahnt. Die Grenze zwischen erlaubter Tätigkeit und unzulässiger Anwaltswerbung mag im Einzelfall nicht immer glasklar sein – doch im Zweifel ist Transparenz der sicherste Weg. Der Fall Putzke ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass auch honorige Rechtsprofessoren sich den spielregelnden Instanzen (hier der RAK München) erklären müssen, wenn der Anschein einer unzulässigen Berufsbezeichnung entsteht. Letztlich dient diese Strenge dem Verbraucherschutz und der Integrität der Anwaltschaft. In Putzkes Fall bleibt spannend zu beobachten, wie er weiter verfährt – die juristische Lehrstunde hat er aber bereits geliefert.