„Dieselskandal beim Gebrauchtwagenkauf“: Keine Bereicherungsansprüche bei Verjährung der Schadensersatzansprüche

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat am 07.06.2021 zum Aktenzeichen 26 U 71/20 entschieden, dass dann, wenn Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung verjährt sind, der Käufer eines mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Gebrauchtwagens VW auch nicht auf Herausgabe eines Vermögenszuwachses über die Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung in Anspruch nehmen (§ 852 BGB) kann.

Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt vom 15.06.2021 ergibt sich:

Durch das erstmalige Inverkehrbringen des Fahrzeugs hatte VW zwar einen Vermögensvorteil erlangt, der Kläger jedoch keinen entsprechenden Vermögensnachteil. Der spätere Gebrauchtwagenverkauf durch den Kläger hat dagegen zu keinem weiteren Vermögenszufluss der Beklagten geführt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb die Berufung des Klägers mit heute veröffentlichtem Beschluss zurückgewiesen.

Der Kläger begehrt mit seiner 2020 erhobenen Klage im Rahmen des so genannten Abgasskandals als Käufer eines gebrauchten Audi A4 Schadensersatz von der beklagten Motorherstellerin. Im Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut. Der Kläger erwarb das Fahrzeug im Juli 2015. Das Landgericht hatte Ansprüche des Klägers wegen Verjährung zurückgewiesen.

Die Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Der Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung sei verjährt, bestätigte das OLG. Jedenfalls seit 2016 habe sich der Kläger in grob fahrlässiger Unkenntnis über die den Anspruch begründenden Umstände befunden. Ihm sei eine Klage bereits 2016 zumutbar gewesen. Als Eigentümer eines bereits zuvor erworbenen und mit dem Motor EA 189 ausgestatteten Fahrzeugs hätten sich dem Kläger die für den Beginn der Verjährung erforderlichen Tatsachen aufgedrängt. Durch die Möglichkeit einer Abfrage auf der Herstellerwebseite habe der Kläger unter Eingabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer auch überprüfen können, ob sein Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen sei. „Im Streitfall den Weg zur Ermittlung der eigenen Schadensbetroffenheit jedoch nicht beschritten und die Internetabfrage nicht in Anspruch genommen zu haben, erscheint nach Lage des Falles geradezu unverständlich“, begründet das OLG seine Bewertung.

Der Kläger könne hier nach Eintritt der Verjährung des Schadensersatzanspruchs auch nicht Herausgabe des seitens der Beklagten durch die unerlaubte Handlung Erlangten gemäß § 852 BGB fordern. Grundsätzlich stehe bei den sog. Dieselfällen zwar dem Vermögensverlust des Geschädigten in Form des Kaufpreises ein Vermögensvorteil der Beklagten in Form der Vereinnahmung des Kaufpreises (ggf. abzüglich einer Händlerprovision) gegenüber. Dies gelte aber nicht bei Gebrauchtwagenkäufen. Dort erleide der Gebrauchtwagenkäufer durch den mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs verbundenen Vermögenszuwachs auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise keinen Vermögensnachteil. Der Zuwachs trete vielmehr bereits und allein durch den Neuwagenverkauf in. Der spätere Gebrauchtwagenverkauf führe dagegen für die Beklagte weder unmittelbar noch mittelbar zu einem – weiteren – Vermögensvorteil.