Durchsuchung des Kofferraumes des Kraftfahrzeuges ohne richterliche Anordnung noch durch eine staatsanwaltschaftliche (Eil-)Anordnung ist rechtswidrig

10. März 2022 -

Das Landgericht Kiel hat mit Beschluss vom 19.08.2021 zum Aktenzeichen 10 Qs 43/21 entschieden, dass die Durchsuchung des Kofferraumes des Kraftfahrzeuges ohne richterliche Anordnung noch durch eine staatsanwaltschaftliche (Eil-)Anordnung rechtswidrig ist.

Durchsuchungen dürfen gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 StPO grundsätzlich nur durch den Richter oder – bei Gefahr im Verzug – durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen angeordnet werden. Vorliegend gab es zu keinem Zeitpunkt eine richterliche Anordnung, welche die Durchsuchung des Kofferraumes anordnete. Und die staatsanwaltschaftliche (Eil-)Durchsuchungsanordnung erging erst, als der Kofferraum bereits von den eingesetzten Polizeibeamten durchsucht worden war.

Zwar bedarf es einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungsanordnung nicht, wenn sich der Betroffene – wie hier der Beschwerdeführer – der Maßnahme freiwillig unterwirft, also in diese einwilligt. Allerdings war die vom Beschwerdeführer erteilte Einwilligung unwirksam, weshalb die Durchsuchung vorliegend auch auf sie nicht gestützt werden konnte.

Die Unwirksamkeit der Einwilligung ergibt sich zum einen daraus, dass der Beschwerdeführer von den Polizeibeamten entgegen § 500 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 51 Abs. 3 S. 3 BDSG nicht vor Abgabe der Einwilligung von der Widerruflichkeit und der ex-nunc-Wirkung derselben in Kenntnis gesetzt wurde.

Zum anderen ergibt sich die Unwirksamkeit der Einwilligung daraus, dass der Beschwerdeführer von den Polizeibeamten entgegen § 500 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 51 Abs. 4 S. 3 BDSG nicht auf den vorgesehenen Zweck der Datenverarbeitung hingewiesen wurde.

§ 500 Abs. 1 StPO erklärt die § 45ff. BDSG für entsprechend anwendbar, soweit öffentliche Stellen der Länder im Anwendungsbereich der StPO personenbezogene Daten verarbeiten. Unter personenbezogenen Daten sind gemäß § 46 Nr. 1 BDSG alle Informationen zu verstehen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Verarbeitung meint gemäß § 46 Nr. 2 BDSG jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie u.a. das Erheben und das Erfassen. Vorliegend wurde seitens der in ihrem repressiven Aufgabenbereich tätig gewordenen Polizeibeamten die Information erhoben, dass sich Betäubungsmittel in dem Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers befinden. Bei dieser Information handelt es nicht um ein bloßes Sachdatum (auf welches das BDSG nicht anwendbar ist), sondern um ein personenbezogenes Datum. Zwar beziehen sich Informationen über den Inhalt einer Sache grundsätzlich alleine auf die Sache. Kein Sachdatum, sondern ein personenbezogenes Datum liegt allerdings dann vor, wenn in der Information über eine Sache aufgrund individualisierender Identifikationsmerkmale, des Detaillierungsgrades oder der Einzigartigkeit der Sache ein Bezug zu einer Person angelegt ist. So liegt der Fall hier: Das Kraftfahrzeug, in welchem die Betäubungsmittel gefunden wurden, weist dadurch einen eindeutigen Bezug zum Beschwerdeführer auf, dass es auf diesen zugelassen ist. Damit bezieht sich die erhobene Information, also das Vorhandensein von Betäubungsmitteln, über das Kraftfahrzeug (auch) auf den Beschwerdeführer.

Gemäß § 51 Abs. 3 S. 1 BDSG ist die betroffene Person vor der Abgabe der Einwilligung darüber in Kenntnis zu setzen, dass die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann (vgl. dazu § 51 Abs. 3 S. 1 BDSG), ein späterer Widerruf die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung erfolgten Verarbeitung aber nicht berührt (vgl. dazu § 51 Abs. 3 S. 2 BDSG). Fehlt es – wie vorliegend – an diesen (Vorab-)Informationen, gibt die betroffene Person die Einwilligung nicht ausreichend informiert ab, mit der Folge, dass sie nicht wirksam ist, d.h. keine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung darstellt.

Gleiches gilt für den Fall, dass – wie hier – entgegen § 51 Abs. 4 S. 3 BDSG nicht vorab über den vorgesehenen Zweck der Datenverarbeitung hingewiesen worden ist.