Einstufung eines „American Bully“ als Kampfhund

17. Juli 2025 -

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11.07.2025 (Az. 4 K 3000/25) bestätigt, dass Hunde der Rasse „American Bully“ in Baden-Württemberg grundsätzlich als Kampfhunde im Sinne der Polizeiverordnung über das Halten gefährlicher Hunde (PolVOgH) eingestuft werden können – insbesondere dann, wenn nach einem bestandenen Wesenstest erneut ein gefährliches Verhalten auftritt. Für Hundehalter bedeutet das: Ein bestandener Wesenstest schützt nicht dauerhaft vor einer Einstufung als gefährlicher Hund.


Hintergrund des Verfahrens

Die Antragstellerin hielt einen Hund der Rasse „American Bully“, der im Jahr 2022 eine andere Hündin angriff und verletzte. Obwohl der Hund anschließend eine Verhaltensprüfung nach § 1 Abs. 4 PolVOgH bestand, verletzte er im Jahr 2024 erneut eine Person erheblich. Daraufhin stufte die zuständige Gemeinde den Hund als Kampfhund ein und verpflichtete die Halterin, das Tier unter Eigentumsaufgabe in ein Tierheim abzugeben. Die Halterin beantragte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs – ohne Erfolg.


Rechtlicher Maßstab: Kampfhundeverordnung Baden-Württemberg (PolVOgH)

Die PolVOgH regelt das Halten von sogenannten Kampfhunden in Baden-Württemberg. Hunde bestimmter Rassen – darunter American Staffordshire Terrier, Pit Bull Terrier und deren Kreuzungen – gelten kraft Gesetzes als Kampfhunde (§ 1 Abs. 2 PolVOgH). Diese Einstufung kann durch das Bestehen einer Verhaltensprüfung widerlegt werden (§ 1 Abs. 4 PolVOgH).

Wichtig: Nach neuerlicher aggressiver Verhaltensauffälligkeit lebt die Kampfhundevermutung wieder auf – eine erneute Verhaltensprüfung ist dann nicht erforderlich.


Verhaltensprüfung und deren Grenzen

Zwar hatte der Hund im Jahr 2022 eine Verhaltensprüfung erfolgreich abgelegt. Diese „Momentaufnahme“ verliert aber ihre entlastende Wirkung, wenn sich der Hund später erneut als gefährlich erweist. Dies geschah im Jahr 2024, als der Hund eine Passantin ansprang und schwer am Kopf verletzte. Aus Sicht des Gerichts genügt ein solches Verhalten, um die ursprüngliche Vermutung der Gefährlichkeit wieder aufleben zu lassen.

Das VG Freiburg stellte klar: Eine erneut durchzuführende Verhaltensprüfung ist bei einem solchen gefährlichen Verhalten weder rechtlich erforderlich noch praktisch sinnvoll – auch im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit.


Konsequenzen für Hundehalter – Abgabeverfügung rechtmäßig

Die Verpflichtung zur Abgabe des Hundes an ein Tierheim wurde vom Gericht ebenfalls bestätigt. Da die Halterin keine Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes beantragt oder vorgelegt hatte (§ 3 Abs. 1, 2 PolVOgH), durfte die Gemeinde den Hund zur Gefahrenabwehr sicherstellen lassen (§ 3 Abs. 3 PolVOgH).

Auch der angeordnete Sofortvollzug war zulässig. Der Schutz von Leben und Gesundheit der Allgemeinheit überwiegt das private Interesse an der vorläufigen Weiterhaltung des Hundes ohne Erlaubnis.


Praxishinweise für Hundehalter

  • American Bully ist keine unproblematische Rasse: Trotz Anerkennung in manchen Zuchtverbänden gilt der American Bully in Baden-Württemberg häufig als Kreuzung mit Kampfhunderassen. Damit greift § 1 Abs. 2 PolVOgH.
  • Verhaltensprüfung ist kein Freifahrtschein: Ein einmal bestandener Wesenstest schützt nicht dauerhaft. Jede neue Aggression kann zur Rücknahme dieser Entlastung führen.
  • Unverzüglicher Handlungsbedarf: Nach einem Vorfall mit aggressivem Verhalten sollten Hundehalter sofort mit der Behörde kooperieren und ggf. erneut Sachkunde nachweisen oder eine Haltererlaubnis beantragen.
  • Rechtsmittel gut vorbereiten: Wer sich gegen Maßnahmen wie Abgabe- oder Haltungsverbot wehren will, sollte frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen – insbesondere bei der Beurteilung von Rassemerkmalen und Gefährlichkeitsprognosen.

Das VG Freiburg stärkt mit diesem Beschluss die Gefahrenabwehr durch die Behörden. Für Halter von Hunden mit auffälligem Erscheinungsbild oder problematischem Verhalten gilt erhöhte Vorsicht. Auch der „American Bully“ kann als Kampfhund eingestuft werden – insbesondere bei gefährlichen Vorfällen trotz bestandener Wesenstests. Das Urteil zeigt deutlich: Der Schutz der Allgemeinheit hat Vorrang vor dem privaten Haltungsinteresse.


FAQ zum Thema Kampfhundeeinstufung

Ist ein American Bully automatisch ein Kampfhund in Baden-Württemberg?
Nicht automatisch – aber das äußere Erscheinungsbild und die Zuchtgeschichte führen in der Regel zur Vermutung der Zugehörigkeit zu einer Kampfhunderasse.

Was passiert nach einem bestandenen Wesenstest?
Wird der Hund später erneut aggressiv, kann die Vermutung der Gefährlichkeit wiederaufleben – ohne neue Prüfung.

Muss der Hund abgegeben werden?
Wenn keine Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes vorliegt und Gefahren bestehen, kann die Abgabe angeordnet und sogar mit Zwang durchgesetzt werden.

Kann ich mich gegen die Abgabe wehren?
Ja – allerdings nur mit Aussicht auf Erfolg, wenn der Hund keine konkrete Gefahr darstellt und/oder eine Erlaubnis beantragt wurde.