EU-Ausländer: Folgen der Verlustfeststellung

06. Mai 2020 -

Das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Essen hat mit Beschluss vom 20.02.2020 zum Aktenzeichen L 19 AS 2035/19 B ER entschieden, dass der für die Gewährung von SGB II-Leistungen erforderliche gewöhnliche Aufenthalt trotz paralleler verwaltungsgerichtlicher Klage fehlt, wenn die Ausländerbehörde den Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt hat.

Aus der Pressemitteilung des LSG NRW vom 05.05.2020 ergibt sich:

Bei den Antragstellern handelte es sich um eine rumänische Familie, die Ende 2016 nach Deutschland eingereist war. Anfang 2019 stellte die Ausländerbehörde den Verlust ihres Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU fest, setzte eine Frist zur Ausreise und ordnete die sofortige Vollziehung an. Hiergegen erhoben die Antragssteller Klage vor dem Verwaltungsgericht.
Die Antragsgegnerin (Jobcenter) lehnte daraufhin den Antrag auf Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen ab.

Das LSG Essen hat auf ihre Beschwerde hin die Ablehnung bestätigt, den gegenteiligen Beschluss des SG Dortmund korrigiert und die beigeladene Kommune verpflichtet, für die Dauer eines halben Jahres Leistungen nach dem AsylbLG zu zahlen.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts haben die Antragsteller infolge der Verlustfeststellungen keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II. Auch unter Berücksichtigung der gegenteiligen Auffassung u.a. des 21. Senates (LSG Essen, Beschl. v. 10.12.2018 – L 21 AS 959/18 B ER) halte der 19. Senat an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest (Beschl. v. 14.11.2018  – L 19 AS 1434/18 B ER).

Zwar seien die Verlustfeststellungen aufgrund der Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht bislang nicht bestandskräftig geworden. Der Suspensiveffekt der Klage nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegen eine Verlustfeststellung lasse den rechtmäßigen Aufenthalt aufgrund der Freizügigkeitsvermutung aber nicht wiederaufleben. Er mache vielmehr nur die Durchsetzung der kraft Gesetzes entstehenden Ausreisepflicht durch eine Abschiebung unzulässig. Das Rechtsmittel hemme nicht die Ausreisepflicht selbst, sondern nur deren Durchsetzung. Die in den Verlustfeststellungen getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Nichtbestehens einer Freizügigkeitsberechtigung der Antragsteller einschließlich der hiermit verbundenen Rechtsfolgen seien daher im sozialrechtlichen Verfahren als gegeben hinzunehmen. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit dieser Feststellungen obliege ausschließlich den Verwaltungsgerichten.