Feststellung eines höheren GdB bei psychischen Störungen

08. August 2020 -

Das Sozialgericht Stuttgart hat am 02.01.2020 zum Aktenzeichen S 22 SB 2980/15 entschieden, dass eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Sinne von Teil B Nummer 3.7 der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung eine engmaschige psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung voraussetzt.

Aus der Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 03.08.2020 ergibt sich:

Der 1970 geborene Kläger hatte seit dem Jahr 2008 einen Grad der Behinderung (GdB) von 40. Im September 2014 beantragte er die Erhöhung des GdB auf 80. Zur Begründung berief er sich auf die schon seit 2008 bestehenden Gesundheitsstörungen eines chronischen Schmerzsyndroms und einer depressiven Verstimmung. Der Antrag des Klägers hatte weder im Verwaltungsverfahren vor dem Versorgungsamt, noch im Widerspruchsverfahren vor dem Landesversorgungsamt Erfolg.

Die SG Stuttgart hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Nach Auffassung des Sozialgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40. Maßstab für die Feststellung des GdB sei die Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung. Nach Teil B Nummer 3.7 VG seien leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Teil-GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) rechtfertigten einen GdB von 30-40. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit setze nach der Rechtsprechung des LSG Stuttgart eine engmaschige psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung voraus. Daran fehle es hier. Der Kläger sei nur etwa alle zwei Monate fachpsychiatrisch behandelt worden. Dies genüge nicht den Anforderungen an eine engmaschige Psychotherapie. Der Kläger empfinde den Leidensdruck auf psychiatrischem Fachgebiet als nicht so stark, als dass er ihn nicht ohne engmaschige Psychotherapie bewältigen könne. Unabhängig davon seien der strukturierte Tagesablauf und die Freizeitgestaltung des Klägers Ausdruck seiner fortdauernden Fähigkeit zum Zeitmanagement, seiner erhaltenen sozialen und Alltagskompetenzen sowie der erfolgreichen Ausübung seiner Führungs- und Kontrollfunktion. Schließlich zeige der psychische Befund keine Beeinträchtigung der Integrität der psychischen Funktionen des Klägers.

Die Berufung ist anhängig.