Frauenärztin wegen Werbung für Schwangerschaftsabbruch zu Geldstrafe verurteilt

04. Dezember 2019 -

Das Kammergericht hat mit Urteil 19.11.2019 3-80+81/19 das Urteil des Amtsgerichts Berlin-Tiergarten, mit dem eine Berliner Frauenärztin wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft nach § 219a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, bestätigt.

Aus der Pressemitteilung des Kammergerichts Nr. 57/2019 vom 02.12.2019 ergibt sich:

Das KG hat die Revision der Ärztin gegen ihre Verurteilung verworfen. Damit ist das erstinstanzliche Urteil des AG Tiergarten betreffend die Angeklagte Dr. Bettina G. rechtskräftig.

Die Revision ihrer in erster Instanz ebenfalls verurteilten Kollegin Dr. Verena W. hatte dagegen Erfolg. Allerdings geht es im Fall der Angeklagten Dr. W. nicht um die grundsätzliche Frage der Strafbarkeit nach § 219a StGB, sondern um eine rechtliche Frage im Zusammenhang mit dem Umstand, dass nach den gerichtlichen Feststellungen nur die Angeklagte Dr. G. die Schwangerschaftsabbrüche tatsächlich als eigene Leistung angeboten hat.

Das AG Tiergarten hatte beide Ärztinnen zu Geldstrafen von jeweils 20 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt, weil sie durch das Angebot eines „medikamentösen, narkosefreien“ Schwangerschaftsabbruchs „in geschützter Atmosphäre“ auf der Internetseite ihrer Gemeinschaftspraxis den Tatbestand des § 219a StGB erfüllt hätten. Auch der reformierte § 219a StGB stelle nach dem Willen des Gesetzgebers die Information über die Arten und Umstände eines Schwangerschaftsabbruchs unter Strafe.

Das KG hat diese Rechtsauffassung nun bestätigt.

Nach Auffassung des KG handelt es sich bei der von den Angeklagten ins Internet gestellten Erklärung eben nicht lediglich um „eine neutrale Informationsbereitstellung“, wie von der Verteidigung in der Revision vorgebracht. Nach der hier allein einschlägigen Nr. 1 des § 219a Abs. 4 StGB solle nach dem Willen des Gesetzgebers eine Tathandlung nur dann straflos bleiben, wenn über die bloße Vornahme des Eingriffs informiert werde. Im vorliegenden Fall aber sei auch auf die angewandte Behandlungsmethode hingewiesen und der Zusatz auf die Durchführung „in geschützter Atmosphäre“ hinzugefügt worden, wodurch der Straftatbestand der unzulässigen Werbung erfüllt sei.

Der Gesetzgeber habe bei der Reform des § 219a StGB lediglich die bloße Information durch Ärzte, dass sie Abbrüche durchführen, entkriminalisieren wollen. Frauen in Konfliktlagen sollte es möglich werden, sich ohne Zeitverzögerung über die Ärzte und Einrichtungen kundig zu machen, wo sie straffrei Abbrüche vornehmen können. Ausgehend von dieser Motivation des Gesetzgebers blieben alle Zusatzinformationen, die über die bloße Tatsache der Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen oder Hinweise auf Informationen der in § 219a Abs. 4 Nr. 2 StGB genannten Institutionen hinausgingen, weiterhin strafbewehrt. Im Gesetzgebungsverfahren sei zwar erwogen worden, Ärzten die Möglichkeit einzuräumen, auch über die angewandten Behandlungsmethoden zu informieren. Hierfür habe sich aber keine parlamentarische Mehrheit gefunden. Dieser Wille sei zu respektieren.

Weiter sei auch von Verfassungs wegen keine andere Auslegung geboten. Der Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Ärzte nach Art. 12 Abs. 1 GG sei minimal und angesichts des gesetzgeberischen Zwecks, der Kommerzialisierung und der Darstellung eines Schwangerschaftsabbruchs als etwas Normalem entgegen zu wirken, hinzunehmen.

Damit ist das Urteil gegen die Angeklagte Dr. Bettina G. rechtskräftig.

Das Verfahren gegen die Mitangeklagte Dr. Verena W. wurde zur erneuten Verhandlung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen. Ein neuer Hauptverhandlungstermin steht dort noch nicht fest.