Sachverhalt: Türkische Redewendung führt zur Kündigung
Im November 2025 beschäftigte die Gerichte ein ungewöhnlicher Fall im Arbeitsrecht: Ein Lagerarbeiter wurde gekündigt, nachdem er in einem Konflikt am Arbeitsplatz eine türkische Redewendung benutzt hatte. Konkret kam es am 24.08.2024 in einem Verteilzentrum einer Handelsgruppe zu einem Streit zwischen dem Arbeitnehmer (Kläger) und seiner neuen Vorgesetzten. Der Mitarbeiter fühlte sich unter Druck gesetzt und reagierte aufgebracht. Dabei äußerte er sich auf Türkisch – und hier liegt der Kern des Falls:
- Version des Arbeitgebers: Nach Darstellung der Vorgesetzten habe der Mitarbeiter zu ihr gesagt „Du hast die Mutter der Schicht gefickt.“ Dies klang für die Arbeitgeberseite wie eine derb-vulgäre Beleidigung, gerichtet gegen die „Schichtmutter“ – was als grobe Respektlosigkeit gegenüber der Schichtführung verstanden wurde. Daraufhin sprach der Arbeitgeber am 18.09.2024 eine ordentliche Kündigung aus.
- Version des Arbeitnehmers: Der Kläger bestritt diese Formulierung. Er habe vielmehr auf Türkisch gesagt „Du hast die Schichtmutter weinen lassen.“ Im Deutschen bedeute dies sinngemäß, dass in der Schicht viel Druck ausgeübt wird, sodass „die Mutter der Schicht weint“. Die Redewendung sei also eine bildhafte Kritik an den herrschenden Arbeitsbedingungen, keine persönliche Beleidigung. Er argumentierte, das türkische Sprichwort könne leicht missverstanden oder mit einer unanständigen vulgären Version verwechselt werden, insbesondere wenn man es wortwörtlich übersetzt. Aufgrund von Distanz und Lautstärke sei seine Äußerung von der Vorgesetzten falsch verstanden worden.
Bereits einige Monate zuvor hatte der Arbeitnehmer zwei Abmahnungen erhalten (u.a. wegen Beleidigung eines Vorgesetzten). Nach dem Vorfall mit der türkischen Äußerung kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.10.2024. Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage – mit zunächst wenig Erfolg: Das Arbeitsgericht wies seine Klage ab. Der Fall landete in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf.
Urteil des LAG Düsseldorf vom 18.11.2025 (Az. 3 SLa 699/24)
Das LAG Düsseldorf entschied zugunsten des gekündigten Mitarbeiters und erklärte die Kündigung für unwirksam. Warum? Nach umfassender Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung der Vorgesetzten, eines Kollegen und des Schichtmanagers) stellte das Gericht fest, dass der Kläger die Äußerung im Kern so getätigt hatte, wie die Arbeitgeberseite behauptete. Dennoch sah die Kammer hierin keine schwerwiegende persönliche Beleidigung, sondern eine derb formulierte Kritik an der Art und Weise der Schichtführung. Im Urteil heißt es sinngemäß:
Eine in vulgärer Sprache geäußerte Kritik, die sich auf die Art und Weise der Schichtführung als solche bezieht, rechtfertigt keine Kündigung, wenn die Äußerungen nicht als schwerwiegende, persönlich herabwürdigende Beleidigungen gemeint und zu verstehen sind.
Das Gericht würdigte die besonderen Umstände: Die Äußerung fiel im Eifer eines Konflikts. Der Mitarbeiter hatte sich provoziert gefühlt (die Vorgesetzte forderte ihn auf, die Halle zu verlassen, nachdem er sie als „noch ein Kind“ bezeichnet hatte). Zwar war seine Wortwahl völlig unangemessen, aber eben sachbezogen – gerichtet gegen den hohen Druck in der Nachtschicht – und nicht als persönliche Verunglimpfung der Vorgesetzten gedacht. Eine direkte Übersetzung ins Deutsche ließ die Worte viel beleidigender erscheinen, als sie im kulturellen Kontext gemeint waren.
Zudem betonte das LAG die Verhältnismäßigkeit: Selbst wenn ein Arbeitnehmer sich im Ton vergreift, muss der Arbeitgeber stets prüfen, ob eine Abmahnung als milderes Mittel ausgereicht hätte oder ob eine Kündigung wirklich ultima ratio ist. Hier hielt das Gericht die sofortige Kündigung für überzogen – zumal bereits erheblicher Druck in der Arbeitsumgebung herrschte und es sich um eine einmalige Eskalation handelte. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen, das Urteil ist also rechtskräftig.
Fremdsprachliche Äußerungen im Arbeitsverhältnis – was gilt?
Der Fall verdeutlicht, wie missverständlich fremdsprachliche Ausdrücke im Arbeitsalltag wirken können. In vielen Betrieben mit internationaler Belegschaft ist es nicht ungewöhnlich, dass Mitarbeiter untereinander oder sogar gegenüber Vorgesetzten in ihrer Muttersprache reden. Dabei kann es zu Situationen kommen, in denen wörtliche Übersetzungen harscher klingen als das, was eigentlich gemeint war.
Worauf kommt es an? Entscheidend ist der objektive Gehalt und das Verständnis im Kontext: Eine Äußerung in einer anderen Sprache wird vom Gericht genauso bewertet wie eine deutschsprachige – aber das tatsächliche Gemeintsein muss ermittelt werden. Wenn also eine Aussage möglicherweise eine Redewendung oder sprichwörtliche Übertreibung ist, werden Gerichte Sachverständige oder Zeugenaussagen heranziehen, um die Bedeutung zu klären (wie im LAG-Fall geschehen). Im beschriebenen Fall wurde ermittelt, dass der Mitarbeiter zwar vulgär sprach, aber keine konkrete Person beleidigte, sondern die Zustände kritisierte.
Arbeitgeber sollten bei fremdsprachlichen Äußerungen zunächst genau hinschauen und nachfragen, bevor sie arbeitsrechtliche Schritte einleiten. Ein Satz, der übersetzt wie eine Beleidigung klingt, ist eventuell kulturell bedingt eine geläufige (wenn auch grobe) Redewendung, die nicht im selben Maße persönlich gemeint ist. Tipp für Arbeitgeber: Wenn Unklarheit besteht, was gesagt wurde, sollte man einen vertrauenswürdigen Übersetzer oder Dolmetscher hinzuziehen oder den Mitarbeiter um Erklärung bitten, statt sofort zu sanktionieren.
Tipp für Arbeitnehmer: Auch wenn man sich in der Muttersprache ausdrückt – Vorsicht vor der Annahme, dass „schon keiner versteht, was ich sage“. Heutzutage verstehen Kollegen oder Vorgesetzte oft mehr, als man denkt, oder es werden andere Kollegen als Zeugen benannt. Selbst in einer anderen Sprache ausgesprochene Beleidigungen oder abfällige Bemerkungen können arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, wenn sie bekannt werden. Im Zweifel sollte man im Arbeitskontext auf vulgäre Redensarten verzichten – selbst wenn sie in der eigenen Kultur üblich sind. Ein einmal ausgesprochenes Wort lässt sich später nur schwer „ent-schärfen“.
Interkulturelle Missverständnisse und arbeitsrechtliche Konsequenzen
Der Fall ist ein Paradebeispiel für interkulturelle Kommunikation am Arbeitsplatz. Unterschiedliche kulturelle Hintergründe führen zu unterschiedlichen Kommunikationsstilen. Was in der einen Sprache vielleicht als flapsige Kritik durchgeht, kann in der anderen als üble Beleidigung gewertet werden. Hier kollidierten türkische Ausdrucksweise mit deutscher Erwartung an Höflichkeit im Betrieb. Einige Punkte, die sich daraus ergeben:
- Wörtliche Übersetzung vs. Sinngehalt: Die Vorgesetzte verstand (oder bekam berichtet) der Mitarbeiter habe etwas Unanständiges über eine „Mutter“ gesagt – und fühlte sich verständlicherweise beleidigt. Tatsächlich war die „Mutter der Schicht“ ein metaphorisches Konstrukt. In der Emotionalität des Moments mag der Mitarbeiter gar nicht über den Wortlaut nachgedacht haben, sondern eine ihm geläufige Metapher benutzt haben, um den empfundenen Druck zu beschreiben. Hier prallen also Sprachbilder aufeinander. Arbeitgeber und Gerichte sind gefordert zu erkennen, ob eine Äußerung eine direkte persönliche Kränkung bezweckt oder ob eventuell ein sprachliches Bild vorliegt, das nur unglücklich klingt.
- Interkulturelle Sensibilisierung: Für Arbeitgeber kann es hilfreich sein, interkulturelle Trainings oder klare Kommunikationsregeln im Betrieb zu etablieren. Wenn Mitarbeiter wissen, dass derbe Ausdrücke – egal in welcher Sprache – unerwünscht sind, sinkt das Risiko solcher Eskalationen. Umgekehrt sollten Führungskräfte in multikulturellen Teams ein Gefühl dafür entwickeln, dass manche Mitarbeiter emotionaler oder direkter reagieren, ohne sofort illoyal sein zu wollen. Natürlich rechtfertigt Kultur keine groben Respektlosigkeiten – doch das Verständnis dafür kann helfen, Konflikte deeskalierend zu lösen statt vorschnell zur Kündigung zu greifen.
- Sprache als Streitpunkt: Manchmal entstehen auch Konflikte, wenn Kollegen in einer Sprache sprechen, die andere nicht verstehen (z.B. lästern zwei Kollegen auf Polnisch über ihren Chef, der das merkt). Hier gilt: Äußerungen, die den Betriebsfrieden stören oder Kollegen ausgrenzen, können problematisch sein. Es gibt kein generelles Verbot, eine andere Sprache zu sprechen, doch im Ernstfall (Beleidigung, Mobbing) wird der Inhalt – sobald er bekannt wird – genauso bewertet, als wäre er auf Deutsch gefallen.
Merke: Eine Beleidigung bleibt eine Beleidigung, auch wenn sie in einer Fremdsprache erfolgt. Allerdings muss der Arbeitgeber beweisen, was gesagt wurde und dass es beim Empfänger als ehrverletzend angekommen ist. Übersetzungsfehler oder Bedeutungsnuancen können vor Gericht den Unterschied ausmachen, ob eine Äußerung als Kündigungsgrund taugt oder nicht. Im LAG Düsseldorf-Fall war genau dies ausschlaggebend – die nuance zwischen „Schichtmutter weint“ und „Mutter gefickt“ bedeutete hier Sieg oder Niederlage im Prozess.
Verhaltensbedingte Kündigung: Voraussetzungen und Hürden
Unabhängig von Sprach- oder Kulturfragen zeigt der Fall grundsätzliche Aspekte einer verhaltensbedingten Kündigung auf. Eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen (also aufgrund eines Fehlverhaltens des Arbeitnehmers) unterliegt strengen Anforderungen nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG):
- Wichtiger Grund / erhebliche Pflichtverletzung: Es muss ein konkret vorwerfbares Fehlverhalten vorliegen, das so schwer wiegt, dass es die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht (bei fristloser Kündigung nach § 626 BGB) oder sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 KSchG wäre, wenn nicht gekündigt würde. Eine Beleidigung des Arbeitgebers oder Vorgesetzten kann grundsätzlich ein Kündigungsgrund sein – je nach Schwere des Einzelfalls. Allerdings müssen hierfür schon derbe Beschimpfungen oder ehrverletzende Äußerungen vorliegen; bloße Unhöflichkeiten oder sachliche Kritik, mögen sie auch harsch formuliert sein, reichen in der Regel nicht aus.
- Abmahnung als Vorwarnung: Bei steuerbarem Verhalten (wie z.B. dem Umgangston) gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. In der Regel ist vor einer Kündigung eine einschlägige Abmahnung erforderlich, damit der Arbeitnehmer gewarnt wird und die Chance erhält, sein Verhalten zu bessern. Eine Abmahnung macht deutlich, welches Verhalten beanstandet wird, und droht für den Wiederholungsfall die Kündigung an. Erst wenn der Arbeitnehmer nach einer Abmahnung erneut ähnlich pflichtwidrig handelt, oder wenn das Fehlverhalten so gravierend ist, dass eine Abmahnung unzumutbar wäre, kommt die Kündigung in Betracht. Im Klartext: Ohne vorherige Abmahnung ist eine verhaltensbedingte Kündigung meist unwirksam, außer es handelt sich um einen krassen Ausnahmefall. So hat z.B. das LAG Schleswig-Holstein betont, dass selbst eine grobe Beleidigung in der Regel zunächst abgemahnt werden muss. Ebenso wurden Kündigungen wegen Ausrufen wie „Drecksau“, „Nazischwein“ oder ähnlicher Beschimpfungen schon als unwirksam angesehen, wenn eine Abmahnung fehlte. Diese Rechtsprechung soll sicherstellen, dass nicht vorschnell die „arbeitsrechtliche Höchststrafe“ verhängt wird.
- Interessenabwägung: Jede verhaltensbedingte Kündigung erfordert eine abwägende Betrachtung: Wie schwer ist das Fehlverhalten zu bewerten, insbesondere im Verhältnis zur Betriebsordnung und zum Vertrauenverhältnis? Wie lang war die Betriebszugehörigkeit und das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers? Gab es eine Provokation oder Entschuldigung? Im beschriebenen Fall berücksichtigte das Gericht z.B. die aufgeheizte Gesprächssituation, eine mögliche Provokation und den Grad der Ehrverletzung – all dies fließt in die Interessenabwägung ein. Ein einmaliger Ausraster in jahrelanger Beschäftigung wirkt anders als wiederholte Respektlosigkeiten. Auch mildernde Umstände wie eine Entschuldigung oder Einsichtnahme des Arbeitnehmers können zu Gunsten des Arbeitnehmers sprechen.
Im Ergebnis entschied das LAG Düsseldorf, dass hier die Abwägung zugunsten des Klägers ausfiel: Sein Ausspruch, wenngleich vulgär, verletzte nicht gezielt die Ehre der Vorgesetzten in dem Maße, dass eine sofortige Vertragsbeendigung gerechtfertigt war. Insbesondere war die Kündigung unverhältnismäßig, da ein weniger einschneidendes Mittel (z.B. letzte Abmahnung oder Versetzung) denkbar gewesen wäre.
Praxistipps für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Zum Abschluss einige praxisrelevante Hinweise für beide Seiten, um aus diesem Fall zu lernen:
Für Arbeitgeber:
- Keine vorschnellen Sanktionen: Bei Streitigkeiten am Arbeitsplatz, insbesondere mit Mitarbeitern aus anderen Kulturen, sollten Sie zunächst den genauen Sachverhalt klären. Übersetzen Sie fremdsprachliche Äußerungen sorgfältig und ziehen Sie bei Bedarf Dolmetscher hinzu, bevor Sie eine Kündigung in Betracht ziehen. Ein missverstandenes Wort kann sonst zu einem teuren Rechtsstreit führen.
- Abmahnung als Mittel der Wahl: In vielen Fällen von Fehlverhalten – vor allem bei einmaligen Ausrutschern in der Wortwahl – ist eine Abmahnung das richtige Mittel. Diese weist den Mitarbeiter auf sein Fehlverhalten hin und gibt ihm die Gelegenheit, sich zu bessern. Die Abmahnung dokumentiert auch für ein späteres Verfahren, dass der Arbeitgeber seinerseits fair und verhältnismäßig reagiert hat.
- Einzelfall betrachten: Prüfen Sie die Umstände des Einzelfalls: Wurde der Mitarbeiter provoziert? Wie lange arbeitet er schon im Betrieb, und gab es zuvor ähnliche Vorfälle? Ein langjähriger Mitarbeiter mit ansonsten tadellosem Verhalten ist anders zu behandeln als ein Wiederholungstäter. Gerichte erwarten von Arbeitgebern ein „gesundes Augenmaß“ bei der Reaktion auf Pflichtverstöße.
- Interkulturelle Kompetenz fördern: Schaffen Sie ein Betriebsklima, in dem Respekt und klare Kommunikation Es kann sinnvoll sein, Regeln aufzustellen, dass z.B. in bestimmten Situationen die Unternehmenssprache (etwa Deutsch) gesprochen wird, um Missverständnisse zu vermeiden. Schulungen zur interkulturellen Kommunikation können Führungskräften helfen, kulturell bedingte Verhaltensweisen besser einzuordnen, statt diese sofort als Arbeitsverweigerung oder Beleidigung zu werten.
- Dokumentation: Falls es doch zu einer Eskalation kommt, dokumentieren Sie genau, wer was wann gesagt Benennen Sie Zeugen und bewahren Sie Beweise (z.B. schriftliche Äußerungen in Chats oder E-Mails) auf. In Prozessen kann die Beweislast über den Ausspruch entscheidend sein. Im Zweifel muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe beweisen – lückenhafte oder zweifelhafte Beweise spielen dem Arbeitnehmer in die Hände.
Für Arbeitnehmer:
- Wahl der Worte: Achten Sie im Arbeitsleben unbedingt darauf, wie Sie Kritik äußern. Auch wenn Sie verärgert sind – Beleidigungen oder entgleisende Sprüche (egal in welcher Sprache) können Sie den Job kosten. Redewendungen aus der eigenen Sprache, die zuhause „normal“ sind, können in der Übersetzung sehr respektlos wirken. Überlegen Sie also zweimal, bevor Sie in der Hitze des Gefechts etwas sagen, das missverstanden werden könnte.
- Klare Kommunikation: Wenn Sie merken, dass etwas, das Sie gesagt haben, falsch aufgefasst wurde, versuchen Sie sofort, es aufzuklären. Eine schnelle Entschuldigung und Erklärung („So habe ich das nicht gemeint, im Türkischen sagt man das so und meint…“) kann viel Schaden abwenden. Schweigen oder Aussitzen verschlimmert die Lage.
- Abmahnung ernst nehmen: Wenn Sie wegen eines Vorfalls abgemahnt werden, begreifen Sie das als letzte Warnung. Eine Abmahnung signalisiert, dass Sie bei erneutem ähnlichem Verhalten mit Kündigung rechnen müssen. Im obigen Fall hatte der Mitarbeiter bereits Abmahnungen – ein weiterer ähnlicher Ausraster hätte also klar vermieden werden müssen. Dass das LAG ihm dennoch noch einmal eine Chance gab, ist eher die Ausnahme. Reagieren Sie auf Abmahnungen am besten mit Selbstkritik und Verhaltensänderung, um Ihren Arbeitsplatz zu sichern.
- Rechte kennen: Fühlen Sie sich ungerecht behandelt oder gekündigt, zögern Sie nicht, rechtlichen Rat Kündigungsschutzklagen müssen innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden. In einem Gerichtsverfahren werden die genauen Umstände beleuchtet – wie in unserem Fall kann ans Licht kommen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, etwa weil keine grobe Beleidigung vorlag oder die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wurde. Arbeitsgerichte wägen sorgfältig ab, ob eine Vertragsbeendigung gerechtfertigt ist oder ob mildere Mittel gereicht hätten.
Der besprochene Fall des LAG Düsseldorf vom 18.11.2025 zeigt eindrucksvoll: Interkulturelle Missverständnisse können drastische arbeitsrechtliche Folgen haben, sind aber durch besonnenes Handeln beider Seiten beherrschbar. Arbeitgeber sollten nicht jedes harte Wort vorschnell als Kündigungsgrund aufbauschen, sondern Kontext und kulturelle Hintergründe berücksichtigen. Arbeitnehmer wiederum sind gut beraten, sich auch im Eifer des Gefechts unter Kontrolle zu haben und in der Berufswelt bestimmte Sprachbilder lieber zu vermeiden.
Letztlich gilt: Eine Kündigung wegen eines verbalen Fehltritts ist nur dann rechtswirksam, wenn das Fehlverhalten objektiv gravierend war und alle Umstände (inklusive vorheriger Abmahnungen, Kontext, Kultur) berücksichtigt wurden. Fremdsprachliche Ausdrücke werden vor Gericht genau auf ihren Sinngehalt geprüft – im Zweifel für den Angeklagten, solange keine bewusste schwere Beleidigung vorliegt. Respekt und Kommunikation bleiben jedoch das A und O: Beide Seiten – Arbeitgeber wie Arbeitnehmer – sollten darauf achten, dass selbst in hitzigen Momenten eine gewisse Grenze gewahrt bleibt. Dann muss die „Schichtmutter“ hoffentlich gar nicht erst weinen.