Fristlose Kündigung eines (Profi-)Sportlers wegen Teilnahme an Corona-Demo

07. August 2020 -

Der 30-jährige deutsche Basketball-Nationalspieler Joshiko Saibou wurde von seinem Verein – den Telekom Baskets Bonn – am 04.08.2020 fristlos gekündigt.

Auch (Profi-)Sportler sind dabei als Arbeitnehmer beim Verein als Arbeitgeber beschäftigt – fast wie „normale“ Arbeitnehmer.

Arbeitsrecht

Die Arbeitsleistung der Spieler ist dabei der Sport, das bedeutet Trainings, öffentliche Auftritte und natürliche Spiele.

Der Spieler Joshiko Saibou hat am 01.08.2020 in Berlin an einer großen Corona-Demonstration mit ca. 20.000 Teilnehmern teilgenommen und wurde dabei ohne Abstand und ohne Mund-Nasen-Schutz fotografiert.

Bei der Versammlung ging es den Teilnehmern vor allem um die Corona-Regeln; teilweise wurde die Existenz von Corona geleugnet – so gab es Slogans, wie „Impfzwang – nein Danke“, oder „Gib Gates keine Chance“.

Auch ein Arbeitnehmer hat eine Meinungsfreiheit und die darf er auch kundtun – und zwar auch in Zeiten von Corona.

Der Arbeitgeber, Kollegen oder Dritte können und müssen die Meinung des Arbeitnehmers nicht teilen oder nachvollziehen, aber vor allem der Arbeitgeber kann über die Meinung des Arbeitnehmers nicht verfügen.

Der Verein hat die fristlose Kündigung mit Verstößen gegen Vorgaben des laufenden Arbeitsvertrages als Profisportler begründet.

Frau Im Schockiert Wegen Kündigun

Der Verein begründet dies weiter mit einer Sensibilisierung durch mehrere Coronafälle, insbesondere da ein Mitarbeiter wochenlang auf der Intensivstation gelegen habe.

Deswegen hätten die Vereinsgremien die Entscheidung der Kündigung getroffen.

Zunächst ist festzustellen, dass die Teilnahme an einer Versammlung von Artikel 8 des Grundgesetztes besonders geschützt ist, ebenso die Meinungsäußerung aus Artikel 5 des Grundgesetzes.

Der Basketball-Spieler hat zudem in seiner Freizeit an der Demonstration teilgenommen und auch beispielsweise keine Kleidung getragen, die auf seinen Verein hindeuteten – es handelte sich somit um einen reinen Privatbesuch.

Ein Arbeitgeber kann in schwerwiegenden Fällen einem Arbeitnehmer auch wegen (strafrechtlicher) Verfehlungen in seiner Freizeit kündigen, so zum Beispiel, wenn ein Arbeitnehmer, der als Erzieher im Kindergarten eingesetzt ist, wegen sexueller Belästigung von Kindern, Kinderpornographie oder Vergewaltigung von Kindern verurteilt wurde.

Eine reine Teilnahme an einer Versammlung, dessen Inhalt dem Verein als Arbeitgeber nicht zusagt oder die dieser ablehnt oder jedenfalls nicht teilt, kann für sich genommen eine Kündigung nicht rechtfertigen, schon gar nicht eine fristlose Kündigung.

Arbeitgeber können das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, siehe § 626 BGB.

Eine Kündigungsfrist ist bei einer außerordentlichen Kündigung nicht einzuhalten, deshalb wird sie fristlose Kündigung genannt.

Die fristlose Kündigung bedeutet den sofortigen Verlust des Arbeitsplatzes, eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld der Agentur für Arbeit und Erklärungsnot bei Bewerbungen.

Eine fristlose Kündigung ist also das schärfste Mittel des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer.

Eine fristlose Kündigung hat folgende Voraussetzungen:

1. es muss ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung vorliegen

2. grundsätzlich muss zuvor eine Abmahnung ausgesprochen worden sein

3. eine 2-wöchige Frist muss vom Arbeitgeber eingehalten werden, in der er wegen des Grundes fristlos kündigt

4. es darf keine Alternative zur fristlosen Kündigung geben, also keine Abmahnung, keine ordentliche Kündigung, keine Versetzung etc.

Eine fristlose Kündigung ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur dann möglich, wenn ihr eine Abmahnung vorausgegangen ist.

Hier fehlt es an einer Abmahnung.

Der Arbeitgeber könnte argumentieren, dass er eine Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Spielern und Arbeitnehmern hat und diese vor dem fristlos gekündigten Sportler zu schützen hat.

Dabei ist zu bedenken, dass ein Sportverein oft mehr als 70 angestellte Mitarbeiter hat, dabei handelt es sich um Trainer, Spieler, Verwaltungsmitarbeiter, Ärzte, Therapeuten und weiteres Personal.

Auch wenn der Arbeitnehmer in seiner Freizeit an der Demonstration teilgenommen hat, kann der Besuch vor allem die Missachtung der Hygieneregeln dem Arbeitgeber schaden.

Risikoreichen Handlung eines Arbeitnehmers können für den Arbeitgeber eine Gefährdung für den Verein und seine Positionierung in der Liga sein.

Der Verein hat deshalb durchaus die Möglichkeit aufgrund dieser besonderen Situation dem Spieler aufzufordern sich an bestimmte Corona-Regelungen zu halten, weil der Verein sonst mit erheblichen Nachteilen zu rechnen haben könnte, wie z.B. Spielsperre, Ausschluss, Zwangsabstieg.

Profi-Sportler haben die vertragliche Pflicht, sich gesundheitsschonend zu verhalte – dies gilt im Grundsatz für alle Arbeitnehmer,

Für den Profi-Sportler, der seinen Körper zur Erbringung der Arbeitsleistung einsetzt, gilt dies im Besonderen.

Ein Arbeitnehmer der unter Quarantäne steht oder sogar coronabedingt krank ist, gefährdet seine Einsatzfähigkeit und verletzt damit seinen Arbeitsvertrag.

Dabei missachtet der Arbeitgeber aber, dass er dann, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, dass der Arbeitnehmer gesund ist, bzw. mit dem Corona-Virus infiziert ist, er vom Arbeitnehmer ein gesundheitliches Attest verlangen kann oder einen Negativtest vom Arbeitnehmer verlangen kann, dass er nicht mit dem Corona-Virus infoziert ist und auch eine Aussperrung des Arbeitnehmers mit Arbeitslohn-Verlust oder die Anordnung einer nicht entlohnten Quarantäne wären mildere Mittel anstatt der fristlosen Kündigung; jedenfalls wäre eine Abmahnung zwingend für eine rechtmäßige fristlose Kündigung erforderlich.

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Im konkreten Fall des Spielers Saibou kommt hinzu, dass sein Bonner Verein sich derzeit nicht im Mannschaftstraining befindet.

Eine direkte Vereinsschädigung ist damit derzeit schwerer zu belegen.

Dass mildere Strafen, wie Abmahnung, Spiels- und Traingssperre, Lohneinbehalt etc. nicht vorzuziehen gewesen wären, ist nicht ersichtlich; dies wäre allenfalls anzunehmen, wenn Saibou geäußert hätte, sein Verhalten unverändert fortzuführen.

Es ist davon auszugehen, dass der Sportler die fristlose Kündigung mit der Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht Bonn angreifen wird.