Früherer Bundestagsabgeordneter Maier darf vorläufig nicht mehr als Richter arbeiten

Das Sächsische Dienstgericht für Richter hat am 24.03.2022 zum Aktenzeichen 66 DG 1/22 entschieden, dass der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier sein Richteramt vorerst nicht mehr ausüben darf. Das Dienstgericht für Richter beim LG Leipzig hat auf Antrag des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) dem Richter am Amtsgericht Jens Maier die Führung der Amtsgeschäfte vorläufig untersagt.

Aus der Pressemitteilung des Dienstgerichts für Richter vom 25.03.2022 ergibt sich:

Die Entscheidung beruht auf § 46 Sächsisches Richtergesetz (SächsRiG) in Verbindung mit § 35 Deutsches Richtergesetz (DRiG) und ist zeitlich begrenzt bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über den Antrag, die Versetzung in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege für zulässig zu erklären. Über diesen Antrag wird das Dienstgericht für Richter gesondert entscheiden.

Das Dienstgericht hat nach Anhörung des betroffenen Richters zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass über eine vorläufige Untersagung der Führung der Amtsgeschäfte mit Blick auf das Hauptsacheverfahren vorab zu entscheiden sei. In diesem Verfahren verfolge der Freistaat Sachsen die Versetzung des Richters in den Ruhestand im Interesse der Rechtspflege. Wegen des damit verbundenen erheblichen Eingriffs in die grundgesetzlich garantierte Unabhängigkeit des Richters seien besonders strenge Maßstäbe an eine solche Ruhestandsversetzung anzulegen. Daher könne auch die vorläufige Maßnahme einer Untersagung der Führung der Amtsgeschäfte nur ausgesprochen werden, wenn sie zwingend geboten sei, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege aufgrund von außerhalb der richterlichen Tätigkeiten liegenden Tatsachen abzuwenden. Solche Tatsachen könnten hier berücksichtigt werden, weil ein Richter gemäß § 39 DRiG nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb seines Amtes, auch bei politischen Betätigungen, sich so zu verhalten habe, dass das Vertrauen in seine Integrität und Unabhängigkeit nicht gefährdet wäre.

Als Tatsachen, die eine vorläufige Untersagung der Führung der Amtsgeschäfte geböten, hat das Dienstgericht maßgeblich seine Aktivitäten im Zusammenhang mit dem aufgelösten »Flügel« der AfD angesehen. Diese Tatsachen könnten verwertet werden, auch wenn sie in eine Zeit fielen, in der der Richter Bundestagsabgeordneter gewesen sei und seine Rechte und Pflichten aus dem Richterdienstverhältnis geruht hätten. Denn diese Tatsachen erlaubten eine Prognose, ob der Richter sich künftig den Anforderungen von § 39 DRiG entsprechend verhalten werde. Auch seine Indemnität als Abgeordneter gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes stehe der Verwertung der Tatsachen nicht entgegen.

Konkret ist das Dienstgericht der mit den Erkenntnissen des Verfassungsschutzberichts 2020 begründeten Einschätzung des Freistaats Sachsen gefolgt, es sei zu befürchten, dass der Richter aufgrund seiner exponierten Tätigkeit im »Flügel« der AfD in der Öffentlichkeit als Rechtsextremist wahrgenommen werde. Dies könne zu einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege führen, weil seine Rechtsprechung nicht mehr als glaubwürdig erscheinen könne und dadurch das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige und unvoreingenommene Rechtspflege beseitigt oder gemindert würde. Insoweit hat sich das Dienstgericht auch auf öffentliche Äußerungen des Richters im Bundestagswahlkampf 2017 bezogen sowie auf die Berichterstattung zu einer Rückkehr des Richters in ein Richteramt, die diese Äußerungen aufgegriffen habe. Das Dienstgericht hat die Befürchtungen des Freistaats Sachsen auch durch eine Äußerung des Richters bestätigt gesehen, die nahelege, dass er sein Amt als »AfD-Richter« führen und sich damit nicht mehr dem gesetzlichen Leitbild eines unabhängigen und objektiven Richters verpflichtet fühlen könnte.

Der öffentliche Eindruck des Richters lasse ihn gegenwärtig nicht mehr als tragbar erscheinen, weil er voraussichtlich nicht die Gewähr biete, sein Amt verfassungstreu, unparteiisch und uneigennützig und ohne Ansehen der Person zu führen. Daher sei die vorläufige Untersagung der Führung der Amtsgeschäfte geboten. Überwiegende Interessen des Richters stünden dem nicht entgegen, weil er weiterhin seine Dienstbezüge erhalte und im Fall einer Versetzung in den Ruhestand auch seine verdienten Ruhestandsbezüge behalten werde.

Der Beschluss des Dienstgerichts für Richter ist unanfechtbar.