Globuli nicht verboten

Das Landgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 30.01.2020 zum Aktenzeichen 15 O 25/19 entschieden, dass der Vertrieb mit Globuli rechtmäßig ist.

Die Beklagte stellt die Produkte mit der Bezeichnung „HCG C30 Globuli“ bzw. „HCG C30 Tropfen“ her und bewirbt und vertreibt sie als Drittanbieter „[…]“ u.a. auf der Plattform Amazon.

Bei den Produkten der Beklagten handelt es sich um homöopathische Arzneimittel.

Bei der Dosierung „C30“ handelt es sich um eine solche Verdünnung, bei der der verwendete Stoff mit den derzeitigen wissenschaftlichen Methoden nicht nachweisbar ist.

Bei „HCG“ handelt es sich um ein Schwangerschaftshormon. Dieses wird zum Teil in Nahrungsergänzungsmitteln und in homöopathischen Arzneimitteln verwendet. Gemäß einem Artikel bei Wikipedia, auf den Bezug genommen wird, soll es angeblich beim Abnehmen helfen.

Mit Schreiben vom 21.09.2018 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Es bestünde die Gefahr, dass Verbraucher sich mit den Produkten selbst medikamentieren und im Rahmen einer solchen untauglichen Selbstbehandlung von einem Arztbesuch Abstand nehmen würden, weil sie denken würden, dass sie sich mit dem Präparat der Beklagten selbst helfen könnten.

Die Klage wies das Landgericht zurück

Den Nutzern von homöopathischen Arzneimitteln ist es in der Regel bekannt, dass die dort enthaltenen Wirkstoffe so verdünnt sind, dass sie kaum nachweisbar sind. Dies wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts von dem Arzt Samuel Hahnemann in diversen Publikationen erläutert. Viele Verbraucher greifen auch aufgrund dieser hohen Verdünnung zu homöopathischen Arzneimitteln, weil sie bei diesen auf weniger Nebenwirkungen hoffen, als andere (oftmals ebenfalls freiverkäufliche) Pharmapräparate aufweisen können (beispielsweise Leber- und Nierenschädigungen aufgrund der Einnahme von Aspirin- oder Paracetamolpräparaten). Insbesondere Patienten mit chronischen Erkrankungen, bei denen die klassische Schulmedizin keine heilenden Möglichkeiten mehr bieten kann, greifen aufgrund der geringeren Nebenwirkungen zu homöopathischen Arzneimitteln, da diese aufgrund der höheren Verdünnung auch meist weniger Nebenwirkungen verursachen können. Eine Irreführung der angesprochenen Verbraucherkreise kann daher nicht angenommen werden. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem angesprochenen Verkehrskreis um Personen handelt, die grundsätzlich der Homöopathie offen gegenüberstehen und denen bekannt ist, dass die Wirkstoffe bei homöopathischen Arzneimitteln geringer dosiert sind, als bei klassischen schulmedizinischen Produkten.

Anhänger der klassischen Schulmedizin gehen üblicherweise davon aus, dass homöopathische Arzneimittel keinerlei Wirkungen haben können und mögliche Behandlungserfolge ausschließlich auf den „Plazeboeffekt“ zurückzuführen sind. Dieser Personenkreis wird von der Werbung der Beklagten nicht angesprochen, da klar erkennbar ist, dass ein homöopathisches Arzneimittel vertrieben wird.

Soweit man der Auffassung des Klägers folgen würde, dass einem homöopathischen Arzneimittel mit der Verdünnung „C30“ unterstellt werden müsste, dass sein Ursprungsinhaltsstoff, der bei homöopathischen Arzneimitteln oftmals im Namen geführt wird, nicht enthalten ist, weil er mit den derzeit wissenschaftlichen Methoden nicht nachweisbar ist, würde dies dazu führen, dass eine Vielzahl im Verkehr befindlicher homöopathischer Arzneimittel nicht mehr in der bisherigen Form vertrieben werden dürfte. Ein solches faktisches Verbot dürfte sicherlich nicht im Sinne der Verbraucher sein, die – aus welchen Gründen auch immer – von einer gewissen Möglichkeit der Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, auch in der Verdünnung C30 ausgehen. Dass der Kläger gerade ein solches Verbot aller homöopathischen Arzneimittel der Verdünnung C30 anstrebt, indem weitere Abmahnungen gegen andere Produkte mit der Bezeichnung des Ursprungsstoffes und der Verdünnung C30 in Vorbereitung sind, hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung am 30.01.2020 bestätigt. Die von dem Kläger vorgeschlagene Verwendung irgendwelcher Phantasiebezeichnungen für homöopathische Produkte der Verdünnung C30 würde eine Anwendung nach der klassischen Homöopathie erheblich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen, da diese auf die Bezeichnung des Ausgangsstoffes bei der Behandlung angewiesen sein dürfte. Denn Angaben zu irgendwelchen Anwendungsgebieten bzw. Beschwerden sind aufgrund der gesetzlichen Vorgaben bei homöopathischen Arzneimitteln zum Nachteil des Verbrauchers inzwischen bereits verboten worden.

Soweit der Kläger die Befürchtung äußert, dass Verbraucher bei Beschwerden abgehalten werden könnten, einen Arzt aufzusuchen, kann dies nicht auf die mögliche Dosierung bei den homöopathischen Arzneimitteln zurückgeführt werden. Die Gefahr, dass ein Verbraucher bei Beschwerden keinen Arzt aufsucht, besteht auch bei allen anderen rezeptfrei erhältlichen Medikamenten und Produkten, mit denen ein Verbraucher diese Beschwerden selbst behandeln kann. Vielmehr ist aufgrund der zwischenzeitlich eingeführten gesetzlichen Vorgaben sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung, die inzwischen jegliche Informationsmöglichkeiten zu irgendwelchen Anwendungsgebieten bei homöopathischen Arznei- und Nahrungsergänzungsmitteln untersagt, ein Fachwissen notwendig, welche Wirkstoffe bei welchen Erkrankungsbildern eingesetzt werden können, die einen Verbraucher viel eher dazu nötigen, einen Arzt oder Heilpraktiker aufzusuchen, um sich entsprechende homöopathische Mittel verschreiben zu lassen.