Rechtsreferendar trotz Jugendstrafe

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 12.11.2019 zum Aktenzeichen 4 S 51.19 entschieden, dass ein Jura-Studenten nicht wegen einer Jugendstrafe die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst versagt werden darf.

Der juristische Vorbereitungsdienst erfolgt in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses, das Ähnlichkeiten mit dem Status von Beamtinnen und Beamten auf Widerruf aufweist und zum Teil unter Anwendung der für diese geltenden Vorschriften durchgeführt wird. Das Beamtenrecht enthält Regelungen für den Fall, dass Beamtinnen oder Beamte Straftaten begehen. Werden sie wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt, endet ihr Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG).

Nach dem Wortlaut liegt es fern, dass „Freiheitsstrafe“ jede Verwahrungsstrafe unter Einschluss der Jugendstrafe meint. Auch auf dem Gebiet des Strafrechts wird die Jugendstrafe als gegenüber der Freiheitsstrafe eigenständig verstanden.

Auch nach Sinn und Zweck der Regelungen über die Versagung der Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst schließt die Freiheitsstrafe die Jugendstrafe nicht ohne ausdrückliche Bestimmung durch den Normgeber ein. Wird wie hier das Jugendstrafrecht auf jemanden angewandt, der bei Tatbegehung Heranwachsender war, muss der Täter zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichgestanden haben (so § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG, dessen Anwendung vom Strafgericht gegenüber dem Antragsteller nicht ausgeschlossen werden konnte) oder in der Tat eine Jugendverfehlung erkannt werden (§ 105 Abs. 1 Nr. 2 JGG). Die darin zum Ausdruck kommende Rücksichtnahme des Gesetzgebers auf eine etwaige entwicklungsbedingte Unreife von Heranwachsenden endet mit Vollendung des 21. Lebensjahres. Werden Lebensältere, aber auch Heranwachsende zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, beruht das auf der gesetzlichen Annahme einer im Wesentlichen ausentwickelten Persönlichkeit. Insoweit lösen gravierende Straftaten im Hinblick auf § 20 Abs. 3 Nr. 2 JAO größere Bedenken aus als die Straftaten, die noch in juveniler Unreife begangen wurden.