Hawala-Banking: Freiheitsstrafen und Einziehung der Taterträge

25. November 2021 -

Das Landgericht Düsseldorf hat am 23.11.2021 zum Aktenzeichen 14 KLs 2/21 fünf Angeklagte wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und zwei der Angeklagten darüber hinaus wegen Verstößen gegen das Waffengesetz zu Freiheitsstrafen zwischen vier Jahren und zwei Monaten und einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen wurde für drei der Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht hat außerdem Taterträge in Höhe von mehr als 170 Mio. Euro eingezogen.

Aus der Pressemitteilung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24.11.2021 ergibt sich:

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte gegen zwei Angeklagte Haftstrafen von 3 Jahren und 2 Monaten sowie 5 Jahren gefordert. Gegen drei Angeklagte hatte die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen von 2 Jahren beantragt.

Aufgrund des Ergebnisses der an 27 Tagen durchgeführten Hauptverhandlung ist das Gericht vor dem Hintergrund der umfassenden Geständnisse der Angeklagten und der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Angeklagten zwischen März 2018 und November 2019 über 500 Geldwertüberweisungen zwischen Deutschland und der Türkei vorgenommen und dabei Gelder in Höhe von 170 Mio Euro bewegt haben.

Ab einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zu Beginn des Jahres 2018 waren die Angeklagten Mitglieder einer internationalen Organisationsstruktur, deren Zweck die Durchführung von grenzüberschreitenden Geldüberweisungen ist. Im Rahmen dieses sog. Hawala-Banking erfolgen die Überweisungen durch Schaffung von Liquiditätsvorräten {sog. „Töpfen“) an den jeweiligen Ausgangsorten und Zielorten. Die Kunden zahlen das Geld an einem Ort ein und erhalten es an einem anderen Ort abzüglich der Provision zurück. Eine faktische Bargeldbewegung findet für die jeweilige Einzeltransaktion nicht statt. Die Betreiber der verschiedenen Töpfe rechnen in regelmäßigen Abständen ihre gegenseitigen Forderungen auf und gleichen die Fehlbeträge aus. Dieses System basiert allein auf dem Vertrauen, dass der Wert der eingezahlten Gelder an der vereinbarten Stelle wieder ausgezahlt wird.

Im Einzelnen hat die 14. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf die Angeklagten wie folgt verurteilt:

– Der Hauptangeklagte wurde wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten (§ 63 Abs. 1 Nr. 4 ZAG) in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren 2 Monaten verurteilt. Gegen ihn wurde die Einziehung eines Betrages von 154.206.028,00 EUR angeordnet.

– Ein weiteres Mitglied wurde wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und wegen des tateinheitlich begangenen, zweifachen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren 10 Monaten verurteilt. Gegen ihn wurde die Einziehung eines Betrages von 20.453.955,00 EUR angeordnet.

– Die an den Zahlstellen tätigen Mitglieder wurden wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zu Freiheitsstrafen von 1 Jahr 10 Monaten bzw. 1 Jahr 8 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie die Taten in der Hauptverhandlung und teilweise auch bereits im Ermittlungsverfahren umfassend gestanden haben. Auch die von zwei Angeklagten erlittene Untersuchungshaft unter Pandemiebedingungen wurde strafmildernd bedacht. Ferner wurde die Dauer der Hauptverhandlung und des Ermittlungsverfahrens zu Gunsten der Angeklagten bedacht. Darüber hinaus waren vier der Angeklagten nicht vorbestraft.

Strafschärfend hat die Strafkammer die hohe kriminelle Energie der Angeklagten gewertet, die in ihrer professionellen Vorgehensweise über einen relativ langen Tatzeitraum zum Ausdruck kam und dazu geführt hat, dass mehr als 170 Mio. € an der Bankenaufsicht vorbei transferiert werden konnten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten können gegen das Urteil Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.