Ein Arbeitsverhältnis kann durch Kündigung oder einvernehmlichen Vertrag beendet werden. Oft steht die Frage im Raum, ob ein Aufhebungsvertrag eine sinnvolle Alternative zur klassischen Kündigung darstellt. Im Folgenden beleuchtet dieser Rechtstipp beide Optionen aus juristischer Sicht. Es werden die rechtlichen Grundlagen, Wirkungen sowie Vor- und Nachteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer analysiert. Abschließend geben wir Handlungsempfehlungen für beide Seiten, inklusive wichtiger Hinweise auf Gesetzesnormen (z. B. BGB, SGB III) und aktuelle Rechtsprechung.
Aufhebungsvertrag vs. Kündigung – Definition, Form und Voraussetzungen
Bei einer Kündigung handelt es sich um eine einseitige Willenserklärung, durch die ein Arbeitsverhältnis von einer Partei (Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) beendet wird]. Die Kündigung wird wirksam, sobald sie dem Vertragspartner zugeht – dessen Zustimmung ist nicht erforderlich. Dabei sind jedoch gesetzliche, vertragliche oder tarifliche Kündigungsfristen sowie ggf. der Kündigungsschutz (KSchG) zu beachten. Eine ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber setzt z. B. einen sozial gerechtfertigten Kündigungsgrund voraus (§ 1 KSchG) – etwa betriebsbedingte, personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe – sofern das KSchG im Betrieb anwendbar ist. Besondere Schutzvorschriften gelten zudem für bestimmte Personengruppen (z. B. Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder), die nur unter strengen Auflagen gekündigt werden können.
Demgegenüber beruht ein Aufhebungsvertrag (auch „Auflösungsvertrag“ genannt) auf einer vertraglichen Einigung beider Parteien. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren einvernehmlich, das Arbeitsverhältnis zu beenden, und können dabei den Beendigungszeitpunkt frei wählen. Der große Unterschied zur Kündigung ist also, dass ein Aufhebungsvertrag beidseitiges Einvernehmen erfordert – keine Seite kann ihn gegen den Willen der anderen erzwingen. Lehnt eine Partei ab (sei es der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer), kommt kein Vertrag zustande und das Arbeitsverhältnis besteht unverändert fort.
Formerfordernis: Wichtig ist, dass nach § 623 BGB für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag zwingend Schriftform erforderlich ist. Beide Parteien müssen also den Aufhebungsvertrag physisch unterschreiben – eine mündliche Vereinbarung oder ein bloßer E-Mail-Wechsel reicht nicht aus (elektronische Form ist ausdrücklich ausgeschlossen, § 623 BGB). Wird die Schriftform missachtet, ist die Vereinbarung nichtig.
Kombination ausgeschlossen: Kündigung und Aufhebungsvertrag schließen sich wechselseitig aus – sie können nicht gleichzeitig oder kombiniert eingesetzt werde. Ein Aufhebungsvertrag ersetzt die Kündigung und beendet das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung. Selbst wenn bereits eine Kündigung ausgesprochen wurde, besteht theoretisch die Möglichkeit, im Nachhinein einen Aufhebungsvertrag (dann häufig als Abwicklungsvertrag bezeichnet) zu schließen, um die Modalitäten der Beendigung einvernehmlich zu regeln. Ein Abwicklungsvertrag wird also nach einer Kündigung geschlossen und legt z. B. eine Abfindungszahlung fest, während der eigentliche Aufhebungsvertrag selbst die Beendigung herbeiführt.
Rechtliche Wirkungen eines Aufhebungsvertrags
Ein rechtswirksam geschlossener Aufhebungsvertrag beendet das Arbeitsverhältnis endgültig zum vereinbarten Termin und vermeidet somit unter Umständen einen längeren Kündigungsstreit vor dem Arbeitsgericht. Alle mit der Beendigung zusammenhängenden Punkte lassen sich darin verbindlich regeln (Beendigungsdatum, Zahlungen, Zeugnis usw.), was Rechtssicherheit für beide Seiten schafft. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer haben einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der andere einen Aufhebungsvertrag abschließt – es handelt sich stets um eine freiwillige Vereinbarung.
Für den Arbeitgeber hat ein Aufhebungsvertrag den Effekt, dass das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der regulären Kündigungsfristen und ohne Kündigungsgrund (im Sinne des KSchG) beendet werden kann. Damit entfällt das Risiko einer Kündigungsschutzklage seitens des Arbeitnehmers. Wichtig: Mit Abschluss des Aufhebungsvertrags verzichtet der Arbeitnehmer in der Regel darauf, Kündigungsschutz nachträglich geltend zu machen. Insbesondere ist nach Unterzeichnung keine Kündigungsschutzklage mehr möglich – das Arbeitsverhältnis wird durch die beiderseitige Willenserklärung einvernehmlich beendet. Durch seine Zustimmung gibt der Arbeitnehmer also seine sonst bestehenden Schutzrechte bei arbeitgeberseitigen Kündigungen auf (wie z. B. Weiterbeschäftigung bis zum Ende des Kündigungsschutzprozesses).
Für den Arbeitnehmer bedeutet ein Aufhebungsvertrag zudem in der Regel, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abschließend geregelt werden. Üblich ist eine sogenannte Ausgleichsklausel, wonach mit Erfüllung des Aufhebungsvertrags (Zahlung der vereinbarten Beträge etc.) sämtliche wechselseitigen Ansprüche erledigt sind. Damit werden z. B. Überstundenvergütungen, Bonuszahlungen oder sonstige Forderungen abgegolten, sofern sie nicht ausdrücklich vorbehalten sind. Der Arbeitnehmer sollte sich bewusst sein, dass er nachträglich keine weiteren Ansprüche oder den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend machen kann, außer der Vertrag selbst ist unwirksam.
Typische Inhalte und Gestaltungsspielräume des Aufhebungsvertrags
Der Inhalt eines Aufhebungsvertrags kann – abgesehen von den zwingenden Formerfordernissen – weitgehend frei verhandelt werden. In der Praxis haben sich jedoch einige typische Regelungspunkte etabliert, die in den meisten Aufhebungsvereinbarungen vorkommen:
- Beendigungstermin: Das Datum, an dem das Arbeitsverhältnis enden soll, wird festgelegt. Da bei einer Aufhebung keine Kündigungsfristen eingehalten werden müssen, kann der Termin grundsätzlich frei gewählt werden. Häufig wird ein zeitnaher Austritt vereinbart, z. B. „zum Ende des laufenden Monats“ oder ein anderes definiertes Datum. Theoretisch wäre sogar eine sofortige Beendigung möglich. Allerdings kann es – insbesondere aus Arbeitnehmersicht – sinnvoll sein, das Ende mindestens so weit in die Zukunft zu legen, wie die ordentliche Kündigungsfrist laufen würde (siehe dazu unten die sozialrechtlichen Folgen).
- Abfindungszahlung: Ein goldener Handschlag ist oft das Herzstück eines Aufhebungsvertrags. Obwohl kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht, wird sie in der Praxis häufig vereinbart – vor allem dann, wenn die Initiative zur Beendigung vom Arbeitgeber ausgeht. Die Abfindung ist ein finanzieller Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und soll dem Arbeitnehmer die Vertragsauflösung „schmackhaft“ machen. Typischerweise orientiert man sich an der Faustformel von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr als Abfindungshöhe. Dieser Richtwert wird oft in Kündigungsschutzprozessen zugrunde gelegt, um Vergleiche zu schließen. Je nach Verhandlungsmacht und Ausgangslage kann die Abfindung aber auch höher oder niedriger ausfallen. Hinweis: Abfindungen sind sozialversicherungsfrei, unterliegen jedoch der Lohnsteuer. Das bedeutet, dass weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer Beiträge zur Renten-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherung daraus zahlen – allerdings müssen Steuern gezahlt werden (ggf. mit Fünftelungsregelung zur Milderung der Steuerprogression).
- Freistellung: Häufig wird der Arbeitnehmer ab Abschluss des Aufhebungsvertrags bis zum Beendigungsdatum freigestellt. Das heißt, er muss nicht mehr zur Arbeit erscheinen, erhält aber bis zum Ende des Vertrags sein Gehalt weiter. Die Freistellung kann widerruflich oder unwiderruflich vereinbart sein. Bei unwiderruflicher Freistellung verzichtet der Arbeitgeber endgültig auf die Arbeitsleistung, und der Arbeitnehmer kann in dieser Zeit auch einen anderen Job antreten. Noch offene Urlaubsansprüche werden in diesem Fall oft mit der Freistellung verrechnet („bezahlt freigestellt“) – der Resturlaub gilt dann als genommen. Eine widerrufliche Freistellung bedeutet hingegen, dass der Arbeitgeber den Mitarbeiter bis Vertragsende theoretisch zurückbeordern dürfte. Dann muss im Aufhebungsvertrag meist klar geregelt werden, was mit restlichem Urlaub geschieht (etwa ausdrückliche Urlaubsgewährung während der Freistellung oder Zusage der Urlaubsabgeltung am Ende). Für Arbeitgeber hat eine unwiderrufliche Freistellung den Vorteil, dass verbleibende Urlaubsansprüche erlöschen und nicht ausbezahlt werden müssen. Arbeitnehmer sollten allerdings beachten, dass eine ausgezahlte Urlaubsabgeltung sich auf das Arbeitslosengeld auswirken kann – dazu unten mehr.
- Arbeitszeugnis: Nahezu immer trifft der Aufhebungsvertrag Regelungen zum Arbeitszeugnis. Oft wird zumindest festgehalten, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf ein qualifiziertes und wohlwollendes Zeugnis hat. Meist einigen sich die Parteien auf eine bestimmte Zeugnisnote oder konkrete Formulierungen. Empfehlenswert ist es, die genaue Wortwahl gleich als Anlage dem Vertrag beizufügen, um spätere Streitigkeiten über den Zeugnisinhalt zu vermeiden. So kann der Arbeitnehmer sicherstellen, dass sein Zeugnis am Ende auch tatsächlich makellos ausfällt – ein wichtiger Vorteil eines einvernehmlichen Ausscheidens.
- Weitere Regelungen: Je nach Einzelfall können zahlreiche individuelle Vereinbarungen aufgenommen werden. Beispiele sind: die Abgeltung von Überstunden oder Boni, die Herausgabe von Firmenwagen, Laptop oder Handy, Konkurrenzklauseln (Aufhebung oder Bestätigung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots und ggf. dessen Ausgleichszahlung), Umzugs- oder Weiterbildungskosten, Outplacement-Hilfe bei der Stellensuche etc. Beide Seiten haben hier Gestaltungsspielraum, solange keine gesetzlichen Verbote verletzt werden. Wichtig ist, klar und umfassend zu regeln, um spätere Auslegungsprobleme zu vermeiden – im Zweifel sollte der Vertrag von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht formuliert oder zumindest überprüft werden.
Sozialversicherungsrechtliche Folgen (Arbeitslosengeld, Sperrzeit usw.)
Ein Aufhebungsvertrag kann für den Arbeitnehmer erhebliche sozialrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Insbesondere in Bezug auf das Arbeitslosengeld I (ALG I) ist Vorsicht geboten: Wenn ein Arbeitnehmer freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder daran mitwirkt, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, sieht das Gesetz eine Sperrzeit vor. Konkret bestimmt § 159 Abs.1 SGB III, dass der Anspruch auf ALG I ruht (d.h. nicht besteht) für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer sein Beschäftigungsverhältnis versicherungswidrig gelöst hat. Die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld dauert in der Regel 12 Wochen (§ 159 Abs.3 SGB III). In dieser Zeit erhält der Arbeitnehmer keine Leistungen und die Gesamtbezugsdauer des ALG I verkürzt sich entsprechend.
Bei einem Aufhebungsvertrag unterstellt die Bundesagentur für Arbeit zunächst grundsätzlich ein solches versicherungswidriges Verhalten – schließlich hat der Arbeitnehmer durch seine Unterschrift selbst zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses beigetragen. Die Voraussetzungen für eine Sperrzeit sind dann „in der Regel immer“ erfüllt. Folge: Dem Arbeitnehmer droht eine 12-wöchige Sperre des Arbeitslosengeldes[]. Das gilt insbesondere, wenn er ohne Anschlussbeschäftigung freiwillig auf seinen Arbeitsplatz verzichtet. Auch eine vereinbarte Urlaubsabgeltung kann zum Ruhen des ALG-Anspruchs führen – nämlich für die Tage, die abgegolten wurden (denn insoweit wird unterstellt, dass der Arbeitnehmer den Urlaub nachträglich bezahlt genommen hat und deshalb während dieses Zeitraums kein ALG benötigt).
Ausnahmen (wichtiger Grund): In bestimmten Ausnahmefällen verhängt die Agentur für Arbeit keine Sperrzeit, obwohl ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde. Dies setzt einen wichtigen Grund im Sinne des § 159 SGB III voraus. Nach den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit und der Rechtsprechung liegt ein solcher wichtiger Grund z. B. vor, wenn:
- der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit Bestimmtheit eine Kündigung in Aussicht gestellt hat (d.h. eine Kündigung sicher erfolgen würde, falls der Vertrag nicht zustande kommt), und
- diese angedrohte Kündigung auf betriebliche oder personenbedingte Gründe gestützt wäre (nicht auf ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers), und
- die Kündigungsfrist bei der Beendigung im Aufhebungsvertrag eingehalten wird (d.h. das vereinbarte Enddatum entspricht dem frühestmöglichen Kündigungstermin), und
- dem Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von höchstens 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr zugesagt wird, und
- der Arbeitnehmer nicht unkündbar ist (z. B. kein besonderer Kündigungsschutz, oder die behördliche Zustimmung bei Sonderkündigungsschutz würde vorliegen), und
- der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag objektive Nachteile für sein berufliches Fortkommen vermeidet (z. B. um ein sonst unvermeidliches zeugnisunschönes Ende durch fristlose/ordentliche Kündigung zu umgehen).
Sind all diese Bedingungen kumulativ erfüllt, wird der Aufhebungsvertrag sozialrechtlich wie eine vom Arbeitgeber erfolgte, gerechtfertigte Kündigung behandelt, sodass keine Sperrzeit eintritt. In der Praxis ist diese Konstellation allerdings selten in Gänze gegeben. Arbeitnehmer sollten sich daher im Zweifel darauf einstellen, dass mit einer Sperrzeit zu rechnen ist, wenn sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Nur wenn der Arbeitgeber z.B. betriebsbedingt ohnehin gekündigt hätte und man sich quasi nur auf formal korrektem Wege und mit maßvoller Abfindung einigt, bleibt die Sperrzeit aus. Zu beachten ist auch: Allein die Androhung einer Kündigung durch den Arbeitgeber – ein häufiger Druckmechanismus – reicht nicht als wichtiger Grund, um die Sperrzeit abzuwenden. Es kommt auf die Rechtmäßigkeit und Unausweichlichkeit der in Aussicht gestellten Kündigung an.
Ruhen des ALG-Anspruchs bei Abfindung: Neben der Sperrzeit gibt es noch einen zweiten sozialrechtlichen Effekt zu bedenken: das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Entlassungsentschädigung (§ 158 SGB III). Dieser greift, wenn der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet, nämlich vor dem Zeitpunkt, zu dem es bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist geendet hätte, und der Arbeitnehmer dafür eine Abfindung oder ähnliche Entschädigung erhält. In einem solchen Fall ruht der ALG-Anspruch bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis geendet hätte, wenn ordentlich gekündigt worden wäre. Die Arbeitsagentur stellt quasi darauf ab, dass die Abfindung den Zeitraum bis zum fiktiven Ende des Arbeitsverhältnisses finanziell abdeckt – während dieses Zeitraums wird dann kein Arbeitslosengeld gezahlt. Beispiel: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren zum 31.12. die Aufhebung, obwohl die Kündigungsfrist bis 31.03. gereicht hätte, und es fließt eine Abfindung. Dann ruht das ALG I in der Regel bis 31.03. des Folgejahres. Dieser Ruhenszeitraum kommt zusätzlich zur eventuellen Sperrzeit hinzu.
Arbeitnehmer sollten daher zweierlei beachten, bevor sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben: Zum einen, ob sie einen wichtigen Grund für ihr Mitwirken an der Beendigung vorweisen können (was selten der Fall ist), und zum anderen, ob das Ende des Arbeitsverhältnisses mit oder ohne Rücksicht auf die Kündigungsfrist vereinbart wird. Im Zweifelsfall kann es finanziell vorteilhafter sein, den Vertrag so zu datieren, dass die Kündigungsfrist eingehalten wird, um eine Anrechnung der Abfindung aufs ALG zu vermeiden. Allerdings lässt sich das nicht immer realisieren, insbesondere wenn der Arbeitgeber eine schnellere Trennung wünscht.
Meldepflicht bei der Agentur für Arbeit: Unabhängig von Sperrzeit und Ruhenszeit gilt: Wenn ein Ende des Arbeitsverhältnisses feststeht, muss der Arbeitnehmer sich rechtzeitig arbeitssuchend melden. Nach § 38 SGB III muss die Meldung spätestens 3 Monate vor Beendigung erfolgen, bei kurzfristigeren Vereinbarungen innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihre Mitarbeiter auf diese Pflicht hinzuweisen. Versäumt der Arbeitnehmer die fristgerechte Meldung, droht separat eine (kurzere) Sperrzeit wegen verspäteter Meldung. Daher: Sobald ein Aufhebungsvertrag unterzeichnet ist (oder schon in Aussicht steht), umgehend bei der Agentur für Arbeit vorsprechen und arbeitssuchend melden, um keine weiteren Nachteile zu riskieren.
Anfechtung, Widerruf und Drucksituationen
Hat ein Arbeitnehmer erst einmal einen Aufhebungsvertrag unterschrieben, gibt es kein gesetzliches Widerrufsrecht wie bei einem Haustür- oder Online-Vertrag. Die üblichen verbraucherschützenden Widerrufsvorschriften finden im Arbeitsrecht keine Anwendung. Selbst wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers geschlossen wurde (z. B. bei einem Treffen im Café oder in der Wohnung des Arbeitnehmers), kann er in der Regel nicht einfach innerhalb von 14 Tagen widerrufen werde. Dies wurde durch eine Gesetzesänderung 2014 klargestellt und seither von der Rechtsprechung bestätigt. Arbeitnehmer können also nicht darauf vertrauen, eine vorschnell geleistete Unterschrift kurz darauf einseitig rückgängig machen zu können – es sei denn, ein Widerrufsrecht ist ausdrücklich im Vertrag selbst vereinbart worden (was eher unüblich ist) oder ergibt sich aus einem anwendbaren Tarifvertrag.
Trotz fehlendem Widerrufsrecht gibt es in Ausnahmefällen die Möglichkeit, einen Aufhebungsvertrag anzufechten. Die Anfechtung ist an strenge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft: Nach § 123 BGB kann eine Willenserklärung angefochten werden, wenn jemand zur Unterzeichnung durch arglistige Täuschung oder widerrechtliche Drohung bestimmt wurde. Ebenso kann nach § 119 BGB angefochten werden, wenn man sich über eine wesentliche Tatsache geirrt hat – in der Praxis spielt das aber selten eine Rolle, da ein Irrtum über die Folgen (z. B. Sperrzeit) meist als unbeachtlicher Motivirrtum eingestuft wird. Fokus liegt daher auf § 123 BGB: Wurde der Vertrag unter unzulässigem Druck oder durch Täuschung erzwungen?
Eine arglistige Täuschung läge etwa vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorsätzlich über entscheidende Umstände irreführt, um seine Unterschrift zu erlangen (z. B. falsche Angaben über Sozialplanansprüche oder die Behauptung, man müsse sofort unterschreiben, obwohl das nicht stimmt). In einem solchen Fall könnte der Arbeitnehmer den Vertrag anfechten, sobald er die Täuschung entdeckt.
Die Anfechtung wegen Drohung ist ein klassisches Szenario: Häufig berichten Arbeitnehmer, sie hätten nur unterschrieben, weil man ihnen mit einer fristlosen Kündigung oder anderen Konsequenzen gedroht habe, falls sie nicht zustimmen. Eine Drohung mit Kündigung ist arbeitsrechtlich jedoch nicht automatisch „widerrechtlich“. Hier greifen die Maßstäbe der Rechtsprechung: Nur wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung unter den gegebenen Umständen niemals ernsthaft in Erwägung ziehen dürfte, gilt die Drohung als widerrechtlich. Mit anderen Worten, die bloße Ankündigung einer (auch harten) Maßnahme ist erlaubt, solange der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, dass diese Maßnahme rechtlich Bestand haben könnte. Beispielsweise: Droht der Arbeitgeber mit einer außerordentlichen Kündigung, obwohl gar kein wichtiger Grund vorliegt und er sich dessen bewusst ist, wäre die Drohung wohl widerrechtlich. Hatte er jedoch zumindest einen vertretbaren Anlass für eine Kündigung, ist die Drohung nicht anfechtbar. Die Gerichte verlangen also eine objektive Betrachtung aus Sicht eines vernünftigen Arbeitgebers. Nur wenn die angedrohte Kündigung offensichtlich unwirksam wäre (und der Arbeitgeber das weiß oder wissen müsste), darf er damit nicht drohen, um einen Vertrag zu erzwingen.
Neben Täuschung und Drohung hat die Rechtsprechung jüngst ein weiteres wichtiges Kriterium entwickelt: das Gebot des fairen Verhandelns. Dieses ist als Nebenpflicht aus § 241 Abs.2 BGB anerkannt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 2019 entschieden, dass ein Aufhebungsvertrag unwirksam sein kann, wenn er unter Verletzung dieses Gebots zustande kam. Arbeitgeber dürfen keine Verhandlungssituation schaffen oder ausnutzen, die die freie Willensbildung des Arbeitnehmers in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Beispielsweise wäre es unfair, den Arbeitnehmer überrumpelnd zu einem Gespräch zu bitten und ihm ohne Vorwarnung ein Aufhebungsangebot zu unterbreiten, ihn vielleicht sogar unter Zeitdruck zu setzen („Unterschreiben Sie jetzt sofort, sonst…“) – insbesondere, wenn der Arbeitnehmer gerade in einer geschwächten Verfassung ist (etwa krank zu Hause im Bett). Eine psychische Drucksituation, die eine freie und überlegte Entscheidung erheblich erschwert, ist zu vermeiden. Wird dieses Fairness-Gebot missachtet, so begründet das nach der BAG-Rechtsprechung einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auf Naturalrestitution. Das bedeutet: Er ist so zu stellen, als hätte er den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen – mit anderen Worten, das Arbeitsverhältnis besteht fort. Im Ergebnis führt also ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags. Ein bekanntes Beispiel: Eine Arbeitnehmerin war arbeitsunfähig krank zu Hause, als der Arbeitgeber unangekündigt erschien und sie zur Unterschrift drängte. Das BAG hielt es für möglich, dass allein dieses Vorgehen – Überraschung in der Wohnung und Ausnutzung der Krankheit – das Fairnessgebot verletzt. Das Verfahren wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen, mit dem klaren Hinweis, dass im Falle eines Verstoßes der Vertrag nichtig wäre. Diese Rechtsprechung (BAG, Urt. v. 07.02.2019 – 6 AZR 75/18; bestätigt durch BAG, Urt. v. 24.02.2022 – 6 AZR 333/21) sollten Arbeitgeber wie Arbeitnehmer kennen.
Hinweis zu Anfechtung/Widerruf: Im Normalfall ist ein unterschriebener Aufhebungsvertrag endgültig bindend. Ein Widerruf aus freien Stücken ist ausgeschlossen. Nur bei sehr gravierenden Umständen – arglistiger Täuschung, klar unzulässiger Drohung oder unfairer Überrumpelung – besteht eine Chance, sich im Nachhinein vom Vertrag zu lösen. Die Hürden sind jedoch hoch, und die Beweislast liegt beim Arbeitnehmer. Darum ist es umso wichtiger, bereits vor der Unterschrift größte Sorgfalt walten zu lassen und sich nicht unter Druck setzen zu lassen (siehe dazu die folgenden Handlungsempfehlungen).
Vorteile und Nachteile aus Sicht des Arbeitgebers
Vorteile für Arbeitgeber
- Rechtssicherheit und Vermeidung von Kündigungsschutzklagen: Ein Aufhebungsvertrag bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, ohne das Risiko eines langwierigen Kündigungsschutzprozesses mit ungewissem Ausgang. Da der Arbeitnehmer dem Vertrag zustimmt, kann er hinterher nicht vor Gericht die Weiterbeschäftigung erzwingen. Es entsteht sofort Klarheit über die Beendigung.
- Keine Bindung an Kündigungsfristen: Anders als bei einer ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber beim Aufhebungsvertrag die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen nicht einhalten. Man kann sich also auch sehr kurzfristig trennen. Dies kann z.B. wichtig sein, wenn eine Stelle sofort abgebaut werden soll. (Achtung: Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der normalen Kündigungsfrist beendet, kann dies allerdings – wie oben beschrieben – zu einer Ruhezeit beim ALG führen. Viele Arbeitgeber halten dennoch zumindest die Frist ein, um dem Arbeitnehmer die Sperrzeit zu ersparen.)
- Kein Kündigungsgrund erforderlich: Insbesondere in Betrieben mit allgemeinem Kündigungsschutz (mehr als 10 Mitarbeiter, Arbeitnehmer länger als 6 Monate beschäftigt) benötigt der Arbeitgeber einen sozial gerechtfertigten Grund für eine Kündigung. Beim Aufhebungsvertrag entfällt diese Voraussetzung; es muss keine Begründung vorliegen oder nachgewiesen werden. Selbst Leistungsträger oder geschützte Mitarbeiter können so im Einvernehmen aus dem Unternehmen ausscheiden, auch wenn eine Kündigung unwirksam wäre. Der Arbeitgeber umgeht das strenge Regime des Kündigungsschutzgesetzes legal durch die einvernehmliche Lösung.
- Entfall besonderer Kündigungsschutzvorschriften: Mit Abschluss eines Aufhebungsvertrags fallen spezielle Kündigungsverbote weg. Beispiele: Schwangere oder Mitarbeiter in Elternzeit dürfen vom Arbeitgeber eigentlich nicht ohne Weiteres gekündigt werden (§ 17 MuSchG, § 18 BEEG), und die Kündigung Schwerbehinderter bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts (§ 168 SGB IX). Ein Aufhebungsvertrag kann jedoch auch mit diesen besonders geschützten Arbeitnehmern geschlossen werden – ohne behördliche Genehmigung. Das Arbeitsverhältnis endet dann wirksam zum vereinbarten Termin. (Natürlich sollte der Arbeitgeber hier mit besonderer Sensibilität vorgehen, um nicht den Anschein von Überrumpelung oder Druck zu erwecken.)
- Kein Betriebsratsverfahren: Kündigt ein Arbeitgeber ordentlich oder außerordentlich, muss er gemäß § 102 BetrVG vorher den Betriebsrat anhören und dessen Stellungnahme einholen. Bei einem Aufhebungsvertrag entfällt diese Verpflichtung – der Betriebsrat ist nicht einzubeziehen. Das Verfahren wird also beschleunigt und vereinfacht. (Dennoch kann es aus Gründen des Betriebsfriedens ratsam sein, den Betriebsrat zumindest zu informieren, wenn viele Aufhebungsverträge in der Belegschaft abgeschlossen werden.)
- Weitere Vorteile: Der Arbeitgeber kann durch den Aufhebungsvertrag Zeit und Nerven sparen, da er keine Kündigungsgründe aufwendig dokumentieren muss. Ein möglicher Imageschaden durch Kündigungsschutzklagen in der Öffentlichkeit wird vermieden. Zudem kann im gegenseitigen Einvernehmen oft eine für beide Seiten akzeptable Trennungslösung gefunden werden (z. B. mit Outplacement-Beratung oder in gegenseitigem guten Einvernehmen), was sich positiv auf die verbleibenden Mitarbeiter und die Unternehmenskultur auswirken kann.
Nachteile für Arbeitgeber
Obwohl der Aufhebungsvertrag aus Arbeitgebersicht meist positiv gesehen wird, gibt es auch einige Nachteile bzw. Risiken:
- Finanzielle Zugeständnisse: In der Regel wird der Arbeitgeber nicht „gratis“ das Einverständnis des Arbeitnehmers erhalten. Oft sind Abfindungszahlungen oder andere Vergünstigungen nötig, damit der Mitarbeiter unterschreibt. Diese zusätzlichen Kosten muss der Arbeitgeber tragen, obwohl er bei einer betriebsbedingten Kündigung ohne Aufhebungsvertrag unter Umständen gar keine Abfindung hätte zahlen müssen (Abfindungen sind gesetzlich nur in wenigen Ausnahmefällen vorgeschrieben, etwa bei betriebsbedingter Kündigung mit Angebot nach § 1a KSchG). Auch andere Leistungen – z. B. Freistellung unter Fortzahlung des Gehalts, Prämien, vorteilhafte Zeugnisformulierungen – sind für den Arbeitgeber Zugeständnisse, die ohne Aufhebungsvertrag nicht in diesem Umfang anfielen.
- Verhandlungsaufwand: Einen Aufhebungsvertrag zu schließen bedeutet, dass man in Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer tritt. Dies erfordert Zeit und Geschick. Nicht jeder Arbeitnehmer ist sofort bereit, sein festes Arbeitsverhältnis aufzugeben – ggf. müssen mehrere Gespräche geführt und individuelle Lösungen gefunden werden. Im Vergleich zur einseitigen Kündigung, die der Arbeitgeber aussprechen kann, entsteht also ein Mehraufwand. Kommt es nicht zum Abschluss, war der Aufwand umsonst und der Arbeitgeber muss doch eine Kündigung aussprechen.
- Rechtliche Angreifbarkeit bei Formfehlern oder unfairer Durchführung: Der Aufhebungsvertrag muss korrekt formuliert und abgeschlossen werden. Formfehler (z. B. fehlende Schriftform, Unterzeichnung durch nicht Berechtigte) machen ihn ungültig. Wurde der Arbeitnehmer stark unter Druck gesetzt oder unzureichend aufgeklärt, besteht ein Anfechtungsrisiko (Stichwort: Drohung, Irrtum, „Gebot fairen Verhandelns“, siehe oben). Scheitert der Vertrag später vor Gericht, fällt man unter Umständen auf den Ausgangspunkt zurück – das Arbeitsverhältnis besteht dann womöglich fort, obwohl man dachte, der Mitarbeiter sei bereits „weg“. Zudem könnte ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers entstehen. Für den Arbeitgeber bedeutet dies: Die erwünschte schnelle Beendigung tritt nicht ein, und er hat im schlimmsten Fall finanziell und juristisch mehr Probleme als bei einer sorgfältig vorbereiteten ordentlichen Kündigung.
- Signalwirkung und Präzedenzfälle: Bietet ein Arbeitgeber häufig Aufhebungsverträge mit Abfindung an, könnte dies Signalwirkungen in der Belegschaft auslösen. Andere Mitarbeiter warten eventuell ebenfalls auf eine Abfindungsregelung, anstatt selbst zu kündigen oder normale Kündigungen abzuwarten. Es kann auch der Eindruck entstehen, dass der Arbeitgeber sich vor Kündigungen „drückt“ und stattdessen großzügig zahlt, was Verhandlungserwartungen bei zukünftigen Trennungen wecken könnte.
In der Abwägung überwiegen aber meist die Vorteile – insbesondere dann, wenn eine Kündigung rechtlich unsicher wäre oder man den Mitarbeiter schnell und einvernehmlich ohne Imageverlust ausscheiden lassen möchte.
Vorteile und Nachteile aus Sicht des Arbeitnehmers
Vorteile für Arbeitnehmer
- Abfindung und finanzielle Vorteile: Ein Aufhebungsvertrag kann dem Arbeitnehmer eine Abfindungszahlung einbringen, die er bei einer eigenen Kündigung oder sogar einer arbeitgeberseitigen Kündigung ohne Prozess nicht erhalten würde. Zwar besteht kein Anspruch darauf, aber in der Praxis wird ein Arbeitnehmer meist nur zustimmen, wenn eine lohnende Abfindung angeboten wird. Dieses zusätzliche Geld kann den Übergang in die Arbeitslosigkeit abfedern oder einen finanziellen Puffer schaffen. Zudem sind Abfindungen sozialversicherungsfrei (keine Abzüge für Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) – das erhöht den Netto-Effekt im Vergleich zum normalen Gehalt. (Steuern fallen jedoch an, ggf. begünstigt durch die Fünftelregel.)
- Flexible Wahl des Beendigungszeitpunkts: Ein Aufhebungsvertrag ermöglicht es dem Arbeitnehmer, den Austrittstermin flexibel zu gestalten. Hatte der Arbeitnehmer ohnehin vor zu gehen – z. B. weil ein neuer Job in Aussicht steht – kann er mit dem Arbeitgeber ein früheres Ausscheiden vereinbaren, ohne die oft langen Kündigungsfristen abwarten zu müssen. So kann er vielleicht schon früher die neue Stelle antreten und Doppelbelastungen oder Wartezeiten vermeiden. Für Arbeitnehmer, die wechseln wollen, bietet der Aufhebungsvertrag also eine interessante Alternative zur Eigenkündigung, bei der ja ebenfalls Fristen einzuhalten wären.
- „Weißes“ Arbeitszeugnis und Bewerbungsvorteile: Da ein Aufhebungsvertrag einvernehmlich erfolgt, lässt sich im Arbeitszeugnis und Lebenslauf ein unschöner Kündigungsvermerk vermeiden. Insbesondere wenn eine fristlose Kündigung im Raum steht, kann ein Aufhebungsvertrag helfen, den Lebenslauf zu „retten“. Oft wird dann ein neutraler Beendigungsgrund angegeben („auf eigenen Wunsch“ oder „im beiderseitigen Einvernehmen“) und ein makelloses qualifiziertes Arbeitszeugnis zugesichert. Für zukünftige Bewerbungen ist das vorteilhaft, da kein potenzieller neuer Arbeitgeber durch einen Kündigungsgrund (etwa „betriebsbedingt“ oder gar „fristlos“) abgeschreckt wird. Auch werden Aufhebungsverträge häufig gerade dann geschlossen, wenn dem Arbeitnehmer etwas vorgeworfen wurde – durch die einvernehmliche Trennung lässt sich das Thema diskret erledigen.
- Verhandlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten: Der Arbeitnehmer ist beim Aufhebungsvertrag nicht bloß „Opfer“ einer Kündigung, sondern kann aktiv mitgestalten. Er hat Verhandlungsspielraum, um für sich günstige Bedingungen zu erzielen. Neben der Abfindung und dem Zeugnis kann er z. B. eine Freistellung bis zum Ende der Laufzeit aushandeln (ggf. mit der Möglichkeit, schon einen neuen Job anzutreten, ohne auf Kündigungsfristen Rücksicht nehmen zu müssen), die Überlassung von Arbeitsmitteln (manchmal darf ein Diensthandy oder Laptop behalten werden) oder andere Punkte. Diese Kontrollmöglichkeit über die Austrittsbedingungen empfinden viele Arbeitnehmer als Vorteil gegenüber einer abrupten Kündigung, bei der sie nur reagieren können.
- Umgehung von Sperrfristen bei neuem Job: Hat der Arbeitnehmer bereits eine neue Stelle in petto, kann ein Aufhebungsvertrag helfen, schneller aus dem alten Vertrag herauszukommen, als es durch Kündigung möglich wäre. Ein neuer Arbeitgeber wartet erfahrungsgemäß nicht monatelang auf den Kandidaten. Durch die Einigung kann der Wechsel nahtloser erfolgen. Auch bei befristeten Verträgen, die eigentlich noch länger laufen, kann so ein frühzeitiger Ausstieg erreicht werden.
Nachteile für Arbeitnehmer
- Verzicht auf Kündigungsschutz und Klagerechte: Der größte Nachteil ist der Verlust sämtlicher arbeitnehmerseitiger Schutzmechanismen, die bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung greifen würden. Mit seiner Unterschrift gibt der Arbeitnehmer seinen Kündigungsschutz preis. Er kann nicht mehr gerichtlich überprüfen lassen, ob die Kündigung vielleicht sozial ungerechtfertigt oder unwirksam gewesen wäre – denn es gab ja keine Kündigung, sondern einen Vertrag. Auch besondere Kündigungsschutzrechte (Mutterschutz, Schwerbehindertenschutz etc.) sind hinfällig, wenn man selbst der Auflösung zustimmt. Kurz gesagt: Der Arbeitnehmer opfert freiwillig seine Rechtsposition, die ihn sonst bis zu einem gerichtlichen Vergleich oder Urteil im Job gehalten hätte.
- Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Wie oben ausführlich dargestellt, führt die freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses in aller Regel zu einer Sperrzeit von 12 Wochen beim ALG I. Für den Arbeitnehmer bedeutet das drei Monate Null-Einkommen (sofern nicht nahtlos ein neuer Job angetreten wird). Diese drastische Konsequenz muss einkalkuliert werden. Zwar lässt sich durch entsprechende Gestaltung in Ausnahmefällen eine Sperrzeit vermeiden, aber das erfordert, dass alle Bedingungen (Kündigungsandrohung, Frist, Grund, Abfindungshöhe etc.) genau erfüllt sind – worauf der Arbeitnehmer allein wenig Einfluss hat. Zudem wird selbst ohne Sperrzeit häufig der ALG-Anspruch zeitlich verschoben, wenn vorzeitiger Austritt und Abfindung zusammenkommen (Ruhenszeit nach § 158 SGB III).
- Ruhen des ALG-Anspruchs bei vorzeitigem Austritt: Endet das Arbeitsverhältnis früher als die Kündigungsfrist es vorgesehen hätte, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Zeit, da die Abfindung als Entschädigung angerechnet wird. Praktisch bedeutet das: Hätte der Arbeitnehmer z.B. bei Kündigung noch zwei Monate länger gearbeitet (oder Gehalt bekommen), bekommt er stattdessen nun zwar die Abfindung, aber die Agentur für Arbeit zahlt erst zwei Monate später ALG I. Unter dem Strich verliert der Arbeitnehmer dadurch zwar nichts Materielles (Abfindung ersetzt entgangenes Gehalt), aber er verliert Zeit von seiner Arbeitslosengeld-Bezugsdauer. Das ist relevant, weil ALG I nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt wird (i.d.R. 6–12 Monate, je nach Beschäftigungsdauer und Alter auch länger). Durch 12 Wochen Sperrzeit plus z.B. 2 Monate Ruhen kann der gesamte ALG-Anspruch um 5 Monate schrumpfen. Diese Einbuße muss man bedenken, vor allem wenn keine neue Stelle sicher ist.
- Finanzielle Unsicherheit und Lücken: Schließt ein Arbeitnehmer voreilig einen Aufhebungsvertrag ohne Anschlussbeschäftigung, begibt er sich in ein hohes finanzielles Risiko. Nach Ende des Arbeitsverhältnisses hat er – zumindest während der Sperrzeit – kein Einkommen, zehrt also von der Abfindung oder angespartem Geld. Kranken- und Rentenversicherung laufen in der Zeit der Sperrfrist ebenfalls nicht automatisch weiter (man kann sich freiwillig weiterversichern, was aber zusätzliche Kosten bedeutet). Auch läuft die Abfindung einer regelmäßigen Gehaltszahlung den Rang ab: man bekommt zwar einmalig Geld, aber wenn das aufgebraucht ist, steht man ggf. ohne regelmäßiges Einkommen da. Anders als bei einer Kündigung, nach der man sofort ALG beziehen könnte, ist man hier einige Zeit auf sich gestellt. Für Arbeitnehmer ohne sofortigen neuen Job kann das eine sehr belastende Situation sein.
- Kein Weg zurück: Hat man erst unterschrieben, gibt es, wie dargestellt, kein unkompliziertes Zurück. Viele Arbeitnehmer berichten im Nachhinein von Vertragsreue – etwa wenn sich die Aussicht auf den neuen Job zerschlagen hat oder man das Ausmaß der Sperrzeit erkennt. Dieses Risiko trägt der Arbeitnehmer allein. Eine Anfechtung oder Lösung vom Vertrag ist nur in Ausnahmefällen möglich (Drohung, Täuschung, Fairness-Verstoß) und oft schwer durchzusetzen. In der Regel ist der Schritt endgültig.
- Verhandlungsdruck und psychische Belastung: Die Situation, in der ein Aufhebungsvertrag angeboten wird, ist für Arbeitnehmer oft mit Stress verbunden. Nicht selten wird ein Mitarbeiter vom Angebot überrumpelt, ggf. in einem Personalgespräch unter Anspannung, vielleicht sogar mit der (unausgesprochenen) Androhung „ansonsten kündigen wir Ihnen fristlos/ordentlich“. Dieser Druck kann dazu führen, dass man vorschnell etwas unterschreibt, was man bei kühler Überlegung nicht getan hätte. Die Entscheidung, den sicheren Arbeitsplatz aufzugeben, trifft man eventuell nicht komplett freiwillig, sondern weil man Angst vor einer Kündigung hat. Dieser Umstand ist zwar rechtlich anerkannt (siehe Gebot fairen Verhandelns), aber bis man Recht bekommt, ist der Vertrag zunächst wirksam. Die psychische Belastung, in kurzer Zeit eine folgenschwere Entscheidung treffen zu müssen, darf nicht unterschätzt werden.
- Verlust weiterer Ansprüche: Oft enthält der Aufhebungsvertrag die erwähnte Ausgleichsklausel, wonach mit der Abfindung und restlichen Zahlungen alles abgegolten ist. Damit verzichtet der Arbeitnehmer möglicherweise auf zusätzliche Ansprüche, die er sonst gehabt hätte – z. B. auf eine anteilige Bonuszahlung, Provision oder leistungsabhängige Vergütung, auf Resturlaubsauszahlung, auf Überstundenvergütung oder sogar auf die Teilnahme an einem Sozialplan (falls kurz darauf eine betriebsbedingte Kündigungswelle mit Sozialplan kommen würde, schließt er sich durch die frühzeitige Aufhebung evtl. davon aus). Diese Punkte müssen vorab geprüft werden. Der Arbeitnehmer sollte genau überlegen, auf was er mit seiner Unterschrift alles verzichtet.
Zusammengefasst kann ein Aufhebungsvertrag aus Arbeitnehmersicht reizvoll sein, wenn bereits eine neue Stelle sicher ist oder wenn die gebotene Abfindung sehr attraktiv ist. Hat man jedoch keinen Plan B, sollte man die Nachteile – insbesondere Sperrzeit und den Verlust des Kündigungsschutzes – sehr gut abwägen.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
Für Arbeitgeber ist es essenziell, Aufhebungsverträge rechtssicher zu gestalten und fair umzusetzen. Hier einige Tipps aus Arbeitgebersicht:
- Form und Formalien beachten: Stellen Sie sicher, dass der Vertrag schriftlich fixiert und von beiden Parteien original unterschrieben wird (§ 623 BGB). Im Dokument sollten alle relevanten Punkte klar und verständlich geregelt sein: Beendigungsdatum, Zahlungen, Zeugnis, Freistellung, Ausgleichsklausel etc. Verwenden Sie präzise Formulierungen, um Missverständnisse zu vermeiden. Z.B. sollte bei Abfindungen klar sein, ob es sich um einen Bruttobetrag handelt und wann er fällig ist. Übernehmen Sie bei Bedarf erprobte Formulierungen oder lassen Sie den Entwurf von einem Fachanwalt prüfen.
- Keine übereilte Unterschrift erzwingen: Geben Sie dem Arbeitnehmer ausreichend Bedenkzeit und drängen Sie ihn nicht zu einer sofortigen Entscheidung. Aus Fairnessgründen (und um einem möglichen Vorwurf der Überrumpelung vorzubeugen) sollte das Angebot für einige Tage bestehen bleiben. Bieten Sie an, dass der Arbeitnehmer den Entwurf mit nach Hause nehmen kann. Ein vorschnell unterschriebener Vertrag kann später angefochten werden, wenn er unter unzulässigem Druck zustande kam – das möchte kein Arbeitgeber riskieren. Halten Sie sich an das vom BAG geforderte Gebot fairen Verhandelns und vermeiden Sie jedes Anzeichen von Nötigung.
- Betriebsrat informieren (bei Bedarf): Zwar ist der Betriebsrat formal nicht zu beteiligen, dennoch ist es klug, ihn zumindest informell einzubinden, wenn mehrere Aufhebungsverträge im Raum stehen. Das kann Konflikte entschärfen und dem Betriebsrat das Gefühl geben, nicht umgangen zu werden. In einzelnen Fällen kann der Betriebsrat sogar helfen, eine einvernehmliche Lösung zu vermitteln.
- Sperrzeit-Problematik berücksichtigen: Seien Sie sich bewusst, dass Arbeitnehmer wegen einer drohenden Sperrzeit oft zögern, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Sie können dies proaktiv angehen, indem Sie den Vertrag so gestalten, dass die BA-Ausnahmeregelung greift (siehe oben die Bedingungen). Konkret: Wenn möglich, halten Sie die Kündigungsfrist ein und wählen Sie einen betrieblichen oder persönlichen Auflösungsgrund statt eines misstrauisch wirkenden „freiwilligen“ Austritts. Halten Sie die Abfindung bei max. 0,5 Monatsgehältern pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Stellen Sie dem Mitarbeiter die Situation transparent dar: Etwa, dass Sie leider betriebsbedingt abbauen müssen und ihm deshalb so oder so gekündigt würde, aber mit dem Vertrag kann er mehr Einfluss nehmen und bekommt eine Abfindung. Verdeutlichen Sie, dass er durch die Einhaltung der Frist keine Sperrzeit beim ALG befürchten muss, falls die Voraussetzungen erfüllt sind. Eine solche faire Verhandlungsposition erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitnehmer zustimmt.
- Rechtliche Beratung und Vertragsvorlagen nutzen: Als Arbeitgeber sollten Sie bei Unsicherheit auf bewährte Muster oder Rechtsrat zurückgreifen. Es gibt Vertragsvorlagen, doch Vorsicht: Jeder Fall ist individuell. Wenn z.B. besondere Klauseln nötig sind (etwa zum Dienstwagen oder Wettbewerbsverbot), sollte dies juristisch korrekt eingefügt werden. Eine schlampige Formulierung kann teuer werden. Lieber einmal mehr beraten lassen als später einen unwirksamen Vertrag in der Hand zu halten.
- Dokumentation von Fairness: Falls die Situation es erlaubt, dokumentieren Sie schriftlich, dass der Arbeitnehmer die Gelegenheit hatte, den Vertrag zu prüfen (etwa per E-Mail: „Wie besprochen, erhalten Sie den Entwurf, überlegen Sie es sich in Ruhe bis nächste Woche.“). Dies kann im Streitfall helfen zu zeigen, dass fair verhandelt wurde. Vermeiden Sie es, dem Mitarbeiter in unpassenden Momenten (Feierabend, Krankheit, großer Stress) das Thema aufzudrängen. Ideal ist ein ruhiges Gespräch mit Vorankündigung.
- Hinweis- und Aufklärungspflichten: Klären Sie den Arbeitnehmer über seine Pflichten im Zusammenhang mit der Beendigung auf. Insbesondere müssen Sie ihn schriftlich über die Verpflichtung informieren, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden (§ 2 Abs.2 S.2 Nr.3 SGB III). Kommen Sie dieser Pflicht nicht nach, kann der Arbeitnehmer ggf. Schadensersatz verlangen, falls ihm dadurch Nachteile entstehen. Zwar sind Sie nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer über alle sozialrechtlichen Folgen (Sperrzeit etc.) zu beraten, doch ist es im Sinne eines fairen Umgangs empfehlenswert, keine diesbezüglichen Fragen falsch oder irreführend zu beantworten. Wenn der Arbeitnehmer z.B. nach der Sperrzeit fragt, sollten Sie diese Problematik nicht herunterspielen oder verschweigen. Eine offene Kommunikation schafft Vertrauen und reduziert das Risiko, dass der Mitarbeiter im Nachhinein den Vertrag bereut.
- Individuelle Lösungen anbieten: Überlegen Sie, was dem Arbeitnehmer den Abschied erleichtern könnte. Ist es die Höhe der Abfindung? Ein hervorragendes Zeugnis? Eine verlängerte Freistellung? Manchmal sind kreative Zugeständnisse möglich, die für den Mitarbeiter wertvoll sind, den Arbeitgeber aber wenig kosten (z. B. darf der Mitarbeiter das Firmenhandy behalten oder bekommt Unterstützung bei einer Fortbildung). Solche Punkte können Verhandlungen zum Erfolg führen. Beachten Sie aber, nichts Unübliches zu versprechen, was später als sittenwidrig oder irrational ausgelegt werden könnte. Alles sollte im Rahmen üblicher Vereinbarungen bleiben.
Handlungsempfehlungen für Arbeitnehmer
Auch Arbeitnehmer sollten bei einem angebotenen Aufhebungsvertrag strategisch und informiert vorgehen. Hier einige Tipps aus Arbeitnehmersicht:
- Nicht unter Druck setzen lassen – Bedenkzeit nehmen: Unterschreiben Sie niemals übereilt einen Aufhebungsvertrag! Lassen Sie sich nicht einreden, das Angebot gelte „nur heute“ oder ähnliches. Sie sind nicht verpflichtet, sofort zu unterschreiben. Bitten Sie um eine Bedenkzeit von ein paar Tagen, um die Konsequenzen zu durchdenken. Ein seriöser Arbeitgeber wird Ihnen diese Zeit gewähren und drängt nicht auf eine Unterschrift „noch am selben Tag“. Wenn Sie sich unter Druck gesetzt fühlen, sprechen Sie das ruhig an: „Eine so wichtige Entscheidung kann ich nicht sofort treffen. Ich brauche mindestens bis morgen/bis nächste Woche Zeit.“ Sollten Drohungen im Spiel sein („ansonsten kündigen wir fristlos“), behalten Sie einen kühlen Kopf – viele Drohungen sind rechtlich nicht haltbar. Hier ist es besser, eine Kündigung zu riskieren (die man später angreifen kann), als vorschnell auf Rechte zu verzichten.
- Fachanwaltliche Beratung einholen: Lassen Sie den vorgeschlagenen Vertrag anwaltlich prüfen, am besten durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Ein Anwalt kann Ihnen sagen, ob die angebotene Abfindung angemessen ist, worauf Sie eventuell noch achten sollten und ob Klauseln fehlen oder nachteilig sind. Die Anwaltskosten sind gut investiert, bedenkt man die finanzielle Tragweite eines Aufhebungsvertrags. Oft bieten Anwälte kurzfristig Beratung an, wenn Eile geboten ist. Tipp: Einige Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten einer solchen Beratung.
- Auf Inhalte und Details achten: Prüfen Sie den Vertragsentwurf genau. Kontrollliste für Arbeitnehmer: Ist das Beendigungsdatum korrekt und akzeptabel? Wurde eine Abfindung vereinbart – wenn ja, wie hoch und wann wird sie gezahlt? Steht drin, dass die Abfindung mit der nächsten Gehaltsabrechnung oder zu einem bestimmten Termin fällig ist (wichtig für Verzugszinsen, falls der Arbeitgeber spät zahlt)? Ist die Freistellung geregelt – bezahlt, unwiderruflich? Was passiert mit Resturlaub und Überstunden – werden sie explizit abgegolten oder dürfen Sie sie während der Freistellung nehmen? Enthält der Vertrag ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis und ggf. sogar einen Formulierungsvorschlag oder wenigstens die Note (z. B. „sehr gut“)? Gibt es eine Ausgleichsklausel („alle Ansprüche sind erledigt“) – und wenn ja, haben Sie daran gedacht, alle für Sie wichtigen Ansprüche vorher einzufordern oder im Vertrag festzuhalten (z. B. Bonus, Prämie, nicht zurückgezahltes Darlehen, Provisionen)? Falls ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im ursprünglichen Arbeitsvertrag besteht, wird dieses im Aufhebungsvertrag erwähnt (Aufhebung oder Bestätigung samt Karenzentschädigung)? Fehlen wichtige Punkte, sprechen Sie den Arbeitgeber darauf an und lassen Sie den Vertrag entsprechend ergänzen. Unklare Formulierungen sollten klargestellt werden.
- Sozialversicherungsrechtliche Folgen bedenken: Fragen Sie sich ehrlich, wie Ihre finanzielle Situation nach dem Ausscheiden aussieht. Haben Sie bereits einen neuen Job sicher oder zumindest in Aussicht? Wenn nicht, kalkulieren Sie unbedingt die Sperrzeit von 12 Wochen beim Arbeitslosengeld ein. Können Sie drei Monate ohne Einkommen überbrücken (ggf. mit der Abfindung)? Rechnen Sie dabei auch ein, dass Sie sich freiwillig krankenversichern müssen, solange kein ALG fließt. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie würden durch die Sperrzeit in ernste Schwierigkeiten geraten, sollte das ein starkes Argument gegen eine vorschnelle Unterschrift sein. In solchen Fällen kann es besser sein, auf eine Kündigung zu warten und dann sofort ALG I zu erhalten – oder zumindest mit dem Arbeitgeber zu verhandeln, dass der Aufhebungsvertrag erst zu einem Datum nach Ablauf der Kündigungsfrist endet (um eine Sperrzeit/Anrechnung zu vermeiden). Fragen Sie den Anwalt gezielt zu Ihren Ansprüchen: Wie lange bekämen Sie ALG I? Was würde sich durch Sperrzeit/Ruhen ändern?
- Verhandeln Sie Ihre Vorteile aus: Betrachten Sie das Angebot als Verhandlungsbasis. Sie müssen einen vorgelegten Entwurf nicht einfach schlucken. Überlegen Sie, was Ihnen wichtig ist, und bringen Sie das ein. Beispielsweise: „Ich wäre prinzipiell einverstanden, aber ich möchte, dass im Zeugnis die Formulierung ‚stets zu unserer vollsten Zufriedenheit‘ verwendet wird und dass ich bis zum Ende freigestellt werde.“ Oder: „Die Abfindung erscheint mir etwas niedrig – können wir die Summe noch erhöhen? Ich habe xx Jahre für die Firma gearbeitet.“ Der Arbeitgeber will Ihre Unterschrift; zögern Sie nicht, dafür Gegenleistungen zu fordern. Allerdings: Bleiben Sie realistisch und sachlich. Drohen Sie nicht sofort mit Ablehnung, sondern argumentieren Sie, warum Ihr Wunsch fair ist. Viele Arbeitgeber sind verhandlungsbereit, solange die Forderungen im Rahmen bleiben.
- Vorsicht bei Druck und Überraschung: Falls Sie den Eindruck haben, der Arbeitgeber versucht Sie zu überrumpeln (z. B. Gespräch ohne Vorlauf, unangenehme Atmosphäre, Aussage „das Angebot gilt nur heute“), seien Sie doppelt vorsichtig. Hier könnte ein Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns vorliegen. Unterschreiben Sie auf keinen Fall im Zustand von Schock oder Übermüdung. Bitten Sie ggf. um Vertagung des Gesprächs: „Das kommt jetzt sehr überraschend für mich. Ich möchte das erst verdauen und in Ruhe drüber schlafen.“ Lassen Sie sich auch nicht einreden, Sie dürften den Vertrag niemandem zeigen – natürlich dürfen und sollten Sie einen Anwalt konsultieren. Wenn der Arbeitgeber das verbieten wollte, wäre das hochgradig unseriös.
- Keine falschen Angaben machen: Sollte der Aufhebungsvertrag eine Passage enthalten, dass der Arbeitnehmer aus eigenem Wunsch kündigt oder ähnliches, stellen Sie sicher, dass keine unwahren Behauptungen darin stehen. Manchmal wünschen Arbeitgeber Formulierungen wie „auf eigenen Wunsch des Mitarbeiters“ – hier kann man mitgehen, weil es im Zeugnis gut klingt. Achten Sie aber darauf, nichts zu unterschreiben, was Ihnen später negativ ausgelegt werden könnte. Im Zweifel lassen Sie solche Wertungen weg.
- Meldepflicht erfüllen: Sobald der Vertrag unterschrieben ist (oder abzusehen ist, dass er zustande kommt), denken Sie daran, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden (§ 38 SGB III). Das ist Ihr Job – der Arbeitgeber muss Sie zwar darauf hinweisen, aber im eigenen Interesse sollten Sie nicht darauf warten. Melden Sie sich am besten schriftlich oder persönlich, sobald das Enddatum feststeht (mindestens 3 Monate vor Ende, sonst innerhalb von 3 Tagen danach). So vermeiden Sie eine zusätzliche Sperrzeit wegen verspäteter Meldung.
- Emotionen kontrollieren: Ein Aufhebungsvertrag kann mit vielen Emotionen verbunden sein – Wut, Enttäuschung, Angst. Versuchen Sie, bei Verhandlungen sachlich zu bleiben. Ein kühler Kopf bewahrt Sie davor, aus Trotz abzulehnen, obwohl das Angebot gut ist – oder umgekehrt aus Panik anzunehmen, obwohl es schlecht ist. Nehmen Sie gern eine Vertrauensperson mit zum Gespräch, wenn das erlaubt ist (bei Gewerkschaftsmitgliedern z.B. ein Gewerkschaftssekretär oder ein Anwalt). Das kann helfen, das Machtgefälle auszugleichen.
Für Arbeitnehmer gilt der Grundsatz: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ – oder in diesem Fall: wer sich löst. Ein Aufhebungsvertrag kann Türen öffnen (neuer Job, Abfindung) oder aber Probleme schaffen (Arbeitslosigkeit ohne Absicherung). Lassen Sie sich gut beraten, wägen Sie Vor- und Nachteile sorgfältig ab und unterschreiben Sie nur, wenn Sie vom Ergebnis überzeugt sind. Im Zweifel ist es keine Schande, nein zu sagen und den Arbeitgeber den Weg der regulären Kündigung gehen zu lassen – dann haben Sie immer noch die Möglichkeit, Ihre Rechte im Kündigungsschutzverfahren wahrzunehmen.
Rechtstipp zum Abschluss: Ein Aufhebungsvertrag ist ein mächtiges Instrument, das bewusst und gut informiert eingesetzt werden sollte. Beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – können davon profitieren, wenn er fair ausgehandelt wird. Es handelt sich aber um einen „point of no return“. Daher unser Rat: nehmen Sie sich die gebotene Zeit, holen Sie juristischen Rat ein und handeln Sie keine vorschnellen Deals aus. Dann kann der Aufhebungsvertrag in geeigneten Fällen tatsächlich eine sinnvolle Alternative zur Kündigung sein.