Kamera und Kameraattrappe auf Nachbargrundstück müssen entfernt werden

18. September 2019 -

Das Landgericht Koblenz hat mit Beschluss vom 05.09.2019 zum Aktenzeichen 13 S 17/19  in einem Nachbarschaftsstreit entschieden, dass ein Nachbar die auf das angrenzende Grundstück ausgerichtete Kamera sowie eine Kameraattrappe entfernen muss.

Aus Pressemitteilung des Landgerichts Koblenz vom 18.09.2019 ergibt sich:

Die Parteien bewohnen zwei nebeneinanderliegende Grundstücke, die Gärten grenzen aneinander. Der Beklagte hat in einem Haselnussstrauch, welcher sich auf seinem Grundstück unmittelbar an der Grundstücksgrenze befindet, eine Kameraattrappe angebracht, die auf das Grundstück des Klägers ausgerichtet ist. Eine weitere Kamera hat der Beklagte in einem Fenster seines Hauses im Erdgeschoss aufgestellt, welche ebenfalls auf das Grundstück des Klägers ausgerichtet ist. Hieran stört sich der Kläger. Der Beklagte bringt zu seiner Verteidigung vor, die Kamera sowie die Kameraattrappe dienten seinem Schutz sowie der Abschreckung von Einbrechern.
Das Amtsgericht hatte den Beklagten unter anderem verurteilt, die Kamera sowie die Kameraattrappe zu entfernen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung und begehrt Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts.

Das LG Koblenz hat sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen und die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Landgerichts steht dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf Beseitigung der Kamera sowie der Kameraattrappe nach § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB zu. Nach ständiger Rechtsprechung greife eine Videoüberwachung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ein. Danach stehe einem Jeden das Recht der informationellen Selbstbestimmung zu. Dies beinhalte die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Bei der Installation von Videoüberwachungsanlagen auf einem Privatgrundstück müsse deshalb sichergestellt sein, dass weder angrenzende öffentliche Bereiche, noch benachbarte Privatgrundstücke von den Kameras erfasst werden. Etwas anderes gelte in Einzelfällen lediglich dann, wenn bei einer Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht ein überwiegendes Interesse des Betreibers der Anlage angenommen werden könne.

Eine solches überwiegendes Interesse z.B. durch eine konkrete, besondere Gefährdung seiner Sicherheit konnte der Beklagte nicht geltend machen. Danach habe er auf jeden Fall die tatsächlich vorhandene Kamera zu entfernen, bzw. so auszurichten, dass eine Überwachung des Grundstückes des Klägers sowie des öffentlichen Bereiches ausgeschlossen sei.

Gleiches gelte im Ergebnis auch für die Kameraattrappe. Denn bereits durch eine solche könne bei einem Nachbarn ein „Überwachungsdruck“ entstehen, wenn er nämlich eine Überwachung seines Grundstückes objektiv ernsthaft befürchten müsse. Dies sei nach den Umständen des konkreten Einzelfalles zu beurteilen. Angesichts des zwischen den Parteien schon länger schwelenden Nachbarschaftsstreites sei die Anbringung einer Kameraattrappe mit Ausrichtung auf das Grundstück des Klägers durch den Beklagten bereits als provokativ anzusehen. Für den Kläger nicht erkennbar sei dabei, ob es sich tatsächlich auch künftig lediglich um eine Attrappe handele oder ob der Beklagte diese eventuell zwischenzeitlich durch eine funktionsfähige Kamera ausgetauscht habe. Auf eventuelle Einbrecher dürfte die Attrappe in dem Haselnussstrauch hingegen nur wenig abschreckend wirken, da diese außer für Eingeweihte kaum erkennbar sei.