Kann ein befristeter Arbeitsvertrag vorzeitig gekündigt werden?

16. Oktober 2025 -

Ein befristeter Arbeitsvertrag endet grundsätzlich mit Ablauf der vereinbarten Zeit oder mit Erreichen des Zwecks – eine vorzeitige ordentliche Kündigung ist im Regelfall ausgeschlossen. Weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer können einen befristeten Vertrag während der Laufzeit ordentlich kündigen, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde. Gesetzliche Kündigungsfristen gelten hierbei nicht automatisch. Diese strikte Regelung soll beiden Seiten Planungssicherheit geben: Der Arbeitgeber kann fest mit der Arbeitskraft bis Vertragsende rechnen, und der Arbeitnehmer hat Gewissheit über die Beschäftigungsdauer.

Gesetzliche Grundlage: Kündigungsausschluss bei Befristungen

Die rechtliche Grundlage findet sich in § 15 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Danach sind befristete Arbeitsverhältnisse nicht ordentlich kündbar, sofern nicht im Arbeits- oder Tarifvertrag etwas anderes vereinbart ist. Beide Vertragsparteien sind an die vereinbarte Laufzeit gebunden und eine vorzeitige Kündigung mit Frist ist ausgeschlossen. Ein befristeter Vertrag bedarf also in der Regel keiner Kündigung, sondern endet durch Zeitablauf automatisch.

Eine seltene Ausnahme sieht das Gesetz lediglich für sehr lang andauernde Befristungen vor: Ist ein Arbeitsvertrag auf über fünf Jahre befristet oder sogar auf Lebenszeit geschlossen, so kann der Arbeitnehmer (nicht jedoch der Arbeitgeber) den Vertrag nach Ablauf von fünf Jahren mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ordentlich kündigen. Diese gesetzliche Ausstiegsoption gemäß § 15 Abs. 3 TzBfG (bzw. Abs. 5 TzBfG n.F.) greift jedoch nur in solchen Ausnahmefällen langer Befristungen und spielt in der Praxis kaum eine Rolle.

Vertragliche Ausnahmen: Kündigungsklausel und Sonderfälle

Trotz des grundsätzlichen Kündigungsverbots können die Parteien vertraglich eine Kündigungsklausel vereinbaren. Ist das Recht zur ordentlichen Kündigung im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorbehalten worden, darf der befristete Vertrag vorzeitig unter Beachtung der vereinbarten oder gesetzlichen Frist gekündigt werden. Ohne ausdrückliche Kündigungsklausel hingegen bleibt eine ordentliche Kündigung bis zum Befristungsende ausgeschlossen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten daher bereits bei Vertragsschluss prüfen, ob sie eine solche Klausel benötigen. Gerade bei längeren Befristungen verschafft eine vertraglich festgelegte Kündigungsfrist beiden Seiten Flexibilität. Wichtig ist, dass die Klausel klar und eindeutig formuliert ist – unklare Regelungen werden im Zweifel zulasten des Arbeitgebers ausgelegt oder für unwirksam erklärt.

Neben einer Vertragsklausel gibt es wenige weitere Sonderfälle, in denen eine ordentliche Kündigung eines befristeten Vertrags doch möglich sein kann. Ein Beispiel ist die Insolvenz des Arbeitgebers: Im Insolvenzfall hat der Insolvenzverwalter ein gesetzliches Recht, auch befristete Arbeitsverhältnisse ordentlich zu kündigen (der Arbeitnehmer jedoch nicht). Solche Sonderrechte greifen aber nur unter speziellen gesetzlichen Voraussetzungen und bleiben die Ausnahme. Im Normalfall gilt: Ohne vertragliche Öffnung bleibt die vorzeitige Beendigung durch ordentliche Kündigung versperrt.

Außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund

Unabhängig von einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit besteht stets das Recht zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB. Dieses Recht kann durch Vertrag nicht ausgeschlossen werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen gegeben sind, aufgrund derer der kündigenden Partei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum regulären Ende unzumutbar ist. Die Messlatte hierfür liegt hoch: Es muss zu einer gravierenden Pflichtverletzung oder einem Vertrauensbruch gekommen sein.

Beispiele, wann eine außerordentliche Kündigung berechtigt sein kann, gibt es aus beiden Blickwinkeln: Arbeitgeber können fristlos kündigen, wenn der Arbeitnehmer z. B. Diebstahl begeht, Geschäftsgeheimnisse verrät oder den Vorgesetzten schwer beleidigt. In solchen Fällen ist das Vertrauensverhältnis so massiv beschädigt, dass eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar wäre. Meist ist vor einer fristlosen Entlassung eine Abmahnung erforderlich, sofern die Pflichtverletzung nicht absolut unverzeihlich ist. Arbeitnehmer haben spiegelbildlich das Recht zur fristlosen Eigenkündigung, wenn der Arbeitgeber seine Pflichten gröblich verletzt – etwa, wenn er trotz Fälligkeit wiederholt keinen Lohn zahlt oder dem Mitarbeiter unrechtmäßig den Urlaub verweigert. Auch Mobbing oder sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz können für den Betroffenen einen wichtigen Grund darstellen. In all diesen Konstellationen gilt es, die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu beachten: Die außerordentliche Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des Kündigungsgrundes ausgesprochen werden, ansonsten verwirkt das Recht hierzu.

Wichtig: Die Hürden für eine außerordentliche Kündigung sind bewusst hoch, da sie das letzte Mittel darstellt. Ein weniger gravierender Anlass (z. B. leichte Vertragsverstöße oder Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung) rechtfertigt keine fristlose Kündigung. In solchen Fällen bleibt nur die reguläre Vertragsfortsetzung bis zum Ende der Befristung – es sei denn, eine einvernehmliche Lösung kann gefunden werden.

Einvernehmliche Vertragsbeendigung (Aufhebungsvertrag)

Immer möglich – und in der Praxis oft der sinnvollste Weg – ist die einvernehmliche Beendigung des befristeten Arbeitsvertrags durch einen Aufhebungsvertrag. Dabei einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden, ohne dass eine Kündigung im Rechtssinne ausgesprochen wird. Ein solcher Aufhebungsvertrag kann jederzeit abgeschlossen werden und bedarf der Schriftform. Vorteil: Beide Seiten können flexibel einen Beendigungstermin vereinbaren, ohne Kündigungsfristen abwarten zu müssen, und ein Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht wird vermieden. Zudem entfällt die Anhörung des Betriebsrats, die bei einer Arbeitgeberkündigung sonst nötig wäre.

Für den Arbeitgeber bietet ein Aufhebungsvertrag die Möglichkeit, sich auch ohne Kündigungsrecht von einem Mitarbeiter zu trennen – oft gegen Zahlung einer Abfindung als Ausgleich. Aus Arbeitnehmersicht kann die Abfindung ein willkommener finanzieller Vorteil sein, wenn man freiwillig auf den vertraglich gesicherten Arbeitsplatz verzichtet. Allerdings sollten Arbeitnehmer bedenken, dass ein Aufhebungsvertrag im Regelfall eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld nach sich zieht (bis zu 12 Wochen ohne ALG I), sofern nahtlos ein neuer Job angetreten wird. Wer keinen direkten Anschlussjob hat, muss dieses Risiko berücksichtigen oder wichtige Gründe für die Aufhebung nachweisen können, um eine Sperrzeit zu vermeiden.

In jedem Fall ist bei einem Aufhebungsvertrag eine sorgfältige Interessenabwägung ratsam. Beide Parteien sollten die Konditionen – insbesondere den Beendigungszeitpunkt, eine mögliche Abfindung und weitere Modalitäten (wie ein wohlwollendes Zeugnis) – klar regeln. Juristischer Rat kann helfen, Fallstricke zu vermeiden, da ein unterschriebener Aufhebungsvertrag in aller Regel endgültig bindend ist.

Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber

  • Vertrag vorausschauend gestalten: Überlegen Sie bereits bei Abschluss eines befristeten Vertrags, ob Sie eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit benötigen. Falls ja, nehmen Sie eine eindeutige Kündigungsklausel in den Vertrag auf. Dies verschafft Ihnen Flexibilität, etwa wenn sich herausstellt, dass der Mitarbeiter doch nicht ins Team passt – ohne Klausel wären Sie bis Vertragsende an ihn gebunden. Beachten Sie aber, dass bei zulässiger ordentlicher Kündigung auch der allgemeine Kündigungsschutz (KSchG) greifen kann. Das heißt, Sie benötigen einen rechtmäßigen Kündigungsgrund (betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt), sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist.
  • Kündigungsklauseln klar formulieren: Stellen Sie sicher, dass etwaige Klauseln unmissverständlich sind. Unpräzise Formulierungen gehen im Zweifel zu Lasten des Arbeitgebers oder werden von Gerichten für unwirksam erachtet. Lassen Sie Klauseln ggf. juristisch prüfen, insbesondere wenn Sie von gesetzlichen Musterformulierungen abweichen.
  • Alternative: Befristung auslaufen lassen: Wenn Sie keine Kündigungsklausel vereinbaren möchten (z. B. um Kündigungsschutzklagen zu vermeiden), planen Sie personell entsprechend. Setzen Sie die Vertragslaufzeit realistisch fest, sodass ein reguläres Auslaufenlassen möglich ist. Möchten Sie den Mitarbeiter danach nicht weiter beschäftigen, kündigen Sie ihm vorsorglich keine Verlängerung an. Denken Sie daran, dass der Arbeitnehmer sich drei Monate vor Befristungsende arbeitssuchend melden muss – informieren Sie ihn frühzeitig darüber, um sozialversicherungsrechtliche Nachteile zu vermeiden.
  • Kein leichtfertiger Kündigungsgrund: Greifen Sie zur außerordentlichen Kündigung nur in extremen Ausnahmefällen. Prüfen Sie sorgfältig, ob wirklich ein wichtiger Grund vorliegt (z. B. Straftaten, massive Störungen des Betriebsfriedens). Dokumentieren Sie Pflichtverstöße genau und wahren Sie die Fristen. Eine unbegründete oder vorschnelle fristlose Kündigung birgt hohe Prozessrisiken.
  • Einvernehmliche Lösungen erwägen: Wenn sich zeigt, dass eine Zusammenarbeit doch nicht bis Vertragsende sinnvoll ist, suchen Sie das Gespräch mit dem Arbeitnehmer. Ein Aufhebungsvertrag kann für beide Seiten vorteilhaft sein – etwa um sich sofort zu trennen, ohne monatelange Kündigungsfrist. Bieten Sie dem Arbeitnehmer gegebenenfalls eine Abfindung oder ein gutes Zeugnis an, um eine gütliche Einigung zu fördern. So vermeiden Sie Rechtsstreitigkeiten und planen schneller neu.

Handlungsempfehlungen für Arbeitnehmer

  • Vertragsbedingungen prüfen: Achten Sie vor Unterzeichnung eines befristeten Arbeitsvertrags darauf, ob eine Kündigungsregelung enthalten ist. Falls keine Klausel im Vertrag steht, müssen Sie damit rechnen, bis zum Befristungsende gebunden zu sein. Überlegen Sie gut, ob Sie die volle Vertragslaufzeit erfüllen können und wollen. Falls Sie Flexibilität benötigen (etwa weil Sie auf eine andere Stelle hoffen), sprechen Sie das frühzeitig an. Gegebenenfalls lässt sich eine Kündigungsmöglichkeit oder kürzere Befristung verhandeln.
  • Ordentliche Kündigung nur mit Klausel: Wenn Ihr befristeter Vertrag eine Kündigungsklausel enthält, können Sie genauso wie der Arbeitgeber mit Frist kündigen. Erkundigen Sie sich, welche Fristen gelten (oft wird auf § 622 BGB verwiesen, d.h. vier Wochen zum Monatsende, oder es gilt während der Probezeit zwei Wochen). Ohne Klausel ist eine Eigenkündigung vorzeitig nicht möglich – Sie können dann nicht einfach vorzeitig gehen, selbst mit der üblichen Kündigungsfrist.
  • Außerordentliche Kündigung nur bei gravierenden Gründen: Überlegen Sie genau, bevor Sie eine fristlose Kündigung in Erwägung ziehen. Diese ist nur bei schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt, etwa wenn der Arbeitgeber erhebliche Vertragsbrüche begeht (kein Lohn trotz Mahnung, schwere Sicherheitsverstöße, Mobbing o. ä.). Holen Sie im Zweifel rechtlichen Rat ein, ob Ihr Fall einen wichtigen Grund darstellt. Beachten Sie die 2-Wochen-Frist des § 626 BGB: Sobald der Anlass bekannt ist, müssen Sie zeitnah handeln.
  • Einvernehmliche Auflösung suchen: Wollen Sie aus einem laufenden befristeten Vertrag vorzeitig heraus (z. B. wegen eines attraktiven neuen Jobangebots oder aus persönlichen Gründen), sprechen Sie offen mit Ihrem Arbeitgeber. Viele Arbeitgeber sind zu einer einvernehmlichen Lösung bereit, wenn das Verhältnis gut ist oder sie selbst Kosten sparen können. Bitten Sie um einen Aufhebungsvertrag zum gewünschten Termin. Machen Sie aber keine vorschnellen Zusagen gegenüber dem neuen Arbeitgeber, bevor die Aufhebung unterschrieben ist.
  • Folgen eines Aufhebungsvertrags bedenken: Ein Aufhebungsvertrag kann zwar der Schlüssel zur schnellen Vertragsbeendigung sein, bringt aber auch Konsequenzen mit sich. Insbesondere droht bei freiwilliger Beendigung ohne Anschlussbeschäftigung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von meist 12 Wochen. Wenn Sie keine neue Stelle antreten, planen Sie finanziell entsprechend vor. Versuchen Sie ggf., im Aufhebungsvertrag einen wichtigen Grund festzuhalten (etwa eine in Aussicht gestellte betriebsbedingte Kündigung), um die Sperrzeit zu vermeiden. Lassen Sie sich im Zweifel von einer Anwältin oder einem Anwalt beraten, bevor Sie unterschreiben.
  • Rechte bei unwirksamer Befristung kennen: Zuletzt ein Hinweis: Mitunter sind Befristungen unwirksam (z. B. wegen Formfehlern oder fehlendem Sachgrund). In solchen Fällen gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet, und Sie hätten das gewöhnliche Kündigungsrecht. Haben Sie Zweifel an der Wirksamkeit der Befristung, können Sie binnen 3 Wochen nach dem vorgesehenen Ende eine Entfristungsklage erheben, um feststellen zu lassen, dass Ihr Vertrag unbefristet ist. Dies ist ein Spezialfall, der zwar über das Thema Kündigung hinausgeht, aber für Arbeitnehmer ein möglicher Ausweg sein kann, vorzeitig aus dem Vertrag zu kommen.

Ohne ausdrückliche Vereinbarung ist ein befristeter Arbeitsvertrag während seiner Laufzeit weder vom Arbeitgeber noch vom Arbeitnehmer ordentlich kündbar. Beide Seiten sollten sich dieser Bindung bewusst sein. Nur wichtige Gründe berechtigen zu einer fristlosen Beendigung, und auch dann sind strenge Maßstäbe anzulegen. In der Praxis empfiehlt es sich oft, nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen, falls die Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses für eine Seite nicht mehr tragbar erscheint. Arbeitgeber und Arbeitnehmer tun gut daran, bei Unsicherheiten frühzeitig fachkundigen Rat einzuholen – so lassen sich rechtliche Fallstricke vermeiden und tragfähige Lösungen für beide Seiten finden.