Kein Abschiebungsschutz für Gefährder Sami A.

20. Januar 2021 -

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat am 19.01.2021 zum Aktenzeichen 1 A 909/19.A im Fall des abgeschobenen Tunesiers und angeblichen ehemaligen Leibwächters von Osama bin Laden Sami A. das verwaltungsgerichtliche Urteil bestätigt, welches den Widerruf eines Abschiebungsverbots durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für rechtmäßig befunden hatte.

Aus der Pressemitteilung des OVG NRW vom 19.01.2021 ergibt sich:

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte im Jahr 2010 festgestellt, dass der Tunesier Sami A., der im Verdacht steht, Leibwächter von Osama bin Laden gewesen zu sein und von deutschen Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft wird, nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgeführt werden dürfe, weil ihm dort Folter und unmenschliche Behandlung drohe. Diesen Bescheid widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 20.06.2018 mit der Begründung, die Verhältnisse im Heimatland des Klägers hätten sich geändert, so dass ihm die früher festgestellten Gefahren nicht mehr drohten.
Bereits im Juli 2018 war Sami A. nach Tunesien abgeschoben worden. Nach Beschluss des VG Gelsenkirchen vom 12.07.2018 (7a L 1200/18.A) durfte Sami A. nicht abgeschoben werden, solange es von Tunesien keine diplomatische Note gebe, Sami A. dort nicht zu foltern. Das OVG Münster hatte daraufhin mit Beschluss vom 15.08.2018 (17 B 1029/18) entschieden, dass das Verwaltungsgericht zu Recht die Stadt Bochum verpflichtet habe, den von ihr abgeschobenen tunesischen Staatsangehörigen Sami A. unverzüglich auf ihre Kosten in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuholen. Im November 2018 hob das VG Gelsenkirchen das vorläufige Abschiebeverbot auf, nachdem die tunesischen Behörden erklärt hatten, dass A. in seinem Heimatland nicht von Folter bedroht sei. Die diplomatische Zusicherung sei „angesichts des vorangegangenen intensiven Austausches auf höchster politischer und diplomatischer Ebene“ verlässlich, auch weil das Interesse der Medien am Fall und dessen politische Bedeutung „in besonderem Maße die tatsächliche Einhaltung der Zusicherung durch die tunesischen Behörden“ sichere. Nicht glaubhaft seien dagegen Angaben von A., man habe ihn nach seiner Abschiebung in Tunesien gefoltert und unmenschlich behandelt.
Damit entfiel die Pflicht der Stadt Bochum zur Rückholung. Das VG Gelsenkirchen hob mit Beschluss vom 19.12.2018 (8 L 2184/18) auch die Rückholanordnung auf. Das OVG Münster hat die Beschwerde von Sami A. gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts mit Entscheidung vom 12.06.2019 (17 B 47/19) zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 16.01.2019 hatte das VG Gelsenkirchen auch den Widerruf des Abschiebungsverbotes in Bezug auf Tunesien für rechtmäßig befunden und die auf Aufhebung des Bescheides gerichtete Klage abgewiesen. Die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sei im Ergebnis zutreffend, nachdem es im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eine Verbalnote der tunesischen Botschaft in Berlin vom 29.10.2018 vorgelegt habe. Diese Verbalnote sichere dem Kläger die tatsächliche Anwendung der in Tunesien für Gerichtsverfahren bzw. für Inhaftierungen geltenden Schutzbestimmungen – einschließlich des Verbots von Folter und der Beachtung der Menschenrechte – zu.

Das OVG Münster hat den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts abgelehnt.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil aus keinem der von dem Kläger geltend gemachten Gründe (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache; Abweichung von der Rechtsprechung anderer Gerichte, etwa des Bundesverwaltungsgerichts; schwerwiegende Verfahrensmängel) zuzulassen. Mit seiner Antragsschrift habe der Kläger nicht – wie erforderlich – dargelegt, dass die Voraussetzungen der jeweiligen Zulassungsgründe vorliegen. Der Kläger begehre mit seinem Vortrag hauptsächlich eine abweichende rechtliche Bewertung seines Falls und mache damit in der Sache (ernstliche) Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils geltend. Dies rechtfertige in asylrechtlichen Verfahren keine Zulassung der Berufung.

Der Beschluss ist unanfechtbar.