Kein beA-Kanzleipostfach

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 06.05.2019 zum Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 69/18 entschieden, dass Rechtsanwaltssozietäten, Rechtsanwaltsgesellschaften, Rechtsanwaltspartnerschaften etc. keinen Anspruch auf ein beA-Kanzleipostfach haben.

Die klagende Rechtsanwaltsgesellschaft beansprucht von der Beklagten die Einrichtung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfaches (beA) für sich als Rechtsanwaltsaktiengesellschaft. Nach Abweisung der Klage durch den Anwaltsgerichtshof verfolgt sie ihr Begehren mit der zugelassenen Berufung weiter.

Nach Auffassung der klagende Rechtsanwaltsgesellschaft ergibt sich der Anspruch auf Einrichtung des beA aus einer die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO erst herstellenden erweiternden Auslegung dahingehend, dass als Berechtigte die Mitglieder der Rechtsanwaltskammern nicht nur in Gestalt natürlicher, sondern auch juristischer Personen anzusehen seien. Andernfalls sei die genannte Norm wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG als verfassungswidrig zu verwerfen, weil die Vorenthaltung eines beA die Rechtsanwaltsaktiengesellschaft gleichheitswidrig in ihrer Berufsausübungsfreiheit verletze, indem sie zu Unzuträglichkeiten und Mehraufwand hinsichtlich der internen organisatorischen Abläufe führe.

Die einfachgesetzlichen Vorschriften der § 31 Abs. 1 Satz 1, § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO sehen die empfangsbereite Einrichtung des beA in ihrer Zusammenschau nur zugunsten derjenigen Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, die natürliche Personen sind, vor. Die von § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO in Bezug genommene, die Verzeichnisse der Rechtsanwaltskammern und das Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer betreffende Vorschrift des § 31 Abs. 1 BRAO bezieht sich ihrem Wortlaut nach ausschließlich auf die in den Bezirken zugelassenen Rechtsanwälte und damit auf natürliche Personen. Dieses Normverständnis entspricht ausweislich der Gesetzesbegründung auch demjenigen des Gesetzgebers, der die seinerzeitige Änderung des § 31 Abs. 1 Satz 1 BRAO insoweit als Klarstellung dahingehend bezeichnet hat, „dass nur Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als natürliche Personen in die Verzeichnisse eingetragen werden“ (BT-Drucks. 16/11385, S. 35). Ausschließlich die – als natürliche Personen – eingetragenen Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer finden Eingang in das Gesamtverzeichnis und erhalten demgemäß nach § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO seitens der Bundesrechtsanwaltskammer ein beA empfangsbereit eingerichtet.

Zwar liegt eine Beeinträchtigung des Schutzbereichs des einheitlichen Grundrechts der Berufsfreiheit i.S.v. Art. 12 Abs. 1 GG – bestehend aus Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit auf der Stufe der Berufsausübungsfreiheit vor; diese ist jedoch durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende, vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt.

Soweit die klagende Rechtsanwaltsgesellschaft vorbringt, die Nichtberücksichtigung der Rechtsanwaltsaktiengesellschaft hinsichtlich der Einrichtung eines beA führe zu Unzuträglichkeiten und Mehraufwand, weil elektronische Zustellungen mit der Konsequenz verlängerter Laufzeiten und zusätzlicher Sicherheitsrisiken über „Umwege“ an ihren Vorstand oder andere empfangsbefugte natürliche Personen erfolgen müssten, gibt diese Argumentation keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung. Diesbezüglich verweist bereits die Gesetzesbegründung darauf, dass die persönliche Qualifikation der natürlichen Berufsträgerinnen und Berufsträger für die Ausübung der Tätigkeit entscheidend ist und für eine mit der Berücksichtigung etwa von Rechtsanwaltsaktiengesellschaften verbundene weitreichende und zugleich aufwändige Ausweitung des Inhalts des Verzeichnisses auf verschiedenartige – auch nach ausländischem Recht gegründete – Gesellschaftsformen kein Bedürfnis besteht. Dass es sich auch insoweit um den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit rechtfertigende vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls handelt, steht nach Auffassung des Senats außer Frage. Eine unverhältnismäßige Behinderung der Berufsausübung der klagenden Rechtsanwaltsgesellschaft ist ebenfalls nicht gegeben. Bei den vorgebrachten Einschränkungen handelt es sich ersichtlich um solche, die durch organisatorische Vorkehrungen ausgeglichen werden können.