Kein Eilrechtsschutz gegen MPU-Anordnung – Was bedeutet der BayVGH-Beschluss 11 CE 25.519 für Führerscheininhaber?

Kurzfassung: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat entschieden, dass eine behördliche Aufforderung zur Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) nicht isoliert gerichtlich angefochten werden kann. Mit anderen Worten: Wer zur MPU („Idiotentest“) aufgefordert wird, kann sich nicht per einstweiliger Anordnung sofort dagegen wehren, da diese Aufforderung als bloße Verfahrenshandlung ohne unmittelbare Regelungswirkung gilt. Erst wenn die Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage des Gutachtens entzogen wird, ist effektiver Rechtsschutz möglich. Dieser Rechtstipp erklärt den Fall, die gerichtliche Begründung und gibt praxisnahe Hinweise für betroffene Fahrerlaubnisinhaber.

Hintergrund des Falls: Unfall unter Medikamenteneinfluss

Eine erfahrene Autofahrerin verursachte im August 2023 beim Ausparken auf einem Parkplatz einen Blechschaden, indem sie einen danebenstehenden Pkw streifte. Zeugenaussagen und der Polizeibericht beschrieben sie als „stark verwirrt und völlig teilnahmslos“; sie wusste zunächst nicht zu erklären, wie es zum Unfall gekommen war. Auf Befragen verneinte sie zunächst die Einnahme von Alkohol oder Medikamenten. Erst zögerlich gab sie an, seit Langem verschiedene Psychopharmaka wegen einer chronischen Depression einzunehmen. Tatsächlich war es kurz zuvor zu einer Überdosierung von Lithium (einem Antidepressivum) gekommen, wodurch ihr Lithium-Blutspiegel außerhalb des therapeutischen Bereichs lag. Laut eines ärztlichen Berichts führte diese Medikationsüberdosierung sehr wahrscheinlich zu akuten kognitiven Beeinträchtigungen (Konzentrations- und Orientierungsstörungen), was den Unfall erklärt. Nach Anpassung der Medikation bildeten sich die Defizite rasch zurück, und bei stabiler Einstellung sei nicht von verminderter Fahreignung auszugehen, so die behandelnden Ärzte (Diagnose: rezidivierende schwere Depression, in Remission). Die Frau war also nach ärztlicher Einschätzung weiterhin fahrtüchtig, zumal ihre Medikamente bei richtiger Dosierung die Fahrtauglichkeit nicht prinzipiell beeinträchtigten.

Trotz dieser positiven ärztlichen Stellungnahmen blieben bei der Fahrerlaubnisbehörde Zweifel an der Eignung der Fahrerin. Insbesondere ein neurologischer Kurztest (Mini-Mental-Status-Test) hatte leicht unterdurchschnittliche Werte ergeben (26 von 30 Punkten; im DemTec-Test nur knapp unter Norm). Zudem war der Unfallhergang ungewöhnlich, und das Fahrzeug der Betroffenen wies mehrere Kratzer auf, die auf weitere unklare Vorfälle hindeuteten. Angesichts der dauerhaften Einnahme psychoaktiv wirkender Medikamente und dieser Auffälligkeiten hatte die Behörde Bedenken, ob die psychophysische Leistungsfähigkeit der Fahrerin zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen noch ausreiche. Es standen also Tatsachen im Raum, die auf mögliche Fahrungeeignetheit hindeuteten.

Anordnung einer MPU durch die Fahrerlaubnisbehörde

Auf Basis dieser Zweifel verfügte das zuständige Landratsamt im November 2024, dass die Betroffene ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) beizubringen habe. Konkret sollte geprüft werden, ob sie trotz ihrer Erkrankung und Medikation ausreichend leistungsfähig zum Führen von Fahrzeugen der Gruppe 1 (PKW, Leichtkrafträder etc.) sei, und ob ggf. Auflagen nötig wären. Als Begründung führte die Behörde an, dass aufgrund der Auffälligkeiten vom Unfalltag (Verwirrtheit, Orientierungsprobleme) und der Langzeitmedikation Zweifel an der Fahreignung bestünden. Die vorgelegten Facharzt-Atteste und sogar ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten von Mai 2024 hatten zwar die Fahreignung attestiert, doch nach Auffassung der Behörde reichten die darin verwendeten einfachen Tests nicht aus, um verkehrsrelevante kognitive Defizite auszuschließen. Insbesondere könne nur eine umfassende MPU (mit Reaktions- und Leistungstests) die psychophysischen Fähigkeiten hinreichend abklären.

Frist: Die Fahrerin sollte das MPU-Gutachten bis Februar 2025 vorlegen. Andernfalls drohte gemäß § 11 Abs. 8 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) die Entziehung der Fahrerlaubnis, da bei Nichtbeibringung eines geforderten Gutachtens die Behörde von der fehlenden Eignung des Betroffenen ausgehen muss. Zur Erinnerung: § 11 Abs. 8 FeV bestimmt, dass Nichtvorlage = Nichteignung – bringt der Fahrerlaubnisinhaber ein angeordnetes Gutachten nicht fristgerecht bei, darf die Behörde auf fehlende Fahreignung schließen und den Führerschein entziehen.

Versuch des gerichtlichen Eilrechtsschutzes gegen die MPU-Anordnung

Die Betroffene empfand die MPU-Anordnung als ungerechtfertigt und belastend. Anstatt den geforderten „Idiotentest“ zu absolvieren, versuchte sie, sich gerichtlich dagegen zu wehren, noch bevor es zu einem Führerscheinentzug kam. Über ihren Anwalt stellte sie beim Verwaltungsgericht (VG) Würzburg einen Eilantrag nach § 123 VwGO. Mit diesem Antrag auf einstweilige Anordnung wollte sie erreichen, dass sie bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig nicht verpflichtet sei, sich der MPU zu unterziehen. Im Kern zielte der Antrag darauf ab, die Vollziehung der Begutachtungsaufforderung auszusetzen bzw. festzustellen, dass die MPU-Anordnung rechtswidrig sei – also eine Art vorbeugender Rechtsschutz, noch bevor ein Entziehungsverfahren abgeschlossen ist.

Entscheidung des VG: Das VG Würzburg lehnte den Eilantrag jedoch im März 2025 als unzulässig ab. Die Begründung: Bei der MPU-Anordnung handelt es sich nicht um einen anfechtbaren Verwaltungsakt, sondern um eine vorbereitende Maßnahme im Verwaltungsverfahren. Aus Sicht des Gerichts begründet die Aufforderung keine unmittelbare, vollstreckbare Verpflichtung, sondern dient lediglich der Sachverhaltsaufklärung. Auch wenn die Betroffene dies faktisch als Druck bzw. „versteckte Verpflichtung“ empfindet – rechtlich sei die Anordnung nur ein Zwischenschritt ohne eigene Regelungswirkung. Das VG verwies auf § 44a VwGO, wonach behördliche Verfahrenshandlungen grundsätzlich nicht isoliert gerichtlich angegriffen werden können, solange sie nicht abschließend über Rechte bestimmen. Ferner stellte das Gericht fest, dass auf einen noch gar nicht ergangenen Entziehungsbescheid kein Eilrechtsschutz statthaft sei. Die Fahrerin wollte ja gewissermaßen vorsorglich klären lassen, dass ihr der Führerschein nicht entzogen werden dürfe, solange die MPU-Anordnung strittig ist – doch ein solches vorbeugendes Unterlassungsbegehren ließ das VG nicht zu (es fehle am Rechtsschutzbedürfnis). Stattdessen müsse die Betroffene den Ausgang eines etwaigen Widerspruchs- oder Klageverfahrens gegen den Entzug abwarten.

BayVGH: MPU-Anordnung ist keine eigenständig anfechtbare Entscheidung

Die Betroffene ging in Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) – doch auch dort blieb sie erfolglos. Mit Beschluss vom 02.06.2025 (Az. 11 CE 25.519) bestätigte der BayVGH die Auffassung der Vorinstanz. Kernpunkt der Entscheidung ist: Die Anordnung zur MPU ist kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG, sondern eine bloße Verfahrenshandlung ohne Regelungswirkung. Folglich kann sie nicht isoliert im Eilverfahren angefochten werden.

Zur Erläuterung: Ein Verwaltungsakt ist eine behördliche Maßnahme, die eine verbindliche Rechtsfolge für den Betroffenen setzt (z.B. eine Auflage, ein Verbot, Entzug einer Erlaubnis). Die MPU-Anordnung hingegen bereitet nur die endgültige Entscheidung (hier: Entziehung oder belassener Führerschein) vor, ohne schon abschließend in Rechte einzugreifen. Sie fordert den Betroffenen „nur“ zur Mitwirkung auf, ändert aber zunächst nichts an der bestehenden Fahrerlaubnis. Erst wenn der Betroffene nicht mitwirkt, zieht die Behörde Konsequenzen (Führerscheinentzug) – und das ist dann der Verwaltungsakt, gegen den man gerichtlich vorgehen kann. Die MPU-Aufforderung ist vergleichbar mit einer behördlichen Bitte um Mitwirkung (vergleichbar etwa der Aufforderung, Unterlagen nachzureichen oder sich einer Untersuchung zu unterziehen) – jedes dieser Puzzleteile ergibt für sich allein genommen noch keine neue Rechtslage. Daher sieht das Gesetz vor, dass man solche vorbereitenden Schritte nicht einzeln beklagen kann, um das Verfahren nicht aufzuhalten.

Keine Regelungswirkung: Der BayVGH betonte, dass die MPU-Anordnung keine vollziehbare Pflicht im Sinne des Verwaltungszwangs begründet. Sie ist nicht mit Zwangsmitteln (wie Zwangsgeld) direkt durchsetzbar – niemand kann körperlich zur MPU-Prüfung gezwungen werden. Ihre „Wirkung“ entfaltet sich faktisch erst über § 11 Abs. 8 FeV, indem die Verweigerung zur Negativvermutung führt. Aber bis dahin stellt die Anordnung eben nur eine Vorstufe dar. § 44a VwGO schließt daher einen selbständigen Rechtsbehelf gegen solche Verfahrenshandlungen aus, sofern sie – wie hier – nicht an einen Außenstehenden gerichtet und nicht vollstreckbar sind.

Effektiver Rechtsschutz erst im Nachhinein: Auch verfassungsrechtlich sah der BayVGH hierin kein Problem. Obwohl die MPU-Anordnung für Betroffene faktisch einschneidend ist, liege keine unzumutbare, irreparable Rechtsbeeinträchtigung vor, so das Gericht. Die Betroffene wird ja nicht unmittelbar bestraft oder ihrer Rechte beraubt, sondern „nur“ vor die Wahl gestellt, ein Gutachten beizubringen oder eben darauf zu verzichten und damit den Entzug zu riskieren. Kein „Rechtsschutzvakuum“: Lehnt sie das Gutachten ab und entzieht die Behörde daraufhin den Führerschein, muss im Anfechtungsprozess gegen den Entziehungsbescheid die Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Gutachtens-Anordnung voll überprüft werden. Der BayVGH weist ausdrücklich darauf hin, dass in einem solchen Verfahren streng geprüft wird, ob die Anordnung formell und materiell rechtmäßig war – nur dann darf der Schluss auf Nichteignung gezogen werden. Der Clou ist also: Der Rechtschutz wird zeitlich nach hinten verschoben, aber er wird nicht verwehrt. Bis dahin geschaffene Fakten (etwa ein kurzfristiger Führerscheinentzug) sind aus Sicht des Gerichts hinnehmbar, da sie notfalls rückgängig gemacht werden können und kein endgültiger Schaden entstehe. Das Gericht argumentiert, ein Betroffener könne ja zeitnah (im Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO) die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Entzug beantragen und so innerhalb weniger Wochen eine gerichtliche Prüfung erlangen. Gelingt dies, darf er bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterfahren – gelingt es nicht, dürfte die Anordnung wohl rechtmäßig gewesen sein. In jedem Fall werde keine unverhältnismäßige Dauerbelastung ohne Rechtsschutz auferlegt.

Unterschied zum Beamtenrecht: Warum hier keine Ausnahme gilt

Die Beschwerdeführerin hatte sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14.01.2022 (Az. 2 BvR 1528/21) berufen. In jenem Fall ging es um einen Beamten, der sich einer dienstlichen Untersuchung zur Dienstfähigkeit entziehen wollte. Das BVerfG hatte entschieden, dass in solchen Fällen aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes eine Untersuchungsanordnung im Beamtenrecht isoliert anfechtbar sein muss, obwohl § 44a VwGO eigentlich etwas anderes sagt. Die Fahrerin argumentierte, ihre Situation sei vergleichbar – schließlich stehe auch hier eine für sie nachteilige Untersuchung im Raum, deren Verweigerung negative Konsequenzen habe.

Der BayVGH verwarf diesen Vergleich jedoch und stellte klar, dass die beamtenrechtliche Rechtsprechung nicht auf das Fahrerlaubnisrecht übertragbar ist. Gründe: Zum einen besteht im Beamtenverhältnis ein besonderes Abhängigkeits- und Treueverhältnis. Ein Beamter ist seinem Dienstherrn weisungsgebunden; verweigert er eine angeordnete ärztliche Untersuchung, drohen ihm disziplinarrechtliche Sanktionen bis hin zur Entlassung – er begeht also ein Dienstvergehen. Diese Zwangslage rechtfertigte aus Sicht des BVerfG einen sofortigen Rechtsschutz, damit ein Beamter nicht unrechtmäßig in die Ecke gedrängt wird. Im Fahrerlaubnisrecht ist die Lage anders: Ein Führerscheininhaber ist kein Untergebener des Staates, und allein die Weigerung, ein MPU-Gutachten vorzulegen, stellt kein Unrecht oder sanktionierbares Verhalten dar. Der Betroffene muss lediglich die verwaltungsrechtlichen Folgen tragen (Entziehung der Fahrerlaubnis), wird aber nicht zusätzlich „bestraft“. Damit fehlt die besondere Drucksituation, die im Beamtenrecht besteht.

Zum anderen – und das wog für den VGH noch schwerer – geht es im Verkehrsrecht um die unmittelbare Gefahrenabwehr zum Schutz der Allgemeinheit. Straßenverkehrssicherheit hat höchsten Rang: Wenn Zweifel an der Fahrtauglichkeit bestehen, muss die Behörde schnell handeln können, um potenziell ungeeignete Fahrer von der Straße zu holen. Würde man hier lange Vorab-Prozesse zulassen, bestünde die Gefahr, dass in der Zwischenzeit ein tatsächlich ungeeigneter Fahrer Unfälle verursacht. Im Beamtenrecht besteht diese Dringlichkeit so nicht – ein dienstunfähiger Beamter kann z.B. vorläufig vom Dienst freigestellt oder versetzt werden, ohne dass Dritte gefährdet sind. Es gibt also andere Mittel, die Allgemeinheit vor einem ungeeigneten Beamten zu schützen, während beim Autofahren nur der Entzug der Fahrerlaubnis vor weiterer Gefährdung schützt. Daher sah der BayVGH keinen Anlass, aus verfassungsrechtlichen Gründen im MPU-Fall eine Ausnahme von § 44a VwGO zu machen. Das Gericht stellte klar, dass hier kein höherwertiges Individualinteresse das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit überwiegt. Insbesondere könne die Betroffene nicht einwenden, sie sei ungefährlich, weil weiblich oder weil Depressive statistisch seltener Verkehrsgefährder seien – auf solche allgemeinen Erwägungen kam es nicht an. Entscheidend war allein, dass konkrete Eignungszweifel vorlagen (Medikamentenintoxikation mit Ausfallerscheinungen am Steuer). Solche Zweifel müssen aufgeklärt werden, und zwar notfalls mit einer MPU.

Konsequenzen und Praxistipps für betroffene Fahrerlaubnisinhaber

Was bedeutet das Urteil für Führerscheininhaber? Zunächst eine klare Botschaft: Gegen die Aufforderung zur MPU gibt es keinen schnellen gerichtlichen Ausweg. Wer eine MPU-Anordnung erhält, kann diese nicht sofort mit einem Eilantrag „wegklagen“, weil es sich rechtlich nicht um eine anfechtbare Entscheidung, sondern um eine Vorbereitungshandlung handelt. Man muss sich also darauf einstellen, die MPU entweder zu absolvieren oder – falls man dies verweigert – mit dem Entzug der Fahrerlaubnis konfrontiert zu werden.

Nach ständiger Rechtslage (nun nochmals bestätigt durch den BayVGH) führt die Weigerung, das geforderte Gutachten fristgerecht beizubringen, quasi automatisch zur Entziehung des Führerscheins. Wichtig zu wissen: Die Behörde darf den Entzug in aller Regel sofort vollziehen (so war es auch im besprochenen Fall: der Führerschein wurde von der Behörde einbehalten und der Entzug mit Sofortvollzug angeordnet). Das heißt, Ihre Fahrerlaubnis ist weg, bevor ein Gericht in der Hauptsache entscheidet. Den Führerschein erhalten Sie erst zurück, wenn Sie entweder im Eilverfahren gegen den Entzug obsiegen oder im späteren Klageverfahren erfolgreich nachweisen, dass die MPU-Anordnung unrechtmäßig oder Sie doch geeignet waren.

Angesichts dieser Ausgangslage hier einige Praxistipps für Betroffene:

  • MPU ernst nehmen: Wenn die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU anordnet, sollten Sie das sehr ernst nehmen. In aller Regel liegen der Anordnung bereits erhebliche Anhaltspunkte für Eignungszweifel zugrunde (z.B. Alkohol-/Drogenfahrt, Krankheit/Einnahme bestimmter Medikamente, Punktestand, Aggressionsdelikte im Verkehr u.ä.). Eine MPU-Anordnung ergeht nicht „zum Spaß“, sondern weil die Behörde Ihre Fahreignung stark infrage stellt. Ignorieren oder Verzögern verschlimmert oft die Situation.
  • Keine vorschnelle Verweigerung: Überlegen Sie gut, bevor Sie die MPU verweigern. Die Konsequenz ist fast immer der Führerscheinentzug ohne weitere Frist. Ein präventiver Gerichtsweg steht – wie gezeigt – nicht offen. Selbst wenn Sie die Anordnung für ungerechtfertigt halten, können Sie das effektiv erst nach dem Entzug klären lassen. Das bedeutet aber, dass Sie im Zweifel für Monate ohne Fahrerlaubnis dastehen. Dies kann berufliche und private erhebliche Nachteile mit sich bringen. Daher sollte die Option „MPU nicht machen“ nur im Ausnahmefall (und in Absprache mit einem Anwalt) gewählt werden.
  • Rechtmäßigkeit prüfen (Anwaltliche Beratung): Lassen Sie unbedingt prüfen, ob die MPU-Anordnung rechtmäßig ergangen ist. Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann beurteilen, ob die Behörde genügend Anlass hatte (§ 11 FeV Voraussetzungen) und die Form eingehalten wurde. Wenn die Anordnung offensichtlich rechtswidrig ist, könnte man ggf. im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage später Schadensersatz oder die Aufhebung des Entzugs erreichen. Aber Achtung: Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Anordnung sind hoch – Behörden machen hier selten formale Fehler. Inhaltlich genügt ein „hinreichender Verdacht“ auf Fahrungeeignetheit, nicht erst der Beweis. Im Zweifel wird das Gericht eher der Behörde folgen, solange irgendein plausibler Eignungszweifel bestand.
  • Im Entziehungsverfahren Rechte wahren: Kommt es zum Entziehungsbescheid, legen Sie fristgerecht Widerspruch bzw. Klage ein. Außerdem sollten Sie sofort einen Eilantrag (§ 80 Abs. 5 VwGO) stellen, um die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherstellen zu lassen. In diesem Eilverfahren prüft das Gericht bereits die Erfolgsaussichten der Klage – und damit auch, ob die MPU-Anordnung rechtmäßig war. Hier können Sie alle Argumente vorbringen, warum die Anordnung unnötig oder fehlerhaft war (z.B. weil Sie Ihre Unbedenklichkeit schon durch Atteste belegt hatten). Gelingt es, das Gericht zu überzeugen, dürfen Sie Ihren Führerschein bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens behalten. Hinweis: In dem hier besprochenen Fall hat die Betroffene parallel tatsächlich einen solchen Eilantrag gegen den Entziehungsbescheid gestellt – allerdings ohne Erfolg, da die Gerichte die Zweifel der Behörde teilten.
  • Kooperation und Vorbereitung: In vielen Fällen ist es ratsam, trotz allem an der MPU teilzunehmen, jedoch gut vorbereitet. Denn wenn Sie zur MPU antreten und bestehen, bleibt Ihnen der Führerschein sicher und es kommt gar nicht erst zum Entzug. Sie haben dann den „Gegenbeweis“ Ihrer Fahreignung geliefert. Die MPU ist zwar aufwendig und teuer, aber eine verlorene Klage kann am Ende noch teurer und nervenaufreibender sein – ganz zu schweigen von der Zeit ohne Fahrerlaubnis. Bereiten Sie sich ggf. mit Unterstützung (Verkehrspsychologen, MPU-Vorbereitungskurse) vor, um die Chancen zu erhöhen, gleich im ersten Anlauf ein positives Gutachten zu erhalten.
  • Besondere Umstände geltend machen: Wenn besondere Härten drohen (etwa Existenzgefährdung ohne Führerschein) und Sie der Meinung sind, die Behörde hat die Lage falsch eingeschätzt, sollten Sie das der Behörde schriftlich mitteilen. Manchmal lenken Behörden ein, wenn neue Informationen vorgelegt werden. Im vorliegenden Fall hatte die Fahrerin z.B. schon drei ärztliche Gutachten, die ihre Fahreignung bestätigten – dennoch verlangte die Behörde eine MPU. Obwohl das letztlich vor Gericht Bestand hatte, zeigt es: Mehr medizinische Aufklärung schadet nicht. Legen Sie Ihrer Fahrerlaubnisbehörde alle verfügbaren positiven Atteste vor. Auch im Gerichtsverfahren dienen solche Nachweise Ihrer Glaubwürdigkeit.

Der BayVGH-Beschluss verdeutlicht die strikte Linie im Fahrerlaubnisrecht: Die Sicherheit im Straßenverkehr hat Vorrang vor einem vorgelagerten Individualrechtsschutz. Für Führerscheininhaber bedeutet das leider, dass sie eine MPU-Anordnung zunächst hinnehmen oder erfüllen müssen – unmittelbarer gerichtlicher Schutz greift hier nicht. Im Ernstfall bleibt nur der Rechtsweg nach dem Entzug, um die Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen. Diese Rechtsschutzmöglichkeit ist gewährleistet, aber sie setzt eben einen vollzogenen Entzug voraus. Daher ist die beste Strategie, eine MPU-Anordnung proaktiv anzugehen: informieren, beraten lassen und – sofern kein eindeutiger behördlicher Fehler vorliegt – das Gutachten absolvieren. So behält man die Chance, seine Fahreignung zu beweisen, ohne den Führerschein zwischenzeitlich zu verlieren. Für Betroffene ist das zwar unbequem und fühlt sich unfair an, doch mit Blick auf die Allgemeinheit erscheint diese Rechtslage nachvollziehbar: Lieber eine unberechtigte MPU zu viel, als eine Gefährdung im Straßenverkehr zu spät erkannt. Denn wer wirklich ungeeignet zum Fahren ist, soll nicht durch Verfahrensverzögerungen weiterfahren dürfen – das hat der BayVGH unmissverständlich klargestellt.