Keine Kostenerstattung für künstliche Befruchtung bei Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz

Das Sozialgericht München hat zum Aktenzeichen S 7 KR 242/21 entschieden, dass Krankenkassen sich an den Kosten einer künstlichen Befruchtung nicht beteiligen müssen, wenn die Vorschriften des deutschen Embryonenschutzgesetzes nicht eingehalten wurden.

Aus der Pressemitteilung des SG München vom 16.02.2022 ergibt sich:

Dies gilt auch dann, wenn die Behandlung in einem Mitgliedsstaat der EU erfolgte, in dem andere Vorschriften zum Schutz des ungeborenen Lebens gelten.

Die Klägerin hatte aus medizinischen Gründen eine künstliche Befruchtung durch intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) vornehmen lassen. Die Behandlung war von der deutschen Krankenkasse genehmigt. Die Klägerin ließ die Behandlung in einer Praxis in Österreich durchführen. Der behandelnde Arzt hatte nach Berechnung der Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Embryos sieben Eizellen befruchtet, aus denen sich vier Embryonen entwickelten. Davon wurde der Klägerin ein Embryo übertragen, die restlichen Embryonen wurden für etwaige spätere Versuche kryokonserviert. Die Krankenkasse hat eine Kostenbeteiligung abgelehnt, da entgegen den Vorschriften des deutschen Embryonenschutzgesetzes zu viele Eizellen befruchtet worden seien.

Das Sozialgericht München hat die dagegen erhobene Klage nun abgewiesen. Es sei zwar zulässig gewesen, dass die Klägerin die Behandlung in einem anderen Mitgliedsstaat der EU habe durchführen lassen, eine Kostenerstattung komme dafür aber nur in Betracht, wenn der Eingriff in dieser Weise auch nach deutschem Embryonenschutzgesetz erlaubt gewesen wäre. Danach dürfen nicht mehr Embryonen erzeugt werden, als der Patientin in einem Zyklus übertragen werden können. Üblicherweise sind dies ein oder zwei Eizellen, die sich nach der Befruchtung entwickelt haben. An diese Begrenzung hatte sich die Behandlung nach Ansicht des Richters nicht gehalten.  Der behandelnde Arzt hatte die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges nach sorgfältiger und individueller Prognose zwar zutreffend berechnet. Aber bereits nach dieser Prognose war zu erwarten, dass sich aus sieben befruchteten Eizellen mindestens drei Embryonen entwickeln würden, von denen nicht alle der Klägerin transferiert werden können. Damit wurden die Vorgaben des deutschen Embryonenschutzgesetzes nicht eingehalten. Die Einwände, dass das deutsche Gesetz in Österreich nicht gelten würde und dass die überzähligen Embryonen nicht vernichtet, sondern konserviert wurden, ließ das Gericht nicht gelten.

Die Krankenkassen dürfen sich an den Kosten nur beteiligen, wenn die Form der Behandlung in Deutschland auch erlaubt ist. Schließlich war es der Wille des Gesetzgebers, der Entstehung überzähliger Embryonen entgegenzuwirken und das grundgesetzlich geschützte Leben in vitro erzeugter Embryonen zu schützen – so das Sozialgericht München in seiner Begründung.