Keine Nutzung des Bürgerhauses in Bühl für AfD-Veranstaltung

Der Verwaltungsgericht Baden-Württemberg in Mannheim hat am 13.11.2020 zum Aktenzeichen 1 S 3599/20 entschieden, dass die AfD-Bundestagsfraktion keinen Anspruch gegen die Stadt Bühl hat, das Bürgerhaus Neuer Markt für die Veranstaltung eines Bürgerdialogs am 13.11.2020 nutzen zu können.

Pressemitteilungen des VG Karlsruhe vom 12.11.2020 und des VGH BW vom 13.11.2020 ergibt sich:

Die Landesgruppe Baden-Württemberg der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag hatte für die Durchführung der Veranstaltung im Oktober 2020 einen Mietvertrag mit der Stadt Bühl (Antragsgegnerin) geschlossen, die das Bürgerhaus als öffentliche Einrichtung in Gestalt eines Kultur- und Veranstaltungshauses betreibt. Aufgrund des rapiden Anstiegs der Corona-Infektionen im Landkreis Rastatt hatte die Stadt den Vertrag jedoch am 29.10.2020 außerordentlich gekündigt. Hiergegen berief sich die AfD-Bundestagsfraktion (Antragstellerin) mit ihrem Eilantrag auf das Gebot der Gleichbehandlung gegenüber anderen Parteien, denen in der Vergangenheit das Bürgerhaus zur Durchführung von Veranstaltungen überlassen worden sei, sowie auf die Verwaltungspraxis der Stadt, die noch am 11.11.2020 eine Gemeinderatssitzung im Bürgerhaus durchgeführt habe. Der geplante Bürgerdialog sei als politische Veranstaltung durch die Versammlungsfreiheit geschützt.
Das VG Karlsruhe hatte den Eilantrag abgelehnt. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der von der AfD-Bundestagsfraktion gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig, da der Mietvertrag nicht mit der Antragstellerin, sondern ausdrücklich mit der Landesgruppe Baden-Württemberg der Fraktion geschlossen worden sei und nur diese daraus Rechte geltend machen könne. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet. Die Antragstellerin sei keine Partei, sondern als Fraktion ein Organteil des Deutschen Bundestages und könne sich daher nicht auf die Gleichbehandlung der Parteien berufen. Überdies könne sie als Fraktion nicht Trägerin von Grundrechten sein. Es liege zudem schon keine Ungleichbehandlung vor, da die Stadt aufgrund des Wiedererstarkens der Corona-Pandemie alle Veranstaltungen im Bürgerhaus im November abgesagt habe. Die dennoch durchgeführte Gemeinderatssitzung sei für den Geschäftsbetrieb der Gemeinde erforderlich und öffentlich abzuhalten, die geplante Veranstaltung eines Bürgerdialogs sei damit nicht vergleichbar. Schließlich sei die Stadt nach dem geschlossenen Mietvertrag berechtigt gewesen, den Vertrag aufgrund der rapide steigenden Zahl von Corona-Neuinfektionen zu kündigen. Dies ergebe sich sowohl aus den hierzu getroffenen Regelungen des Mietvertrags sowie aus den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen zur außerordentlichen Vertragskündigung aus wichtigem Grund.

Der VGH Mannheim hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht den Antrag zutreffend abgelehnt. Die Antragstellerin, die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, habe schon deshalb keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Nutzung des Bürgerhauses, weil sie nicht Partei dieses Vertrages sei. Vertragspartei sei vielmehr ausweislich der Angaben in dem Vertrag und des ihm vorangegangenen Schriftverkehrs die „Landesgruppe BW [Baden-Württemberg]“ der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Im Zuge der Vertragsverhandlungen habe die Antragsgegnerin – wegen der bis dahin unklaren Angaben des für die AfD auftretenden Mitarbeiters – an diesen die Bitte gerichtet klarzustellen, ob zwei Vertragspartner – die Antragstellerin und die Landesgruppe – gemeint seien. Dieser habe sodann ausdrücklich erklärt, Vertragspartner sei die „Landesgruppe BW“, und der Antragsgegnerin dazu eigens die Gliederung der Bundestagsfraktionen in Landesgruppen erläutert.

Die Antragstellerin könne den behaupteten Anspruch auf Nutzung des Bürgerhauses auch nicht aus öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlagen herleiten. Ortsfremde Organisationen hätten einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine Nutzung. Diese Entscheidung müsse den Grundsätzen der Gleichbehandlung der Zulassungsbewerber (Art. 3 GG) genügen. Diese Anforderungen habe die Antragsgegnerin hier erfüllt. Sie habe angesichts der Entwicklung des aktuellen Infektionsgeschehens und konkret der 7-Tages-Inzidenz in ihrem Landkreis einen sachlichen, in ihrer Schutzpflicht für den Gesundheitsschutz wurzelnden Grund dafür, Veranstaltungen in der Einrichtung im November 2020 grundsätzlich abzusagen. Dabei habe sie weder die Versammlungsfreiheit noch das Gleichbehandlungsgebot verletzt. Die Antragsgegnerin wende sich mit ihrer Kündigung weder gegen die Durchführung von politischen Veranstaltungen als solchen noch gegen die Antragstellerin als Partei. Sie behandele Parteien bei der Frage, ob diesen das Bürgerhaus im November 2020 zur Verfügung gestellt werden solle, gleich. So habe sie der Antragstellerin zugleich mit der Absage angeboten, dass diese sich nach Wegfall des pandemiebedingten Absagegrundes wieder an sie wegen der Vereinbarung eines neuen Termins wenden könne.

Der Beschluss ist unanfechtbar.