Viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber fragen sich, ob der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) schon vom ersten Tag an greift, wenn im Arbeitsvertrag keine Probezeit vereinbart wurde. Tatsächlich klingt ein Arbeitsvertrag ohne Probezeit zunächst nach mehr Sicherheit. Doch Vorsicht: Auch ohne Probezeit gilt der volle Kündigungsschutz nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Zeit und unter bestimmten Bedingungen. Im Folgenden erklären wir leicht verständlich, was das KSchG regelt, welche Bedeutung die Probezeit hat, worin der Unterschied zwischen fehlender Probezeit und fehlendem Kündigungsschutz liegt und welche rechtlichen Konsequenzen sich für Arbeitnehmer und Arbeitgeber ergeben. Zudem betrachten wir die Vor- und Nachteile für beide Seiten und blicken auf aktuelle Gerichtsurteile und relevante Gesetze.
Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Wann gilt der gesetzliche Kündigungsschutz?
Das Kündigungsschutzgesetz ist die zentrale Vorschrift, die Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen schützt. Allgemeiner Kündigungsschutz bedeutet, dass ein Arbeitgeber eine Kündigung begründen muss – z. B. mit personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen. Allerdings greift dieser Schutz nicht in jedem Arbeitsverhältnis sofort. Nach § 1 KSchG tritt der Kündigungsschutz erst in Kraft, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate ununterbrochen besteht. Diese ersten sechs Monate nennt man Wartezeit. Innerhalb dieser Wartezeit kann ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis in der Regel ohne Angabe von Gründen kündigen.
Wichtig zu wissen: Das KSchG gilt nur in Betrieben, die mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen. In Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Mitarbeitern genießt man keinen allgemeinen Kündigungsschutz (Ausnahme: besondere Schutzvorschriften, dazu später mehr). Diese Schwelle ist in § 23 KSchG festgelegt. Das heißt, selbst nach sechs Monaten besteht voller Kündigungsschutz nur, wenn der Arbeitgeber genügend Mitarbeiter hat. In größeren Firmen (mehr als 10 Mitarbeiter) greift somit ab dem siebten Monat des Arbeitsverhältnisses das KSchG; in Kleinstbetrieben gar nicht.
Neben dem allgemeinen KSchG gibt es Sonderkündigungsschutz für bestimmte Gruppen vom ersten Tag an – zum Beispiel für Schwangere, junge Mütter, Schwerbehinderte oder Betriebsräte. Diese besonderen Schutzregeln (z. B. nach Mutterschutzgesetz oder SGB IX) gelten unabhängig von Probezeit oder Betriebsgröße und verhindern bzw. erschweren Kündigungen in diesen Fällen. Doch für den normalen Arbeitnehmer ohne besonderen Status ist das KSchG erst nach 6 Monaten anwendbar.
Arbeitsvertragliche Probezeit: Bedeutung und Regeln
Die Probezeit ist eine freiwillige Vereinbarung im Arbeitsvertrag, die typischerweise eine Dauer von bis zu 6 Monaten umfasst. Sie dient als „Kennenlernphase“ für beide Seiten: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können prüfen, ob die Zusammenarbeit passt. Rechtlich hat eine vereinbarte Probezeit vor allem zwei Auswirkungen:
- Verkürzte Kündigungsfrist: Ist im Vertrag eine Probezeit vorgesehen, kann während dieser Zeit mit einer verkürzten Frist von 2 Wochen gekündigt werden. Das regelt § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Diese kurze Frist gilt für beide Seiten, Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Sie ermöglicht es z. B. dem Arbeitgeber, sich schnell von einem ungeeigneten Mitarbeiter zu trennen. Umgekehrt können auch Arbeitnehmer schneller aus dem Job ausscheiden, wenn ihnen die Stelle nicht zusagt oder sie ein besseres Angebot finden.
- Maximale Dauer 6 Monate: Eine vertragliche Probezeit darf höchstens sechs Monate dauern. Das liegt daran, dass sie meist mit der Wartezeit des KSchG zusammenfällt. Eine längere Probezeit wäre unwirksam bzw. endet automatisch nach 6 Monaten. Man kann die Probezeit zwar kürzer vereinbaren und ggf. einmal (bis max. 6 Monate) verlängern, aber alles darüber hinaus ist gesetzlich nicht zulässig.
Wichtig ist: Ohne ausdrückliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag gibt es keine Probezeit. Steht in Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag nichts von „Probezeit“, dann gilt vom ersten Arbeitstag an keine 2-Wochen-Frist, sondern die üblichen Kündigungsfristen. In den meisten Fällen bedeutet das die gesetzliche Grundkündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder Monatsende gemäß § 622 Abs. 1 BGB. Die Probezeit ist also nicht automatisch Teil eines neuen Jobs, sondern muss vereinbart sein.
Probezeit und Kündigungsschutz: Unterschied zwischen Wartezeit und Probezeit
Man muss deutlich zwischen Probezeit und Wartezeit unterscheiden. Die Wartezeit bezieht sich – wie oben erklärt – auf die ersten 6 Monate hinsichtlich des Kündigungsschutzgesetzes. Die Probezeit hingegen ist eine vertragliche Regelung über die ersten Monate, meist ebenfalls 6 Monate, aber sie betrifft vor allem die Kündigungsfrist.
Es kommt häufig zu Missverständnissen, weil Probezeitdauer und Wartezeit zufällig oft beide sechs Monate betragen. Wichtig: Die gesetzliche Wartezeit von 6 Monaten besteht unabhängig davon, ob eine Probezeit vereinbart wurde oder nicht. Ein Arbeitnehmer hat in den ersten sechs Monaten keinen vollen Kündigungsschutz nach KSchG – selbst wenn keine Probezeit im Vertrag steht. Mit oder ohne Probezeit kann der Arbeitgeber innerhalb der ersten 6 Monate also ohne Kündigungsgrund kündigen.
Das Fehlen einer Probezeit bedeutet daher nicht, dass man automatisch ab dem ersten Tag Kündigungsschutz genießt. Probezeit ist nicht gleich Kündigungsschutz. Diese Klarstellung hat auch die Rechtsprechung getroffen: Verzichtet der Arbeitgeber im Vertrag auf eine Probezeit, ist damit nicht automatisch auf die Wartezeit des KSchG verzichtet. Die Wartezeit von 6 Monaten bis zum vollen Kündigungsschutz läuft also auch in einem Arbeitsverhältnis ohne Probezeit ganz normal weiter.
Anders ausgedrückt: Keine Probezeit im Vertrag heißt nur, dass die verkürzte Kündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB nicht zur Anwendung kommt. Es heißt nicht, dass der Arbeitnehmer vom ersten Tag an unkündbar wäre. Der allgemeine Kündigungsschutz greift erst nach sechs Monaten, wie gesetzlich vorgesehen. Im Ergebnis kann ein Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten 6 Monate jederzeit beendet werden, egal ob man eine Probezeit vereinbart hat oder nicht – nur die Frist unterscheidet sich.
Rechtliche Konsequenzen: Kündigungsfrist und Kündigungsschutz ohne Probezeit
Fehlt im Arbeitsvertrag die Probezeit, ergeben sich folgende rechtliche Konsequenzen für beide Seiten:
- Kündigungsfrist: Ohne Probezeit gilt vom ersten Tag an die normale Kündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB – das sind vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Monatsende. Eine Kündigung kann also nicht mit der verkürzten Zwei-Wochen-Frist erfolgen. Für Arbeitgeber bedeutet das: Möchte man sich in der Anfangszeit trennen, muss man mindestens vier Wochen zum nächst möglichen Termin einplanen. Für Arbeitnehmer heißt es: Auch wer selbst kündigt, muss die volle Frist einhalten und kann nicht einfach in zwei Wochen aus dem Job raus, sofern der Arbeitgeber nicht freiwillig früher entlässt.
- Kein Kündigungsgrund erforderlich: Unverändert bleibt, dass in den ersten 6 Monaten kein Kündigungsgrund nach KSchG nötig ist. Der Kündigungsschutz nach dem KSchG greift erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit. Das gilt unabhängig davon, ob eine Probezeit vereinbart war oder nicht. Arbeitgeber können also auch ohne Probezeit in den ersten Monaten eine ordentliche Kündigung ohne sozialen Rechtfertigungsgrund aussprechen. Arbeitnehmer haben in dieser Phase kaum Möglichkeit, sich mit KSchG gegen eine Entlassung zu wehren – eine Kündigung lässt sich nur in Ausnahmefällen anfechten (z. B. wenn sie diskriminierend oder treuwidrig wäre, was aber hohe Hürden hat).
- Schutzwirkung ab dem 7. Monat: Ab dem siebten Monat der Beschäftigung – sofern der Betrieb die nötige Größe hat – genießt der Arbeitnehmer dann vollen Kündigungsschutz nach dem KSchG. Ab diesem Zeitpunkt braucht jeder ordentliche Kündigungsgrund eine soziale Rechtfertigung (betriebs-, personen- oder verhaltensbedingt) und im Kündigungsschutzprozess kann das überprüft werden. In einem Arbeitsverhältnis ohne Probezeit beginnt dieser volle Schutz genauso erst nach 6 Monaten, nicht früher. Wichtig: Die fehlende Probezeit ändert also nur die Kündigungsfrist, nicht den Startzeitpunkt des Kündigungsschutzes.
- Sonderkündigungsschutz bleibt unberührt: Unabhängig von Probezeit und KSchG gelten spezielle Kündigungsschutzregeln sofort. Beispielsweise darf eine Schwangere ab Bekanntwerden der Schwangerschaft überhaupt nicht gekündigt werden (§ 17 MuSchG), selbst in den ersten 6 Monaten. Ähnliches gilt für Schwerbehinderte (hier ist eine Zustimmung des Integrationsamts erforderlich) oder etwa für Betriebsratsmitglieder (besonderer Kündigungsschutz). Diese besonderen Vorschriften greifen auch ohne Probezeit vom ersten Tag an und schränken das Kündigungsrecht des Arbeitgebers ein, sind aber separate Gesetze. Für den „normalen“ Kündigungsschutz nach KSchG gilt jedoch: erst nach sechs Monaten und nur in größeren Betrieben.
Aktuelle Rechtsprechung: „Keine Probezeit“ heißt nicht „Kündigungsschutz ab Tag 1“
Die Gerichte haben sich bereits mit dieser Thematik befasst. Ein wichtiges Beispiel ist ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg vom 18.06.2019 (Az. 15 Sa 4/19). In dem Fall stand im Arbeitsvertrag ausdrücklich: „Es wird keine Probezeit vereinbart.“ Der Arbeitnehmer argumentierte, dadurch müsse er ab sofort Kündigungsschutz genießen. Das LAG sah das anders: Die Klausel bedeute nur, dass keine Probezeit im Sinne des § 622 Abs. 3 BGB vereinbart wurde (also keine verkürzte Kündigungsfrist). Ein Verzicht auf die Probezeit ist nicht automatisch ein Verzicht auf die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes. Ergebnis: Der Arbeitgeber konnte das Arbeitsverhältnis trotzdem innerhalb der ersten sechs Monate ohne Angabe von Gründen kündigen. Der allgemeine Kündigungsschutz setzte erst nach sechs Monaten ein, und der Arbeitnehmer konnte sich im Prozess nicht erfolgreich auf das KSchG berufen.
Dieses Urteil stellt klar: Probezeit und Wartezeit sind zwei Paar Schuhe. Wer in Vertragsverhandlungen auf eine Probezeit verzichtet (z. B. um dem neuen Mitarbeiter entgegenzukommen), der verliert damit nicht das Recht, in den ersten sechs Monaten eine Kündigung ohne sozialen Grund vorzunehmen. Soll tatsächlich von der gesetzlichen Wartezeit abgewichen werden, müsste das ausdrücklich und eindeutig vereinbart werden – zum Beispiel indem im Vertrag steht, dass bereits vor Ablauf von 6 Monaten Kündigungsschutz besteht. Eine solche Vereinbarung wäre rechtlich zulässig, da man die Wartezeit verkürzen oder ganz aufheben kann, solange es zum Vorteil des Arbeitnehmers geschieht. In der Praxis kommt das aber selten vor. Im Normalfall gilt: Keine Probezeit = kein verkürztes Kündigungsrecht, aber dennoch kein Kündigungsschutz in den ersten 6 Monaten.
Vorteile und Risiken für Arbeitnehmer ohne Probezeit
Welche Vor- und Nachteile hat es aus Arbeitnehmersicht, wenn keine Probezeit vereinbart wurde?
- Vorteil: Längere Kündigungsfrist gibt mehr Sicherheit. Ohne Probezeit genießen Arbeitnehmer vom ersten Tag an die normale Kündigungsfrist. Wird man gekündigt, hat man mindestens ~4 Wochen Zeit, sich neu zu orientieren, statt nur 2 Wochen. Auch finanziell bedeutet das im Zweifel zwei zusätzliche Gehaltswochen. Diese längere Frist kann etwas jobischerere Stabilität bedeuten – der Arbeitgeber signalisiert damit auch eine gewisse Vertrauensvorschuss, da er keinen „Schnellschuss“ in zwei Wochen plant.
- Vorteil: Keine kurze Eigenkündigungsfrist erforderlich. Sollte der Arbeitnehmer selbst früh feststellen, dass ihm die neue Stelle nicht zusagt, muss er zwar die normale Kündigungsfrist einhalten. Allerdings könnte man diesen Punkt auch als Vorteil sehen: Man verbrennt keine Brücken, sondern verlässt den Job regulär mit ausreichender Übergabezeit. (Bei einer Probezeit hätte man zwar die Freiheit, in 2 Wochen zu gehen, was schnellere Wechsel ermöglicht – doch das Fehlen dieser Option kann auch vor überstürzten Entscheidungen schützen.)
- Nachteil: Kein „echter“ Kündigungsschutz in den ersten 6 Monaten. Viele Arbeitnehmer wiegen sich ohne Probezeit in falscher Sicherheit. Tatsache ist: Auch ohne Probezeit kann der Arbeitgeber während der ersten 6 Monate ohne Angabe von Gründen kündigen. Der Kündigungsschutz des KSchG greift noch nicht. Wer das missversteht, könnte unangenehm überrascht werden, falls doch eine Kündigung kommt. Es besteht also in der Anfangszeit weiterhin ein Risiko, z. B. bei Personalabbau zuerst gekündigt zu werden (Neueingestellte ohne Kündigungsschutz trifft es dann meist als Erste).
- Nachteil: Weniger Flexibilität für eigene Kündigung. Fehlt die Probezeit, kann der Arbeitnehmer nicht so schnell aus dem Arbeitsverhältnis heraus, wenn er z. B. ein besseres Jobangebot findet. Er ist an die volle Kündigungsfrist gebunden und muss eventuell einen neuen Arbeitgeber warten lassen oder mit dem aktuellen Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag verhandeln. In Branchen mit intensiver Probezeit-Wechselkultur (wo man häufig in der Probezeit das Unternehmen wechselt) könnte das als Nachteil empfunden werden.
- Nachteil: Psychologischer Aspekt. Ein kleinerer Punkt: Manche Arbeitnehmer setzen sich in der Probezeit besonders intensiv ein, um den Arbeitgeber zu überzeugen. Fehlt die formale Probezeit, könnte man versucht sein anzunehmen, man sei „sicher“. Diese trügerische Sicherheit kann dazu führen, dass man weniger aufmerksam ist – was im Extremfall die Gefahr erhöht, doch entlassen zu werden. Hier ist also Eigenverantwortung gefragt, auch ohne offizielle Probezeit zunächst mit vollem Engagement bei der Sache zu sein.
Vorteile und Risiken für Arbeitgeber ohne Probezeit
Auch für den Arbeitgeber hat der Verzicht auf eine Probezeit Pros und Contras. Aus Arbeitgebersicht sind folgende Punkte relevant:
- Vorteil: Attraktivität als Arbeitgeber steigt. In einigen Situationen kann das Angebot, keine Probezeit zu vereinbaren, ein starkes Signal an den Bewerber sein. Gerade gefragte Fachkräfte fühlen sich dadurch wertgeschätzt und sicherer. Für den Arbeitgeber kann dies ein Wettbewerbsvorteil im Recruiting sein – man zeigt Vertrauen und bindet eventuell einen Kandidaten, der sonst zögert. Der neue Mitarbeiter startet möglicherweise motivierter und loyaler, weil er den Eindruck hat, man stehe vom ersten Tag an voll hinter ihm.
- Vorteil: Arbeitnehmer können nicht sofort weg sein. Ohne Probezeit muss auch der Arbeitnehmer die volle Kündigungsfrist einhalten. Für den Arbeitgeber bedeutet das mehr Planungssicherheit, falls der neue Mitarbeiter selbst kündigen möchte. Er kann nicht nach zwei Wochen das Handtuch werfen und den Betrieb plötzlich in Personalknappheit stürzen, sondern muss mindestens vier Wochen bleiben oder entsprechend früher Bescheid geben. Das gibt dem Arbeitgeber etwas mehr Zeit, auf eine plötzliche Eigenkündigung zu reagieren (z. B. Ersatz suchen oder Übergaben regeln).
- Nachteil: Kündigung nur mit längerer Frist möglich. Entscheidet sich der Arbeitgeber in den ersten Wochen oder Monaten, dass der neue Mitarbeiter doch nicht ins Team passt, kann er zwar weiterhin ohne Grund kündigen, aber eben nicht mit 2-Wochen-Frist. Er ist an die gesetzliche 4-Wochen-Frist gebunden. Das verlängert die Zeit, in der ein ungeeigneter Mitarbeiter ggf. noch beschäftigt (und bezahlt) werden muss, um etwa einen Monat. Dies kann zusätzliche Kosten verursachen oder Abläufe beeinträchtigen, wenn man sich schneller trennen wollte.
- Nachteil: Weniger formaler „Bewährungsdruck“. In der Praxis nutzen viele Unternehmen die Probezeit als festen Evaluationszeitraum mit z. B. Feedbackgesprächen kurz vor Ablauf. Fehlt die Probezeit, besteht die Gefahr, dass kein klarer Stichtag für die Bewertung gesetzt ist. Der Arbeitgeber könnte versäumen, rechtzeitig vor dem Ablauf der 6 Monate Bilanz zu ziehen. Das Risiko: Lässt man die sechs Monate verstreichen, tritt der Kündigungsschutz in Kraft, und eine spätere Trennung erfordert dann einen rechtlich belastbaren Kündigungsgrund. Ohne Probezeit muss der Arbeitgeber also intern selbst darauf achten, die Leistung des Neulings innerhalb der ersten 6 Monate zu beobachten und ggf. frühzeitig zu kündigen, bevor der Kündigungsschutz greift. Dieser organisatorische Aspekt erfordert Disziplin, damit man nicht unbeabsichtigt jemanden „durchrutschen“ lässt, der sich vielleicht doch als Fehlbesetzung entpuppt.
- Nachteil: Eingeschränkte Signalwirkung an andere Mitarbeiter. Die Probezeit dient auch als Signal im Betrieb, dass Neulinge sich zunächst bewähren müssen. Wird darauf verzichtet, könnte dies von der Belegschaft so interpretiert werden, dass neue Kollegen denselben Status haben wie langjährige – was grundsätzlich positiv für das Betriebsklima sein kann, aber auch Verwunderung auslösen mag, falls doch eine schnelle Kündigung erfolgt. Kollegen könnten dann fragen, warum jemand entlassen wurde, obwohl es keine Probezeit gab. Dies ist allerdings eher ein weicher Faktor und hängt von der Kommunikationspolitik des Unternehmens ab.
Auch ohne vertragliche Probezeit gilt: Das Kündigungsschutzgesetz greift nicht in den ersten sechs Monaten. Arbeitnehmer haben in dieser Anfangszeit – abgesehen von speziellen Schutzvorschriften – keinen Anspruch auf eine Sozialbegründung der Kündigung. Arbeitgeber können sich also, wenn nötig, auch ohne Probezeit während der Wartezeit von neuen Mitarbeitern trennen, müssen dann aber die normale Kündigungsfrist beachten. Eine fehlende Probezeit ersetzt den Kündigungsschutz nicht, sondern beeinflusst hauptsächlich die Kündigungsfristen.
Für Arbeitnehmer bedeutet ein Arbeitsvertrag ohne Probezeit einerseits eine etwas längere Absicherung durch die reguläre Frist, andererseits aber keinen Freibrief, dass der Job sicher ist. Erst nach sechs Monaten greift der volle Schutz vor ungerechtfertigten Entlassungen. Arbeitgeber profitieren davon, dass begehrte Fachkräfte sich eher auf den Job einlassen, müssen jedoch darauf achten, die ersten sechs Monate wirklich als Bewährungszeit zu nutzen, da anschließend höhere Hürden für Kündigungen bestehen.
Tipp: Beide Seiten sollten die ersten sechs Monate eines neuen Arbeitsverhältnisses – mit oder ohne Probezeit – als entscheidende Kennenlernphase betrachten. In dieser Zeit gelten zwar die vertraglich vereinbarten Fristen, aber das KSchG schützt erst nach Ablauf dieser Wartezeit. Entsprechend ist es ratsam, diese Phase ernst zu nehmen: Arbeitnehmer sollten sich bewähren, und Arbeitgeber sollten frühzeitig Feedback geben und entscheiden, ob die Zusammenarbeit langfristig passt. So gibt es am Ende keine bösen Überraschungen.