Keine steuerliche Berücksichtigung von Bestattungsvorsorgeverträgen – Finanzgericht Münster lehnt Abzug als außergewöhnliche Belastung ab

17. Juli 2025 -

Finanzgericht Münster, Urteil vom 23.06.2025 – 10 K 1483/24 E

Immer mehr Menschen möchten ihre eigene Bestattung frühzeitig regeln – aus Verantwortung gegenüber ihren Angehörigen oder zur Sicherstellung einer würdevollen Beisetzung nach eigenen Vorstellungen. Doch wie sieht es mit der steuerlichen Abzugsfähigkeit solcher Vorsorgeverträge aus? Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuellen Urteil entschieden: Aufwendungen für eine Bestattungsvorsorge sind keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne von § 33 EStG – und damit nicht steuerlich abziehbar.

Für viele Steuerpflichtige ist das enttäuschend. Der folgende Beitrag erläutert das Urteil, seine Begründung und gibt Hinweise für Betroffene.


Sachverhalt: Vorsorgevertrag in Höhe von 6.500 € steuerlich geltend gemacht

Der Kläger hatte im Jahr 2019 einen Bestattungsvorsorgevertrag in Höhe von 6.500 € abgeschlossen. Das Geld wurde im Rahmen einer Treuhand-Police hinterlegt. In seiner später nachgereichten Einkommensteuererklärung machte er diesen Betrag als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, weil es sich nicht um zwangsläufige Aufwendungen handele. Der Kläger klagte – ohne Erfolg.


Rechtlicher Hintergrund: Was sind außergewöhnliche Belastungen?

Nach § 33 Abs. 1 EStG können Steuerpflichtige ihre Steuerlast mindern, wenn sie zwangsläufig größere Aufwendungen tragen müssen als andere Personen mit vergleichbarem Einkommen, Vermögen und Familienstand.

Voraussetzungen für den Abzug:

  1. Außergewöhnlichkeit der Belastung
  2. Zwangsläufigkeit (rechtlich, tatsächlich oder sittlich nicht vermeidbar)
  3. Belastung des Steuerpflichtigen (Ausgabe mindert eigenes Vermögen)
  4. Keine Erfassung durch Pauschbeträge oder Freibeträge

Die Entscheidung des Finanzgerichts Münster im Überblick

Das Gericht weist die Klage ab und bezieht sich auf zwei zentrale Argumente:

1. Keine außergewöhnliche Belastung, weil Vorsorge jeden betrifft

Die Bestattung sei ein universelles Ereignis – jeder Mensch müsse irgendwann beerdigt werden. Daher sei die Vorsorge dafür kein außergewöhnlicher Aufwand, sondern eine allgemeine Lebensführung. Solche Aufwendungen seien vom Grundfreibetrag bereits abgedeckt.

„Der Eintritt des Todes trifft jeden Steuerpflichtigen. Es handelt sich damit nicht um Aufwendungen, die größer sind als die, die einer Mehrzahl der Steuerpflichtigen erwachsen.“
– FG Münster

2. Keine Zwangsläufigkeit bei freiwilliger Vorsorge

Die zweite Begründung: Der Kläger habe den Vorsorgevertrag freiwillig abgeschlossen. Eine Verpflichtung dazu – rechtlich, tatsächlich oder sittlich – bestehe nicht. Damit fehle es am Merkmal der Zwangsläufigkeit, wie es § 33 Abs. 2 EStG verlangt.

Zwar könne es für Angehörige sittliche Gründe geben, die Beerdigung zu übernehmen. Für die eigene Vorsorge gelte das jedoch nicht.

„Es handelt sich um freiwillige Aufwendungen, für deren Übernahme gerade keine rechtliche, tatsächliche oder sittliche Pflicht besteht.“
– FG Münster


Abgrenzung: Beerdigungskosten für Angehörige – ja, eigene Vorsorge – nein

Das Urteil betont, dass Beerdigungskosten für nahe Angehörige sehr wohl als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein können – wenn sie den Nachlass übersteigen oder nicht durch Sterbegeld gedeckt sind. Für die eigene Vorsorge gilt das nicht, da hier keine aktuelle Belastung durch ein fremdes Ereignis, sondern ein vorsorglicher Aufwand vorliegt.


Praxishinweis für Mandanten

Was steuerlich abziehbar ist:

  • Beerdigungskosten für Angehörige, wenn:
    • eine sittliche Verpflichtung zur Kostenübernahme besteht
    • und die Kosten den Nachlasswert übersteigen

Was nicht abziehbar ist:

  • Eigene Aufwendungen für einen Bestattungsvorsorgevertrag
  • Beiträge zu Sterbegeldversicherungen, soweit sie nach 2004 abgeschlossen wurden

Vorsorge sinnvoll – aber ohne Steuervorteil

Das Finanzgericht Münster stellt klar: Die frühzeitige Regelung der eigenen Bestattung ist zwar persönlich sinnvoll und entlastet Angehörige – sie bringt jedoch keinen steuerlichen Vorteil. Der Abschluss eines Treuhandvertrags oder einer Sterbegeldversicherung stellt einen freiwilligen Vorsorgeaufwand dar, der als Teil der allgemeinen Lebensführung gilt.

Wer dennoch auf steuerliche Entlastung hofft, kann bei der Übernahme von Beerdigungskosten für nahe Angehörige prüfen lassen, ob die Voraussetzungen des § 33 EStG erfüllt sind.


FAQ: Häufige Fragen zur steuerlichen Behandlung von Bestattungskosten

1. Sind Bestattungskosten steuerlich absetzbar?

Ja, aber nur, wenn sie zwangsläufig sind – etwa bei Übernahme der Kosten für Angehörige – und den Nachlass übersteigen.

2. Können eigene Vorsorgekosten abgezogen werden?

Nein. Aufwendungen für die eigene Bestattungsvorsorge gelten als nicht zwangsläufig und nicht außergewöhnlich.

3. Was gilt für Sterbegeldversicherungen?

Nur Verträge, die vor dem 01.01.2005 abgeschlossen wurden, können unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben abziehbar sein (§ 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG).

4. Wie kann man dennoch Angehörige entlasten?

Durch rechtzeitige Vorsorgeverträge – auch wenn diese steuerlich nicht berücksichtigt werden – können Angehörige im Todesfall finanziell entlastet werden.