Keine Verletzung des freien Mandats durch Berliner Corona-Verordnung

Der Verfassungsgerichtshof Berlin hat am 17.04.2020 zum Aktenzeichen VerfGH 51 A/20 entschieden, dass ein Abgeordneter durch die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung nicht in seinem Recht auf das freie Mandat verletzt wird.

Aus der Pressemitteilung des VerfGH Berlin Nr. 3/2020 vom 21.04.2020 ergibt sich:

Der Antragsteller begehrte den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Berliner Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 (SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung). Der Antragsteller, ein Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, sah sich in seinem Recht auf das freie Mandat aus Art. 38 Abs. 4 VvB verletzt und rügte außerdem einen Verstoß gegen Art. 64 Abs. 1 VvB, wonach der Senat Rechtsverordnungen wie die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung nur erlassen kann, wenn er hierzu durch ein Gesetz ermächtigt worden ist. Mit der Geltendmachung des freien Mandats wandte sich der Abgeordnete gegen § 14 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Buchst. a der SARS-CoV-2-Eindämmungsmanahmenverordnung. Danach müssen Abgeordnete, wenn Sie wegen Ihrer Abgeordnetentätigkeit Ihre Wohnung verlassen, diesen Grund bei einer Kontrolle durch die Polizei oder die zuständigen Ordnungsbehörden glaubhaft machen. Der Abgeordnete argumentierte, dass die Regelung so unbestimmt sei, dass er in der Ausübung seines Mandats beschränkt werde, insbesondere dass er durch sein mandatsbezogenes Zeugnisverweigerungsrecht geschützte Informationen preisgeben müsse.

Der VerfGH Berlin hat entschieden, dass die in der Hauptsache im Organstreit und mit einer Verfassungsbeschwerde verfolgten Anträge teils unzulässig, teils offensichtlich unbegründet sind.

Wenn das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens in dieser Weise auf der Hand liege, müsse nach ständiger verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung auch ein darauf bezogenes Eilrechtsschutzersuchen abgelehnt werden.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes ist dieses Vorbringen offensichtlich unbegründet. Für die Glaubhaftmachung könne von ihm nicht mehr verlangt werden, als dass er sich als Abgeordneter ausweise und versichere, dass er mandatsbezogen seine Wohnung verlassen habe. Eine weitergehende Kontrolle auch nur der Plausibilität seiner Erklärung habe zu unterbleiben. Das gebiete die Bedeutung des freien Mandats und der Funktionsfähigkeit der Legislative – wie sie auch in § 1 Abs. 2 der SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung zum Ausdruck komme, wonach sich die Parlamentarier versammeln dürfen. Die Glaubhaftmachung umfasse damit auch nicht die Offenbarung von Informationen, die vom Zeugnisverweigerungsrecht erfasst sind.

Soweit der Antragsteller das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage rügte, hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass er weder in seinen Rechten als Abgeordneter, noch in seinen Grundrechten als Bürger betroffen ist.