Ist Kiffen während der Arbeitszeit erlaubt? Darf ein Arbeitnehmer bekifft zur Arbeit erscheinen? Ist ein Joint in der Mittagspause zulässig? Diese Fragen stellen sich viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer seit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland im April 2024. Im Folgenden wird die neue Rechtslage umfassend erläutert. Außerdem geben wir praxisnahe Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, um Konflikte rund um Cannabis am Arbeitsplatz zu vermeiden.
Cannabis-Legalisierung 2024: Was hat sich geändert?
Zum 1. April 2024 ist in Deutschland das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (CanG) in Kraft getreten. Dadurch wurde der Besitz und Konsum kleiner Mengen Cannabis für Erwachsene legalisiert. Die wichtigsten Eckpunkte der neuen Rechtslage sind:
- Besitzmenge: Erwachsene dürfen insgesamt bis zu 50 Gramm Cannabis (getrocknete Blüten) zum Eigengebrauch besitzen; in der Öffentlichkeit ist das Mitführen jedoch auf 25 Gramm begrenzt. Mengen darüber hinaus bleiben strafbar – größere Überschreitungen können mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. Geringfügige Überschreitungen (bis 5g außer Haus bzw. 10g zu Hause) gelten als Ordnungswidrigkeit.
- Eigenanbau: Pro volljähriger Person sind maximal drei Cannabispflanzen zum Eigenkonsum erlaubt. Die Weitergabe an Dritte bleibt verboten, ebenso der Anbau durch oder die Abgabe an Minderjährige.
- Örtliche Beschränkungen: Öffentlicher Konsum ist untersagt in der Nähe von Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Sportstätten und generell in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr. Cannabis bleibt also ein Genussmittel, das größtenteils im privaten Rahmen konsumiert werden soll.
- Medizinisches Cannabis: Unverändert bleibt die Möglichkeit, Cannabis auf Rezept zu erhalten. Medizinisch verordnetes Cannabis unterliegt weiterhin der Verschreibungspflicht.
Trotz dieser Teil-Legalisierung gilt: Cannabis ist weiterhin ein berauschendes Mittel, das den Bewusstseinszustand und die Leistungsfähigkeit beeinflussen kann. Es ist daher nicht mit dem harmlosen Konsum von Tabak gleichzusetzen. Für den Arbeitsplatz gelten nach wie vor strenge Regeln, ähnlich wie bei Alkohol und anderen Drogen. Im nächsten Abschnitt betrachten wir, was dies konkret für das Arbeiten unter Cannabiseinfluss bedeutet.
Kiffen während der Arbeitszeit – was ist erlaubt?
Darf während der Arbeit gekifft werden? Klare Antwort: Nein. Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre Arbeitsleistung „ungetrübt“ – also unbeeinträchtigt von Rauschmitteln – zu erbringen. Auch wenn der Besitz von Cannabis legal ist, bedeutet das nicht, dass Konsum während der Arbeitszeit zulässig wäre. Ein Arbeitgeber kann von seinen Mitarbeitern erwarten und verlangen, dass sie ihre Arbeit nicht unter Drogeneinfluss verrichten, um volle Leistungsfähigkeit und Sicherheit zu gewährleisten.
In vielen Unternehmen existieren bereits Alkohol- und Drogenverbote in Betriebsordnung oder Arbeitsverträgen. Nach der Cannabis-Legalisierung sollten diese Regeln überprüft und gegebenenfalls ergänzt werden. Falls noch keine Regelung besteht, kann der Arbeitgeber ein klares Cannabis-Verbot im Betrieb aussprechen, genau wie ein Alkoholverbot. Dies umfasst jeglichen Konsum während der Arbeitszeit – also auch in Pausen – und kann sich auf das Betriebsgelände, Betriebsräume und Firmenfahrzeuge erstrecken. Der Arbeitgeber übt hier sein Weisungs- und Hausrecht aus und darf Rauschmittel am Arbeitsplatz vollständig untersagen.
Wichtig: Hat der Betrieb einen Betriebsrat, ist dieser bei der Einführung oder Änderung solcher Verbote zu beteiligen (Mitbestimmung nach § 87 Abs.1 Nr.1 BetrVG). Eine Umsetzung kann z.B. durch eine schriftliche Dienstanweisung oder eine Betriebsvereinbarung erfolgen. Auch ohne ausdrückliches Verbot gilt jedoch: Sobald ein Mitarbeiter sich durch Drogenkonsum in einen ungeeigneten Zustand versetzt, um seine Arbeitspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen oder die Sicherheit zu gewährleisten, handelt er pflichtwidrig. Das heißt, selbst wenn Cannabis im Betrieb nicht ausdrücklich verboten wurde, ist der Konsum faktisch untersagt, sofern dadurch die Arbeitsleistung oder Sicherheit leidet.
Ein Joint in der Mittagspause – zulässig?
Was ist, wenn der Joint in der Pause geraucht wird? Vielen erscheint die Mittagspause als „Freizeit“, in der man tun kann, was man will. Doch Vorsicht: Auch ein Konsum in der Pause kann arbeitsrechtliche Folgen haben. Warum? Wenn der Arbeitnehmer nach der Pause berauscht an den Arbeitsplatz zurückkehrt, ist seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Er kann dann seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen und gefährdet unter Umständen sich und andere.
Bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten (z.B. an Maschinen, auf Baustellen oder im Straßenverkehr) können bereits geringe Drogenmengen große Gefahren verursachen. Oft verpflichtet sogar der Arbeitsschutz den Arbeitgeber, jeglichen Drogenkonsum im Betrieb zu unterbinden. Das schließt Pausenzeiten mit ein. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber den Konsum von Cannabis während der Arbeitszeit und in den Pausen verbieten. Ebenso darf er verbieten, berauscht zur Arbeit (auch nach Pausen) zu erscheinen.
Das bedeutet: Ein Joint in der Mittagspause ist de facto nicht erlaubt, zumindest nicht, wenn danach die Arbeit wiederaufgenommen wird. Arbeitnehmer dürfen in ihrer Freizeit zwar Cannabis konsumieren, solange sie bei Arbeitsbeginn (bzw. Wiederaufnahme der Arbeit) voll einsatzfähig sind. Nach einer kurzen Pause ist dies aber kaum gewährleistet. Praktischer Tipp für Arbeitnehmer: Verzichten Sie auf Cannabis in Pausen während des Arbeitstags – die kurze „Auszeit“ rechtfertigt nicht das Risiko, anschließend dienstunfähig zu sein.
Bekifft zur Arbeit – was droht Arbeitnehmern?
Auch der Konsum vor der Arbeitszeit kann problematisch sein. Zwar liegt die Zeit vor Arbeitsbeginn in der Privatsphäre des Arbeitnehmers; jedoch darf er nicht im berauschten Zustand zur Arbeit erscheinen. Arbeitnehmer schulden ihrem Arbeitgeber volle Arbeitsfähigkeit ab Arbeitsbeginn. Erscheint jemand bekifft zum Dienst, so liegt darin eine Pflichtverletzung. Es gilt eine ähnliche Regel wie beim Alkohol: Wer morgens mit Restalkohol erscheint, muss mit Konsequenzen rechnen – Gleiches gilt nun für Cannabis.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer konsumiert vor Arbeitsbeginn (oder sogar auf dem Weg zur Arbeit) Cannabis. Wenn er dadurch nicht mehr „ungetrübt“ arbeiten kann, verstößt er gegen seine Pflichten. Besonders in bestimmten Berufen wie Lkw-Fahrer, Busfahrer, Piloten oder Maschinenführer ist jede Beeinflussung durch Betäubungsmittel tabu – hier kann schon ein einmaliges Arbeiten unter Drogeneinfluss eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Tatsächlich hat das Bundesarbeitsgericht bereits entschieden, dass bei Berufskraftfahrern selbst der außerdienstliche Konsum harter Drogen (im konkreten Fall Amphetamin/Metamphetamin) eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann, auch ohne konkreten Nachweis einer Fahruntüchtigkeit. Im Lichte der Cannabis-Legalisierung heißt das: Ist die Fahrtüchtigkeit oder Arbeitssicherheit auch nur potenziell beeinträchtigt, dürfen Arbeitgeber hart durchgreifen.
Arbeitnehmer sollten daher verantwortungsvoll planen, wenn sie in ihrer Freizeit kiffen. Ähnlich wie beim Feierabendbier sollte genügend Zeit zwischen Konsum und nächstem Arbeitsantritt liegen. Cannabis wirkt zwar unterschiedlich lang je nach Konsumform und THC-Gehalt, aber man sollte auf Nummer sicher gehen, dass keine Rauschwirkung mehr vorhanden ist. Andernfalls riskiert man nicht nur die eigene Gesundheit und die anderer, sondern auch den Verlust des Arbeitsplatzes.
Rechtliche Pflichten: Arbeitsschutz und Fürsorge
Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber haben Pflichten, um einen sicheren, drogenfreien Arbeitsablauf zu gewährleisten. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat klargestellt, dass Versicherte (Arbeitnehmer) sich nicht durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln in einen Zustand versetzen dürfen, der sie selbst oder andere gefährden könnte. Umgekehrt dürfen Arbeitgeber keine Arbeitnehmer beschäftigen, die erkennbar nicht in der Lage sind, ihre Arbeit sicher auszuführen. Diese Regeln dienen dem Unfall- und Gesundheitsschutz im Betrieb.
Der Arbeitgeber hat eine gesetzliche Fürsorgepflicht gegenüber allen Beschäftigten und Dritten. Er muss eingreifen, wenn jemand offensichtlich berauscht arbeitet, besonders bei gefährlichen Tätigkeiten. Konkret bedeutet das: Bemerkt ein Arbeitgeber oder Vorgesetzter, dass ein Mitarbeiter z.B. an einer Maschine oder im Fahrzeug unter Drogeneinfluss steht, muss er die Arbeit sofort unterbinden und den Mitarbeiter aus dem Verkehr ziehen. Geschieht das nicht und es kommt zu einem Unfall, drohen dem Arbeitgeber strafrechtliche Konsequenzen und Schadensersatzansprüche, weil er seiner Fürsorgepflicht nicht nachgekommen ist. Auch die Berufsgenossenschaft würde einen solchen Vorfall nicht als Arbeitsunfall anerkennen, was den Versicherungsschutz gefährdet. Der verpflichtende Arbeitsschutz gebietet also einen klaren Umgang mit berauschten Mitarbeitern – im Zweifel Freistellung für den restlichen Tag, um Schlimmeres zu verhindern.
Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Cannabis-Verstößen
Verstößt ein Arbeitnehmer gegen seine Pflichten – etwa indem er während der Arbeit kifft, in der Pause konsumiert oder erkennbar bekifft zum Dienst erscheint – muss er mit arbeitsrechtlichen Sanktionen rechnen. Welche Maßnahmen kommen in Betracht?
- Entfernung von der Arbeit/Freistellung: Zunächst sollte der Arbeitgeber den betreffenden Mitarbeiter umgehend von der Arbeit freistellen, zumindest für den laufenden Tag. Aus Arbeitsschutzgründen ist es oft geboten, die Person nach Hause zu schicken, ggf. aus Sicherheitsgründen in Begleitung. Während der Zeit der Freistellung verliert der Arbeitnehmer in der Regel seinen Anspruch auf Vergütung, da er keine Arbeitsleistung erbringt. (In Ausnahmefällen kann eine suchtbedingte Unfähigkeit als krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit gelten, siehe unten.)
- Abmahnung: In den meisten Fällen ist bei einem erstmaligen Verstoß eine Abmahnung der nächste Schritt. Der Arbeitgeber spricht damit eine formelle Warnung aus, verbunden mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis gefährdet ist. Eine Abmahnung ist vor allem bei einfachen Pflichtverstößen und wenn keine unmittelbare Gefährdung vorlag, üblich, um dem Mitarbeiter die Chance zu geben, sein Verhalten zu bessern.
- Kündigung (Wiederholungsfall oder schwere Verstöße): Kommt es trotz Abmahnung erneut zu Vorfällen, oder handelt es sich um einen gravierenden Fall, kann eine Kündigung ausgesprochen werden. Bei verhaltensbedingten Kündigungen (etwa wiederholtes Kiffen am Arbeitsplatz trotz Verbot) ist in der Regel eine vorherige Abmahnung erforderlich, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern. In sicherheitskritischen Bereichen kann jedoch bereits ein einmaliger Vorfall eine außerordentliche (fristlose) Kündigung rechtfertigen – beispielsweise wenn ein Fahrer oder Maschinenbediener unter Drogeneinfluss angetroffen wird, weil hier Leib und Leben anderer auf dem Spiel stehen. Entscheidend ist immer eine Interessenabwägung und der Grad der Gefährdung im Einzelfall.
- Suchtbedingte Kündigung (personenbedingt): Ist der Cannabiskonsum nicht einmaliges Fehlverhalten, sondern deutet er auf eine Abhängigkeit hin, kommen die Grundsätze der krankheitsbedingten Kündigung ins Spiel. Eine ernsthafte Drogenabhängigkeit wird arbeitsrechtlich oft als Krankheit angesehen. In diesem Fall kann nicht ohne Weiteres fristlos gekündigt werden, sondern es bedarf einer Prognose, ob die Leistungsfähigkeit künftig erheblich beeinträchtigt bleibt. Der Arbeitgeber müsste darlegen, dass durch die Sucht häufige Ausfälle zu erwarten sind und die betrieblichen Abläufe massiv gestört würden. Auch eine erfolglose Therapie oder Weigerung des Mitarbeiters, Hilfe anzunehmen, kann hier eine Rolle spielen. Die Rechtsprechung bei Alkoholabhängigkeit verlangt z.B. zunächst den Versuch einer Therapie, bevor eine personenbedingte Kündigung ausgesprochen wird. Es ist zu erwarten, dass bei einer schweren Cannabisabhängigkeit ähnlich verfahren würde. Merke: Für den Arbeitnehmer macht es einen großen Unterschied, ob es sich um steuerbares Fehlverhalten (verhaltensbedingter Verstoß) oder um eine Krankheit (personenbedingtes Problem) handelt. Im ersten Fall ist die Abmahnung Voraussetzung für eine Kündigung, im zweiten Fall nicht, allerdings müssen hier strenge Voraussetzungen erfüllt sein (Negative Prognose, erhebliche betriebliche Störung, Interessenabwägung).
- Strafrechtliche Folgen: Auch wenn Cannabisbesitz nun legal ist, können bestimmte Umstände strafrechtlich relevant sein. Baut z.B. ein Mitarbeiter einen Unfall unter Drogeneinfluss, drohen strafrechtliche Ermittlungen wegen Gefährdung des Straßenverkehrs oder fahrlässiger Körperverletzung. Für Arbeitgeber kann es strafrechtlich heikel werden, wenn sie berauschte Mitarbeiter vorsätzlich weiterarbeiten lassen und dadurch Dritte zu Schaden kommen. In extremen Fällen könnte dies als fahrlässige Körperverletzung oder Verstöße gegen Arbeitsschutzgesetze geahndet werden.
Zusätzlich kann es zu versicherungstechnischen Konsequenzen kommen. Wie erwähnt, erkennt die Berufsgenossenschaft Unfälle unter Drogeneinfluss evtl. nicht als Arbeitsunfälle an. Auch Unfall- oder Haftpflichtversicherungen könnten die Leistung verweigern, wenn grobe Fahrlässigkeit durch Drogenkonsum im Spiel war.
Was können Arbeitgeber tun? – Praxisempfehlungen
Die Legalisierung von Cannabis bedeutet für Arbeitgeber neue Herausforderungen. Um für klare Verhältnisse zu sorgen und Risiken zu minimieren, sollten Arbeitgeber proaktiv Maßnahmen ergreifen:
1. Klare Betriebsregeln einführen: Arbeitgeber sind gut beraten, ein generelles Verbot von Cannabis und anderen Rauschmitteln am Arbeitsplatz auszusprechen. Diese Regel sollte schriftlich fixiert werden, z.B. im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsordnung oder – sofern ein Betriebsrat existiert – per Betriebsvereinbarung. Falls bereits Richtlinien zum Alkohol- oder Drogenkonsum bestehen, sollten diese an die neue Gesetzeslage angepasst werden. Wichtig ist, dass das Verbot alle relevanten Bereiche abdeckt: Arbeitszeit, Pausen, Firmenveranstaltungen, Dienstkleidung, Fahrzeugnutzung etc. (Beispiel: „Der Konsum von Alkohol und illegalen Drogen sowie Cannabis ist während der Arbeitszeit, in den Pausen und auf dem Betriebsgelände untersagt. Das Erscheinen zur Arbeit unter Einfluss dieser Substanzen ist ebenfalls verboten.“)
2. Verbot von Rausch in Dienstkleidung: Es empfiehlt sich, ausdrücklich festzuhalten, dass Kiffen in Arbeits- oder Dienstkleidung untersagt ist. Mitarbeiter sollten keinen Zusammenhang zwischen Drogenkonsum und dem Unternehmen herstellen – das könnte dem Firmenimage schaden. Wer also im Firmenoverall oder mit dem Firmenlogo auf der Jacke in der Öffentlichkeit einen Joint raucht, verstößt gegen seine Loyalitätspflicht. Arbeitgeber können ein solches Verhalten abmahnen oder kündigen.
3. Schulung und Sensibilisierung: Führungskräfte und Vorgesetzte sollten über die Thematik informiert und im Umgang mit auffälligen Mitarbeitern geschult werden. Sie müssen frühzeitig eingreifen, wenn jemand Anzeichen von Drogenbeeinflussung zeigt. Betriebliches Gesundheitsmanagement kann Schulungen oder Informationsveranstaltungen zu Suchtmittelkonsum anbieten, um auf Gefahren hinzuweisen. Eine Präventionskultur (z.B. „Zero Tolerance“ bei Sicherheitsthemen) hilft, Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen.
4. Vorgehen bei Verdachtsfällen regeln: Da Drogentests im Arbeitsverhältnis rechtlich heikel sind, sollte ein Verfahren definiert werden, was bei Verdacht auf Drogenkonsum passiert. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber keinen Test gegen den Willen des Mitarbeiters erzwingen – das wäre ein Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Er kann aber freiwillige Tests anbieten, etwa einen Atem- oder Urintest, um den Mitarbeiter zu entlasten, falls dieser einverstanden ist. Wichtig: Ohne ausdrückliche vertragliche Grundlage und berechtigtes Interesse (z.B. in sicherheitskritischen Bereichen bei konkretem Verdacht) sind routinemäßige Drogentests unzulässig. Stattdessen sollten Vorgesetzte bei Verdacht objektiv dokumentieren (z.B. sichtbare Ausfallerscheinungen, Geruch, verwaschene Sprache). Im Zweifel hat der Arbeitgeber das Recht – und die Pflicht – den Mitarbeiter vorläufig freizustellen oder eine sofortige Untersuchung beim Betriebsarzt zu veranlassen. Diese Maßnahmen dienen dem Schutz aller Beteiligten.
5. Unterstützung bei Suchtproblemen: Erkennt ein Arbeitgeber, dass ein Mitarbeiter möglicherweise abhängig ist (statt nur einmalig fehlgetreten), sollte er neben den arbeitsrechtlichen Schritten auch Hilfe anbieten. Eine Kooperation mit Suchtberatungsstellen oder der betrieblichen Sozialberatung ist sinnvoll. Auch die Vermittlung von Therapiemöglichkeiten kann Teil der Fürsorge sein. Zeigt ein Arbeitnehmer Einsicht und Bemühungen, seine Sucht zu behandeln, sollte der Arbeitgeber dies wohlwollend unterstützen – zumindest bis klar ist, ob eine Besserung gelingt. Dies kann später auch in einem Kündigungsschutzverfahren relevant sein (Stichwort: Ultima-Ratio-Prinzip).
Zusammenfassend sollten Arbeitgeber nach der Cannabis-Legalisierung aktiv werden: interne Richtlinien schaffen, Mitarbeiter informieren, Führungskräfte schulen und im Ernstfall konsequent, aber fair handeln. Lieber jetzt klare Regeln kommunizieren, als später vor ungeahnten Problemen zu stehen.
Tipps für Arbeitnehmer
Auch Arbeitnehmer müssen nach der Cannabis-Freigabe genau wissen, was erlaubt ist und was nicht, um keine arbeitsrechtlichen Probleme zu riskieren. Hier einige Handlungstipps aus Arbeitnehmersicht:
- Arbeitsfähig bleiben: Ihre oberste Pflicht ist es, nüchtern und leistungsfähig zur Arbeit zu erscheinen und dies während der gesamten Arbeitszeit zu bleiben. Machen Sie sich bewusst, dass legal nicht gleich arbeitsplatz-tauglich bedeutet. Wie beim Alkohol sollten Sie Konsum und Arbeit strikt trennen.
- Kein Konsum während der Arbeitszeit: Verzichten Sie darauf, während der Arbeit oder in Pausen zu kiffen. Selbst wenn keine ausdrückliche Regel in Ihrem Betrieb besteht, riskieren Sie eine Pflichtverletzung, sobald der Rausch Ihre Arbeit beeinflusst. Denken Sie daran: Die kurze Entspannungswirkung rechtfertigt nicht die potenziell schweren Folgen (Abmahnung oder Kündigung). Nutzen Sie Pausen lieber für frische Luft, Essen oder Erholung ohne Substanzen.
- Restwirkung einplanen: Falls Sie in Ihrer Freizeit Cannabis konsumieren möchten, tun Sie das rechtzeitig, sodass bis zum nächsten Arbeitsbeginn genügend Zeit für den Abbau vergeht. Die Wirkung von THC kann Stunden anhalten, und Abbauprodukte sind noch länger im Körper nachweisbar. Im Zweifel planen Sie lieber einen extra Tag Pause ein, insbesondere wenn Sie hohe Dosen oder spät abends konsumieren. Erscheinen Sie nicht mit „Hangover“ oder Restrausch zur Arbeit – Ihre Kollegen und Arbeitgeber werden es bemerken, und Sie gefährden Ihren Job.
- Betriebliche Regeln kennen: Informieren Sie sich über die Hausordnung oder Richtlinien Ihres Arbeitgebers. Wurde ein Drogen- und Alkoholverbot kommuniziert? Gibt es Regelungen für Firmenfeiern? Halten Sie sich daran. Unwissenheit schützt nicht: selbst ohne schriftliche Regeln gilt das ungeschriebene Gesetz der vollen Arbeitsleistung ohne Rausch.
- Diskretion in der Öffentlichkeit: Seien Sie vorsichtig, in Arbeitskleidung zu konsumieren. Selbst nach Feierabend kann es Ärger geben, wenn Sie in Uniform oder mit Firmenlogo kiffen und Passanten das dem Arbeitgeber zuordnen. Solche Imageschäden will kein Unternehmen – entsprechende Verstöße können sanktioniert werden. Legen Sie daher die Dienstkleidung ab, bevor Sie privat Cannabis konsumieren, oder verzichten Sie darauf, wenn Sie noch „sichtbar“ als Firmenvertreter unterwegs sind.
- Bei Problemen Hilfe suchen: Sollten Sie merken, dass Ihnen der Cannabis-Konsum entgleitet und Sie nicht mehr ohne Rausch zur Arbeit erscheinen können, suchen Sie frühzeitig Hilfe. Sprechen Sie – falls möglich – vertraulich mit dem Betriebsarzt oder einer Suchtberatung. Denken Sie daran, dass Abhängigkeit eine Krankheit sein kann und kein moralisches Versagen. Ein offenes Gespräch und der Wille, etwas zu ändern, kann im Ernstfall besser sein, als abzuwarten, bis der Arbeitgeber Sie beim Verstoß erwischt. Manche Arbeitgeber bieten Unterstützung an, anstatt sofort zu kündigen, wenn sie sehen, dass der Mitarbeiter an seiner Gesundheit arbeitet.
- Keine Experimente bei sicherheitskritischen Jobs: Haben Sie einen Job mit hoher Verantwortung für Sicherheit (z.B. Verkehr, Maschinen, medizinische Versorgung etc.), sollten Sie besonders strikt sein. Hier gelten oft Null-Toleranz-Grenzen. Schon geringe THC-Restmengen können z.B. im Straßenverkehr zum Entzug der Fahrerlaubnis führen. Überlegen Sie, ob es das wert ist. Ihre berufliche Zulassung (Führerschein, Bedienberechtigungen) steht auf dem Spiel, und ein einziger Vorfall kann die Karriere beenden. Im Zweifelsfall: Finger weg von Rauschmitteln, solange Sie in solchen Positionen arbeiten.
Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland bedeutet nicht, dass Kiffen am Arbeitsplatz gesellschaftsfähig oder erlaubt wäre. Arbeitnehmer dürfen weiterhin nicht berauscht arbeiten. Weder der Joint während der Arbeitszeit, noch das bekiffte Erscheinen am Morgen, noch der „schnelle Zug“ in der Mittagspause sind mit den arbeitsrechtlichen Pflichten vereinbar. Die vergleichbaren Regeln wie bei Alkohol gelten fort: Wer die eigene Arbeitsfähigkeit durch Konsum beeinträchtigt, verstößt gegen den Arbeitsvertrag und riskiert Abmahnung oder Kündigung.
Arbeitgeber sind gut beraten, jetzt für klare Verhältnisse zu sorgen. Ein eindeutiges Cannabisverbot im Betrieb schafft Orientierung. Gleichzeitig besteht die Pflicht, bei erkennbarer Berauschung von Mitarbeitern konsequent einzuschreiten – aus Fürsorge für alle Beteiligten. Durch Prävention, Information und klare Regeln lassen sich die meisten Konflikte vermeiden. Die Erfahrung mit Alkohol zeigt, dass betriebliches Suchtschutz sowohl sanktionierend als auch helfend wirken muss: Mitarbeiter sollen wissen, was nicht toleriert wird, aber Suchtkranke dürfen auch auf Unterstützung hoffen.
Für alle Seiten gilt letztlich: Vernunft und Rücksicht. Cannabis mag legal sein, doch der Arbeitsplatz erfordert einen klaren Kopf. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten offen darüber kommunizieren, was erwartet wird. Dann steht einem sicheren Miteinander nichts im Wege – auch in Zeiten nach der Legalisierung.