Klinik haftet für Geburtsschaden durch Sauerstoffmangel

Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass ein 8-jähriges Mädchen, das als Folge einer Sauerstoffunterversorgung vor der Geburt einen schweren Hirnschaden erlitten hat, 500.000 Euro Schmerzensgeld erhält.

Aus der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Oldenburg Nr. 45/2019 vom 15.11.2019 ergibt sich:

Das Mädchen hat als Folge einer Sauerstoffunterversorgung vor der Geburt einen schweren Hirnschaden erlitten; sie ist schwerstbehindert und wird Zeit ihres Lebens immer auf fremde Hilfe angewiesen sein. Zu der Schädigung war es gekommen, weil ca. 45 min vor der Entbindung die Herzfrequenz des Kindes sehr stark abgefallen war (sog. Bradykardie); in diesem Zeitraum zeichnete indessen das CTG (sog. Wehenschreiber) für ca. 10 min keinen Herzschlag auf, weder den des Kindes noch den der Mutter; als nach 10 min im CTG ein Herzschlag mit normgerechter Frequenz wieder erfasst werden konnte, hielten die Ärzte dies für den Herzschlag des Kindes in der Annahme, es habe sich wieder erholt. Tatsächlich handelte es sich allerdings um den Herzschlag der Mutter. Als man den Irrtum später bemerkte, war die Klägerin durch die Sauerstoffunterversorgung bereits erheblich geschädigt.

Das OLG Oldenburg hat dem Mädchen 500.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen und festgestellt, dass die beklagte Klinik aus dem Landkreis Osnabrück sowie die beklagte Ärztin zudem verpflichtet sind, dem Mädchen sämtlichen Vermögensschaden zu ersetzen, der ihr aus den Kunstfehlern anlässlich ihrer Geburt entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen stellt das Vorgehen einen groben Behandlungsfehler dar. Die behandelnden Ärzte hätten sich angesichts des Verdachts auf einen kindlichen Herzfrequenzabfall auf andere Weise davon überzeugen müssen, dass es dem Kind gut geht, z.B. durch eine sog. Kopfschwartenelektrode; keinesfalls hätte man sich angesichts der bedrohlichen Situation über einen Zeitraum von 10 min mit einem nicht aussagekräftigen CTG zufrieden geben dürfen.

Weil die Beklagten bereits aus diesem Grund der Klägerin hafteten, hat sich der Senat mit den weiteren Vorwürfen gegen die Klinik, dass nämlich die Reanimation nach der Geburt nicht sofort begonnen wurde, dass kein Beatmungsbeutel nach der Geburt zur Verfügung gestanden hatte, dass die Maskenbeatmung nach der Geburt versehentlich ohne Druck erfolgt und dass der verständigte Notarzt 10 min zu spät erschienen war, nicht weiter auseinandersetzen müssen.

Das OLG Oldenburg hat mit seinem Urteil ein im Wesentlichen gleichlautendes Urteil des LG Osnabrück bestätigt; das zuerkannte Schmerzensgeld sei in jedem Fall angemessen; weil nur die Beklagten Berufung eingelegt hatten, hat sich der Senat mit der Frage eines höheren Schmerzensgeldes nicht befassen müssen.