Kreuz in Dienstgebäuden: Keine Popularklage gegen Verwaltungsvorschrift

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof in München hat am 03.04.2020 zum Aktenzeichen Vf. 8-VII-18 entschieden, dass eine Verwaltungsvorschrift zum Anbringen eines Kreuzes im Eingangsbereich von Dienstgebäuden nicht mit der Popularklage angegriffen werden kann.

Aus der Pressemitteilung des Bay. VerfGH vom 07.04.2020 ergibt sich:

Mit seiner Popularklage rügt der Antragsteller, § 28 AGO verstoße gegen die Bayerische Verfassung, weil das Kreuz ein christliches Symbol darstelle und durch die Verpflichtung, es im Eingangsbereich von Dienstgebäuden anzubringen, die staatliche Neutralitätspflicht und die (negative) Religions- und Bekenntnisfreiheit verletzt würden.

Der VerfGH München hat die Popularklage gegen § 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO) abgewiesen.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes stellt diese Regelung, wonach im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ein Kreuz anzubringen ist, nach Form und Inhalt eine Verwaltungsvorschrift dar, die nicht mit der Popularklage angegriffen werden kann. Die Popularklage sei unzulässig, weil sie sich gegen einen in diesem Verfahren nicht statthaften Prüfungsgegenstand richte.

Nach Art. 98 Satz 4 der Bayerischen Verfassung (BV), Art. 55 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VfGHG) werden im Popularklageverfahren Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts auf ihre Vereinbarkeit mit der Bayerischen Verfassung hin überprüft. Es müsse sich um abstrakt-generelle Vorschriften handeln, die mit unmittelbarer Außenwirkung für den Bürger Rechte und Pflichten begründe, ändere oder aufhebe. An dieser Rechtsnormqualität fehle es Verwaltungsvorschriften. Bei diesen handele es sich um interne Direktiven, die ausschließlich für die betroffenen Behörden bindend seien und keine unmittelbare Außenwirkung entfalten. Ob eine Regelung als Rechts- oder als Verwaltungsvorschrift zu qualifizieren sei, beurteile sich zum einen nach ihrer Form, zum anderen nach ihrem Inhalt.

§ 28 AGO sei schon seiner Form nach nicht als Rechtsvorschrift erlassen worden. Die Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern sei insbesondere nicht als „Verordnung“ gekennzeichnet, wie dies bei einer Rechtsvorschrift veranlasst gewesen wäre. Zwar enthalte der Vorspruch eine Bezugnahme auf Art. 43 Abs. 1 BV, wonach die Staatsregierung die oberste leitende und vollziehende Behörde des Staates ist; dies bezeichne indes keine gesetzliche Grundlage für den Erlass von Rechtsvorschriften, sondern meine die generelle staatliche Weisungskompetenz im Hierarchieverhältnis (Art. 55 Nr. 5 Satz 1 BV) und die Befugnis der Staatsregierung zum Erlass von Verwaltungsverordnungen (Art. 55 Nr. 2 Satz 2 BV). Aus der Veröffentlichung im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt ergebe sich keine andere Bewertung.

Die inhaltliche Prüfung führe ebenfalls zur Einordnung als Verwaltungsvorschrift. Die Allgemeine Geschäftsordnung gelte gemäß ihrem § 1 Abs. 1 Satz 1 für alle Behörden des Freistaates Bayern und binde nur diese und deren Bedienstete, aber nicht die Bürger und die Rechtsprechung. Auch die angegriffene Bestimmung entfalte keine unmittelbare Außenwirkung; sie richte sich ausschließlich an die staatlichen Stellen und ordne für diese an, dass im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes gut sichtbar ein Kreuz anzubringen sei. Diese Regelung werde nicht dadurch zum tauglichen Prüfungsgegenstand einer Popularklage, dass man ihr mittelbare Außenwirkung zumesse.

Auf die Frage, ob die angegriffene Bestimmung den Schutzbereich der negativen Religionsfreiheit tangiere, komme es daher im vorliegenden Popularklageverfahren nicht an.