In einem aktuellen Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 17.07.2025 (Az. 6 SLa 484/24) ging es um die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses und eine umstrittene Mandantenschutzklausel in einem Anwalts-Arbeitsvertrag. Die Klägerin, eine angestellte Rechtsanwältin, hatte zum 31.03.2024 eigenständig gekündigt. Ihr Arbeitsvertrag enthielt keine klassische nachvertragliche Konkurrenzklausel, jedoch eine Regelung, wonach sie im Fall der Mandatsübernahme ehemaliger Kanzleimandanten 20 % ihres mit diesen Mandanten erzielten Umsatzes für zwei Jahre an die frühere Kanzlei abführen sollte – ohne dass der Arbeitgeber ihr dafür eine Karenzentschädigung zahlte. Kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses kam es zum Streit: Die Anwältin nahm zwischen Weihnachten und Neujahr 2023/2024 Urlaub, den sie – nach ihrer Darstellung – gemäß betriebsüblicher Praxis im Team abgestimmt und im System eingetragen hatte. Die Kanzlei wertete dies jedoch als unerlaubte “Selbstbeurlaubung”, erschien nicht zur Güteverhandlung und reagierte im Januar 2024 mit zwei fristlosen Kündigungen, einer Anfechtung des Arbeitsvertrags sowie einer Widerklage (Stufenklage) auf Auskunft und Zahlung der vereinbarten 20 %-Umsatzbeteiligung. Die Anwältin erhob Kündigungsschutzklage und beantragte Feststellung, dass keine der Maßnahmen das Arbeitsverhältnis vor dem 31.03.2024 beendet habe.
Unwirksame fristlose Kündigungen mangels Abmahnung
Das LAG Köln bestätigte, dass keine der fristlosen Kündigungen wirksam war. In der Regel setzt eine außerordentliche (fristlose) verhaltensbedingte Kündigung voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor abgemahnt hat, damit dieser sein Verhalten ändern kann – dies ergibt sich nun ausdrücklich auch aus § 314 Abs. 2 BGB. Eine Abmahnung darf nur in Extremfällen entbehrlich sein, nämlich wenn selbst eine Verhaltensänderung in Zukunft nicht zu erwarten wäre oder ein derart schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt, dass eine Duldung für den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Solche Umstände lagen hier nicht vor.
- “Selbstbeurlaubung”: Die Kanzlei warf der Anwältin vor, sie habe sich eigenmächtig Urlaub genommen. Das Gericht stellte jedoch fest, dass nicht zweifelsfrei von einer Arbeitsverweigerung ausgegangen werden konnte. Die Klägerin hatte unbestritten das in der Kanzlei geübte Urlaubsverfahren beachtet (interne Abstimmung und Eintrag im Urlaubssystem). Wenn der Arbeitgeber ein solches Vorgehen bislang stillschweigend akzeptiert hat, kann er ein dadurch entstandenes Fehlverständnis nicht ohne Weiteres mit einer fristlosen Kündigung sanktionieren – zumindest eine vorherige Klarstellung oder Abmahnung wäre erforderlich gewesen.
- Angeblicher Wettbewerbsverstoß: Die zweite fristlose Kündigung stützte die Kanzlei darauf, dass die Anwältin im Januar 2024 – nach Zugang der ersten Kündigung – eigene Mandatsbeziehungen mit drei ehemaligen Mandanten der Kanzlei einging. Zwar gilt während eines laufenden Arbeitsverhältnisses grundsätzlich ein Wettbewerbsverbot zugunsten des Arbeitgebers. Dies gilt sogar nach Zugang einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung, solange das Arbeitsverhältnis rechtlich (z.B. wegen einer Kündigungsschutzklage) fortbesteht. Dennoch bewertete das LAG den Vorfall als nicht schwerwiegend genug für eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung: Die Anwältin hatte die Mandanten nicht aktiv abgeworben, sondern diese hatten von sich aus der alten Kanzlei das Mandat entzogen und sich an sie gewandt. Eine kurzfristige Kontaktaufnahme oder Weiterbearbeitung einzelner Mandate kurz vor Ausscheiden erreichte hier nicht die Schwelle eines groben Loyalitätsverstoßes, der eine fristlose Kündigung ohne vorherige Warnung rechtfertigen würde. Zudem war zu berücksichtigen, dass die Anwältin nach der ersten Kündigung vom 12.01.2024 faktisch einkommenslos gestellt war und daher auf neue Aufträge angewiesen war – auch dies spielte in der Interessenabwägung eine Rolle.
Fazit zu den Kündigungen: Beide außerordentlichen Kündigungen hielten einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Die Kanzlei hätte – so das Gericht – vor Ausspruch einer Beendigungskündigung das mildere Mittel einer Abmahnung wählen müssen. Weder die (angeblich) unberechtigte Urlaubsnahme noch der unterstellte Wettbewerbsverstoß stellten derart gravierende Pflichtverletzungen dar, dass eine sofortige fristlose Kündigung ohne Abmahnung gerechtfertigt gewesen wäre. Entsprechend wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31.03.2024 durch die Eigenkündigung der Anwältin endete, nicht früher.
Anfechtung des Arbeitsvertrags – kein Täuschungsnachweis
Zwischen den Kündigungen hatte die Arbeitgeberin zudem die Anfechtung des Arbeitsvertrags nach § 123 BGB erklärt, angeblich wegen arglistiger Täuschung im Einstellungsprozess. Sie unterstellte, die Anwältin habe von Anfang an geplant, Kanzleimandanten abzuwerben, und dies im Vorstellungsgespräch verschleiert. Das LAG verwarf auch diese Anfechtung als unbegründet, da die Kanzlei keinerlei konkrete Tatsachen für eine Täuschung oder Schädigungsabsicht vorgetragen hatte. Eine bloße Unterstellung oder nachträgliche Vermutung genügt nicht – ein Arbeitsvertrag kann nur angefochten werden, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er durch arglistige Falschinformationen zum Vertragsschluss veranlasst wurde. Hier fehlte es an jedem substantiierten Vortrag für eine solche Täuschung. Folge: Der Arbeitsvertrag war nicht nichtig, sondern bis zur Kündigung der Klägerin gültig in Kraft.
Verdecktes Wettbewerbsverbot: Mandantenschutzklausel mit 20 % Umsatzabgabe
Den Kern des Urteils stellt die Bewertung der Vertragsklausel dar, die von der Anwältin verlangte, im Falle der Mandatsübernahme ehemaliger Klienten der Kanzlei 20 % des mit diesen erzielten Gesamtumsatzes an die frühere Arbeitgeberin abzuführen. Das LAG Köln erklärte diese Mandantenübernahmeklausel für unwirksam, weil sie ein verdecktes nachvertragliches Wettbewerbsverbot darstelle. Entscheidend waren folgende Überlegungen:
- Nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung: Ein allgemeines Verbot, nach dem Ausscheiden ehemalige Mandanten des Arbeitgebers zu betreuen (sog. Mandantenschutzklausel), wirkt faktisch wie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot. Solche Verbote sind laut Gesetz (§§ 74 ff. HGB) nur bei Zahlung einer angemessenen Karenzentschädigung (mindestens 50 % der zuletzt bezogenen Vergütung) und max. zweijähriger Dauer wirksam. Im vorliegenden Vertrag war jedoch keine Karenzentschädigung vorgesehen. Die Kanzlei hatte sogar ausdrücklich in § 18 Abs. 1 des Arbeitsvertrags festgehalten, dass kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gelten solle – wohl um keine Entschädigung zahlen zu müssen – und stattdessen die 20 %-Klausel als milderes Mittel angesehen.
- Mandantenübernahmeklausel vs. Mandantenschutzklausel: Die Rechtsprechung differenziert zwischen allgemeinen Mandantenschutzklauseln (pauschales Verbot der Mandatsübernahme, das einer klassischen Konkurrenzklausel entspricht) und Mandantenübernahmeklauseln, die zwar die Übernahme von Mandanten erlauben, aber z.B. eine Umsatzbeteiligung an den Arbeitgeber vorsehen. Letztere können zulässig sein, wenn sie nur einen angemessenen Ausgleich für mitgenommene Mandate darstellen und die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers nach Vertragsende nicht unbillig erschweren. Unzulässig sind sie jedoch, wenn die Bedingungen so abschreckend sind, dass es wirtschaftlich unattraktiv wird, einen ehemaligen Mandanten zu vertreten. Dann liegt in Wahrheit ein verdeckt auferlegtes Wettbewerbsverbot vor.
- „20 % vom Umsatz“ – zu viel des Guten: Im konkreten Fall knüpfte die Klausel an den Gesamtumsatz inkl. Umsatzsteuer an, nicht etwa an einen Gewinnüberschuss. Das LAG rechnete vor: Bei Freiberuflern (wie Anwälten) bleibt nach Abzug aller Kosten typischerweise ca. 50 % des Umsatzes als Nettogewinn übrig. Hätte die Klägerin 20 % vom Gesamtumsatz abführen müssen, entspräche das nahezu 40 % ihres Gewinns, also fast der Hälfte des erwirtschafteten Ertrags! Eine solche Belastung hätte die Mitnahme eines Mandats kaum mehr lohnenswert gemacht. Aus Sicht des Gerichts war hier die Grenze eindeutig überschritten – die Anwältin würde durch die Umsatzbeteiligung wirtschaftlich nahezu so gestellt, als dürfte sie die ehemaligen Mandanten gar nicht vertreten. Zitat LAG: Die Klausel mache eine Mandatsübernahme “wirtschaftlich unattraktiv” und schalte die frühere Mitarbeiterin faktisch als Konkurrentin aus.
- Umgehung von § 74 HGB: Da die frühere Arbeitgeberin gleichzeitig keine Karenzentschädigung anbot, bewirkte die Klausel ein einseitiges Wettbewerbsverbot zu Lasten der Arbeitnehmerin, ohne die gesetzlich vorgesehene Kompensation. Dies wertete das Gericht als Umgehung der zwingenden Regeln für Wettbewerbsverbote und damit als verstoßend gegen § 75d HGB. Nach § 75d Satz 2 HGB sind Vereinbarungen, welche die Schutzvorschriften zugunsten des Arbeitnehmers umgehen, unwirksam. Genau das war hier der Fall – die 20%-Klausel versuchte ersichtlich, ein postvertragliches Wettbewerbsverbot durch die Hintertür (ohne Entschädigung) durchzusetzen.
- Intransparenz: Das LAG merkte außerdem an, dass die Klausel wohl auch intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sei. Der Vertragstext war unklar formuliert (Stichwort “Gesamtumsatz” vs. “Bruttoumsatz”), sodass die Arbeitnehmerin bei Vertragsschluss kaum präzise erkennen konnte, welche Zahlungsverpflichtungen im Einzelfall auf sie zukämen. Allerdings musste das Gericht dies nicht vertiefen, da die Unwirksamkeit bereits aus der Umgehung des § 74 HGB folgte.
Die Mandantenschutzklausel hielt einer gerichtlichen Prüfung nicht stand. Die Anwältin muss weder Auskunft erteilen noch 20 % ihres Umsatzes an die alte Kanzlei abführen. Ehemalige Mandanten dürfen also von ihr betreut werden, ohne dass sie eine Vertragsstrafe oder Entschädigung an den Ex-Arbeitgeber zahlen muss. Für die Arbeitgeberin bedeutet das zugleich, dass sie keinen finanziellen Ausgleich für die verlorenen Mandate erhält – die Klausel erwies sich als unwirksam.
Praxistipps für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Dieses Urteil ist gleichermaßen für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber lehrreich. Es verdeutlicht, welche Grenzen bei Kündigungen und Wettbewerbsabreden gelten. Im Folgenden einige Schlüssel-Erkenntnisse für beide Seiten:
Für Arbeitnehmer:
- Unwirksame Klauseln erkennen: Lassen Sie sich von drastischen Vertragsklauseln nicht einschüchtern. Postvertragliche Wettbewerbsverbote ohne Karenzentschädigung sind nach deutschem Recht in der Regel unwirksam. Eine Vereinbarung, wonach Sie Ihrem ehemaligen Arbeitgeber einen erheblichen Anteil Ihrer Einnahmen schulden, wenn Sie für frühere Kunden arbeiten, kann eine unzulässige Umgehung darstellen. Im Zweifel sollten Sie solche Klauseln von einem Fachanwalt prüfen lassen, anstatt vorschnell Zahlungen zu leisten.
- Kundenübernahme nach Kündigung: Mandanten oder Kunden gehören nicht dem Arbeitgeber. Wenn ein Kunde von sich aus zu Ihnen wechseln will, darf Ihr ehemaliger Arbeitgeber dies nicht durch unfaire Vertragsstrafen verhindern. Das Gesetz schützt Ihre Berufsfreiheit (Art. 12 GG): Sie dürfen nach Ende des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich Konkurrenztätigkeiten aufnehmen, es sei denn, es besteht ein gültiges (entschädigtes) Wettbewerbsverbot. Im vorliegenden Fall konnte die Anwältin ihre ehemaligen Kanzlei-Mandanten straffrei übernehmen, weil kein wirksames Verbot vereinbart war.
- Kündigungen nicht einfach hinnehmen: Erhalten Sie eine fristlose Kündigung aus fragwürdigen Gründen (z.B. wegen angeblich unerlaubter Urlaubstage oder geringfügiger Vergehen), lohnt sich der Gang zum Arbeitsgericht. Oft fehlt eine erforderliche Abmahnung, was die Kündigung anfechtbar macht. Solange kein extremer Vertrauensbruch vorliegt, muss der Arbeitgeber Sie zunächst warnen. Ohne Abmahnung ist eine fristlose Kündigung häufig unverhältnismäßig und unwirksam.
- Während Kündigungsstreitigkeiten Vorsicht walten lassen: Beachten Sie, dass während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Auch wenn Sie gekündigt wurden und klagen, sind Sie bis zur rechtskräftigen Klärung weiterhin Arbeitnehmer – entsprechend gilt das Verbot, in Konkurrenz zum Arbeitgeber zu treten, grundsätzlich weiter. Seien Sie in dieser Phase zurückhaltend mit Aktivitäten, die als Abwerben von Kunden oder als Konkurrenzgeschäft ausgelegt werden könnten, um Ihrem (Ex-)Arbeitgeber keinen Anlass für weitere Vorwürfe zu geben. Im Fall der Anwältin wertete das Gericht ihr Verhalten zwar als nicht abmahnwürdig, doch jeder Fall liegt anders – im Zweifel halten Sie Rücksprache mit einem Anwalt, bevor Sie ehemalige Kunden übernehmen.
Für Arbeitgeber:
- Kündigung nur mit Augenmaß: Überstürzen Sie keine fristlosen Kündigungen bei minderschweren Pflichtverstößen. Die Hürde für eine sofortige Entlassung ist hoch. In aller Regel ist zunächst eine Abmahnung auszusprechen, um dem Mitarbeiter die Chance zur Verhaltensänderung zu geben. Selbst wenn Sie verärgert sind (etwa weil ein Mitarbeiter eigenmächtig Urlaub nimmt oder schon seinen nächsten Karriereschritt plant), wahrt eine Abmahnung Ihre Rechte besser: Kommt es später erneut zum Verstoß, sind Sie auf der sicheren Seite. Ohne Abmahnung riskieren Sie, dass das Gericht die Kündigung wegen Unverhältnismäßigkeit kassiert.
- Betriebliche Übung und Kommunikation: Stellen Sie sicher, dass interne Prozesse – z.B. für Urlaubsanträge – klar geregelt sind. Dulden Sie informelle Absprachen (wie Eintragung in ein Urlaubssystem ohne schriftliche Genehmigung) über längere Zeit, schaffen Sie faktisch Vertrauen und Gewohnheitsrechte. Plötzliche Sanktionen ohne vorherige Klarstellung können vor Gericht scheitern. Kommunizieren Sie erwartetes Verhalten eindeutig und reagieren Sie auf kleinere Verstöße zunächst mit einem klärenden Gespräch oder einer Abmahnung, anstatt sofort zum Äußersten zu greifen.
- Wettbewerbsverbote rechtskonform gestalten: Wenn Ihnen der Kunden- bzw. Mandantenschutz wichtig ist, beachten Sie die rechtlichen Spielregeln. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote müssen von Gesetzes wegen mit einer Karenzentschädigung vergütet werden – meist in Höhe von mindestens 50 % der letzten Vergütung des Arbeitnehmers (§ 74 Abs. 2 HGB). Versuchen Sie nicht, diese Pflicht durch kreative Klauseln zu umgehen. Eine Vereinbarung wie “20 % Umsatzbeteiligung bei Mandatsübernahme” mag wie ein Kompromiss klingen, wird aber schnell als verkapptes Wettbewerbsverbot eingeordnet, wenn die wirtschaftliche Belastung für den Ex-Mitarbeiter zu groß ist. Praxis-Tipp: Entweder verzichten Sie auf jede Nachbindung (und riskieren, dass der Mitarbeiter Kunden abwirbt), oder Sie schließen ein formal gültiges Wettbewerbsverbot (max. 2 Jahre, räumlich und inhaltlich angemessen beschränkt, mit Entschädigung). Halbherzige “Tricks” ohne Entschädigungszahlung halten vor Gericht nicht stand.
- Moderate Ausgleichsklauseln: Wollen Sie dennoch einen finanziellen Ausgleich für mitgenommene Kunden vereinbaren, halten Sie die Klausel möglichst moderat. Etwa könnte man auf Netto-Gewinn oder bestimmte vermittelte neue Aufträge abstellen statt pauschal auf den Gesamtumsatz. Der Abgabe-Prozentsatz sollte so gewählt sein, dass der Ex-Mitarbeiter noch einen lohnenden Gewinn behält. Nur dann stehen die Chancen besser, dass eine solche Regelung nicht als “unbillige Erschwerung” seines Berufswechsels angesehen wird. Im Zweifel sollten solche Klauseln individuell ausgehandelt (nicht einseitig vorformuliert) und rechtlich geprüft sein.
- Sorgfalt bei Anfechtung und Vorwürfen: Überlegen Sie genau, bevor Sie einen Arbeitsvertrag wegen angeblicher Täuschung anfechten. Die Hürden sind sehr hoch – Sie brauchen beweisbare arglistige Täuschungen des Bewerbers. Unsubstantiiert behauptete Motive („der wollte nur unsere Mandanten klauen“) genügen nicht. Fehlende Offenheit des Bewerbers über zulässige Nebentätigkeiten oder zukünftige Pläne ist in der Regel keine Arglist. Führen Sie Vorstellungsgespräche professionell und fragen Sie gezielt nach Aspekten, die Ihnen wichtig sind. Wenn später Zweifel aufkommen, ziehen Sie am besten frühzeitig juristischen Rat hinzu, statt vorschnell zum schärfsten Schwert (Anfechtung/Kündigung) zu greifen.
Das Urteil des LAG Köln schafft Klarheit: Unfaire Vertragsklauseln und vorschnelle Sanktionen haben vor Gericht keinen Bestand. Arbeitgeber sollten ihre Arbeitsverträge und Kündigungspraxis im Lichte dieser Entscheidung überprüfen. Arbeitnehmer können daraus Mut schöpfen, ihre Rechte im Zweifel gerichtlich durchzusetzen – sei es beim Kündigungsschutz oder bei der Freizügigkeit nach dem Jobwechsel. Beide Seiten sind gut beraten, die Balance zwischen berechtigten Geschäftsinteressen und den gesetzlichen Arbeitnehmerrechten zu wahren. Die Entscheidung zeigt eindrücklich, dass Gerichte willens sind, genau hinzuschauen und notfalls zugunsten der schwächeren Partei – hier der Arbeitnehmerin – korrigierend einzugreifen.