Lebenslange Freiheitsstrafe nach Mord an Verlobter

24. Juli 2020 -

Das Landgericht Osnabrück hat mit Urteil vom 17.07.2020 zum Aktenzeichen 6 Ks 4/20 einen Angeklagten, der seine Ex-Freundin im Dezember 2019 in ihrer Wohnung mit mehr als 20 Messerstichen getötet hatte, zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Aus der Pressemitteilung des LG Osnabrück Nr. 44/2020 vom 17.07.2020 ergibt sich:

Dem heute 28 Jahre alten Mann aus Osnabrück war vorgeworfen worden, im Dezember 2019 seine ehemalige Verlobte im Osnabrücker Stadtteil Dodesheide in ihrer Wohnung ermordet zu haben. Das Landgericht sah diese Vorwürfe als erwiesen an und verhängte eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes gegen den Angeklagten.

Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der Angeklagte und das spätere Opfer, beide 2015 aus Syrien nach Deutschland geflohen, ab dem Sommer 2019 für einige Monate liiert und verlobten sich. Das spätere Opfer beendete die Beziehung aber im Herbst 2019, weil sie sich von dem Angeklagten kontrolliert und bedrängt fühlte. Der Angeklagte versuchte gleichwohl mehrfach, erneut Kontakt zu seiner ehemaligen Verlobten aufzunehmen.

Am 06.12.2019 begab sich der Angeklagte dann zur Wohnung des Opfers im Osnabrücker Stadtteil Dodesheide. Das Opfer war zu dieser Zeit nicht vor Ort. Der Angeklagte versteckte sich im Schlafzimmer der Wohnung. Als seine ehemalige Lebensgefährtin die Wohnung betrat, hörte der Angeklagte ein Telefongespräch zwischen ihr und ihrer Schwägerin mit. Darin kündigte das Opfer an, in ein Frauenhaus gehen zu wollen. Schließlich betrat seine ehemalige Verlobte das Schlafzimmer, wo sie den Angeklagten entdeckte. In diesem Moment stach der Angeklagte aus Wut über die Absicht, ihn endgültig zu verlassen, unvermittelt mit einem Messer mehr als 20 Mal auf die wehrlose Frau ein. Das Opfer verstarb kurze Zeit später im Krankenhaus an den Verletzungen. Nachbarn, die der Frau zur Hilfe eilen wollten, hielten den Angeklagten am Tatort fest. Er befindet sich seit dem Tattag in Untersuchungshaft.

Im Rahmen der Hauptverhandlung hatte der Angeklagte die Tötung seiner ehemaligen Lebensgefährtin durch Messerstiche eingeräumt. Er hatte aber bestritten, dem Opfer aufgelauert zu haben. Stattdessen schilderte er die Tat so, dass seine Verlobte ihn gesehen und laut geschrien habe. Danach erinnere er sich an nichts, offenkundig aber habe er auf seine Lebensgefährtin eingestochen.

Das Landgericht sah dagegen durch die weitere Beweisaufnahme das Mordmerkmal der Heimtücke als nachgewiesen an. Den vom Angeklagten geschilderten „Blackout“, etwa als Folge einer affektiven Störung, habe es nicht gegeben. Der Angeklagte habe das Opfer bewusst ohne Vorwarnung angegriffen, nachdem er von ihrer Absicht erfahren hatte, in ein Frauenhaus zu gehen. Das Landgericht stützte sich dabei insbesondere auf die entsprechende Schilderung einer Sozialarbeiterin, die das Opfer zur Wohnung begleitet und die Tat in weiten Teilen gehört und gesehen hatte. Hinzu kamen die Schilderungen der Nachbarn, die dem Opfer zur Hilfe gekommen waren. Sie alle hatten ein kontrolliertes Vorgehen des Angeklagten geschildert. Ebenso stand aus Sicht des Landgerichts die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung im Widerspruch zu seiner Aussage der Polizei, wo noch nicht von Erinnerungslücken die Rede gewesen sei. Schließlich habe auch ein psychiatrischer Sachverständiger festgestellt, dass im Verhalten des Angeklagten während und nach der Tat typische Merkmale eines sog. Affektsturms fehlten.

Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine geringere Strafe als lebenslange Freiheitsstrafe hätten rechtfertigen können, vermochte das Landgericht nicht zu erkennen. Es entsprach mit seinem Urteil den Anträgen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage. Als Nebenkläger zugelassen waren die beiden minderjährigen Kinder des Opfers aus einer früheren Ehe. Die Verteidigung hatte die Tat dagegen auf Grundlage der Einlassung des Angeklagten als Totschlag bewertet und eine Freiheitsstrafe von neun Jahren gefordert.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit der Revision zum BGH angegriffen werden.