Maschinenbauer Dürr streicht 500 Stellen – Rechte und Tipps für Arbeitnehmer

25. Juli 2025 -

Der Maschinen- und Autozulieferkonzern Dürr hat angekündigt, rund 500 Stellen in der Verwaltung abbauen zu wollen. Durch diese Maßnahme sollen jährlich ca. 50 Millionen Euro eingespart werden, die ab 2027 voll wirksam werden. Hintergrund sind ein schwächerer Auftragseingang im zweiten Quartal und Unsicherheiten bei Kunden aufgrund anhaltender Handelskonflikte. Bereits seit längerem war bekannt, dass Dürr seine Verwaltung verschlanken will; nun steht das konkrete Ausmaß fest. Für die betroffenen Beschäftigten stellen sich zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen – von Kündigungsschutz bis Abfindung.

Hintergrund: Konzernumbau und Stellenabbau bei Dürr

Dürr befindet sich in einem umfassenden Konzernumbau. So wurde z.B. die Umwelttechnik-Sparte 2024 verkauft, und das Unternehmen passt nun den administrativen Bereich an die neue Unternehmensgröße an. Bis Ende 2026 sollen die rund 500 Verwaltungsstellen wegfallen. Der Vorstand betont, man plane einen „sozialverträglichen Stellenabbau“, um die Belegschaft möglichst schonend zu reduzieren. Das bedeutet, dass Dürr – im Einklang mit seiner Unternehmenskultur – auf Mittel wie natürliche Fluktuation, Versetzungen, freiwillige Aufhebungsverträge mit Abfindung oder Altersteilzeit setzen dürfte, bevor es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. Dennoch bedeutet der Abbau von 500 Stellen potentiell einen erheblichen Einschnitt. Aus wirtschaftlicher Sicht sollen damit Kosten gesenkt und die Effizienz gesteigert werden, nachdem die Nachfrage zuletzt hinter den Erwartungen blieb. Für Arbeitnehmer ist jetzt entscheidend, ihre Rechte zu kennen und aktiv wahrzunehmen.

Das Wichtigste vorab: Keine Kündigung erfolgt sofort. Der Prozess wird einige Zeit dauern (geplant bis 2026) und unterliegt klaren Regeln. Betriebsbedingte Kündigungen müssen sozial gerechtfertigt sein. Ein Betriebsrat – falls vorhanden – hat bei einem solchen Stellenabbau umfangreiche Mitbestimmungsrechte. Und: Oft werden Abfindungen oder andere Ausgleichsmaßnahmen angeboten, über die man verhandeln kann.

Betriebsbedingte Kündigungen und Kündigungsschutz

Wenn Arbeitsplätze aus betrieblichen Gründen abgebaut werden, handelt es sich um betriebsbedingte Kündigungen im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Solche Kündigungen sind nur zulässig, wenn dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen (§ 1 Abs. 2 KSchG) – etwa ein dauerhafter Auftragsrückgang oder eine Umorganisation – die eine Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter unmöglich machen. Die Ursache des Kündigungsgrundes liegt dabei im Bereich des Arbeitgebers (nicht im Verhalten der Arbeitnehmer).

Wichtig: Selbst bei echten betrieblichen Gründen muss eine Sozialauswahl stattfinden, falls mehrere vergleichbare Arbeitnehmer entlassen werden. Der Arbeitgeber muss also unter den in Frage kommenden Mitarbeitern diejenigen auswählen, die sozial am wenigsten schutzwürdig sind. Dabei sind gesetzlich vier Kriterien zu berücksichtigen: die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, bestehende Unterhaltspflichten sowie eine eventuelle Schwerbehinderung. Wer z.B. sehr lange im Betrieb war, älter ist, Unterhaltspflichten (Kinder/unterhaltsberechtigte Angehörige) hat oder schwerbehindert ist, genießt höheren sozialen Schutz. Diese Personen dürfen nur nachrangig gekündigt werden. Eine Kündigung ist sozialwidrig und unwirksam, wenn der Arbeitgeber diese sozialen Kriterien überhaupt nicht oder grob fehlerhaft berücksichtigt.

In der Praxis wird die Sozialauswahl oft in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat vorgenommen. Gegebenenfalls erstellen Arbeitgeber und Betriebsrat eine Namensliste der zu kündigenden Personen im Rahmen eines Interessenausgleichs. Steht ein Arbeitnehmer auf einer solchen Liste, wird vor Gericht zwar vermutet, dass die Sozialauswahl korrekt war – dennoch kann der Betroffene die Kündigung auf Fehler überprüfen lassen. Gerade bei 500 Stellen ist genau zu prüfen, wer gehen muss und warum. Arbeitnehmer sollten sich nicht scheuen, die Auswahlkriterien hinterfragen zu lassen, insbesondere wenn sie selbst betroffen sind und sich sozial stärker schutzwürdig fühlen als andere Kollegen.

Beteiligung des Betriebsrats: Interessenausgleich und Sozialplan

Bei einem so umfangreichen Stellenabbau ist der Betriebsrat zwingend einzubinden (sofern es im Unternehmen einen gibt). Bereits nach § 17 Abs. 2 KSchG müssen geplante Massenentlassungen mit dem Betriebsrat beraten werden. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umfassend über die Gründe, den Umfang und die geplanten Kriterien der Kündigungen informieren. Ziel ist es, gemeinsam nach Wegen zu suchen, Kündigungen zu vermeiden oder ihre Folgen für die Betroffenen abzumildern.

Zusätzlich greift hier § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Der Abbau von 500 Stellen stellt eine wesentliche Betriebsänderung dar, die erhebliche Nachteile für einen großen Teil der Belegschaft zur Folge hat. Daher müssen Arbeitgeber und Betriebsrat über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhandeln. Im Interessenausgleich wird beraten, ob und wie genau die Maßnahme umgesetzt wird – z.B. ob Entlassungen unvermeidlich sind, ob Alternativen (Versetzungen, Einstellungsstopp, Altersteilzeitprogramme) möglich sind, welcher zeitliche Ablauf gelten soll und welche Auswahlrichtlinien bestehen. Gelingt eine Einigung, wird der Interessenausgleich schriftlich fixiert; scheitern die Gespräche, kann eine Einigungsstelle (Schlichtungsstelle) angerufen werden.

Parallel dazu ist über den Sozialplan zu verhandeln. Ein Sozialplan enthält verbindliche Regelungen zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Entlassungen entstehen. Typische Bestandteile sind Abfindungszahlungen, Hilfen bei der Arbeitsplatzsuche (Outplacement), Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen, Zuschüsse zu Umzugskosten oder Pendelkosten bei Versetzung, sowie besondere Härtefallregelungen (etwa zusätzliche Abfindung für kurz vor der Rente stehende Mitarbeiter). Ein Sozialplan wirkt wie eine Betriebsvereinbarung unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer – das heißt, jeder gekündigte Mitarbeiter hat einen Rechtsanspruch auf die dort vereinbarten Leistungen.

Wichtig zu wissen: Der Betriebsrat kann einen Sozialplan notfalls erzwingen. Kommt keine Einigung zustande, entscheidet eine neutrale Einigungsstelle über den Inhalt (§ 112 Abs. 4 BetrVG). Allerdings darf der Sozialplan die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens nicht gefährden; der Arbeitgeber kann extrem kostspielige Forderungen ablehnen. Das Gesetz (§ 112a BetrVG) legt außerdem fest, dass bei reinen Personalabbaumaßnahmen ein Sozialplan nur dann erzwingbar ist, wenn eine bestimmte Mindestzahl an Kündigungen geplant ist. Bei Dürr ist diese Schwelle jedoch sicher überschritten (in Betrieben ab 500 Mitarbeitern: ≥ 10 % oder mindestens 60 Entlassungen). Die Verhandlungsmacht des Betriebsrats ist hier also erheblich. Für die Belegschaft bedeutet das: Es wird voraussichtlich Abfindungen und Unterstützungsleistungen per Sozialplan geben, über deren Höhe und Ausgestaltung verhandelt wird.

Massenentlassungsanzeige: Meldepflicht an die Arbeitsagentur

In Situationen wie bei Dürr – einer geplanten Entlassung von 500 Mitarbeitern – greifen die Vorschriften zur Massenentlassung (§ 17 KSchG). Danach muss der Arbeitgeber eine geplante Kündigungswelle vorab der Agentur für Arbeit anzeigen, bevor Kündigungen ausgesprochen werden. Eine solche Massenentlassungsanzeige ist erforderlich, wenn innerhalb von 30 Tagen eine bestimmte Anzahl von Kündigungen erfolgen soll, abhängig von der Betriebsgröße. In Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern reicht bereits die Absicht, 30 oder mehr Arbeitnehmer zu entlassen, um die Anzeigepflicht auszulösen. Dürr liegt mit 500 geplanten Stellenstreichungen deutlich über diesem Schwellenwert.

Für Arbeitnehmer wichtig: Verstöße des Arbeitgebers gegen diese Anzeigepflicht können die Kündigungen unwirksam machen. Das Gesetz verlangt, dass die Kündigungen der Agentur für Arbeit gemeldet und gewisse Fristen eingehalten werden, bevor Entlassungen wirksam werden dürfen. Jede Kündigung, die ohne oder vor einer ordnungsgemäßen Anzeige erfolgt, ist unwirksam. Auch formale Fehler in der Anzeige können dazu führen, dass spätere Kündigungen anfechtbar sind. So muss z.B. der Betriebsrat vor Abgabe der Anzeige umfassend angehört und seine Stellungnahme der Agentur für Arbeit vorgelegt werden. Versäumt der Arbeitgeber dies, ist die Anzeige fehlerhaft – ein möglicher Ansatzpunkt für eine Kündigungsschutzklage.

In der Praxis hat sich das Massenentlassungsverfahren als komplex erwiesen; viele Arbeitgeber machen hierbei Fehler. Betroffene Mitarbeiter sollten deshalb im Falle einer Kündigung prüfen (lassen), ob die Vorschriften des § 17 KSchG eingehalten wurden. Ein Fachanwalt kann in Erfahrung bringen, ob eine Massenentlassungsanzeige erfolgte, wann sie bei der Behörde einging und ob die erforderlichen Angaben (Kündigungsgründe, Zahl und Berufsgruppen der betroffenen Arbeitnehmer, Zeitraum der Kündigungen etc.) vollständig waren. Werden hier Lücken entdeckt, eröffnet das Chancen, die Kündigungen erfolgreich anzugreifen.

Abfindungen: Haben betroffene Mitarbeiter Anspruch?

Viele Arbeitnehmer hoffen bei Stellenabbau auf eine Abfindung. Allerdings besteht kein automatischer gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindungszahlung, selbst wenn eine Kündigung aus betrieblichen Gründen erfolgt. Einen zwingenden Anspruch gibt es nur in seltenen Fällen – etwa, wenn der Arbeitgeber in der Kündigung nach § 1a KSchG eine Abfindung für den Verzicht auf Klage anbietet oder ein Sozialplan/ Tarifvertrag entsprechende Ansprüche vorsieht.

In der Praxis werden bei Massenentlassungen jedoch oft Abfindungen gezahlt: Entweder werden sie im Rahmen eines Sozialplans für alle Gekündigten festgelegt, oder der Arbeitgeber bietet einzelnen Mitarbeitern Aufhebungsverträge mit Abfindung an, um langwierige Kündigungsschutzprozesse zu vermeiden. Im Fall Dürr ist fest damit zu rechnen, dass ein Sozialplan Abfindungsregelungen enthält. Üblich sind Formel-Lösungen, z.B. eine Abfindung in Höhe von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit (dies wäre eine häufig genutzte Faustformel; die konkrete Formel wird zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ausgehandelt und kann weitere Faktoren berücksichtigen, etwa Lebensalter oder Unterhaltspflichten).

Wichtig zu wissen: Die Abfindung soll wirtschaftliche Nachteile ausgleichen, reicht aber oft nicht an den Wert des verlorenen Arbeitsplatzes heran. Man sollte die angebotene Summe rechtlich prüfen lassen, bevor man vorschnell zusagt. Oft besteht Verhandlungsspielraum, gerade wenn die Kündigung rechtlich angreifbar wäre oder der Arbeitgeber großes Interesse an einem schnellen Abschluss hat. So kann gegebenenfalls eine deutlich höhere Abfindung erzielt werden, als das erste Angebot vorsieht.

Auch sollte bedacht werden, dass ein vorschnell unterschriebener Aufhebungsvertrag Nachteile beim Arbeitslosengeld haben kann. Die Agentur für Arbeit verhängt in solchen Fällen regelmäßig eine Sperrzeit von 12 Wochen, weil sie davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis freiwillig aufgegeben hat. Wer also z.B. einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung abschließt, ohne eine Kündigung abzuwarten, riskiert für 3 Monate den Bezug von Arbeitslosengeld zu verlieren. Im Gegensatz dazu führt eine betriebsbedingte Kündigung mit anschließender Abfindungsregelung (z.B. im Vergleich oder Sozialplan) in der Regel nicht zu einer Sperrzeit, da hier die Beendigung vom Arbeitgeber ausging. Es kann daher – aus Sicht der sozialen Absicherung – vorteilhafter sein, eine betriebsbedingte Kündigung abzuwarten und diese ggf. anzufechten, anstatt voreilig einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Lassen Sie sich im Zweifel anwaltlich beraten, was in Ihrer Situation sinnvoll ist.

Kündigungsschutzklage: Fristen und Chancen

Falls Sie tatsächlich eine Kündigung erhalten, gilt es, sofort zu handeln. Nach Zugang der schriftlichen Kündigung bleiben nur 3 Wochen Zeit, um beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage einzureichen (§ 4 KSchG). Verstreicht diese Frist ungenutzt, wird die Kündigung wirksam, egal ob sie eigentlich rechtswidrig war – alle Rechte sind dann verloren. Deshalb sollte jede Kündigung umgehend fachkundig geprüft werden.

Gerade bei einem umfangreichen Stellenabbau lohnt es sich oft, eine Kündigungsschutzklage einzureichen, selbst wenn man prinzipiell mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnet. Zum einen lässt sich so gerichtlich überprüfen, ob die Kündigung sozial gerechtfertigt war – z.B. ob die Sozialauswahl korrekt durchgeführt wurde oder ob Formfehler vorliegen (wie eine fehlerhafte Massenentlassungsanzeige, fehlende Anhörung des Betriebsrats, falsche Kündigungsfristen etc.). Zum anderen erhöht eine Klage den Druck auf den Arbeitgeber, was nicht selten zu einem verbesserten Abfindungsangebot führt. Viele Arbeitgeber sind an einer gütlichen Einigung interessiert, um Imageverlust und Prozessrisiken zu vermeiden. In vielen Fällen endet das Verfahren in einem Vergleich: Das Arbeitsverhältnis wird beendet, aber der Arbeitnehmer erhält im Gegenzug eine höhere Abfindung oder zusätzliche Zugeständnisse (etwa ein gutes Arbeitszeugnis, eine Verlängerung der Beschäftigungsdauer um ein paar Monate, oder finanzierte Weiterbildungsmaßnahmen).

Wichtig ist, die Klagefrist strikt einzuhalten und frühzeitig die Agentur für Arbeit zu informieren. Spätestens 3 Tage nach Erhalt der Kündigung muss man sich dort arbeitssuchend melden, um keine Nachteile beim Arbeitslosengeld zu riskieren. Diese Meldung (nach § 38 SGB III) kann persönlich, telefonisch oder online erfolgen. Versäumt man die 3-Tages-Frist, kann dies eine Leistungskürzung zur Folge haben. Hintergrund: Die frühzeitige Meldung soll der Arbeitsagentur ermöglichen, beim Finden eines neuen Jobs zu unterstützen. Auch wenn die Kündigung erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird, ist die Meldung sofort nach Erhalt des Kündigungsschreibens erforderlich. Zusätzlich sollte man sich – sofern noch nicht geschehen – arbeitslos melden, sobald das Arbeitsverhältnis tatsächlich endet (spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit). Diese behördlichen Schritte sind formell wichtig und sollten parallel zu den juristischen Schritten (Klage) erledigt werden.

Was können Beschäftigte jetzt tun?

Für die von den Stellenstreichungen betroffenen oder bedrohten Arbeitnehmer bei Dürr empfiehlt es sich, jetzt aktiv zu werden und vorsorglich Maßnahmen zu ergreifen:

  • Betriebsrat und Gewerkschaft einbinden: Suchen Sie frühzeitig den Kontakt zum Betriebsrat. Dieser vertritt die Belegschaft und verhandelt über Interessenausgleich und Sozialplan. Er kann Sie über den aktuellen Stand informieren und Ihre Interessen einbringen. Falls vorhanden, beziehen Sie auch die Gewerkschaft (z.B. IG Metall) mit ein – Gewerkschaften unterstützen ihre Mitglieder rechtlich und durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Gemeinsam kann man mehr Druck auf faire Lösungen ausüben. Fordern Sie Einblick in die Sanierungs- und Umbaupläne des Unternehmens und bestehen Sie auf Transparenz hinsichtlich des geplanten Ablaufs.
  • Informationen einholen: Fragen Sie nach dem Stand der Verhandlungen über Sozialplan und Interessenausgleich. Lassen Sie sich erklären, welche Kriterien für die Auswahl der abzubauenden Stellen herangezogen werden und ob es Angebote für freiwillige Lösungen gibt. Je mehr Informationen Sie haben, desto besser können Sie Ihre nächsten Schritte planen.
  • Kündigungsschutz beachten: Falls Sie eine Kündigung erhalten, reagieren Sie sofort. Melden Sie sich innerhalb von 3 Tagen bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend und reichen Sie innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein. Nur so sichern Sie Ihre Rechte; nach Ablauf dieser Fristen können Sie praktisch nichts mehr gegen die Kündigung unternehmen. Zögern Sie daher nicht, im Zweifel direkt einen Anwalt einzuschalten, sobald das Kündigungsschreiben kommt.
  • Ansprüche prüfen lassen: Prüfen Sie mit Unterstützung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht, ob Ihre Kündigung formal und inhaltlich korrekt ist. Wurde der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört? Wurden die Auswahlkriterien fair angewandt? Wurden die Fristen und die Massenentlassungsanzeige eingehalten? Ein Anwalt kann solche Punkte beurteilen und Ihnen auch sagen, welche Ansprüche Sie haben. Möglicherweise kommt – anstelle der Kündigung – eine Versetzung innerhalb des Unternehmens in Betracht, oder es bestehen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen Posten. Falls nicht, kann der Anwalt mit Ihnen die Abfindungshöhe verhandeln oder einen Vergleich anstreben. Rechtsrat einzuholen ist besonders ratsam, bevor Sie irgendetwas unterschreiben.
  • Weiterbildung und Transferangebote nutzen: Erkundigen Sie sich nach Qualifizierungsangeboten oder Transfergesellschaften. Größere Umstrukturierungen gehen oft mit der Einrichtung von Transfergesellschaften oder Arbeitsmarktprogrammen einher, um gekündigten Mitarbeitern den Übergang zu erleichtern. Die Agentur für Arbeit fördert Weiterbildungsmaßnahmen und unterstützt derartige Transfermaßnahmen finanziell. Nutzen Sie diese Angebote, um Ihre Qualifikationen auszubauen und Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Auch wenn Sie noch in Beschäftigung sind, können Fortbildungen sinnvoll sein, um für neue Aufgaben (innerhalb oder außerhalb von Dürr) gewappnet zu sein.
  • Sozialplan aktiv mitgestalten: Bringen Sie – etwa über den Betriebsrat – Ihre Anliegen in den Sozialplan-Prozess ein. Jetzt ist die Zeit, Forderungen zu stellen: z.B. auf eine angemessene Abfindung, auf Angebote zur Umschulung oder auf einen Härtefallfonds für ältere Arbeitnehmer und sozial besonders schutzbedürftige Personen. Sprechen Sie mit Betriebsratsmitgliedern, welche Punkte Ihnen wichtig sind. Je klarer und einheitlicher die Belegschaft hier auftritt, desto größer die Chance, dass der Sozialplan gute Konditionen bietet.

Zusammengefasst: Seien Sie informiert, vernetzt und vorbereitet. Panik ist ebenso wenig angebracht wie Passivität. Beschäftigte, die ihre Rechte kennen und ihre Stimme einbringen, sind in solchen Umbruchsituationen deutlich besser geschützt.

Der geplante Umbau bei Dürr betrifft nicht nur Kennzahlen, sondern vor allem Menschen – Kollegen, die um ihre Existenz bangen. Jetzt kommt es darauf an, Rechte zu kennen, Fristen zu wahren und den Schulterschluss mit Betriebsrat und Belegschaft zu suchen. Wer frühzeitig rechtlichen Rat einholt und geschlossen für faire Ausgleichsmaßnahmen eintritt, kann die Folgen des Jobverlusts besser abfedern. Dürr seinerseits ist gefordert, die gesetzlichen Vorgaben strikt einzuhalten und seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden, damit der Stellenabbau – so schmerzhaft er für die Betroffenen ist – zumindest fair und rechtssicher abläuft.

Rechtsanwalt & Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. jur. Jens Usebach LL.M. von der Kanzlei JURA.CC in Köln ist auf das Kündigungsschutzrecht spezialisiert. Er vertritt bundesweit Arbeitnehmer außergerichtlich bei Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen sowie gerichtlich in Kündigungsschutzklagen – mit dem Ziel, für den Arbeitnehmer eine angemessene und möglichst hohe Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, ein sehr gutes Arbeitszeugnis oder die Weiterbeschäftigung zu erreichen. (Mehr Informationen unter www.jura.cc oder telefonisch unter 0221 – 95814321.)